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    Plenarprotokoll 13/75 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 75. Sitzung Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1995 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Dr. Heinz Riesenhuber . . . 6589 A Erweiterung der Tagesordnung 6589 A Zur Geschäftsordnung Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD . . . 6589 D Editha Limbach CDU/CSU 6590 D Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6591 C Heinz Lanfermann F.D.P 6592 B Petra Bläss PDS 6593 C Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtstellung der Abgeordneten (Drucksache 13/3121) 6594 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von den Abgeordneten Gerald Häfner, Werner Schulz (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Abgeordnetenbezüge für den Deutschen Bundestag und das Europäische Parlament (Drucksache 13/3139) 6594 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Jörg van Essen und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Neunzehnten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und eines Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes (Drucksache 13/ 3154) 6594 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Gerald Häfner, Werner Schulz (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vermeidung von Interessenkollisionen und Doppelalimentationen bei Bundestagsabgeordneten (Drucksache 13/ 3137) 6594 D Andreas Schmidt (Mülheim) CDU/CSU 6594 D Norbert Gansel SPD 6596C, 6597 A Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . 6597 B Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . 6598D Dieter Wiefelspütz SPD 6599 A Peter Conradi SPD 6599 D Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . 6600C Dr. Dagmar Enkelmann PDS 6602 B Ursula Burchardt SPD 6603 C Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6605A Dr. Rita Süssmuth CDU/CSU 6605 D Peter Conradi SPD 6607 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 6608A Walter Schöler SPD 6608B Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . 6608D Tagesordnungspunkt 17: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (Drucksachen 13/3083, 13/3176) 6609 C Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . . 6609D Iris Gleicke SPD 6610D Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 6612 C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 6613 A Klaus-Jürgen Warnick PDS 6613 D Dr. Michael Luther CDU/CSU 6615 A Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Rückkehr zur Demokratie in Nigeria (Drucksache 13/3178) 6616A Helmut Jawurek CDU/CSU 6616 B Ingrid Becker-Inglau SPD 6617 D Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6619B Roland Kohn F.D.P. 6620 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 6621 B Dr. Willibald Jacob PDS 6621 D Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 6622 B Helmut Schäfer, Staatsminister AA . 6623B, 6625 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 6624 D Dr. R. Werner Schuster SPD 6625 B Nächste Sitzung 6626 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 6627* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 6627* D 75. Sitzung Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), BÜNDNIS 1. 12. 95 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Belle, Meinrad CDU/CSU 1. 12. 95 Berger, Hans SPD 1. 12. 95 Brähmig, Klaus CDU/CSU 1. 12. 95 Braun (Auerbach), CDU/CSU 1. 12. 95 Rudolf Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 1. 12. 95* Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 1. 12. 95 Duve, Freimut SPD 1. 12. 95 Graf von Einsiedel, PDS 1. 12. 95 Heinrich Hermenau, Antje BÜNDNIS 1. 12. 95 90/DIE GRÜNEN Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 1. 12. 95 Horn, Erwin SPD 1. 12. 95 Irber, Brunhilde SPD 1. 12. 95 Jung (Limburg), Michael CDU/CSU 1. 12. 95 Klemmer, Siegrun SPD 1. 12. 95 Klose, Hans-Ulrich SPD 1. 12. 95 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 1. 12. 95 Dr. Graf Lambsdorff, F.D.P. 1. 12. 95 Otto Leidinger, Robert SPD 1. 12. 95 Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 1. 12. 95 90/DIE GRÜNEN Meißner, Herbert SPD 1. 12. 95 Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 1. 12. 95 90/DIE GRÜNEN Neumann (Berlin), Kurt SPD 1. 12. 95 Neumann (Bramsche), SPD 1. 12. 95 Volker Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 1. 12. 95 Purps, Rudolf SPD 1. 12. 95 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 1. 12. 95 Hermann Reschke, Otto SPD 1. 12. 95 Rexrodt, Günter F.D.P. 1. 12. 95 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ronsöhr, CDU/CSU 1.12.95 Heinrich-Wilhelm Rübenkönig, Gerhard SPD 1. 12. 95 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 1. 12. 95 Schmalz-Jacobsen, F.D.P. 1. 12. 95 Cornelia Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 1. 12. 95 90/DIE GRÜNEN Schütz (Oldenburg), SPD 1. 12. 95 Dietmar Schwanitz, Rolf SPD 1. 12. 95 Sebastian, Wilhelm-Josef CDU/CSU 1. 12. 95 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 1. 12. 95 Thieser, Dietmar SPD 1. 12. 95 Tippach, Steffen PDS 1. 12. 95 Türk, Jürgen F.D.P. 1. 12. 95 Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 1. 12. 95 Vosen, Josef SPD 1. 12. 95 Wohlleben, Verena SPD 1. 12. 95 Zierer, Benno CDU/CSU 1. 12. 