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    Plenarprotokoll 13/78 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 78. Sitzung Bonn, Freitag, den 8. Dezember 1995 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung 6869 A Tagesordnungspunkt 15: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1996 (ERPWirtschaftsplangesetz 1996) (Drucksachen 13/2480, 13/3144) 6869B Dagmar Wöhrl CDU/CSU 6869 C Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD 6871 B Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 6873 B Paul K. Friedhoff F.D.P 6874 B Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . 6875 A Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . 6876 A Tagesordnungspunkt 13: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler (Drucksachen 13/3102, 13/3244) . . . . . . . . . . . . . 6877 B Tagesordnungspunkt 14: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Mikrozensusgesetzes und eines Gesetzes zur Änderung des Bundesstatistikgesetzes (Drucksachen 13/3107, 13/3131, 13/3245) . . . . . 6877 D Wolfgang Bosbach CDU/CSU 6877 D Dorle Marx SPD 6879 A Dr. Burkhard Hirsch FD P. 6880 B Ulla Jelpke PDS 6881 A Tagesordnungspunkt 11: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsstellung der Abgeordneten (Drucksachen 13/3121, 13/3240, 13/3242) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Gerald Häfner, Werner Schulz (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Abgeordnetenbezüge für den Deutschen Bundestag und das Europäische Parlament (Drucksachen 13/3139, 13/3240, 13/3251) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Jörg van Essen und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Neunzehnten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und eines Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes (Drucksachen 13/3154, 13/ 3240, 13/3252) 6882 A b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Gerald Häfner, Werner Schulz (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vermeidung von Interessenkollisionen und Doppelalimentationen bei Bundestagsabgeordneten (Drucksachen 13/3137, 13/3240) 6882 C Andreas Schmidt (Mülheim) CDU/CSU 6882 D Peter Conradi SPD 6884 A Dieter Wiefelspütz SPD 6884 C Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6886 B Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . 6888 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS 6889B Hans Klein (München) CDU/CSU . . . 6890 B Norbert Gansel SPD 6892 A Horst Kubatschka SPD 6892 D Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . 6893 D Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Erklärung nach § 31 GO) 6895 B Horst Eylmann CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 6896 B Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD (Erklärung nach § 31 GO) 6900 B Namentliche Abstimmungen . . . 6897B, 6900 A Ergebnisse 6897 C, 6901 C Tagesordnungspunkt 16: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (2. BtMG-Änderungsgesetz) (Drucksache 13/3216) 6900D b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Sielaff, Heidi Wright, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Legalisierung des Anbaus von rauschmittelarmem Hanf und Förderung von Hanf als nachwachsendem Rohstoff zu dem Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aufhebung des Anbauverbots von Hanf und Förderung des Anbaus von THC-armen Hanfsorten als nachwachsende Rohstoffe (Drucksachen 13/811, 13/1425, 13/2672) 6901 A Zusatztagesordnungspunkt 11: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu erheblich ansteigenden Insolvenzen in den neuen Bundesländern und zur Politik der Treuhand-Nachfolgeeinrichtungen 6904 A Wolfgang Bierstedt PDS 6904 A Dr. Hermann Pohler CDU/CSU 6905 A Sabine Kaspereit SPD 6906 A Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6907 A Paul K. Friedhoff F.D.P 6908 A Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 6909 B Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 6910 B Wolfgang Ilte SPD 6911 C Gerhard Schulz (Leipzig) CDU/CSU . 6912 D Manfred Hampel SPD 6913 D Manfred Kolbe CDU/CSU 6914 D Rolf Schwanitz SPD 6916 B Wolfgang Bierstedt PDS 6917 B Josef Hollerith CDU/CSU 6918 D Nächste Sitzung 6920 A Berichtigung . . . . . . . . . . . . 