Rede von
Dr.
Max
Stadler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bürokratieabbau, schlanker Staat, Verwaltungsreform sind seit langem zentrale Themen der F.D.P.-Politik. Ich erinnere etwa an die Initiative der F.D.P.-Innenpolitiker im Bundestag vom April 1995. Die F.D.P.-Fraktion unterstützt daher mit Nachdruck die Bestrebungen der Bundesregierung und der Koalition zur Reform der öffentlichen Verwaltung.
In einem wichtigen Teilbereich sind wir schon sehr weit. Noch in diesem Monat oder spätestens im April wird der Innenausschuß mit der bevorstehenden Dienstrechtsreform befaßt werden. Diese ersetzt selbstverständlich nicht die notwendige innere Verwaltungsreform, steht aber damit in einem engen Zusammenhang. Sie verfolgt nämlich die Leitziele: mehr Flexibilität im öffentlichen Dienst, höhere Leistungsanreize, größere Mobilität.
All dies gehört untrennbar zur inneren Reform. Denn wir wollen mit der inneren Verwaltungsreform zum Beispiel die Einführung der kaufmännischen Buchführung, die Budgetierung und damit insgesamt die Delegation von Verantwortung nach unten, auch und gerade im finanziellen Bereich, erreichen. Das heißt also: Stärkung der Befugnisse der einzelnen Dienststelle und des einzelnen Beamten.
Die Kommunen - ich erinnere an den Artikel im „General-Anzeiger" über die Gemeinde Wesseling bei Bonn oder an die Erfahrungen, die man als Kommunalpolitiker in Städten wie Passau mit Modellversuchen gemacht hat - haben mit ihren Reformvorhaben und mit ihren Modellvorhaben zur inneren Verwaltungsreform sehr gute Erfahrungen gemacht. Es ergab sich eine größere Motivation der Bediensteten, und die Reformen führten zu Kosteneinsparungen, was wiederum allen Bürgerinnen und Bürgern zugute kommt. Zu Recht zieht daher der Bund nach.
Es ist nicht richtig, daß nichts geschehen ist. Es gibt ja auch beim Bund Beispiele für die Budgetierung. Ich nenne etwa: THW, Bundeszentrale für politische Bildung, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Wir müssen uns aber auch über eines im klaren sein: In dem Moment, wo wir finanzielle Verantwortung stärker nach unten delegieren, nehmen wir unsere eigenen Mitwirkungs- und Mitentscheidungsbefugnisse als Politiker zurück. Das ist gewollt, und das ist auch ein Zeichen von weniger Staat, zu dem wir uns bekennen, was wir aber auch ganz klar ansprechen müssen.
Der Gesetzentwurf zur Dienstrechtsreform sieht dagegen in einem Punkt keine Gefolgschaft gegenüber dem vor, was aus den Ländern kommt, nämlich bei der Frage, ob künftig Führungspositionen im öffentlichen Dienst nur noch auf Zeit vergeben werden sollen. Ich wundere mich insbesondere, daß die Grünen dieses Vorhaben, was in trauter Einhelligkeit von Frau Simonis und Herrn Stoiber gefordert wird, als fortschrittlichen Reformschritt mißverstehen.
In Wahrheit geht es hier doch um die Politisierung des öffentlichen Dienstes, die von jedem, der für eine unabhängige Beamtenschaft eintritt, nicht gewünscht werden kann.
Nun ist von Herrn Körper und anderen die zeitliche Abfolge unseres Vorgehens kritisiert worden. Ich sage Ihnen aber eines: Wer in diesem komplexen Bereich alles auf einmal reformieren will, wird am Ende überhaupt nichts bewirken. Deswegen ist es richtig, daß wir jetzt dort Entscheidungen treffen, wo die Vorarbeiten weit genug gediehen sind. Das ist eben so bei der Dienstrechtsreform. Gleichzeitig gehen wir die innere Verwaltungsreform an und führen auch dort Schritt für Schritt die notwendigen Entscheidungen herbei.
Eine gute Grundlage dafür ist der wirklich bemerkenswerte Zwischenbericht des Sachverständigenrates „Schlanker Staat" vom Januar 1996, auf dessen Einzelheiten ich jetzt aus Zeitgründen nicht mehr eingehen kann. Wir werden den Empfehlungen die-
Dr. Max Stadler
ses Sachverständigenrates im Innenausschuß ebenso größte Aufmerksamkeit schenken wie natürlich auch großen Teilen des Antrags der SPD und auch des Antrags der Grünen.
Über den Berlin-Umzug wird allerdings auf Grund einer Großen Anfrage ohnehin gesondert noch einmal debattiert werden müssen.
Lassen Sie mich zum Schluß noch eine kleine Anmerkung machen, meine Damen und Herren, die vor allem die Juristen unter uns betrifft und die offenbar alle nach einem oder zwei Semestern Jura in dieser Frage schon verdorben sind. Mir scheint, es ist auch ein Bürokratieabbau in unserem eigenen Sprachgebrauch notwendig.
- Sie klatschen zu früh. - Wenn ich mir etwa den heutigen Antrag der Grünen zu Gemüte führe, dann wimmelt es dort nur so von „Ich gehe davon aus", „Es gibt besonders gelagerte Ausnahmefälle" und ähnlichen Bürokratismen, so daß ich uns allen übers Wochenende als Pflichtlektüre die Broschüre „Amtsdeutsch heute" von Walter Otto empfehlen möchte.
- Das gehört ins Wörterbuch des Unmenschen.