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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/87 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 87. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Februar 1996 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 7675 B Absetzung von Punkten von der Tagesordnung 7675B, 7678B Zur Geschäftsordnung Joachim Hörster CDU/CSU 7675 D Dr. Peter Struck SPD 7676 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7677 A Jörg van Essen F.D.P. 7677 C Dr. Dagmar Enkelmann PDS 7677 D Tagesordnungspunkt 18: Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses - zu dem Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an der Unterstützung für Ostslawonien (United Nations Transitional Administration for Eastern Slavonia, Baranja and Western Sirmium = UNTAES) durch die multinationale Friedenstruppe für Bosnien-Herzegowina (IFOR) - zu dem Antrag der Gruppe der PDS: Kein Einsatz der Bundeswehr in Ostslawonien (Drucksachen 13/3708, 13/3693, 13/3730) 7678 C Volker Rühe, Bundesminister BMVg . . 7678D Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . . 7680B Rudolf Seiters CDU/CSU 7682 B Dr. R. Werner Schuster SPD 7683 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7684 A Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 7685 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . 7685B Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 7686 C Freimut Duve SPD 7686 D Paul Breuer CDU/CSU 7687 D Walter Kolbow SPD 7688 D Uwe Hiksch SPD 7690 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7690 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 7691 C Uwe Hiksch SPD (Erklärung nach § 31 GO) 7692 C Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 7693 A Tagesordnungspunkt 19: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Rechts der Arbeitslosenhilfe (ArbeitslosenhilfeReformgesetz) (Drucksachen 13/2898, 13/3109, 13/3479, 13/3725, 13/3733) . 7693 C Rudolf Meyer (Winsen) CDU/CSU . . 7693 D Ernst Schwanhold SPD 7695 D Adolf Ostertag SPD 7696 A Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . 7698A Hans Michelbach CDU/CSU 7698 C Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7699 B Dr. Gisela Babel F.D.P 7700 C Dr. Heidi Knake-Werner PDS 7701 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD 7702 D Heinz Schemken CDU/CSU 7703 C Peter Dreßen SPD 7704 C, 7708 C Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 7705A Erika Lotz SPD 7705D Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 7707B Namentliche Abstimmung 7709B Ergebnis 7711B Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (Rentenberechnung Ost) (Drucksache 13/3697) 7709 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Gruppe der PDS: Rentenmoratorium 1996 (Drucksache 13/3737) 7709C Manfred Grund CDU/CSU 7709D Dr. Barbara Höll PDS 7710D Ulrike Mascher SPD 7713 C Uwe Lühr F.D.P 7715D Petra Bläss PDS 7716 B Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 7717A Zusatztagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (Drucksache 13/3698) 7718C Werner Lensing CDU/CSU 7718C Doris Odendahl SPD 7719D Franz Thönnes SPD 7720 C Werner Lensing CDU/CSU 7721 C Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7724 C Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. . . . 7726 A Rosei Neuhäuser PDS 7727 A Josef Hollerith CDU/CSU 7727 D Horst Kubatschka SPD 7728 A Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 7728D Dr. Peter Glotz SPD 7729 A Nächste Sitzung 7730 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7731* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 20 (Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7731* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 7732* C 87. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Februar 1996 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Belle, Meinrad CDU/CSU 9. 2. 96 Böttcher, Maritta PDS 9. 2. 96 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 9. 2. 96 Haack (Extertal), SPD 9. 2. 96 Karl Hermann Hanewinckel, Christel SPD 9. 2. 96 Hasenfratz, Klaus SPD 9. 2. 96 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 9. 2. 96 Hoffmann (Chemnitz), SPD 9. 2. 96 Jelena Dr. Jork, Rainer CDU/CSU 9. 2. 96 Kastning, Ernst SPD 9. 2. 96 Klemmer, Siegrun SPD 9. 2. 96 Kohn, Roland F.D.P. 9. 2. 96 Kronberg, CDU/CSU 9.2.96 Heinz-Jürgen Dr.-Ing. Krüger, Paul CDU/CSU 9. 2. 96 Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 9. 2. 96 Karl-Hans Leidinger, Robert SPD 9. 2. 96 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 9. 2. 96 Neumann (Berlin), SPD 9. 2. 96 Kurt Dr. Paziorek, Peter CDU/CSU 9. 2. 96 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 9. 2. 96 Hermann Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 9. 2. 96 Sauer (Stuttgart), CDU/CSU 9. 2. 96 Roland Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 9. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Schultz (Köln), SPD 9. 2. 96 Volkmar Schumann, Ilse SPD 9. 2. 96 Sebastian, CDU/CSU 9.2.96 Wilhelm-Josef Dr. Skarpelis-Sperk, SPD 9. 2. 96 Sigrid Dr. Frhr; von Stetten, CDU/CSU 9. 2. 96 Wolfgang Tappe, Joachim SPD 9. 2. 96 Terbora. Maraitta SPD 9. 2. 96 Teuchner, Jella SPD 9. 2. 96 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 9. 2. 96 Vogt (Duren), CDU/CSU 9. 2. 96 Wolfgang Vosen, Josef SPD 9. 2. 96 Wallow, Hans SPD 9. 2. 96 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 9. 2. 96 Wohlleben, SPD 9.2.96 Verena Zierer, Benno CDU/CSU 9. 2. 