6920 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6921* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 14 (Entwurf eines Mikrozensusgesetzes und eines Gesetzes zur Änderung des Bundesstatistikgesetzes) Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6921* C Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD zur Neuregelung der Rechtsstellung der Abgeordneten auf Drucksache 13/3241 Gila Altmann •(Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6922* B Ingrid Matthäus-Maier SPD 6922* C Anlage 4 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsstellung der Abgeordneten, Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Abgeordnetenbezüge für den Deutschen Bundestag und das Europäische Parlament und Entwurf eines Neunzehnten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und eines Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes Friedhelm Julius Beucher SPD 6922* C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 6923* B Hans Büttner (Ingolstadt) SPD 6923* C Ernst Kastning SPD 6923* D Gerhard Scheu CDU/CSU 6924* A Dr. Erika Schuchardt CDU/CSU 6924* C Anlage 5 Amtliche Mitteilungen 6924* C 78. Sitzung Bonn, Freitag, den 8. Dezember 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 77. Sitzung, Seite 6808 D, 4. Zeile: Zwischen den Worten „Chancen des" sind die Worte „der Aufklärung" einzufügen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Belle, Meinrad CDU/CSU 8. 12. 95 Berger, Hans SPD 8. 12. 95 Böttcher, Maritta PDS 8. 12. 95 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 8. 12. 95 ** Dietzel, Wilhelm CDU/CSU 8. 12. 95 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 8. 12. 95 * Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 8. 12. 95 Höfer, Gerd SPD 8. 12. 95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 8. 12. 95 Irber, Brunhilde SPD 8. 12. 95 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 8. 12. 95 Dr. Kinkel, Klaus F.D.P. 8. 12. 95 Klemmer, Siegrun SPD 8. 12. 95 Dr. Knake-Werner, Heidi PDS 8. 12. 95 Köhne, Rolf PDS 8. 12. 95 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 8. 12. 95 Lederer, Andrea PDS 8. 12. 95 Meißner, Herbert SPD 8. 12. 95 Neumann (Berlin), Kurt SPD 8. 12. 95 Papenroth, Albrecht SPD 8. 12. 95 Purps, Rudolf SPD 8. 12. 95 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 8. 12. 95 Hermann Schultz (Everswinkel), SPD 8. 12. 95 Reinhard Sebastian, Wilhelm-Josef CDU/CSU 8. 12. 95 Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 8. 12. 95 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 8. 12. 95 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 8. 12. 95 Wohlleben, Verena SPD 8. 12. 95 Zierer, Benno CDU/CSU 8. 12. 95 * * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 14 (Entwurf eines Mikrozensusgesetzes und eines Gesetzes zur Änderung des Bundesstatistikgesetzes) Manfred Such (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das geltende Mikrozensusgesetz, auf Grund dessen zu Planungszwecken jährlich 1 Prozent der Bevölkerung repräsentativ befragt wurden, läuft zum 31. Dezember 1995 aus. Durch den Gesetzentwurf der Bundesregierung soll ein solcher Zensus unter Ausweitung des Frageprogramms ab 1996 bis zum Jahr 2004 weiter durchgeführt werden. Das heißt im Klartext: Erfragt werden sollen etwa 100 zum Teil hochsensible Themen (wie Einkommen, Vermögen, Krankheitsanfälligkeit, Rauchgewohnheiten, Arbeitswilligkeit von Erwerbslosen, Aufenthalt von Ausländern): etwa 74 Themen bei 1 Prozent (§ 4 Abs. 1 Nr. 1), zirka 27 weitere Themen nur mit halbierter Stichprobe von 0,5 Prozent (§ 4 Abs. 1 Nr. 2). Zusätzlich sollen ab 1996 jährlich zirka 56 weitere Themen im vierjährigen Wechsel bei 1 bzw. 0,5 Prozent der Bevölkerung abgefragt werden (§ 4 Abs. 2 bis 4). Parallel dazu kann die EG-Stichprobenerhebung über Arbeitskräfte weiterhin durchgeführt werden (§ 12). Die Auskünfte sind nur zum geringsten Teil freiwillig (§ 7 Abs. 4), nämlich nach § 4 - Wohn-/Lebensgemeinschaft; Eheschließungsjahr (Abs. 1 Nr. 1 a); - Höchster Schul- oder Ausbildungsabschluß (Abs. 1 Nr. 1 d), wenn der Befragte älter als 51 Jahre ist; - Aufenthaltsdauer von Ausländern (Abs. 1 Nr. 1 k); - Wohnsitz, Nicht-/Erwerbstätigkeit 95; Pflegebedürftigkeit und und Pflegeleistungen 1996 bis 1998 (Nr. 2 d/e); - Ausbildung, Weg zur Arbeit, im Ausland lebende Verwandte von Ausländern (Abs. 2 Nr. 1/2); - Lebensversicherung, vermögenswirksame Leistungen (Abs. 3 Nr. 1, 2 b); - Krankheit, Risiko, Vorsorge, Unfall, Behinderung, Pflegebedürftigkeit (Abs. 5 Nr. 2); - Telefonnummer (§ 5 Nr. 2). Im übrigen kann die Auskunftspflicht per Zwangsgeld und Erzwingungshaft durchgesetzt werden. Hieran erheben wir Kritik: Erstens, zum Umfang der Fragen: Um die Stichprobe hochrechnen und die Angaben als politische Planungsgrundlage verwenden zu können, fehlen einerseits wichtige Fragen (zum Beispiel zur Ausländerstatistik, wo derzeit große Unsicherheiten und Dunkelfelder existieren). Andererseits gehen die Fragen zu weit: zum Beispiel die Pflicht für unter 51jährige, Angaben zu ihrer Formalausbildung zu machen, welche für Erwerbsfähigkeit in dem Alter wohl eine