Ich will mich in meiner Antwort kurz fassen. Selbstverständlich kenne ich diese Gutachten, und selbstverständlich ist es nicht das erste Mal, daß auf die nachhaltige Entwicklung hingewiesen wird.
Lassen Sie uns doch gemeinsam zur Kenntnis nehmen, daß die Gutachter beschreiben, daß sich die Umweltpolitik richtigerweise auf einem neuen Weg und in einem Umbruch befindet und daß dieser Umbruch genau der Weg von der sektoralen Betrachtungsweise hin zu einer medienübergreifenden Gesamtbetrachtungsweise ist!
Ich halte es für eine wichtige Sache, daß uns das noch einmal aufgeschrieben wird und daß wir so ermutigt werden, auf diesem Weg weiterzugehen. Er wird von allen mehr oder weniger mühselig beschritten, weil wir erst lernen müssen, Vergleiche zwischen Luft, Wasser und Boden, zwischen Energieverbrauch und Abfallwirtschaft hinzubekommen. Deshalb glaube ich, daß es eine sinnvolle Sache ist, uns hier auf dem Weg zu einem medienübergreifenden und gesamtheitlichen Umweltschutz noch einmal zu bestärken.
Meine Damen und Herren, es wurde hier gesagt, daß dieses Gutachten nicht schmeichelhaft sei. Ich muß Ihnen sagen, daß die Bundesregierung Schmeicheleien nicht nötig hat.
Wir brauchen Aufforderungen zu neuem Handeln; aber dieses Gutachten ist an vielen Stellen ermutigend, denn es sagt uns, daß - wie das heute schon herausgestellt wurde - zum Umweltschutz in Deutschland viel Positives zu sagen ist.
Dies ist nicht nur, aber auch von der Bundesregierung geschafft worden. Anteil daran haben Länder, Kommunen, Umweltverbände. Jeder der Betroffenen wird in diesem Gutachten kritisiert, aber auch in bestimmten Ansätzen bestärkt. Das ist das, was wir in der Umweltpolitik brauchen. Glauben Sie doch nicht, daß dieses Parlament etwas gegen den Willen und gegen die Gefühle der Menschen tun kann. Deshalb ist es richtig, daß hier alle eingereiht werden.
Der Umweltbeirat stellt fest, daß wir in den neuen Bundesländern Erhebliches geschafft haben. Ich finde, das ist eine ganz wichtige Feststellung, weil überall noch das Vorurteil grassiert, daß gerade dort das Umweltbewußtsein schwächer ausgeprägt sei.
Der Umweltbeirat stellt fest, daß wir internationale Verantwortung übernommen haben, und ich habe Sie an dieser Stelle immer wieder eingeladen, diese internationalen Verpflichtungen mit uns gemeinsam weiter voranzutreiben.
Ich glaube auch, daß der Umweltbeirat uns darin bestärkt hat - und das halte ich in der augenblicklichen Situation, in der sich viele Menschen um ihren Arbeitsplatz sorgen, in der manchmal auch kurzfristige Überlegungen sinnvoll erscheinen, für beson-
Bundesministerin Dr. Angela Merkel
ders wichtig -, daß Entwicklung nur dann zukunftsfähig sein kann, wenn sie nachhaltig ist, und daß Umweltpolitik sich in alle Bereiche hineinmischt. Das sehen wir zum Beispiel im Bereich der Forschung, im Bereich der Entwicklung und im Bereich der Umwelttechnologien, und das müssen wir immer wieder herausstreichen.
Meine Damen und Herren, ich denke, daß uns der Umweltbeirat an einigen Stellen natürlich auch Nachdenkenswertes sagt. Das, was er zum Beispiel zum Naturschutzgesetz sagt, habe ich hier immer wieder beteuert, und ich habe auch gesagt, daß dieses Naturschutzgesetz vorgelegt wird. Es ist jetzt in der Ressortabstimmung.
Das, was wir genauso wie beim Bodenschutzgesetz an verfassungsrechtlichen Fragen zu überwinden haben, sollte uns auch einmal darüber nachdenken lassen, was für Folgen bestimmte Grundgesetzregelungen haben. Das führt nämlich dazu, daß es sehr schwer wird, an wichtigen Stellen überhaupt noch gesamtstaatliche Regelungen festzulegen. Das heißt dann, daß wir in manchen Bereichen bestimmte Dinge vielleicht nur noch unter großen Schwierigkeiten bundeseinheitlich regeln können. Das muß im Umweltschutz aber nicht immer ein Nachteil sein. Das will ich hier ganz deutlich sagen.
