Rede von
Werner
Lensing
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Liebe, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich bei der Thematik des heutigen Morgens, Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung, direkt auf den Punkt kommen.
Was die Opposition während der vergangenen Wochen und Monate - ich glaube, Herr Dr. Glotz, Sie bleiben bei der Einschätzung, die Sie gerade lobenderweise abgegeben haben - zu der von der Koalition gewünschten Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung eingebracht hat,
war ein einziger Aufstand der Irrationalität. Deswegen sage ich sogleich: Selbst wenn viele Menschen den falschen Weg gehen, bleibt er falsch und wird auch nicht durch noch so ausführliche Diskussionen richtiger.
Vorurteile - nicht nur in bestimmten Landstrichen - waren schon immer die Hühneraugen des Geistes. Von daher kann Polemik nie Ersatz sein für mitverantwortliches, kooperatives, an den Menschen und an der Sache orientiertes Denken.
Der hier gerade vorgeführte taktische Eiertanz der Oppositionsparteien bestätigt eine uralte Erfahrung.
- Das hat mit Polemik gar nichts zu tun: Der Wahrheit eine Gasse. Das ist ganz eindeutig.
Diese Erfahrung lautet: Die Opposition weiß stets - das könnte man wunderbar beweisen -, was sie nicht
Werner Lensing
will, bevor sie sich darüber im klaren ist, worauf sie überhaupt abzielt, und dies in einer Zeit, in der wir dringender denn je eine gemeinsame große Offensive aller für berufliche Aus-, Fort- und Weiterbildung Verantwortlichen benötigen, um die Chancen der so wichtigen beruflichen Bildung weiter in das Bewußtsein zu rücken und eine zeitgemäße Weiterentwicklung voranzutreiben. Nicht von ungefähr - ich denke, jetzt werden Sie begeistert sein, weil ich das zitiere - bezeichnete Karl-Heinz Reck , Kultusminister aus Sachsen-Anhalt, noch im Januar anläßlich seiner Amtsübernahme als Präsident der Kultusministerkonferenz die Aufwertung gerade der beruflichen Bildung als das Thema des Jahres.
- Natürlich hat er recht, sonst würde ich ihn hier ja nicht zitieren. Wir haben ihn aber nachher auf unserer Seite; das werden Sie noch merken. Sie wundern sich, daß ich ihn zitiert habe, und sind nun gar nicht mehr so glücklich. Im Kontext zu Herrn Reck frage ich Sie: Was leistet denn die Opposition?
Im Rahmen der Beratungen zum geplanten AFBG trägt die Opposition den Streit um die Finanzierung und Abwicklung allein der Verwaltungsmaßnahmen ausgerechnet auf dem Rücken derer aus, die sie zu fördern vorgibt.
Sie trifft damit die Handwerker, die Techniker und unsere zukünftigen, so dringend benötigten mittleren Führungskräfte. Dadurch nehmen Sie, meine Damen und Herren aus den Oppositionsfraktionen, vielen, die sich selbständig machen möchten, die Chance, in neu gegründeten Unternehmungen Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen. Das empfinde ich als eine unverantwortliche Groteske.
Auf die CDU, auf die CSU und auf die F.D.P. können sich unsere zukünftigen Meister eindeutig verlassen.
Es ist doch unglaublich einfach - wie jetzt durch Ihre munteren Zwischenrufe auch wieder deutlich wird -, sich verbal zur Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Ausbildung zu bekennen, praktisch aber nicht bereit zu sein, die zur Realisierung dieses Ziels notwendigen und konkreten Taten folgen zu lassen.
Meine Damen und Herren, da stimmt doch etwas nicht. Wir wissen alle, und ich wiederhole es: Auf uns ist in dieser Frage Verlaß. Das beweist auch die heutige Diskussion. Das beweist der Gesetzentwurf, den wir seitens der Koalitionsfraktionen bereits fünf Tage nach dem Vorliegen des Ergebnisses des Vermittlungsausschusses eingebracht haben - nach fünf Tagen, mit hoher Qualität. Das ist fürwahr auch eine Meisterleistung - eine Meisterleistung just unserer Fraktion.
Wir wissen sehr wohl - ich habe die Sorge, daß Sie das vergessen haben -, daß weitere 500 000 Stellen für Techniker und Fachkräfte infolge des Generationswechsels neu zu besetzen sind.
Wir waren im Interesse der Sache zu großem Entgegenkommen bereit. Wir waren bereit, den Länderanteil auf 25 Prozent zu senken. Wir waren bereit, nicht nur Kurse mit 500 Stunden und mehr anzubieten. Wir waren bereit, die Regelungen über die notwendige Kinderbetreuung durch Gewährung eines familienfördernden Zuschusses deutlich zu verbessern.
Was also bleibt, ist - weil es politisch so gewollt ist - ein einziger Streitpunkt. Dieser wiederum ist primär formaler Natur. Es geht für Sie um die Frage - das beinhaltet für Sie die ganze Aufstiegsfortbildungsförderung -: Abwicklung beim Arbeitsamt oder bei einer anderen Behörde? Wegen dieses Streites gefährdet die Opposition eindeutig das AFBG.
Während ich noch im Zuge der Beratungen in unserem Ausschuß - ich bin ja hier ganz ehrlich, wie sich das für einen Vertreter der CDU/CSU gehört -
der ebenso leichtfertigen wie gutgläubigen, fatalen und damit irrigen Ansicht war, SPD und Bündnis 90/ Die Grünen wünschten tatsächlich die Förderung des AFBG, so muß ich heute zur Kenntnis nehmen: Sie wollen diese Maßnahme letztlich verhindern, weil Sie unserem zuständigen Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers und den Bonner Koalitionsfraktionen die Idee des sogenannten Meister-BAföG neiden.
- Diese Aussage scheint ja ins volle getroffen zu haben. Vermutlich neiden Sie uns das nur, weil dieses Modell bei Ihrem oppositionellen Brainstorming erst gar nicht vorkam.