geringere Rolle spielt. Zweitens zur Auskunftpflicht: Die Bundesregierung ignoriert den Hinweis des Bundesdatenschutzbeauftragten auf ausländische positive Erfahrungen genauso wie den auf wissenschaftliche Untersuchungen, wonach bei freiwilligen Auskünften der mögliche Ausfall von Antworten geringer als befürchtet und für eine Nutzung der Daten im Rahmen politischer Planung jedenfalls tolerierbar ist. Der Auskunftszwang hingegen wird vielmehr Befürchtungen weitere Nahrung geben, daß die erhobenen Daten reanonymisiert und für staatliche Exekutivmaßnahmen verwendet werden könnten. Schon aus Furcht oder Protest werden sich daher absehbar in signifikantem Umfang Antwortverweigerungen, Falschauskünfte und somit Verzerrungen der DatenStichprobe ergeben, die sich nach der Hochrechnung zu „Datenschrott" auswachsen könnten. - Unser Änderungsantrag soll diesen absehbaren statistischen Mißerfolg ebenso wie darauf aufbauende politische Fehlplanungen vermeiden helfen. Hier hätte die Regierung von den USA lernen können: Die von anderen Regierungsstellen demonstrativ abgeschottete Zensus-Behörde führt seit 1790 alle 10 Jahre freiwillige Befragungen mit hohem und validem Rücklauf (geschätzte Unterzählung: unter 5 Prozent) durch. Ohne Befürchtung vor exekutiver Nutzung der Daten und aufgrund breiter Einsicht in den Nutzen dieses anonymen Zensus geben die meisten Befragten Auskunft; wer zweifelt, kann einfach schweigen, so daß weniger Falschangaben die Datenvalidität verringern. Selbst „illegale" Ausländer geben daher Auskunft - in Deutschland mit den vorgeschlagenen Mitteln kaum vorstellbar. Wir haben in Ausschußberatungen beantragt, die Vorlage dahin gehend zu ändern, daß die Auskünfte für die Erhebungen insgesamt freiwillig sein sollen. Ein eventuell notwendiger Folgeantrag könnte lauten: Die in § 4 genannten Stichproben-Sätze (1 Prozent/0,5 Prozent) werden zum Ausgleich des bei Freiwilligkeit der Auskünfte begrenzt steigenden Ausfallrisikos auf das Doppelte erhöht. Da bei Freiwillligkeit die Ausfälle/Auskunftsverweigerungen nicht linear gleichmäßig anfallen, sondern regional und schichtenspezifisch variieren werden, müßten die Statistiker vor der Hochrechnung diese Faktoren berücksichtigen bzw. bereinigen. Dies gelingt zum Beispiel in den USA offenbar ohne weiteres. Das aber hat die Mehrheit des Hauses leider abgelehnt. Der Änderungsvorschlag des Bundesrates ist schon durch § 17 BStatG abgedeckt und daher unbeachtlich. Deshalb entspricht der vorgelegte Entwurf in keiner Weise unseren Vorstellungen. Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Gesetzentwurf es der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD zur Neuregelung der Rechtsstellung der Abgeordneten auf Drucksache 13/3241 Gila Altmann, (Aurich) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bei der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der SPD-Fraktion - Drucksache 13/3241 - zum Gesetz zur Neuregelung der Rechtsstellung der Abgeordneten wollte ich teilnehmen und mit Ja stimmen. Leider konnte ich nicht rechtzeitig zur Stimmabgabe den Plenarsaal erreichen. Ingrid Matthäus-Maier (SPD): Dem Änderungsantrag der SPD-Bundestagsfraktion (Drucksache 13/ 3241) zur Offenlegung der Einkünfte von bestimmten Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten stimme ich trotz Bedenken zu. Meine Bedenken gehen in zwei Richtungen: Zum einen habe ich trotz der Änderungen in dem nun vorliegenden Antrag gegenüber seinen Vorläufern noch verfassungsrechtliche Zweifel, ob eine solche Offenlegungspflicht - für nur eine Berufsgruppe - mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Zum anderen halte ich es auch politisch für falsch, eine solche Offenlegung ausschließlich von Abgeordneten zu verlangen. Eine solche sondergesetzliche Regelung für Abgeordnete erweckt den unzutreffenden Eindruck, als ob Abgeordnete mehr als andere Berufsgruppen anfällig seien für finanzielle Einwirkungen und Abhängigkeiten. Ich hielte daher - bei Ausräumung der verfassungsrechtlichen Zweifel - eine Regelung wie z. B. in den USA oder Schweden für besser, nach der auch Wirtschaftsführer, Selbständige und hohe Beamte ihre Einkünfte offenlegen müssen. Obwohl ich also gegen ein derartiges Sonderrecht für Abgeordnete grundsätzliche Vorbehalte habe, stimme ich dem Antrag zu, weil er ein erster Schritt in Richtung von mehr Transparenz ist, mehr Transparenz insbesondere über die Unabhängigkeit bzw. wirtschaftlichen Interessenverknüpfungen von Abgeordneten aber für die Glaubwürdigkeit der Politik dringend notwendig ist und der vorliegende Antrag der derzeitig einzig praktikable und am ehesten mehrheitsfähige ist. Anlage 4 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsstellung der Abgeordneten, Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Abgeordnetenbezüge für den Deutschen Bundestag und das Europäische Parlament und Entwurf eines Neunzehnten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und eines Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes Friedhelm Julius Beucher (SPD): Ich werde der geplanten Diätenerhöhung erneut nicht zustimmen. Für die Erhöhung der Abgeordnetenbezüge ist nach meiner Überzeugung ein breiter öffentlicher Konsens notwendig. Der ist weder unter den im Bundestag vertretenen Parteien möglich geworden noch in der veröffentlichten Meinung festzumachen. Dabei meine ich nicht die Heucheleien und scheinbaren Entrüstungen einiger „Meinungsführer" unter den Journalisten, sondern vor allem den Protest und das mir entgegengebrachte Unverständnis aus verschiedenen Teilen der Bevölkerung über den sogenannten Deal der beiden großen Koalitionen des Hauses. Ich bin selbstbewußt genug bezüglich der Wertschätzung und vor allem des Umfangs meiner eigenen Arbeitsleistung, daß ich jedem erklären kann, daß ich die augenblickliche Diätenregelung von der Höhe her für unbefriedigend halte und hier eine Veränderung angezeigt ist. Nur meine ich mit gleichem Selbstbewußtsein und guter Überzeugung, daß das Parlament diese Entscheidung über die Höhe der Abgeordnetenbezüge einer „unabhängigen Kommission" übertragen soll, die gegen Ende der Legislaturperiode die Höhe der Bezüge für die nächste Wahlperiode festlegt. Nach dem - zwar gescheiterten - Versuch im September 1995, mit Hilfe einer Verfassungsänderung die Höhe der Bezüge zu verändern, kann der von mir vorgeschlagenen Lösung der Entscheidungsübertragung aus dem Bundestag heraus nicht mit Verfassungsgründen begegnet werden. Hier müßte dann eben auch der Versuch gemacht werden, den Teil der Verfassung durch Mehrheitsentscheidung im Parlament zu verändern. Ich bin fest davon überzeugt, daß die grundsätzliche Entscheidung, daß Abgeordnete zukünftig nicht mehr über ihre eigenen Bezüge abstimmen könnten, auf breite Akzeptanz in der Bevölkerung stoßen würde. Leistungsbeurteilungen werden in unserer Gesellschaft in anderen Bereichen außerhalb der Politik in der Regel auch nicht selbst, sondern von Dritten vorgenommen. Es stünde dem Parlament, insbesondere in diesen Zeiten der allgemeinen gesellschaftlichen Verweigerung, gut an, selbstbewußt diesen Weg zu gehen und so die parlamentarische Arbeitsleistung auf den „öffentlichen Prüfstand" zu stellen. Auch nach dieser Debatte werde ich weiterhin für diese Grundsatzüberzeugung streiten. Die mir im Falle des wahrscheinlich erneuten Unterliegens meiner Meinung bzw. Ablehnung der Diätenerhöhung dennoch zufallende „Mehreinnahmen" werde ich zum großen Teil sozialen, gemeinnützigen und politischen Zweckbestimmungen zuführen. Für selbstverständlich halte ich im übrigen die Offenlegung der Einkünfte von Abgeordneten und werde deshalb einer entsprechenden Regelung zustimmen. Hildebrecht Braun (Augsburg) (F.D.P.): Ich werde die vorliegenden Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Rechtsstellung der Abgeordneten ablehnen. Ich begründe mein Abstimmungsverhalten wie folgt: Alle Gesetzentwürfe unterstellen, daß die Abgeordneten höher honoriert werden müßten, als dies gegenwärtig der Fall ist. Alle Gesetzentwürfe versuchen, Anknüpfungspunkte für die angemessene Bezahlung der Abgeordneten bei der Entlohnung für andere berufliche Tätigkeiten zu finden. Ich halte diesen gedanklichen Ansatz für falsch: Die Tätigkeit eines Abgeordneten stellt zwar in weiten Bereichen Anforderungen, die anderen Berufsbildern vergleichbar sind. Dennoch unterscheidet sich die Stellung eines Abgeordneten grundlegend von „normalen" Tätigkeiten, bei denen einer wie auch immer bestimmbaren Leistung ein entsprechendes Entgelt gegenübersteht. Die Leistung der Abgeordneten ist kaum meßbar. Sie ist nach meinem Dafürhalten auch nicht der Maßstab für das richtige Entgelt. Schon gar nicht darf die Honorierung der Abgeordneten unter Karrieregesichtspunkten gesehen werden dürfen. Sie darf nicht finanziell „interessant" sein, da sonst ungeeignete Personen das Amt der/des Abgeordneten erstrebten. Ich meine, in der Entlohnung für unsere Tätigkeit muß sich für jedermann erkennbar ausdrücken, daß es eine Ehre, ja eine Auszeichnung ist, im Auftrage der Wähler die Geschicke dieses Landes maßgeblich mitzubestimmen. Ich halte es für naheliegend, daß wir weniger bekommen als das, was nach den verschiedenen denkbaren Maßstäben uns „zustehen" müßte. Gewiß haben wir kein Armutsgelübde abgelegt, als wir uns um den Posten eines Abgeordneten bemühten. Aus meiner Sicht reicht es aber