Meine Damen und Herren, Interessantes und viel Bedenkenswertes hat der Beirat auch zu den Fragen der Abfallwirtschaft gesagt. Wenn hier über mangelndes ordnungsrechtliches Instrumentarium gesprochen wird, kann ich Ihnen sagen, daß Sie in Kürze eine ganze Skala von Verordnungen sehen werden, die sich mit der Umsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes befassen. Diese Verordnungsentwürfe haben wir sehr intensiv mit den Ländern vordiskutiert, damit wir dann im Bundesrat vielleicht einen gemeinsamen Weg gehen können. Ich hoffe dies sehr.
Die Verordnungsentwürfe enthalten in erheblichem Maße Ordnungsrecht, und ich hoffe, daß wir dann auch mit diesem Ordnungsrecht klarkommen.
Aber der Umweltbeirat hat uns auch gesagt, daß wir darauf achten sollen - das ist nachhaltige Entwicklung und Denken über die Mediengrenzen hinweg -, daß sinnvolle Materialkreisläufe in der Abfallwirtschaft erforderlich sind, und daß wir uns einmal die energetischen Bilanzen anschauen müssen. Es ist nämlich unsinnig, bestimmte roh- und werkstoffliche Verwertungen zu forcieren, wenn dabei der Energieverbrauch sehr viel höher als bei der thermischen Verwertung ist. Auch dies müssen wir miteinander diskutieren, und auch da müssen Sie sich vielleicht an manchen Stellen ein Stück weit bewegen, wenn Sie diese Argumentation, die ich als sehr vernünftig und pragmatisch empfinde, richtig nachvollziehen.
Meine Damen und Herren, eine wichtige Rolle haben in der heutigen Debatte immer wieder die Selbstverpflichtungen gespielt. Der Umweltbeirat sagt auch hierzu manches Nachdenkenswerte. Ich selber glaube, daß es ganz klar ist - in unserer Umweltpolitik besteht auch gar kein Zweifel daran -, daß Selbstverpflichtungen ein Instrument sind, dem man nachgehen kann, das man natürlich aber auch kritisch begleiten muß. Ich weiß, welche Gefahren in den Selbstverpflichtungen liegen; aber ich weiß auch, welche Chancen darin liegen.
Ich möchte Ihnen am Beispiel der CO2-Reduzierung, hinsichtlich derer ich die Selbstverpflichtung der deutschen Industrie im Vorfeld der Klimakonferenz für eine gute Sache halte, auch deutlich sagen, was uns der Beirat an dieser Stelle in sein Gutachten hineinschreibt. Er sagt, er werde die Wirksamkeit dieser CO2-Verpflichtung weiter kritisch beobachten, und erinnert daran, daß damit die technologische Innovationsfähigkeit und die Ernsthaftigkeit der abgegebenen Zusagen hinsichtlich der investiven Anstrengungen auf die Probe gestellt sind. Der Umweltrat empfiehlt der Bundesregierung, einen konkreten Umsetzungspfad mit der Wirtschaft zu vereinbaren und, wenn dies nicht gelingt, über ordnungsrechtliche Maßnahmen nachzudenken.
Genau dies ist Inhalt der Selbstverpflichtung gewesen. Wir werden noch im Monat März mit der Industrie den nächsten Schritt vorstellen, bei dem es um ein nachvollziehbares branchenbezogenes Monitoring geht.
Genau diese kritische Begleitung erwarte ich; aber die gibt mir dieses Gutachten auch. Deshalb glaube ich auch, daß man hiergegen nicht einfach polemisch anrennen kann. Vielmehr muß man sagen, daß man hierauf ordentlich achten muß, daß hier aber auch gleichzeitig dazu ermutigt wird, auf einem umweltpolitisch glaubwürdigen Weg voranzugehen.
