Rede von
Dr.
Burkhard
Hirsch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich schließe damit die Aussprache.
Die Fraktion der CDU/CSU hat beantragt, den Antrag der Fraktion der SPD zur Herausnahme Ghanas aus der Liste der sicheren Herkunftsstaaten auf Drucksache 13/3329 zu überweisen: federführend an den Innenausschuß und mitberatend an den Auswärtigen Ausschuß. Die Fraktion der SPD verlangt sofortige Abstimmung.
Der Überweisungsantrag geht vor. Wir stimmen also zunächst über den Antrag der CDU/CSU auf Überweisung ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, daß der Antrag auf Überweisung mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposition angenommen worden ist. Damit kann heute nicht in der Sache abgestimmt werden. Die Überweisung ist so beschlossen.
Wir gehen über zu Tagesordnungspunkt 17: Debatte zur Entwicklungspolitik
a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Zehnter Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung
- Drucksache 13/3342 —
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung
Ausschuß für Wirtschaft
Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Auswärtiger Ausschuß
Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung,
Technologie und Technikfolgenabschätzung
Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union
b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Pinger und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Roland Kohn, Dr. Irmgard Schwaetzer, Dr. Helmut Haussmann und der Fraktion der F.D.P.
Durchsetzung der deutschen Entwicklungspolitik in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Ingomar Hauchler, Brigitte Adler, Ingrid Becker-Inglau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
Neuorientierung der Deutschen Entwicklungspolitik
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Wolfgang Schmitt , Ludger Volmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Reform der bundesdeutschen Entwicklungspolitik
- Drucksachen 13/233, 13/241, 13/246, 13/2427 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Jochen Feilcke Dr. Ingomar Hauchler
Roland Kohn
Wolfgang Schmitt
c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Petra Bläss, Dr. Willibald Jacob, Dr. Winfried Wolf und der Gruppe der PDS
Auswertung und Umsetzung der Dokumente des Weltsozialgipfels
- Drucksache 13/1586 -
Überweisungsvorschlag:
Aussschuß für Arbeit und Sozialordnung Auswärtiger Ausschuß
Finanzausschuß
Ausschuß für Wirtschaft
Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung
d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Dr. Willibald Jacob, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS
Verwendung der Mittel, die für die Finanzierung des Staudammprojektes Arun III vorgesehen waren
- Drucksache 13/2285 -
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung
Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Haushaltsausschuß
e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Christoph Matschie, Brigitte Adler, Ingrid BeckerInglau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
Alternative Entwicklungsvorhaben zu Arun III in Nepal
- Drucksache 13/2979 -
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung
Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Ingomar Hauchler, Brigitte Adler, Ingrid Becker-Inglau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
Für eine neue Initiative zur Entschuldung der Entwicklungsländer
- Drucksache 13/2458 -
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Finanzausschuß
Haushaltsausschuß
g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Wolfgang Schmitt , Dr. Uschi Eid, Dr. Angelika Köster-Loßack und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle der Weltbank
- Drucksache 13/2495 -
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Finanzausschuß
h) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Pinger, Wolfgang Vogt und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Roland Kohn, Dr. Irmgard Schwaetzer und der Fraktion der F.D.P.
Weltgipfel für soziale Entwicklung vom 6. bis 12. März 1995 in Kopenhagen
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Ingomar Hauchler, Hans Büttner , Brigitte Adler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
Weltgipfel für soziale Entwicklung vom 6. bis 12. März 1995 in Kopenhagen
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Angelika Köster-Loßack, Dr. Uschi Eid, Wolfgang Schmitt , weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN
Weltsozialgipfel
- zu dem Antrag der Abgeordneten der PDS
Weltgipfel für soziale Entwicklung vom 6. bis 12. März 1995 in Kopenhagen
- Drucksachen 13/556, 13/421, 13/539, 13/535, 13/2796 -
Berichterstattung: Abgeordneter Heinz Schemken
i) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Jochen Feilcke
Kredite fließt daher sofort zur Bedienung eben dieser Forderungen sofort an diese Institutionen zurück.
Die Schuldenprobleme dieser ärmsten und mittleren Einkommensländer stellen, wie ich finde, die größte Herausforderung für die internationale Gebergemeinschaft dar. Deshalb werde ich mich schwerpunktmäßig mit eben diesem Themenbereich befassen.