vollauf, wenn wir ein auskömmliches Einkommen haben, welches uns einen üblichen Lebensstandard ermöglicht. Dieser Anforderung genügt das gegenwärtige Einkommen eines Abgeordneten ohne weiteres. Eine Erhöhung ist somit nicht erforderlich. Hans Büttner (Ingolstadt) (SPD): Ich werde der von der CDU/CSU und SPD vorgeschlagenen Erhöhung der Diäten zustimmen, weil eine angemessene Entschädigung der Abgeordneten auch Voraussetzung für eine ausschließlich den Interessen der Bürger verpflichtete Arbeit ist. Gleichzeitig halte ich es jedoch für nicht hinnehmbar, daß der Deutsche Bundestag im Umfeld dieser Entscheidung darüber debattiert, den Solidarzuschlag abzubauen und Kürzungen bei Empfängern von Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe und Arbeitslosengeld vorzunehmen. Ich erkläre hiermit, daß ich gegen jegliche Kürzungen in diesen Bereichen stimmen werde. Ich bitte alle meine Kolleginnen und Kollegen, die, wie ich, der Diätenerhöhung heute zustimmen, sich bei den kommenden Abstimmungen über die sogenannte Reform der Sozialhilfe und der Arbeitslosenhilfe ebenso zu verhalten. Desgleichen halte ich es für erforderlich, daß sich Abgeordnete ebenso wie Bezieher gleicher oder höherer Einkommen noch so lange durch einen Solidarzuschlag auf die Einkommensteuer an der Finanzierung der Angleichung der Lebens- und Sozialverhältnisse in Deutschland beteiligen, bis dieses Ziel erreicht ist. Auch hier bitte ich alle Kolleginnen und Kollegen, eine vorzeitige Streichung des Solidaritätszuschlages für Bezieher von Einkommen in der Größenordnung von Abgeordneten und darüber abzulehnen. Ernst Kastning (SPD): Seit Beginn meiner Zugehörigkeit zum Deutschden Bundestag, das heißt seit 1983, bemängele ich die fehlende Kraft des Parlaments, seine eigenen Angelegenheiten und damit auch die seiner Mitglieder in souveräner Weise angemessen zu regeln. Mit der 19. Änderung zum Abgeordnetengesetz wird die 18. Anderung materiell teilweise wieder zurückgenommen. Ich halte unter an- derem die vorgesehene Regelung der Abgeordnetenentschädigung und der Kostenpauschale für unzureichend. Deshalb stimme ich dem Gesetz nicht zu. Gerhard Scheu (CDU/CSU): Die Neuregelungen des Gesetzentwurfes (Drucksache 13/3121) in der Fassung der Beschlußempfehlung des 1.. Ausschusses (Drucksache 13/3240) lassen sich von praktischer Vernunft und von den tatsächlichen Gegebenheiten leiten. Die stufenweise Anhebung des seit 1. Juli 1992 nicht mehr veränderten Mandatsgehalts eines Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf bis zu 12 875 DM (zwölfmal jährlich) ab 1. Januar 1998 hält auch der kritischsten Betrachtungsweise stand. Damit wird lediglich ein Defizit korrigiert, das verfassungsrechtlich (Art. 48 Abs. 3 GG) nicht mehr länger tolerabel war, und insoweit legitimieren sich die maßvollen Anpassungsschritte aus sich selbst. Die gravierenden Absenkungen und Einschnitte beim Übergangsgeld und bei der Altersversorgung belegen den Willen des Bundestages zur darüber hinausgehenden Selbstbeschränkung auf das Notwendigste. Ob dieses Beispiel allerdings anderen Verfassungsorganen als der Nachahmung wert erscheinen kann, bezweifle ich wie ebenso, ob es eine faire Würdigung durch Medien und Öffentlichkeit finden wird. Meine Ablehnung des Gesetzentwurfes der Mehrheit gründet allein darauf, daß das Gesetz erstmals und ohne ausreichende Überlegung der Folgen von dem - aus meiner Sicht verfassungsrechtlich aus den Art. 48 Abs. 3 und 14 des Grundgesetzes folgenden - Grundsatz abweicht, daß die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Status als Abgeordneter für die gesamte Wahlperiode unverändert Geltung behalten müssen und daß strukturell eingreifende Neuregelungen immer nur zu Beginn einer neuen Legislaturperiode in Kraft gesetzt werden können (vgl. „Kissel" -Kommission, Drucksache 12/5020, Tz. 11I.8). Ein Abgeordneter muß sicher sein können, daß die statusrechtlichen Vorschriften, unter deren Geltung er gewählt worden ist - dazu rechnet gerade auch die gesetzliche Zusage einer an der angemessenen Entwicklung des Mandatsgehalts teilnehmenden Versorgung -, nicht ohne zwingenden Grund oder besonderes ausgleichendes Aquivalent während einer laufenden Wahlperiode zu seinem Nachteil verändert werden. Aus eben diesem Grunde hat auch das Bundesverfassungsgericht davon abgesehen, selbst verfassungswidriges Statusrecht für nichtig zu erklären (BVerfGE 40, 296/329; insoweit zust. auch Sondervotum Seuffert, a. a. O., S. 347). Diesen m. E. für das Abgeordnetenrecht essentiellen Grundsatz verletzt die Übergangsregelung des § 35 a. Hinzu kommt, daß Abs. 1 dieser Vorschrift im 1. Ausschuß am 5. Dezember noch einmal kurzfristig eine