96 ' für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 20 (Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) Andrea Fischer (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung regelt zwei ganz unterschiedliche Fragen der Rentenversicherung. Da ist zum einen die Veränderung des Verfahrens für die Rentenanpassung. Unstrittig ist, daß die Verfahren zwischen Ost und West angeglichen werden müssen und daß mit jedem Jahr der Vereinigung die Angleichung der Regeln der Rentenversicherung immer unabweisbarer wird. Es kann hier deshalb nicht um die grundsätzliche Frage gehen, ob die Verfahren angeglichen werden sollen. Es kann nur darum gehen, ob der Zeitpunkt der richtige ist. Noch ist es zu früh für eine Beantwortung dieser Frage. Wir müssen die verläßlichen Zahlen des Statistischen Bundesamts abwarten, mit denen wir in vier bis sechs Wochen rechnen können. Vor diesem Hintergrund ist es mir unverständlich, warum der Kollege Dreßler sich erneut in die Diskussion über die Renten eingeschaltet hat mit vermeintlich präzisen Zahlenangaben. Über welche Zahlen verfügt die SPD, die allen anderen nicht zugänglich sind? Die Rentenanpassung ist ein sehr sensibles Thema, wir sollten sie daher auch sehr bedachtsam diskutieren, und zwar mit Hilfe der Zahlen und nach einer ausführlichen Erörterung mit Fachleuten in der geplanten Anhörung. Für eine vorsichtige Debatte spricht neben der materiellen Bedeutung, die die Höhe der Rentenanpassung für die Rentnerinnen und Rentner hat, auch die Brisanz der Ost-West-Verteilungsdiskussion. Es ist unsere Aufgabe, die unterschiedliche Lebens- und Einkommenssituation der Rentnerinnen und Rentner in Ost und West zu berücksichtigen und bei jeder Regelung eine sorgfältige Gerechtigkeitserwägung anzustellen: Jede Ungleichbehandlung zwischen Ost und West muß begründbar und vermittelbar sein. Auch beim zweiten Sachverhalt, der hier zur Regelung vorgeschlagen wird, sehe ich die Notwendigkeit zu einer umfassenden Beratung, bevor darüber entschieden wird. Die Bundesregierung möchte mit der Verpflichtung auf die ausschließliche Berücksichtigung der Erwerbsfähigkeit unabhängig von der Arbeitsmarktlage die Rentenversicherung von typischen Arbeitsmarktrisiken befreien. Im Sinne der reinen Lehre ist das ein vernünftiger Vorschlag: Die Rentenversicherung soll nicht überfrachtet werden mit Aufgaben, für die sie nicht zuständig ist. Aber nun wollen wir ja hier im Bundestag nicht einen Preis für das bestgeordnete Sozialsystem gewinnen. Sondern wir müssen nach Wegen suchen, wie das Sozialsystem mit den Folgen der millionenfachen Erwerbslosigkeit fertig wird. Betrachtet man die Sozialversicherungszweige insgesamt, so wird die „Bereinigung" der Rentenversicherung um einen Tatbestand, für den sie nicht zuständig ist, zu Höherbelastungen in der Arbeitslosenversicherung und in der Sozialhilfe führen. Denn was wird geschehen? Die älteren Erwerbslosen, die dann keine Erwerbs- oder Berufsunfähigkeitsrente mehr erhalten, sind auf Arbeitslosengeld angewiesen. Nach den Plänen der Bundesregierung soll der verlängerte Bezug von Arbeitslosengeld für ältere Arbeitslose eingeschränkt werden. Das hätte zur Folge, daß diese früher auf Arbeitslosenhilfe angewiesen sind. Viele der davon Betroffenen haben zuvor keine sehr hohen Einkommen gehabt, so daß sie mit hoher Wahrscheinlichkeit zusätzlich auf Sozialhilfe angewiesen sind. Also werden von dieser Neuordnung des Erwerbsunfähigkeitsrentenrechts einerseits andere Sozialkassen betroffen sein. Andererseits bedeutet sie aber auch schlicht die Absenkung des Leistungsniveaus, auf dem die älteren Erwerbsunfähigen abgesichert werden. Das trifft eine Gruppe von ohnehin nicht sehr einkommensstarken Arbeitslosen. Aus diesem Grund bin ich sehr skeptisch gegenüber dem Vorschlag der Bundesregierung. Ich hoffe, daß die Anhörung noch größere Klarheit über die Folgen dieser Neuregelung bringen wird. Wir sollten alle sehr offen dafür sein, gegebenenfalls das Vorhaben aufzugeben, wenn sich erweisen sollte, daß damit die Lasten der Erwerbslosigkeit nur zwischen den Kassen verschoben würden und die Rentenversicherung auf dem Rücken von relativ schwachen Erwerbsunfähigen entlastet würde. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Rechtsausschuß Drucksachen 12/7177, 13/725 Nr. 36 Drucksachen 12/7489, 13/725 Nr. 37 Ausschuß für Wirtschaft Drucksachen 13/2681, 13/2973 Nr. 4 Drucksachen 13/1660, 13/2790 Nr. 4 Drucksache 13/2489 Ausschuß für Verkehr Drucksachen 13/2682, 13/3092 Nr. 1 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/2306 Nr. 2.45 Drucksache 13/3182 Nr. 1.2 Finanzausschuß Drucksache 13/2804 Nr. 2.3 Drucksache 13/3182 Nr. 1.8 Drucksache 13/3182 Nr. 1.9 Haushaltsausschuß Drucksache 13/2674 Nr. 2.19 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/3117 Nr. 2.7 Drucksache 13/3117 Nr. 2.14 Drucksache 13/3117 Nr. 2.17 Drucksache 13/3117 Nr. 2.18 Drucksache 13/3117 Nr. 2.23 Drucksache 13/3117 Nr. 2.25 Drucksache 13/3117 Nr. 2.29 Drucksache 13/3182 Nr. 1.3 Drucksache 13/3182 Nr. 1.5 Drucksache 13/3182 Nr. 1.6 Drucksache 13/3182 Nr. 1.7 Drucksache 13/3182 Nr. 1.10 Drucksache 13/3182 Nr. 2.1 Drucksache 13/3182 Nr. 2.2 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/1614 Nr. 2.19 Drucksache 13/2306 Nr. 2.22 Drucksache 13/2674 Nr. 2.25 Drucksache 13/3117 Nr. 2.28 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/2494 Nr. 1.3 Drucksache 13/2674 Nr. 2.23 Drucksache 13/3117 Nr. 2.26 Drucksache 13/3286 Nr. 2.3 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/1338 Nr. 1.1 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/2306 Nr. 2.60 Drucksache 13/2494 Nr. 1.20 Drucksache 13/2988 Nr. 1.3 Drucksache 13/3182 Nr. 1.12 Drucksache 13/3182 Nr. 1.13
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ulrike Mascher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Herr Präsident! Am 30. November des letzten Jahres, also vor gerade elf Wochen, haben wir das Erste Änderungsgesetz zur gesetzlichen Rentenversicherung beschlossen. Nach nur zehn Wochen haben wir nun das Zweite Änderungsgesetz vor uns liegen.
    Wieder wird versucht, mit einem rasch gezimmerten Gesetz den Anstieg der Kosten in der gesetzlichen Rentenversicherung zu mindern, statt zu versuchen, nach Offenlegung aller Fakten zur Entwicklung der Rentenfinanzen eine sozial und finanziell verantwortliche Lösung gemeinsam zu finden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der PDS)