Niemand, übrigens auch nicht die multinationalen Institutionen, verkennen den Ernst der Lage. Die Weltbank hat in den vergangenen Jahren ihrerseits Instrumente entwickelt, um die Rückzahlungsverpflichtungen dieser Länder zu erleichtern. Hier denke ich vor allem an die IDA-Umschuldungsfazilität, die den ärmsten Ländern, den sogenannten IDA-
only-countries, den Rückkauf ihrer kommerziellen Schulden ermöglicht. Sosehr die Einrichtung einer derartigen Fazilität zu begrüßen ist, bleibt das Problem bestehen, daß sie für die Entschuldung bei weitem nicht ausreicht und vor allem das Verschuldungsproblem gegenüber den multilateralen Finanzierungsinstitutionen nicht löst. Es sind daher neue, zusätzliche Initiativen notwendig, und da es sich vorrangig um ein Problem der multilateralen Institute handelt, sollte von diesen auch die Initiative ausgehen.
Ein interessanter Vorschlag, der nach der Herbsttagung von IWF und Weltbank schon einmal hier im Hause diskutiert worden ist, ist die Idee eines internationalen Fonds zur Entschuldung der ärmsten Länder, der sogenannte Debt Reduction Fund. Mit einem derartigen Fonds, der außerhalb der Weltbank etabliert werden sollte, ließen sich zwei zentrale Probleme gleichzeitig lösen. Zum einen könnten durch Leistungen aus diesem Fonds die hochverschuldeten Länder in die Lage versetzt werden, ihre Schulden an die multilateralen Finanzierungsinstitutionen zu begleichen; zum anderen könnten die multilateralen Finanzierungsinstitutionen ihren bevorzugten Gläubigerstatus aufrechterhalten.
Gerade dieser zweite Aspekt ist deshalb besonders wichtig, weil es fatal wäre, wenn aus kurzfristigen Zwängen heraus der bevorzugte Gläubigerstatus dieser Institutionen, der gerade für die Entwicklung in den ärmsten Ländern erhebliche Vorteile bringt, in Frage gestellt würde.
Zwar ist dieser Vorschlag, Herr Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, noch in der Beratung. Zwar
wirft diese Idee Fragen und Probleme auf,
aber wir fordern die Bundesregierung schon jetzt auf, aktiv an der Ausgestaltung eben dieses Fonds mitzuarbeiten.
Zur Zeit ist noch unklar, wie die gegebenenfalls erforderlichen Mittel für einen internationalen Schuldenfonds aufgebracht werden können. Nach Einschätzung der Weltbank müßte der Fonds auf ein Volumen von zirka elf Milliarden US-Dollar ausgelegt werden, um den betreffenden ärmsten Ländern eine wirksame und nachhaltige Schuldenentlastung zu ermöglichen. Hiervon wären bereits in den ersten drei Jahren zirka 1,5 Milliarden US-Dollar zu mobilisieren.
An Finanzierungsvorschlägen hat es bisher nicht gefehlt; jedoch ist festzustellen, daß die meisten von ihnen einer näheren Prüfung nicht standhalten. Der Vorschlag zum Beispiel, die Mittel aus der sogenannten Tobin-Steuer zu finanzieren, entbehrt einer soliden Grundlage, da es eine solche Steuer nicht gibt und wahrscheinlich auch niemals geben wird.
In die gleiche Kategorie fallen die Vorschläge, dem Fonds Sonderziehungsrechte oder die Erlöse aus dem Verkauf der IWF-Goldbestände zur Verfügung zu stellen. Man kann sich bei derartigen Vorschlägen wirklich nur fragen, wann sich endlich die Erkenntnis durchsetzen wird, daß die Aufgaben und Instrumente der Währungspolitik von denen der Entwicklungsfinanzierung strikt zu trennen sind. Der Vorschlag, die Liquiditätsreserven der Weltbank einzusetzen, übersieht schließlich, daß diese bereits auf Grund von Projekt- und Programmzusagen der Weltbank zweckgebunden sind und ihre kurzfristige Anlage auf den Geldmärkten die wichtigste Quelle für Überschüsse in Höhe von zirka 1 Milliarde US-Dollar pro Jahr ist. Die Gewinne der Weltbank werden übrigens überwiegend der IDA überwiesen.
Für eine seriöse Finanzierung eines derartigen Fonds kommen nur zwei Quellen in Betracht: bilaterale Beiträge und ergänzend die Gewinne der multilateralen Finanzierungsinstitutionen. Dies macht eine Lösung des Finanzierungsproblems zwar schwierig, aber schon deshalb nicht unmöglich, weil die Idee des Fonds ja richtig ist.