substantiell-nachteilige Veränderung erfahren hat. Die Übergangsvorschriften des Gesetzentwurfes auf Drucksache 13/3154 beachten die sich aus den Art. 48 Abs. 3 und 14 GG ergebenden spezifischen Anforderungen. Wegen der ungewöhnlichen, keinen weiteren Aufschub duldenden Besonderheit der Lage (Aufhebung des Gesetzesbeschlusses zum „ 18. Änderungsgesetz") stimme ich daher diesem Gesetz zu, auch wenn die darin festgesetzten absoluten Beträge (§ 11) für einen um der Mandatsausübung willen auf außerparlamentarisches Einkommen verzichtenden Abgeordneten nur im Zusammenhang mit dem Übergangsgeld und der Altersversorgung (75 v. H. nach 20 Jahren) nach diesem Gesetzentwurf als noch angemessen erscheinen. Dr. Erika Schuchardt (CDU/CSU): Wegen eines Unfalls war ich leider nicht in der Lage, an den namentlichen Abstimmungen teilzunehmen. Ich hätte dem Gesetzentwurf (Drucksachen 13/3121 und 13/ 3240) zugestimmt und den Änderungsantrag der SPD-Fraktion (Drucksache 13/3241) abgelehnt. Anlage 5 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EUVorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zu Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 13/2306, Nr. 2.53 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/2674, Nr. 2.16 Drucksache 13/2674, Nr. 2.20 Drucksache 13/2674, Nr. 2.34 Drucksache 13/2674, Nr. 2.41 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 13/725, Nr. 156 Drucksache 13/1096, Nr. 2.19 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/2306, Nr. 1.4 Berichtigung: In dem Anhang zum Stenographischen Protokoll der 59. Sitzung vom 29. September 1995 ist unter dem Titel Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union der Punkt Drucksache 13/1614, Nr. 1.10 und 1.11 ersatzlos zu streichen.
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    Rede von Dr. Heinrich L. Kolb


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesministerium für Wirtschaft nimmt die steigende Zahl der Insolvenzen in den neuen Bundesländern sehr ernst. In diesem Jahr wird mit zirka 5 600 Unternehmenszusammenbrüchen in den neuen Bundesländern gerechnet. Dies ist zwar ein deutlicher Anstieg gegenüber dem letzten Jahr - da waren es rund 3 900 -, dennoch darf man, auch wenn man das Problem ernst nimmt, nicht zu falschen Interpretationen kommen.
    Deswegen möchte ich zunächst darauf hinweisen, daß nur knapp 600 dieser 5 600 Gesamtinsolvenzen, das heißt zirka 10 Prozent, auf ehemalige Treuhandprivatisierungen entfallen. Treuhandprivatisierungen haben sich damit als wesentlich stabiler erwiesen, als gemeinhin angenommen wird.
    Ich will auch darauf hinweisen, daß das Insolvenz-geschehen zeitversetzt einem extrem hohen Anstieg von Existenzgründungen im Zuge der Wiedervereinigung folgt. Nicht jeder Existenzgründer oder Privatisierer hat sich als fähig erwiesen, sich im Wettbewerb zu behaupten. Wir erleben nunmehr die „notwendige Marktbereinigung". Dies ist in den neuen
    Bundesländern nicht anders als in den alten. Es stellt einen zwar schmerzhaften, aber dennoch notwendigen Bestandteil unserer marktwirtschaftlichen Grundordnung dar.
    Trotz dieser 5 600 Insolvenzen dürfen wir die Relation zu dem übrigen Marktgeschehen in den neuen Bundesländern nicht aus den Augen verlieren. In diesem Jahr wird es gleichzeitig wieder rund 50 000 neue Unternehmen am Markt geben. Das sind etwa neunmal mehr, als weggefallen sind. Bis Ende 1995 - die folgende Zahl ist nun wirklich beeindruckend - werden wir einen Bestand von insgesamt 530 000 selbständigen Unternehmen in den neuen Ländern haben.
    Ich glaube, das ist wirklich eine enorme Aufbauleistung, auf die wir alle stolz sein können. Sie darf nicht durch eine einseitige Betrachtung der Austritte von Unternehmen aus dem Markt schlechtgemacht werden. Letztlich kommt es auf das Gesamtergebnis an. Das kann sich in der Tat sehen lassen.

    (Dr. Christa Luft [PDS]: Bonner Ideologie!)

    Die Bundesregierung nimmt die Insolvenzentwicklung in den neuen Bundesländern keineswegs tatenlos hin. Unsere klare Leitlinie ist es, daß keinem sanierungswürdigen Unternehmen die erforderliche Hilfe versagt werden darf. Die notwendigen Unterstützungsmaßnahmen für notleidende Unternehmen sind nach unserer verfassungsrechtlichen Aufgabenverteilung grundsätzlich aber in Verantwortung der Länder zu koordinieren. Das heißt, das jeweilige Land muß die Initiative ergreifen, es muß auf ein konzertiertes Vorgehen aller Beteiligten hinwirken. Mitwirken müssen die Eigentümer, die Banken, die Konsolidierungsfonds, die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, BVS, usw. Vor allem sind aber die Eigentümer gefordert, auch die Banken müssen ihren Beitrag leisten.