    In einem erneuten Anlauf wird versucht, eine Festschreibung „der abstrakten Betrachtungsweise bei der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für zwar leistungsgeminderte, aber noch vollschichtig einsatzfähige Versicherte" durchzusetzen. Schön abstrakt klingt das. Aber was sind das für Schicksale, die sich hinter den zwar leistungsgeminderten, aber noch vollschichtig einsatzfähigen Versicherten verbergen?
    Das sind die jahrzehntelang mit schwerer körperlichen Arbeit auf dem Bau beschäftigten ungelernten Arbeiter. Das sind die Frauen, die viele Jahre als Putz- oder Küchenhilfe unter schlechten Arbeitsbedingungen hart gearbeitet haben. Zu ihrem Glück waren sie in einem sozial abgesicherten Arbeitsverhältnis, davon gibt es ja heute nicht mehr allzu viele. Das sind zum Beispiel Forstarbeiter, die harte, körperliche Arbeit in der Forstwirtschaft geleistet haben und jetzt mit Wirbelsäulenschäden sicher theoretisch
    Dr. Uwe-Jens Heuer Dr. Barbara Höll
    Dr. Willibald Jacob Ulla Jelpke
    Gerhard Jüttemann
    Dr. Heidi Knake-Werner
    Rolf Köhne
    Rolf Kutzmutz
    Andrea Lederer Dr. Christa Luft Heidemarie Lüth
    Dr. Günther Maleuda
    Manfred Müller (Berlin)

