Rede von
Prof. Dr.-Ing.
Karl-Hans
Laermann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns mit zwei Anträgen und dem Bericht der Bundesregierung zu befassen. Ich möchte demzufolge meine knapp bemessene Redezeit zunächst einmal dazu nutzen, einige Anmerkungen zu dem Antrag der SPD zu machen, der ja im Duktus und Inhalt weitgehend mit einem sich bereits in der parlamentarischen Beratung befindlichen Antrag übereinstimmt.
Interessiert habe ich den Punkt 6 gelesen, in dem geschrieben steht, daß man von der Natur lernen solle. Aber offenbar lernt bei der Formulierung des Antrags die SPD-Fraktion nicht von der Natur, sondern von der Regierung.
Der gesamte Antrag, so ist mein Eindruck, ist eine bunt gemischte Aufzählung vieler längst im Geschäftsgang befindlicher Aktivitäten der Bundesregierung. Sie versehen das dann mit dem Präfix „unverzüglich" oder garnieren es mit bekannten Einstellungen aus der Mottenkiste.
Ich möchte, wie gesagt, einige kritische Anmerkungen machen. Wer beispielsweise jetzt innovative Forschungspolitik und vermutlich in Zukunft ökologische Umweltpolitik oder soziologische Gesellschaftspolitik fordert, dem ist der Erfolg garantiert. Doch diesen Erfolg hätten Sie auch, wenn Ihre Agrarpolitiker beispielsweise die Züchtung weißer Schimmel oder schwarzer Rappen forderten.
Forschungs- und Technologiepolitik ist per se innovativ. Aber ob der daraus gewonnene Erkenntniszugewinn in marktfähige Produkte und damit in neue Arbeitsplätze umgesetzt werden kann, das hängt von sehr, sehr vielen Faktoren ab. Der wichtigste Faktor dabei ist, daß wir ein Rezept gegen die, wie der Altbundeskanzler Helmut Schmidt es in der „Zeit" dieser Woche nannte, „deutsche Krankheit finden" und die daraufhin verordneten bitteren Pillen gemeinsam schlucken. Ich empfehle dringend die Lektüre dieses Artikels. Er ist ausgesprochen interessant, und ich glaube, wir und insbesondere auch die Kollegen von der SPD-Fraktion sollten daraus die Konsequenzen ziehen. Ich habe den Eindruck, daß Herr Thierse ihn wohl hätte gelesen haben können.
Ich will noch auf einige andere Anmerkungen hinweisen. Auch die SPD gesteht zu, daß wir mit unserer Politik, der Politik der Bundesregierung - das ist eine die Wirtschaft nicht erdrosselnde Umweltgesetzgebung -, die deutschen Umwelttechnikunternehmen bereits zu einem Weltmarktführer gemacht haben. Hier will die SPD draufsatteln. Wo sich positive Entwicklungen abzeichnen, wo wir die Chance haben, Spitzenpositionen zu erreichen, könnten wir mit etwas mehr Mut und Entschlossenheit Konkurrenten auf dem Weltmarkt um Längen zuvorkommen.
Dies gilt zum Beispiel für den Transrapid, der ja übrigens von Ihnen aus der Taufe gehoben worden ist. Hier verstrickt sich die Opposition, leider auch die SPD, mit den ihr auf Länderebene gegebenen Möglichkeiten in endlose Anhörungen und Debatten und verspielt unsere Zeitvorteile.
Sie verlangen auf der einen Seite die Beschleunigung des Ausbaus der transeuropäischen Netze, kritisieren die Regierung dafür, daß das nicht zügig genug gehe, insbesondere auch im Hinblick auf eine frühzeitige Einbindung Osteuropas, und dann torpedieren Sie gleichzeitig auf dem kurzen Teilstück Hamburg-Berlin dermaßen die Zukunftsentwicklung transeuropäischer Verkehrsnetze, daß man an eine Verbindung nach Warschau oder Moskau gar nicht mehr zu denken wagt.
Während Sie unter der Überschrift „Stärkung des technologiepolitischen Dialogs" die Marktchancen durch Bürgergutachten ermitteln wollen und sich in breite öffentliche Dialoge über Risiken und Chancen verzetteln, wollen wir die Marktchancen am Markt erproben. Dieser Markt hat nämlich leider nicht das
Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann
bequeme Beharrungsvermögen, sondern entwickelt sich von Woche zu Woche dynamischer.
