Rede von
Simon
Wittmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wäre sicherlich vernünftig gewesen, Frau Mehl, wenn Sie Ihren Gesetzentwurf noch etwas hätten liegen lassen, um ihn zu bearbeiten; denn dann wäre in ihm manches Verfassungswidrige nicht enthalten, dann wäre die FFH-Richtlinie hinsichtlich des Artenschutzteils umgesetzt. Dann hätten Sie die neue Artenschutzverordnung gleich mitberücksichtigen können. Dann hätten wir wohl eine bessere Diskussionsgrundlage gehabt.
Ich bin überzeugt, daß wir im nächsten Jahr über einen wesentlich besseren Entwurf sprechen können, den Frau Merkel entsprechend vorlegen wird.
- Nein, ich werde einiges dazu sagen. Wir haben das Ganze im groben schon stehen, und Frau Merkel will selber etwas dazu sagen. Ich glaube, wir sind ziemlich weit.
Ich wäre heute fast geneigt gewesen, meine Übereinstimmung mit Frau Homburger zum Ausdruck zu bringen. Leider hat sie mit der Verbandsklage begonnen. Deshalb muß ich diese Übereinstimmung etwas relativieren, werde dazu aber später etwas sagen.
Lassen Sie mich mit etwas beginnen, was, glaube ich, Erwähnung im Deutschen Bundestag verdient. Ich darf dem Freistaat Bayern gratulieren, der in diesen Tagen seit 25 Jahren ein Umweltministerium hat.
Das ist ein Beispiel dafür, was Länder in dem Bereich tun können.
- Wir werden den Donauausbau so gestalten, daß er naturverträglich ist.
Dazu braucht man mit Sicherheit nicht diejenigen, die in Mitteldeutschland in Teilbereichen eine Umweltkatastrophe hinterlassen haben. Wir werden den Ausbau vielmehr in Abwägung von ökonomischen und ökologischen Interessen gestalten. Sie sind zwar aus Bayern, Frau Bulling-Schröter - ist ein Stück Schande, daß Sie aus Bayern sind -, aber Sie
gehören zu der Gruppe, die dort drüben für manches die Verantwortung trägt.
Meine Damen und Herren, 25 Jahre Umwelt- und Naturschutz in Bayern: Das Umweltministerium ist gerade deswegen geschaffen worden, weil aus der Zielsetzung heraus, Bayern vom Agrar- zum Industriestaat zu machen, die damalige Staatsregierung der Überzeugung war, daß wir ein zusätzliches Instrumentarium brauchen, um die Interessenkollisionen, den Abwägungsprozeß besser in den Griff zu bekommen.
Ich stehe in einem kleinen Widerspruch zur Frau Kollegin Glücklich. Wir brauchen natürlich eine Verankerung des Naturschutzes auch in anderen Gesetzen. Umweltschutz ist eine Querschnittsaufgabe. Aber wir brauchen vor allem ein eigenständiges Naturschutzgesetz, mit dem letztlich eine umfassende Darstellung der Ziele möglich ist. Das ist eigentlich kein Widerspruch, sondern nur eine Ergänzung zur Frau Kollegin Glücklich.
Der Entwurf des Naturschutzgesetzes wird kommen.
Ich darf aber ein paar Dinge klären. Das Naturschutzgesetz von 1976 und die Novelle von 1986 haben allen Unkenrufen zum Trotz Erhebliches geleistet. Man muß sehen, daß der konservierende Naturschutz bis zu diesem Zeitpunkt in Reservaten Dominanz gehabt hat und daß man mit diesem Naturschutzgesetz sowie der Novelle erstmals dafür gesorgt hat, alle Bereiche, also bebaut und unbebaut, umfassend zu berücksichtigen.
Ich glaube, daß es nicht sinnvoll ist, in kurzen Abständen zu novellieren. Es war sinnvoll, die ersten zehn Jahre bis 1986 mit einer Novelle zu warten. Das gleiche gilt für die zweiten zehn Jahre bis 1996, weil man im Naturschutz, vor allem dort, ein Stück Rechtssicherheit braucht.