    Rosei Neuhäuser Dr. Uwe-Jens Rössel Christina Schenk Steffen Tippach
    Klaus-Jürgen Warnick
    Dr. Winfried Wolf
    Gerhard Zwerenz
    Enthalten
    CDU/CSU Manfred Kolbe

    Ulrike Mascher
    eine „leichte, sitzende Tätigkeit" ausüben können. Aber wo finden sie diese Arbeit beispielsweise im Bayerischen Wald?
    Was ist mit Menschen, die wegen einer schweren Stoffwechselerkrankung oder nach einer umfangreichen Magen-Darm-Operation häufiger kleine Mahlzeiten zu sich nehmen und häufiger Pausen einlegen müssen? Welcher Arbeitgeber wird Menschen mit solchen sehr persönlichen, erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen beschäftigen?
    Ich versuche den Gesetzentwurf hier anschaulich zu machen, damit wir nicht immer nur von statistischen Größen reden, sondern uns vorstellen, welche Schicksale hinter diesen Zahlen stecken.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der PDS Clemens Schwalbe [CDU/CSU]: Sie müssen mal zum Thema reden!)

    Mit welchem Recht werden sie trotz jahrzehntelanger Beitragszahlungen von den Leistungen der Rentenversicherung ausgegrenzt? Mit welchem Recht werden sie auf die für ihre Lebenssituation unzureichende Arbeitslosenversicherung verwiesen, obwohl sie keinerlei Vermittlungschancen haben und in der Endstation Sozialhilfe landen? Dieser Prozeß wird dank der Reformen mit der eingebauten Kürzungsschere der Regierungskoalition immer rascher vollendet.
    So sehr ich eine systematische Erhöhung des Rentenzugangsalters durch eine finanziell angemessene Altersteilzeit ohne Rentenminderung für sinnvoll halte, so wenig halte ich davon, Menschen, die keinerlei Chancen auf dem hart umkämpften Arbeitsmarkt haben, in die Sozialhilfe abzudrängen.
    Wozu sollen sie denn noch Beiträge in eine solidarisch finanzierte Rentenversicherung einzahlen, wenn im Ernstfall die Leistung verweigert wird?