    Wo es - das sage ich sehr deutlich - an einer solchen Initiative der Länder fehlt, ist im Interesse der Absicherung ihrer Privatisierungserfolge oft auch die BVS, als zuständige Nachfolgeeinrichtung der Treuhandanstalt tätig geworden. Dies geschah und geschieht weiterhin in der Absicht, daß es kein Hinundherschieben der Verantwortung zu Lasten der betroffenen Unternehmen geben darf.
    Der Bund hat insbesondere über die Treuhandanstalt und die BVS wichtige Beiträge zur Stabilisierung der privatisierten bzw. reprivatisierten Unternehmen geleistet.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Jawohl!)

    Ich verweise dazu auf folgende Beispiele: Erstens. Ende des vergangenen Jahres sind vom Bund bzw. der Treuhandanstalt 500 Millionen DM für Konsolidierungsmaßnahmen bei notleidenden Privatisierungen bereitgestellt worden. Die Länder entscheiden in eigener Verantwortung über die Vergabe dieser Mittel. Diese Form der Hilfe hat sich schon in über 250 Problemfällen bewährt. Mehr als die Hälfte der bereitgestellten Konsolidierungsmittel ist bereits abgeflossen.

    Parl. Staatssekretär Dr. Heinrich L. Kolb
    Zweitens. Der Bund hat ferner die für die Arbeit des Vertragsmanagements notwendigen Voraussetzungen geschaffen. Seit September dieses Jahres ist mit der BVS eine Orientierung der Hilfsmaßnahmen nicht an einer engen juristischen Interpretation des Kaufvertrages, sondern an den mit dem Privatisierungsvertrag verfolgten Zielen vereinbart. Maßgeblich ist nach wie vor der Auftrag des Treuhandgesetzes. Das findet seinen Ausdruck insbesondere in der ausdrücklichen Ermächtigung zur Beteiligung der BVS an Auffanglösungen, in der Sicherstellung befristeter Managementunterstützung und auch in der Erweiterung des zeitlichen Rahmens bei Stundungen. Künftig sind hier Ausnahmen von der 12Monats-Begrenzung möglich.
    Drittens. Einen weiteren Handlungsspielraum der BVS gibt es bei Problemfällen im Reprivatisierungsbereich: Abgeschlossene Reprivatisierungsvereinbarungen können wiederaufgenommen und nachgebessert werden.
    Dies zeigt, daß wir sehr spezifisch gehandelt haben. Man muß sehen, daß es darüber hinaus als Flankierung das allgemeine Förderinstrumentarium des Bundes, insbesondere die Eigenkapitalhilfe und auch die Bereitstellung von Bürgschaften, gibt. Eine Gesamtdarstellung der Maßnahmen der Bundesregierung enthält der Bericht „Aufbau Ost - Die zweite Hälfte des Weges". Sie kennen diesen Bericht. Er wird zur Zeit in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages beraten. Ich darf sagen, er findet dort - nach allem, was ich bisher gehört habe - ein durchaus positives Echo.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Daraus ergibt sich, daß der Pessimismus verfehlt ist, wie ihn die PDS durch einseitige Auswahl von Negativbeispielen verbreitet. Der Aufbau Ost ist vielmehr auf dem Weg zum Erfolg, auch wenn zugegebenermaßen noch eine schwierige Wegstrecke zu gehen ist. Ich bitte Sie aber um Unterstützung für diese „zweite Hälfte des Weges".
    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich erteile dem Abgeordneten Dietrich Austermann das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dietrich Austermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär, Sie können sich selbstverständlich darauf verlassen, daß die Mehrheit der Koalition den guten Willen hat, die Regierung bei dieser Aufgabe zu unterstützen.
    Ich sage einmal, bezogen auf die überwältigende Mehrheit dieses Hauses: Wir brauchen es nicht, daß die Versager von gestern die Leistungsträger von heute kritisieren und in jeder Sitzungswoche Freitag mittag eine Aktuelle Stunde beantragen, man muß sagen: eine aktuelle Anmaßung begehen, indem sie uns für die Situation in den neuen Bundesländern sensibilisieren wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Widerspruch bei der PDS)

    Was Sie hier machen, ist, wie gesagt, eine aktuelle Anmaßung: Versager von gestern, die einen Scherbenhaufen hinterlassen haben, wollen heute den anderen erzählen, was zu tun ist. Ich sage das für die überwältigende Mehrheit des Hauses; ich kenne keinen Kollegen, der nicht guten Willens ist, den neuen Bundesländern die Hilfe angedeihen zu lassen, die erforderlich ist. Wenn Sie sich hier herstellen und so tun, als sei das nicht der Fall, ist das doch einfach unwahr.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir haben es nicht nötig, uns von Ihnen sensibilisieren zu lassen. Wer die Vergangenheit so verdrängt, hat offensichtlich null Sensibilität.
    Ich habe dem Kollegen von den Grünen - er hat etwas erstaunt geblickt - für seinen wirklich nachdenkenswerten Beitrag Beifall gespendet, weil ich glaube, daß es richtig ist, daß wir in diesen Fragen ehrlich und offen miteinander reden. Keiner von uns wird die Situation in den neuen Bundesländern schönfärben wollen.

    (Dr. Uwe-Jens Heuer [PDS]: Doch!)