Meine Damen und Herren, noch ein Wort zu den Ausführungen des Umweltrates zur umweltgerechten Finanzreform. Auch hierzu ist schon einiges gesagt worden. Der Beirat sagt hier ganz klar, daß die Diskussion differenziert geführt werden muß. Er ist auch mit uns einer Meinung, daß man auf verschiedene Facetten achten muß, wie es auch bei uns diskutiert wurde: Abbau umweltungerechter Subventionen, Stimulierung von umweltgerechtem Verhalten und die Überlegung, ob an bestimmten Stellen neue Abgaben und Lenkungseffekte eingeführt werden müssen. Die „Politik der kleinen Schritte" ist hier schon hervorgehoben worden, weil es um den Eingriff in wichtige Mechanismen geht.
Der Umweltrat stellt ferner fest, daß es nicht Ziel von steuerlichen Maßnahmen sein kann, umweltverträgliche Produktionen aus Deutschland zu verdrängen, um dann im Ausland unter stärkerer Umweltinanspruchnahme hergestellte Güter zu importieren. Auch dies ist natürlich Teil der Diskussion, die wir führen, wenn es um finanzpolitische Instrumente im Umweltbereich geht.
Bundesministerin Dr. Angela Merkel
Wir haben eine ganze Reihe von guten Erfahrungen mit umweltgerechten Besteuerungen gemacht. Wir müssen aber mit weiteren Eingriffen auch vorsichtig sein. Aus diesem Grunde haben wir immer gesagt - das steht im übrigen auch in unserer Koalitionsvereinbarung -, daß die CO2-/Energiesteuer EU- weit einzuführen und diesem Weg der Vorrang zu geben ist.
Ich sage Ihnen: Dies wäre das allerbeste, und die Bundesregierung bemüht sich, in den verschiedenen Gremien Fortschritte zu erzielen. Gerade vor wenigen Tagen - das kann ich Ihnen hier berichten - hat im Ecofin-Rat die italienische Präsidentschaft einen neuen Auftrag an die Kommission gegeben, in einem Parallelschritt von Harmonisierung der Verbrauchsteuern und zusätzlichen CO2-gelenkten steuerlichen Instrumenten einen neuen Vorschlag vorzubereiten. Genau dies betreibt die Bundesregierung mit dem Bundesfinanzminister, der Bundesumweltministerin und anderen in der Europäischen Kommission. Ich bitte, auch das einmal zur Kenntnis zu nehmen.
Herr Matschie, wenn Sie jetzt hier sagen, Sie hätten einen Vorschlag auf dem Tisch, dann ist das ja richtig. Ich habe Herrn Scharping - mit großer Bewunderung, muß ich sagen - 20 Minuten lang zugehört, und zwar in einer Debatte, die genau Ihren Antrag behandelte. Herr Scharping hat - ich möchte mich auf die Zahl der Sätze nicht festlegen, aber es waren unter fünf - weniger als fünf Sätze für diesen Antrag verwendet und hat ansonsten über die Arbeitsplätze, die wirtschaftliche Lage und vieles andere mehr gesprochen, nur nicht über die Anträge.
- Das Thema haben wir nicht gesetzt, sondern Sie haben Anträge eingebracht, und dann haben Sie zu den Anträgen nicht gesprochen, jedenfalls hat es Herr Scharping nicht getan. Dann hat es Frau Fuchs machen dürfen.
Das zeigt, in welcher Situation Sie sich zur Zeit befinden.
- Ich habe nichts gegen Frau Fuchs. Frau Fuchs weiß, daß ich nichts gegen sie habe.
Aber ich denke, daß Herr Scharping zu wichtigen Anliegen der Fraktion noch ein Wörtchen zu sagen hat. Zumindest bei uns ist es so, daß der Fraktionsvorsitzende zu den wichtigen Themen spricht, und das habe ich an dieser Stelle vermißt.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, nun habe ich nur über den Bundestag gesprochen. Wenn wir uns die Spagate zwischen Herrn Clement, Herrn Schröder und Herrn Lafontaine in dieser Frage anschauen, dann kann ich nur sagen: Wir werden mehr ökologische Elemente im Steuersystem brauchen. Das ist für mich keine Frage. Es gibt aber in allen Fraktionen aus gutem Grund erhebliche Diskussionen darüber, und da müssen wir weitermachen.
Ich teile in dieser Frage auch nicht alle Hinweise des Beirats - das muß ich ganz deutlich sagen -, weil wir sonst zu einem sehr komplizierten Abgabensystem kämen. Insgesamt wünsche ich mir, daß die Diskussion über dieses Gutachten fortgesetzt wird. Die Sachverständigen haben es verdient.