    (Beifall bei der SPD)

    Darüber hinaus halte ich auch die Kostenrechnung für nicht überzeugend. Der Gesetzentwurf geht von 350 000 Personen aus, die von den Leistungen ausgegrenzt werden sollen, für die sich Mehraufwendungen von zirka 5 Milliarden DM ergeben könnten, sagt der Gesetzentwurf. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein, also Fachanwältinnen und Fachanwälte für Sozialrecht, geht von einer wesentlich geringeren Zahl von Betroffenen aus.
    Die sozialdemokratischen Abgeordneten werden sich deshalb bei der anstehenden Anhörung gründlich mit diesem Teil des Änderungsgesetzes auseinandersetzen. Im November 1995 haben wir dieses Vorhaben bereits einmal abgelehnt.
    Im Gegensatz zu den Änderungen beim Erwerbsunfähigkeitsrentenrecht trifft das zweite Änderungsvorhaben eine ganz große Zahl von Rentnerinnen und Rentnern, laut Rentenversicherungsbericht über 3 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Ostdeutschland.
    Zum 1. Juli soll eine Veränderung der Rentenanpassung in den neuen Bundesländern durchgesetzt werden. Wie im Westen sollen künftig auch im Osten die Renten nur noch einmal im Jahr, jeweils zum 1. Juli, entsprechend der Nettolohnentwicklung des vergangenen Jahres angepaßt werden. Der Kollege Grund hat das hier schon ausführlich dargestellt.
    Die Begründung im Gesetzentwurf der CDU/CSU-und F.D.P.-Abgeordneten klingt allerdings kurios. Ich zitiere:
    Bei Beibehaltung des jetzigen Anpassungsverfahrens in den neuen Bundesländern wäre es daher unumgänglich, bei jeder zukünftigen Rentenanpassung nach dem alten Verfahren eine Korrektur der Nettoentgelte nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung vorzunehmen. Um einen derartigen ständigen Korrekturbedarf in den neuen Bundesländern abzuwenden, ist die Umstellung auf ein Rentenanpassungsverfahren, welches wie in den alten Bundesländern auf die Nettoentgeltentwicklung des Vorjahres abstellt, im Interesse
    - jetzt passen Sie auf! -
    einer höheren Rechtssicherheit für die Rentner notwendig.
    Das kann doch nicht die Begründung sein.

    (Zuruf von der SPD: Das ist ja lächerlich!)

    Ich fürchte, die „höhere Rechtssicherheit" wird die Rentnerinnen und Rentner nicht von der Notwendigkeit des neuen Anpassungsverfahrens überzeugen, auch wenn der nächste Absatz der Begründung die bittere Pille versüßen soll. Hier heißt es nämlich:
    Mit der Umstellung des Rentenanpassungsverfahrens in den neuen Bundesländern auf dasjenige in den alten Bundesländern zum 1. Juli 1996 wird die Rentenangleichung dynamisch fortgesetzt . . .
    Sicher, die Höhe der durchschnittlich verfügbaren Versichertenrenten in den neuen Bundesländern ist beachtlich. Das bestreitet niemand. Auch meine Kollegen aus Ostdeutschland berichten immer davon, daß die Situation der Rentnerinnen und Rentner, gemessen an der Ausgangslage, sich sehr positiv entwickelt hat. Besonders bei den Frauen wirkt sich die höhere Zahl der Jahre mit Erwerbstätigkeit sehr günstig aus.
    Trotzdem wird es für viele Rentnerinnen und Rentner der Bruch eines Versprechens der Bundesregierung - ich sehe sie nur noch in Rudimenten -, ihres Kanzlers und des Arbeitsministers sein.

    (Rolf Schwanitz [SPD]: Sehr richtig!)

    Spannend ist vor allen Dingen der Vergleich der jetzt vorliegenden mit der in der letzten Woche abgesetzten Vorlage. Keine Angaben mehr zur Kostensituation! Vor einer Woche war noch von Einsparungen von 700 Millionen DM im Jahre 1996, von 400 Millionen DM im Jahre 1997 die Rede; 1998 sollte es dann eine Mehrbelastung von 100 Millionen DM sein, und 1999 sollten wieder 400 Millionen DM eingespart werden. Vor einer Woche schien also noch alles berechenbar.

