Rede von
Dr.
Herta
Däubler-Gmelin
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, daß die Bekämpfung der Alltagskriminalität, insbesondere des Ladendiebstahls und des Schwarzfahrens, hier im Bundestag viel mehr Aufmerksamkeit und Ernsthaf-
Dr. Herta Däubler-Gmelin
tigkeit verdient hat als dieses Wahlkampfgetümmel, das Sie bisher veranstaltet haben. Es ist wirklich unglaublich.
an fünf Fingern abzählen! - Weiterer Zuruf
des Abg. Norbert Röttgen [CDU/CSU])
- Herr Röttgen, ich komme gleich auf Sie zu sprechen. - Wir haben keinen Antrag eingebracht, weil wir es für eine unglaubliche Mißachtung der Interessen der Geschädigten - ob es nun die der Einzelhändler oder auch die der Kunden sind - halten, mit diesem Thema in der zynischen Art und Weise umzugehen, wie Sie das tun.
Ich darf mit dem Antrag der CDU/CSU anfangen. Da legen Sie einen hingeschluderten Antrag auf den Tisch, obwohl die Kolleginnen und Kollegen auch der CDU/CSU im Rechtsausschuß wissen, daß wir in der Diskussion seit Jahren sehr viel weiter sind. Ihr Antrag beginnt mit dem tollen Satz, Sie wendeten sich gegen die Forderung, den Eigentums- und Vermögensschutz usw. aufzuweichen. Jawohl, dem könnte man zustimmen. Ein starker, kerniger Spruch!
Aber wie enden Sie dann, nachdem Sie angefangen haben, wie ein Löwe zu springen? Sie enden als Bettvorleger, indem Sie sagen: Die Lander werden aufgefordert, mit den zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln das nachdrücklich zu verfolgen. Eine größere Blamage, wenn es Ihnen um die Einzelhändler oder die Bekämpfung der Alltagskriminalität geht, meine Damen und Herren von der CDU/CSU,
hätten Sie eigentlich nicht erzeugen können.
Herr Röttgen, ich fand Ihre Rede wirklich toll. Aber wenn Sie sich das nächste Mal einen Popanz heraussuchen, dann lesen Sie bitte schön vorher wenigstens durch, was Sache ist. Es redet heute außer dem einen oder anderen von Ihnen, der das für seine Wahlkampfpropaganda gerne mag, doch niemand davon, daß man Leute straflos lassen soll, die ganz genau wissen, daß Ladendiebstahl verboten ist, oder daß zum Beispiel Schwarzfahren ein Verstoß gegen geltendes Strafrecht ist. Was soll denn das? Es tut mir ja leid, wenn Sie sich für Ihre zukünftigen Reden ein bißchen mehr anstrengen müssen. Erstens könnten Sie dies. Zweitens. Lassen Sie einmal einen Einzelhändler, zum Beispiel die Buchhändler meiner Familie, eine so sagenhaft dumme Rede wie Ihre hören.
Die sagen sich dann: Um Gottes willen, das sind doch alles Leute, die keine Ahnung haben, um welche Probleme es uns geht.
Sie hatten es auch leicht, konkreter und stärker auf die Sorgen der Leute einzugehen. Deswegen sind Sie nämlich hier, nicht um irgendwelches Wahlkampfgetöse an Hand von albernen Behauptungen von sich zu geben.
- Tun Sie das!
Jetzt würde ich ganz gerne auf das eingehen, was Frau Blank sagte.
- Gleich, Frau Blank. - Sie war nämlich die erste, die auf die Schäden hingewiesen hat und damit heute den ersten Hinweis darauf gegeben hat, warum die Massenkriminalität und Alltagskriminalität so unerträglich sind: einfach deswegen, weil die Einzelhändler, weil die Angestellten und die Kunden dies alles bezahlen müssen.
Der zweite Grund, warum das so ärgerlich ist und auch ein bißchen mehr Gedankenschmalz von Ihnen als Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU braucht, ist - das wissen Sie ganz genau -, daß die Selektivität der Strafverfolgung, wie wir sie heute überall bei der Massenkriminalität haben, das Rechtsbewußtsein wirklich schädigt. Das heißt, wir müssen gegen die Selektivität der Strafverfolgung, gegen die Auswahl vorgehen, aber nicht solche albernen Popanze aufbauen, wie Sie das hier wieder getan haben.