Rede von
Dr.
Burkhard
Hirsch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Jeder weiß: Es ist leicht, dick zu werden, und es ist nicht so leicht, wieder abzuspecken. Das macht viel weniger Spaß, aber es muß sein.
- Ich spreche aus Erfahrung.
Wir haben 6,5 Millionen Arbeitnehmer in Bund, Ländern und Gemeinden. Mir liegt daran, wenigstens einmal in dieser Debatte zu sagen, daß deren Leistungsbereitschaft und deren Arbeitsbereitschaft nicht geringer ist als die der Arbeitnehmer in der gewerblichen Wirtschaft.
Sie haben mit dem Regelwerk zu tun, das sie nicht selber erstreben, sondern von der Politik bekommen: vom Bundestag, von den Landtagen, von den Kommunalparlamenten. Darum müssen wir bei uns selber ansetzen, bei dem, was wir aus eigener Entscheidung getan haben, auf Wunsch der Bürger, denen wir das sagen müssen, und zum Teil auch im voraus-
Dr. Burkhard Hirsch
eilenden Gehorsam, wenn man Wohltaten verteilen will.
Ich freue mich, daß der Sachverständigenrat „Schlanker Staat" bei Teilen der Opposition so gerühmt worden ist. Er tagt unter dem Vorsitz des Kollegen Professor Scholz. Wir haben dafür gesorgt, daß die Mehrheit in diesem Sachverständigenrat nicht aus der Verwaltung kommt.
Ich wünschte mir, daß sich die Länder an dem ganzen Werk der Verwaltungsreform mehr beteiligten. Sie führen die Gesetze aus. Ohne eine intensive Beteiligung der Länder wird das nicht funktionieren. Ihre Beteiligung an dieser Debatte ist enttäuschend gering.
Nächste Bemerkung. Wenn wir die personellen Ressourcen besser nutzen wollen, dann geht das nicht mit einem Verschiebebahnhof zwischen Beamten und Angestellten. Wir müssen vielmehr die Fragen beantworten: Welche Aufgabe muß der Staat selbst lösen? Wo wird sie am besten erfüllt? Wie soll das geschehen, und wie können wir Verantwortung delegieren?
Wer deregulieren will, wird auf den entschlossenen Widerstand aller bisher Begünstigten stoßen. Ein Teil der Debatte ist ein hervorragender Beleg für diese These. Wer bürgernah verwalten will, schafft gleichzeitig eine teure Verwaltung. Hier muß man einen Kompromiß schließen und sagen, daß bürgernah nicht unbedingt bürgerfreundlich ist.
Wer Verantwortung delegieren will, muß von der kameralistischen Buchhaltung weg und zu einer Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung, wie auch in der Privatindustrie, kommen, sonst entwickeln wir kein Kostenbewußtsein.
Wir müssen über die Kosten steuern können. Man kann an die Verwaltung nur dringend appellieren, nicht zu warten, bis die vielen Experimentierklauseln in einzelnen Haushalts- und Gemeindeordnungen einmal ausprobiert worden sind. Es sind vielmehr alle Vorbereitungen zu treffen, um diese Neuerung so schnell wie möglich einzuführen, die ohne Schulungen und drastische Umstellungen in der Verwaltung nicht funktioniert. Hier können Sie - das muß man den Innenministern von Bund und Ländern sagen - nicht warten, bis irgendwelche hehren parlamentarischen Entscheidungen getroffen worden sind. Das ist vielmehr ein Problem der ausführenden Verwaltung und muß mit großer Energie begonnen werden.
Eine weitere Bemerkung. Wir streben eine Reform des Beamtenrechts nicht an, um die Beamten abzuschaffen. Wir haben eine gute Verwaltung. Wir wollen das Berufsbeamtentum erhalten. Gerade deswegen muß es aber reformiert werden. Dazu gehört die größere Durchlässigkeit der Laufbahnen, nicht nur durch Examina, sondern durch Lebensleistung ermöglicht, und die vermehrte Aufnahme von Leistungselementen und Leistungsanreizen in die Besoldungsregelungen, selbst da, wo sie den Dienstvorgesetzten unangenehm sind, weil sie dann personelle Entscheidungen treffen müssen, was sie lange Jahre hindurch nicht tun mußten.
Dazu gehört natürlich die Teilzeitarbeit, die wirklich großzügig geregelt wird, und die Ernennung auf Probe. Wenn jemand in eine Führungsposition ernannt werden soll, dann müssen wir wissen, ob er das kann. Diese Ernennung kann aber nicht auf Zeit erfolgen. Herr Kollege Körper, auch Sie kennen Gesetzentwürfe von einzelnen Ländern, die selbst Schuldirektoren auf Zeit ernennen wollen. Wenn Sie das einführen, dann ist der Politisierung Tür und Tor geöffnet - hemmungslos. Man muß sagen: Das wollen wir nicht. Das wird mit uns nicht stattfinden.
Letzte Bemerkung. Wir brauchen eine drastische Erleichterung der Versetzungsmöglichkeiten; sonst kommen sie von dem „goldenen Handschlag" und der Frühpensionierung nicht herunter. Das bedeutet, daß der Beamte dort arbeiten muß, wo der Staat ihn braucht, und nicht dort, wo er möchte. Wir führen damit keine übertriebenen Grausamkeiten ein, sondern machen in diesem Punkt dasselbe, was wir von gewerblichen Arbeitnehmern seit Jahren verlangen,
daß sie nämlich zumutbare andere Arbeiten akzeptieren. Auch im öffentlichen Dienst geht es nicht anders.
Ich sage noch einmal: Das alles macht keinen Spaß. Wer das unternimmt, wird nicht von einer jubelnden Bevölkerung auf den Schultern um das Parlament getragen. Es ist aber notwendig, und es führt kein Weg daran vorbei.