Wenn Sie die Dinge draußen genau anschauen, dann wissen Sie, daß heute manches von dem, was wir beklagen, ein Vollzugsproblem ist, weil man auf der unteren Verwaltungsebene noch keine Möglichkeiten gefunden hat, es entsprechend zu vollziehen, und weil natürlich auch die Widerstände da sind.
Die Novelle ist jetzt nach wieder genau zehn Jahren notwendig. Deshalb werden wir sie auch 1996 machen.
Uns sind aber auch Grenzen gesetzt - das kritisiere
ich an den Entwürfen sowohl von den Grünen als
auch von der SPD -: Wir können keinen Warenhaus-
Simon Wittmann
katalog in das Gesetz hineinschreiben, weil das nicht unsere Zuständigkeit ist.
Wir haben hier eine Leitlinienkompetenz, eine Rahmenkompetenz. Die haben wir sogar durch die Verfassungsänderung im Oktober 1994 noch eingeschränkt. Das heißt, dieses Gesetz können nur die Bundesländer mit Fleisch füllen. Das konnten sie übrigens auch bisher schon. Es gibt ja Beispiele dafür, was getan wurde. Ich habe in meiner letzten Rede hier dazu Beispiele aus Bayern gebracht.
Mich stört an Ihren Gesetzentwürfen das eine oder andere natürlich ganz gewaltig. Sie haben zum Beispiel aus dem alten Entwurf der SPD die ökozentrische Zielsetzung abgeschrieben. Die ist nicht vereinbar mit unserem Menschenbild und auch nicht mit der Staatszielbestimmung im Grundgesetz.
- Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt der Politik, Herr Sielaff.
Wir brauchen die von Frau Homburger schon angesprochene Abwägung. Dabei werden wir die sittliche Verpflichtung
und die Verantwortung, sich für die Natur einzusetzen, in Zukunft stärker betonen.
Ich halte es für höchst bedauerlich - Herr Sielaff wird sicher noch darauf eingehen, weil er sich jetzt schon durch Zwischenrufe bemerkbar macht -, daß die SPD mit Rücksicht auf die von ihr regierten Bundesländer nicht bereit war, den Entschädigungsanspruch für die Landwirte in das Gesetz aufzunehmen.
Ich habe vor kurzem schon einmal gesagt: Wenn wir im Naturschutz etwas bewegen wollen, brauchen wir eine Versöhnung von Landwirtschaft und Naturschutz.
Diese Versöhnung ist nicht möglich,
wenn wir mit der quasi schleichenden Enteignung oder Teilenteignung Eingriffe in das Eigentum der Bauern vornehmen und letztlich nicht bereit sind, eine verläßliche Entschädigungsregelung vorzusehen.
- Wir haben ein gutes Landwirtschaftsministerium.
Herr Kiechle hat - auch das haben Sie anscheinend
nie kapiert - mit seiner EU-Agrarreform eines der größten Naturschutzprogramme auf den Weg gebracht; denn er hat mit den Ausgleichszahlungen und der Reduzierung der Preise, also mit diesem Mischsystem dafür gesorgt, daß es sich für den Landwirt in den meisten Fällen lohnt, nicht in die Produktion zu gehen. Das sollte man auch einmal berücksichtigen. Da ist eine ganze Menge passiert.
Wenn Sie sich auf den Landwirtschaftsminister beziehen: Warum schreiben Sie dann Betreiberregelungen in Ihr Naturschutzgesetz? Die gehören in den Bereich der Landwirtschaft. Das wird in den einzelnen Fachgesetzen entsprechend bearbeitet. Das gehört nicht in ein Naturschutzgesetz, das Sie einfach auffüllen mußten, um einer bestimmten Klientel gerecht zu werden. Ich glaube, so kann man kein Naturschutzgesetz vernünftig und ehrlich auf den Weg bringen.
Für uns muß ein neues Naturschutzgesetz - damit Sie das auch noch hören, darf ich ein paar Punkte ansprechen - vor allem folgende Aspekte enthalten: erstens natürlich die vollständige Umsetzung des EG-Rechts. Dazu zählen insbesondere die FFH- Richtlinie, auch im Artenschutzteil
- das wird kommen -, und die in Kürze zu erwartende EG-Artenschutzverordnung. Auch die gehört dazu, wenn wir nächstes Jahr dieses Gesetz machen.