    Ulrike Mascher
    Jetzt heißt es in der Vorlage - ich zitiere -:
    Die sich auf Grund der im Artikel 1 erfolgten Neufassung des § 255 a SGB VI ergebenden Veränderungen bei den Rentenausgaben sind derzeit noch nicht mit ausreichender Genauigkeit abschätzbar, da die hierfür erforderlichen Daten noch nicht vorliegen.
    Vor einer Woche gab es noch Zahlen über die voraussichtlichen Auswirkungen der Umstellung des Rentenanpassungsverfahrens; jetzt findet sich darüber nichts mehr.

    (Rolf Schwanitz [SPD]: Unglaublich!)

    Waren die ursprünglich vorgelegten Zahlen falsch? Waren sie unseriös? Waren sie getürkt?

    (Manfred Grund [CDU/CSU]: Geschätzt!)

    Ich vermute: Sie sollen ganz einfach nicht mehr Gegenstand der öffentlichen parlamentarischen Verhandlung sein.

    (Roll Schwanitz [SPD]: Richtig!)

    Nach der Rentendebatte der letzten Woche sollte mit dem Versteckspiel eigentlich Schluß sein, Herr Arbeitsminister.

    (Beifall bei der SPD und der PDS)

    Was bedeutet der neue, in den § 255a eingefügte Abs. 3? Ich zitiere:
    Für die Veränderung des aktuellen Rentenwerts (Ost) zum 1. Juli 1996 wird der am 31. Dezember 1995 maßgebende aktuelle Rentenwert (Ost) zugrunde gelegt.
    Wahrscheinlich verstehen das alle, die hier sitzen, beim erstenmal. Ich habe versucht, eine Begründung dafür zu finden, weil ich meine, es ist nicht ganz so leicht verständlich. Dazu findet sich kein einziger Satz.
    Wenn ich das Rentenchinesisch richtig verstehe, heißt das, daß alle Erwartungen, die erfolgte Erhöhung zum 1. Januar 1996 würde bei der Rentenanpassung zum 1. Juli 1996 nicht angerechnet, enttäuscht werden. Es gibt nur eine Anpassung streng nach dem Muster des Rentenreformgesetzes 1992. Maßstab ist die Nettolohnentwicklung Ost.
    Durch die Stichtagsregelung zum 31. Dezember 1995 - wie im Gesetz - und nicht zum 1. Januar 1996 ist die Basis für die Erhöhung die Rente 1995 und nicht die am 1. Januar 1996 angepaßte erhöhte Rente. Damit erfolgt eine volle Anrechnung der bereits erfolgten Anpassung.

    (Rolf Schwanitz [SPD]: Das war der „Erfolg" der Ost-CDU!)

    Ich fürchte, trotz meines Versuches, das Fachchinesisch zu übersetzen, ist der Gesetzestext nicht leicht zu verstehen. Es wäre redlich gewesen, wenn die CDU/CSU- und die F.D.P.-Abgeordneten in der Begründung des Gesetzes eine verständliche Erläuterung gegeben hätten und nicht nur kurz durch Herrn Grund heute festgestellt hätten, daß das vom Tisch ist.
    Wir werden das Gesetz im Ausschuß sorgfältig beraten und versuchen, uns in der Anhörung sachkundig zu machen; denn die Begründung gibt vom Text leider zuwenig her.
    Der von den Mitgliedern der Koalitionsfraktionen beschlossene Zeitplan von heute morgen - montags Anhörung, mittwochs Abschluß - macht eine solche sorgfältige Beratung allerdings fast unmöglich. Ich finde es bedauerlich und schwer erträglich, wenn eine Vorlage so unzureichend ist. Wegen der Betroffenen und wegen der Auswirkungen des Gesetzes hätte ich mir gewünscht, daß die Kollegen und Kolleginnen der CDU/CSU- und der F.D.P.-Fraktion sich selbst mehr Zeit zur Beratung genommen hätten.

    (Beifall bei der SPD und der PDS)

    Herr Arbeitsminister, ich fürchte, mit Gesetzesvorhaben, die im Hauruckverfahren durchgepeitscht werden, ist das Vertrauen in die Rentenversicherung - für das Sie werben, für das ich werbe, für das auch die SPD-Bundestagsfraktion wirbt - nicht so leicht wiederherzustellen.
    Danke.