Der Bundesfinanzminister wird von meinem Vorschlag sicherlich nicht auf Anhieb begeistert sein; ich trage ihn dennoch hier vor: In den Bundeshaushalt fließen jährlich 1 bis zirka 1,5 Milliarden DM an Rückflüssen aus Entwicklungsländern. Nach langen Bemühungen haben wir erreicht, daß ein Teil dieses Geldes wiederum für Entwicklungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt wird. Inzwischen sind es wohl ungefähr 200 Millionen DM, die für Naturprojekte und Projekte der Armutsbekämpfung verwandt werden. Grundbedingung für den Einsatz dieser Mittel ist, daß in den Entwicklungsländern selbst eben diese Umweltmaßnahmen oder Maßnahmen für Armutsbekämpfung finanziert werden. So verzichtet Deutschland bislang auf die FZ-Forderungen vollständig, wenn das Entwicklungsland einen Teilbetrag von 30 bis 50 Prozent für derartige Maßnahmen eingesetzt hat.
Schuldenumwandlungen erfordern angesichts der bestehenden Liquiditätsengpässe besondere Anstrengungen der Entwicklungsländer, Inlandsmittel
Jochen Feilcke
für Entwicklungsmaßnahmen einzusetzen. Jedoch akzeptieren die Entwicklungsländer diese Konditionen, um die angestrebte Verringerung des Schuldenüberhangs zu erreichen.
Ich bitte nun die Bundesregierung ausdrücklich, im Laufe der Verhandlungen bei IWF und Weltbank über die Errichtung eines Schuldenreduzierungsfonds die Frage zu prüfen, ob bilaterale Beiträge Deutschlands auch aus den Rückflüssen aus den Entwicklungsländern erbracht werden können. In begründeten Fällen muß es möglich sein, daß ein Erlaß von multilateralen Schulden erfolgt. Wir haben nach meiner Auffassung guten Grund, uns dafür einzusetzen.
Ich bin mir dabei darüber im klaren, daß hier eine Konkurrenzsituation zur 11. Wiederauffüllungsrunde der IDA entstehen könnte. Hier bin ich der Meinung, daß Schuldenreduzierung und IDA-Auffüllung in keinem konkurrierenden, sondern nach Möglichkeit in einem komplementären Verhältnis zueinander stehen sollten.
Meine Damen und Herren, mit Mißvergnügen müssen wir zur Kenntnis nehmen, daß die USA ihren Zahlungsverpflichtungen nicht regelmäßig und nicht in ausreichendem Umfang nachkommen. Das darf die anderen Geberländer der IDA auf keinen Fall veranlassen, ihrerseits Zahlungen zurückzuhalten. Darauf haben wir in der Beratung des Antrages der CDU/CSU-Fraktion zur 11. Wiederauffüllung der IDA besonders hingewiesen.
Zwar hat die Bundesregierung rechtlich die Möglichkeit, die deutschen Leistungen in dem Umfange zu sperren, wie andere Geberländer ihre Verpflichtungen nicht erfüllen. Wir wollen aber nicht, daß die Bundesregierung von diesem Recht Gebrauch macht. Sollte sie dennoch die Absicht haben, muß sie nach unserer Auffassung den fachlich zuständigen Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vorher konsultieren.
Schließlich fließen IDA-Mittel an die ärmsten Länder. Sie sollen unserer Auffassung nach für Armutsbekämpfung ausgegeben werden. Hier ist eine noch deutlichere Akzentsetzung erforderlich.
Wir begrüßen die Verhandlungsposition der Bundesregierung in diesem Zusammenhang. Insbesondere halten wir es für gerecht, daß amerikanische Unternehmen von der Auftragsvergabe ausgeschlossen sind, solange die USA ihre Beiträge zurückhalten, und daß die USA an den Entscheidungen auch so lange nicht beteiligt werden.
Gerade weil die Bundesregierung in der Vergangenheit den Schwerpunkt ihrer Entwicklungszusammenarbeit darin gesehen hat, den ärmsten Ländern auf die Beine zu helfen, und gerade weil die Bundesregierung auf bilateraler Ebene bereits in erheblichem Umfang Schulden erlassen hat - weit mehr als andere Geber -, wollen wir, daß Deutschland auch hier weiterhin eine führende Rolle spielt.