Weiter muß das Gesetz eine Regelung des Ausgleichs von Wirtschaftsbeschränkungen der Land- und Forstwirtschaft enthalten. Das ist natürlich in erster Linie Sache der Länder. Die Länder haben die Kompetenz. Deshalb sind sie auch zu Ausgleichszahlungen heranzuziehen. Wir haben ja den Finanzausgleich Bund/Länder. Dort sind ja die Aspekte der eigenen Finanzierung solcher Programme bereits berücksichtigt. Sie können sicher sein: An Bayern wird es nicht scheitern, sondern an anderen Bundesländern wird es scheitern, wenn es um diese Ausgleichsregelung im Bundesrat geht.
Die Verankerung des Vertragsnaturschutzes im Bundesrecht - auch hier eine bemerkenswerte Übereinstimmung mit Frau Homburger - ist etwas, was Vertrauen herstellen kann, wo man auch an die Problematik heranführen kann, wo man natürlich das Know-how, das die Landwirtschaft besitzt, ganz gezielt für den Naturschutz und für den Umgang mit der Natur nutzen kann.
Wir sind natürlich ebenfalls für die Einführung des Biosphärenreservats als eigene Schutzkategorie. Das ist im Entwurf der SPD auch enthalten.
Simon Wittmann
- Entschuldigung, ich muß gestehen, ich habe Ihren Entwurf nur überflogen, weil er in letzter Minute gekommen ist,
weil die Grünen noch schnell draufsatteln wollten, um ja nicht zu spät zu kommen, um die Diskussionen mit führen zu können. Gescheiter wäre es gewesen, wenn wir vier Wochen gewartet hätten; dann hätten wir eine kluge Vorlage gehabt und vernünftig diskutieren können.
Ich hoffe, daß die Frau Ministerin in ihren Entwurf auch eine medienübergreifende und fortlaufende ökologische Umweltbeobachtung aufnimmt. Es ist ganz wichtig, den ganzen Bereich einzubeziehen. Er gehört heute auch zum Naturschutz.
Wir brauchen auch eine vollzugsfreundlichere Gestaltung des Artenschutzes. Vor allem die Eingriffsregelung mit zig Bescheinigungen und all dem Hin und Her ist nach meiner Überzeugung ein Problem, wodurch letztlich nicht die Arten geschützt werden, sondern ein riesiger bürokratischer Aufwand betrieben wird und sich mancher eigentlich nur schikaniert fühlt, wodurch letztlich also nichts erreicht wird.
Wir müssen das Gesetzeswerk natürlich insgesamt überprüfen auf die Planungsbeschleunigung, die Genehmigungsbeschleunigung und den Wirtschaftsstandort Deutschland. Diese Punkte spielen sicher eine Rolle. Das heißt nicht, daß wir damit den Schutz verringern müssen, aber wir müssen das Gesetz durchforsten, um auch hier sinnvolle und praktikable Regelungen zu finden.
Wir müssen auf eine Verbandsklage verzichten, liebe Frau Homburger, Da stehe ich wahrscheinlich im Widerspruch zu allen.
Aber wir werden sie nicht zulassen, weil sie nicht notwendig ist. Wenn es andere Bundesländer wollen, wir in Bayern wollen es nicht.
Wir stimmen der Verbandsklage nicht zu, weil sie nichts Zusätzliches bringt, weil es keinen Grund gibt, Umweltverbänden Sonderrechte einzuräumen, die andere Verbände nicht haben. Wir geben den Verbänden in Bayern mit einer starken Verbandsbeteiligung bereits im Vorfeld die Möglichkeit, sich entsprechend einzuschalten. Letztlich sind wir in Bayern gegen die Verbandsklage, weil wir eine Umweltbehörde haben, die besser ist als alle Verbände. Deshalb brauchen wir sie nicht und werden ihr auch nicht zustimmen.
Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, daß wir im nächsten Jahr einen Gesetzentwurf beraten und die anderen Entwürfe dann vergessen, einen Gesetzentwurf, der unsere Natur, unsere Landschaft, unsere Arten und schließlich die Lebensgrundlage der Menschen sichert und in den nächsten Jahren verbessert. Wir werden dafür sorgen, daß gerade unsere Verantwortung für zukünftige Generationen in diesem Bereich wahrgenommen wird.
Ich bedanke mich.