Aber, Kolleginnen und Kollegen von der SPD, geradezu abenteuerlich finde ich Ihre Behauptung, daß neue Verkehrstechnologien erst gezielt entwickelt werden könnten, wenn die politischen Rahmenbedingungen eines integrierten Verkehrssystems für das 21. Jahrhundert gesellschaftlich akzeptiert und umgesetzt seien. Meine schlichte Frage: Wie kann etwas gesellschaftlich akzeptiert werden, was es noch gar nicht gibt?
Wir begrüßen auch die Forderungen nach Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Die Debatte heute morgen hat ja gezeigt, daß die Bundesregierung hier sehr viel weiter ist, als Sie sich das vorzustellen vermögen. Aber wir müssen doch darauf hinweisen, daß es gerade Sie, die Damen und Herren von der Opposition, sind, die sich hier gegen durchgreifende Regulierungen sperren.
Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, haben es versäumt, in den Ländern bei den vielfach von Ihnen beherrschten Genehmigungsbehörden vor Ort den schnellen Verzug bisheriger Beschleunigungsmaßnahmen einzufordern.
Herr Thierse hat vorhin deutlich hervorgehoben, wie wichtig die Projektförderung sei. Anschließend hat er allerdings wieder auf die indirekte Projektförderung abgehoben. Den neuen Mitgliedern hier im Hause können Sie vielleicht verkaufen, daß Sie es waren, die 1979 von direkten zu mehr indirekt wirkenden Fördermaßnahmen umsteuern wollten. Ich verfüge über ausreichende Erfahrungen auch aus der sozialliberalen Koalition. Wir von seiten der F.D.P. haben vehement dafür kämpfen müssen, bis wir in der Tat das Instrument der indirekten Forschungsförderung überhaupt durchsetzen konnten.
Ich würde mich mit Ihrem Antrag gern weiter auseinandersetzen, aber dazu reicht leider meine Zeit nicht.
Lassen Sie mich noch ein Wort zum Antrag „Risikokapital für junge Technologieunternehmen" sagen. Ich finde, wir sollten Risikokapital für junge Unternehmen finden, nicht nur für Technologieunternehmen, denn es gibt auch noch etwas anderes, was hier durchaus wichtig und notwendig ist.
Da finde ich einige gute Ansätze in Ihrem Antrag. Ich finde sie deshalb gut, weil sie sich im Prinzip mit den Forderungen der F.D.P. decken. Diese Forderungen sind weitgehend schon längst im Maßnahmenkatalog des Mittelstandsbeauftragten der Bundesregierung enthalten. Da Sie jetzt dieselben Maßnahmen fordern, denke ich, daß Sie ihre Umsetzung zukünftig auch unterstützen und nicht weiter behindern werden.
Im Zusammenhang mit der heutigen Debatte steht auch der Bericht „Info 2000". Ich denke, wir sind uns darin einig, daß dies ein ausgezeichneter Bericht ist.
Die F.D.P.-Fraktion begrüßt nachdrücklichst diesen Bericht, weil er in seiner Interdisziplinarität die Vielfalt der Handlungsfelder über den nationalen Rahmen hinaus erfaßt und auch Handlungsnotwendigkeiten und -möglichkeiten aufzeigt.
Ich empfehle dringend, die Beratungen zügig durchzuführen und mit der Umsetzung unverzüglich zu beginnen. Es gilt nämlich, die Chancen der Informationstechnologien in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen zu nutzen. Hier wende ich mich an Herrn Thierse: Wir nehmen Sie beim Wort. Nach dem, was Sie hier gesagt haben, denke ich, daß Sie auch die Bedenkenträger aus Ihren eigenen Reihen im Zaum halten und sich mit um die schnelle Umsetzung der hier vorgesehenen Maßnahmen kümmern werden.
Lassen Sie mich abschließend feststellen: Manche Ihrer Vorschläge hat die Bundesregierung längst aufgenommen. Sie sind bereits in der konkreten Umsetzung. Ich nehme an, daß Sie den Prozeß jetzt aktiv unterstützen und nicht weiter behindern.
Manche Ihrer Vorschläge werden auch in den Koalitionsfraktionen heftig und heiß diskutiert. Über andere Vorschläge sollten wir miteinander reden und gemeinsame Lösungen anstreben. Denn in der derzeitigen wirklich schwierigen Arbeitsmarkt- und Finanzlage erwarten die Bürger und Bürgerinnen unseres Landes konkrete Problemlösungen, keine Prinzipienreiterei, keinen parteipolitischen Hickhack.
Ich bin der Meinung, daß wir in diesem Hause allesamt unsere Energie auf das hoffentlich gemeinsame Ziel fokussieren müssen, die gegenwärtigen Schwierigkeiten zu überwinden.