    Jedes einzelne Schicksal eines Arbeitslosen macht jeden von uns betroffen. Wir bemühen uns, die Situation zu verbessern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Welche konkrete Empfehlung hat eigentlich der Vertreter von Ihnen gegeben, was man denn nun tun sollte, um die Situation zu verbessern?

    (Zurufe von der CDU/CSU: Nichts! - Null!)

    Es kam null. Er hat die Situation falsch gemalt, wie vom Kollegen Pohler am Beispiel SKET deutlich gemacht worden ist. Der Kollege von der PDS hat das verzerrt dargestellt und hat null Schlußfolgerungen gezogen, etwa nach dem Motto: An dieser Stelle muß dieses oder jenes noch passieren.
    Nein, die sozialistische Planwirtschaft der DDR konnte nicht überleben und wird auch mit noch soviel möglicher Staatsbeteiligung nicht überleben können.
    Ich glaube, es ist richtig, daß wir darauf hinweisen, daß wir 1994 mit dem Ende der Treuhandanstalt nicht mit der Unterstützung der Betriebe Schluß gemacht haben, die in großer Zahl privatisiert, reprivatisiert und der Marktwirtschaft überführt worden sind. Die 200 Milliarden DM, die vom Erblastentilgungsfonds übernommen worden sind, sprechen ja eine deutliche Sprache, was aufgewendet worden ist und was auch in Zukunft noch mit Zinsleistungen aufzubringen ist.
    Die Nachfolgeeinrichtungen der Treuhandanstalt, die Beteiligungs-Management-Gesellschaft Berlin und die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, haben nach wie vor einen Finanz-

    Dietrich Austermann
    bedarf in Milliardenhöhe. Noch 1996 sind Zuwendungen in Höhe von 230 Millionen DM für die BMGB eingeplant. Die BVS, die die unmittelbare Folgetätigkeit der Privatisierung ausüben soll, kann im kommenden Jahr über netto 1,8 Milliarden DM verfügen. Das heißt doch: Wir sind bereit, im Haushalt Mittel vorzusehen, um konkret zu helfen. Das gleiche gilt auch für die Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft und die Bodenverwertungs- und -verwaltungs-GmbH usw. Niemand kann also ernsthaft behaupten, privatisierte Unternehmen aus der Erblast der DDR seien ausschließlich sich selbst überlassen.
    Ich möchte den Blick auf ein interessantes kleines Beispiel lenken, das vielleicht etwas über die Situation in den neuen Bundesländern aussagt und deutlich macht, daß es falsch wäre, grundsätzlich schwarzzumalen: Wir werden bundesweit in diesem Jahr - das ist erkennbar - eine hohe Insolvenzquote haben. Das gilt für alle Bundesländer, nicht nur für die neuen, sondern auch für die alten. Der Hintergrund sind kaufmännische Defizite, zu geringes wirtschaftliches Wachstum - über den Standort Deutschland wird hier ständig gesprochen -, auch schlechte Zahlungsmoral der öffentlichen Hand - das betrifft auch die Gemeinden, auch die Länder - und Überkapazitäten.
    Dabei unterscheiden sich in manchem Bereich die neuen Bundesländer durchaus positiv von den alten. So sind zum Beispiel, bezogen auf das Eigenkapitalhilfeprogramm, in den alten Bundesländern um 10 Prozent höhere Insolvenzen zu beklagen als in den neuen Bundesländern. In den alten sind es 16,7, in den neuen Bundesländern 6,8 Prozent. Die Ausfallquote beträgt in den alten Bundesländern 5 Prozent und in den neuen Ländern 1,4 Prozent.
    Meines Erachtens muß in diesem Zusammenhang auch die ausländische Billigkonkurrenz im Bau- und Ausbaubereich angesprochen werden.
    Ich möchte ein Weiteres sagen: Wenn man zu Recht die Zahl der Insolvenzen beklagt, muß man gleichzeitig feststellen, daß die Fülle der Unternehmen, die über die Treuhand privatisiert worden sind, ihre Arbeitsplatzverpflichtungen tatsächlich übererfüllt hat. Trotz der Insolvenzen sind insgesamt die von den Erwerbern garantierten Arbeitsplatzverpflichtungen mit 16 Prozent und die Investitionsverpflichtungen mit 42 Prozent bisher übererfüllt worden. Auch dies gehört zu dem Bild über die Arbeit der Treuhandanstalt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir sind zuversichtlich, daß mit den gewählten Instrumenten die Privatisierung, damit auch die Sanierung und die Schaffung und Sicherung neuer Arbeitsplätze in den neuen Bundesländern mittelfristig weiter erfolgreich sein werden. Das Wachstum und der Aufbau wettbewerbsfähiger Strukturen schreiten voran. Schon jetzt wird in den alten Bundesländern oft der Sorge Ausdruck verliehen, daß diese neuen Strukturen zu einer massiven Gefährdung in den alten Bundesländern führen können. Ich glaube, dies kann jeder von den Kollegen in den
    alten Bundesländern jeden Tag bestätigen. Wenn ein solcher Wettbewerb entsteht, nutzt das dem Standort Deutschland, den neuen und den alten Bundesländern und damit uns allen.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)