    (Beifall bei der SPD und der PDS)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Die Abgeordnete Andrea Fischer gibt ihre Rede zu Protokoll.*) - Ich gehe davon aus, daß dazu Einverständnis besteht.
Ich erteile das Wort dem Kollege Uwe Lühr.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Uwe-Bernd Lühr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Notwendigkeit der Angleichung der jährlichen Anpassungsmodalitäten für die Renten in West- und Ostdeutschland ist, so meine ich, vom Kollegen Grund im ersten Redebeitrag hinreichend erläutert worden.
    Wenn ich Frau Mascher richtig verstanden habe - wenn nicht, soll sie mich gleich korrigieren -, sehe ich auch nicht, daß der Änderung des Anpassungsverfahrens vom Grundsatz her widersprochen wird, sondern von der Art und Weise der Begründung her. Hier bin ich der Meinung, daß im Verfahren sicherlich noch Änderungen im Gesetzentwurf möglich sind.

    (Ulrike Mascher [SPD]: Herr Lühr, machen Sie doch keine falschen Hoffnungen!)

    - In der Begründung sicherlich.
    Der zunächst vorgesehene Zwischenschritt, der weder der derzeit angewendeten noch der künftig anzuwendenden Methode entspricht, ist nicht mehr Gegenstand des behandelten Gesetzentwurfs.
    Die Rentenversicherungen hatten sich auf Grund der durch das Jahressteuergesetz ausgelösten Schätzunsicherheiten der Ex- ante -Anpassung , also der vorausschauenden Schätzung, schon im Oktober letzten Jahres für die Umstellung des Rentenanpassungsverfahrens ausgesprochen.
    *) Anlage 2

    Uwe Lühr
    Eine Anpassung nach dem Ex-ante-Verfahren hätte nach Auskunft der Fachleute darüber hinaus zu einem dauerhaft überhöhten Rentenniveau in den neuen Ländern geführt, aber - das füge ich hinzu - wohl nicht in den nächsten Jahren.
    Die jetzt beabsichtigte Anpassung begrenzt die Belastung der Rentenversicherung, die sich sonst Mehraufwendungen von zirka 5 Milliarden DM gegenübersehen könnte. Gerade in einer Zeit, in der viele Rentner schmerzlich feststellen müssen, daß mit den Erhöhungen nur ihre Rentenauffüllbeträge abgeschmolzen werden, ist die Hoffnung auf möglichst schnelles Abschmelzen durch hohe Steigerungsraten jetzt natürlich enttäuscht.
    Wer diese Maßnahmen nun als „Rentenkürzungen" attackiert, hat entweder den Überblick verloren oder will wider besseres Wissen Verunsicherung verbreiten.
    Wir haben gestern gemeinsam die schlimmen Zahlen der Arbeitslosenstatistik zur Kenntnis nehmen müssen. Der Beschäftigungseinbruch ist nicht vergleichbar mit dem zu Beginn der 80er Jahre, als der Arbeitsmarkt noch nicht zusätzlich unter dem Wettbewerbsdruck der Billiglohnländer vor unserer Haustür stand.
    Natürlich können und wollen wir die Kosten deutscher Arbeitsplätze nicht auf konkurrenzfähige Größenordnungen reduzieren. Aber ohne wettbewerbsfähige Produktivität sind Arbeitsplätze nicht zu halten und erst recht nicht neue zu schaffen.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Wer angesichts dieser Entwicklung nicht Sorge trägt, daß es im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen zur Dämpfung des Beitragssatzanstieges und damit einer geringeren Belastung der Arbeitsplätze mit Lohnzusatzkosten kommt, entzieht sich seiner Verantwortung für die Stabilität der Renten.
    Diese Rentenanpassung, die hinter den Hoffnungen zurückbleibt, kann man nicht wie vorangegangene beifallheischend verkünden. Wir können nur um Verständnis für behutsame Maßnahmen und für deren Unterstützung werben, die im Interesse der sozialen Absicherung getroffen werden müssen. Wenn auch der konkrete Steigerungssatz für den Juli dieses Jahres noch nicht exakt benannt werden kann, so ist doch mit einer höheren Rate zu rechnen als die 1,1 Prozent, die ursprünglich vorgesehen waren.
    Die F.D.P. stimmt dem Überweisungsvorschlag zu. Danke.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)