95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 691. Sitzung am 24. November 1995 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß § 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: - Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit - Gesetz zur Änderung des Rechtspflege-Anpassungsgesetzes - RpflAnpG - Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften (Wehrrechtsänderungsgesetz) - Sechstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlenbergbau - Gesetz zu dem Protokoll vom 27. Juni 1989 zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken - Zweites Gesetz zur Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch (2. SGB VIII-Änderungsgesetz -2. SGB VIII-ÄndG) - Gesetz zur Neuregelung der steuerrechtlichen Wohneigentumsförderung - Gesetz zur Umstellung der Steinkohleverstromung ab 1996 Zu den beiden letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: Zum Gesetz der Neuregelung der steuerrechtlichen Wohneigentumsförderung Der Bundesrat begrüßt, daß der Deutsche Bundestag eine Reihe von Vorschlägen und Forderungen des Bundesrates, insbesondere nach • Erhöhung der Eigenheimzulage für den Erwerb von Altbauen • Einführung und Förderung der Niedrigenergiehausstandards • Begrenzung des Vorkostenabzugs und • steuerlicher Förderung des Erwerbs von Geschäftsanteilen an Wohnungsgenossenschaften aufgegriffen hat. Damit wird die Möglichkeit für Familien mit mittlerem Einkommen, selbstgenutztes Wohneigentum oder Dauerwohnrechte zu erwerben, verbessert und die notwendigen ökologischen Akzente gesetzt. Der Bundesrat weist darauf hin, daß Bauherren und Erwerber bei einem Bauantrag oder Kaufvertrag nach dem 26. Oktober 1995 bereits die neue Eigenheimzulage wählen können. Die Vorkostenregelung des § 10i Abs. 1 EStG ist jedoch erst am 1. Januar 1996 anzuwenden. Die veränderte Vorkostenregelung dient zur Gegenfinanzierung der Aufstockung der Altbauförderung. Es kann nicht beabsichtigt sein, daß diejenigen, die bereits 1995 die Wohneigentumsförderung nach dem Eigenheimzulagengesetz in Anspruch nehmen werden, zugleich den bisher geltenden höheren Vorkostenabzug nach § 10 e Abs. 6 EStG in Anspruch nehmen können. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, bis zum Jahresende 1995 für eine klarstellende Regelung zu sorgen. Der Bundesrat weist weiterhin auf die Verwaltungsprobleme hin, die sich aus der rückwirkenden Anwendung des Gesetzes ergeben. Die Umstellung der Förderung auf ein völlig neues Konzept macht es erforderlich, die organisatorischen Verfahrensabläufe in den Finanzämtern neu zu strukturieren und Datenverarbeitungsprogramme für die maschinelle Festsetzung und Auszahlung der Eigenheimzulage zu entwickeln. Hiermit kann erst begonnen werden, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen festliegen. Dadurch werden sich trotz aller Bemühungen während einer Übergangszeit Verzögerungen bei der Bearbeitung der Anträge auf Eigenheimzulage nicht vermeiden lassen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil die Finanzämter zum 1. Januar 1996 das Jahressteuergesetz 1996 und damit eine Vielzahl weiterer Steuerrechtsänderungen umzusetzen haben. Zum Gesetz zur Umstellung der Steinkohleverstromung ab 1996 Der Bundesrat bedauert, daß der Bundesgesetzgeber bei der gesetzestechnischen Anpassung der Verstromungsgesetze das politische Ziel des § 4 des Vierten Verstromungsgesetzes - eine Preisentlastung für die Stromverbraucher in den neuen Ländern zu sichern - nicht mehr berücksichtigt hat. In diesem Zusammenhang bekräftigt der Bundesrat ausdrücklich seine Stellungnahme vom 22. September 1995 zum Entwurf eines Gesetzes zur Umstellung der Steinkohleverstromung ab 1996 - Drucksache 458/95 (Beschluß) -. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, unverzüglich geeignete Regelungen zu treffen, um die Disparitäten bei den Strompreisen der alten und neuen Bundesländer abzubauen. Weiterhin erinnert der Bundesrat die Bundesregierung eindringlich an ihre Verantwortung, die sich aus den Stromverträgen vom 22. August 1990 ergibt. Der Bundesrat erwartet von der Bundesregierung, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, daß die Vertragspartner - insbesondere die Eigentümer der VEAG Vereinigte Energiewerke AG - der Verpflichtung aus § 12 Abs. 2 der Verträge gerecht werden. Die für den Wirtschaftsstandort Ostdeutschland drohenden Nachteile können nur vermieden werden, wenn durch geeignete Maßnahmen der Bundesregierung und/ oder der Eigentümer der Verbund- und Regionalenergieversorgungsunternehmen der gravierende Strompreisunterschied zwischen alten und neuen Ländern abgebaut wird. Der Strompreisnachteil der neuen Bundesländer läßt sich durch die Angaben der amtlichen Jahreserhebung bei Elektrizitätsversorgungsunternehmen des Statistischen Bundesamtes belegen. In der Jahreserhebung werden der Stromabsatz und die Erlöse für die Ebene der Weiterverteiler und für Letztverbraucher nach Vertragsarten dargestellt. Die sich ergebenden Durchschnittserlöse, spiegeln das Preisniveau auf den einzelnen Ebenen wider, wobei die Mehrwertsteuer und die Ausgleichsabgabe (Kohlepfennig) unberücksichtigt bleiben. Danach ergaben sich für die Jahre 1991 bis 1993 folgende Durchschnittserlöse: Wiederverkäufer 1991 1992 1993 (Angaben in Pf/kWh) alte Länder 11,59 11,31 11,47 neue Länder 13,08 12,86 13,10 Letztverbraucher 1991 1992 1993 (Angaben in Pf/kWh) alte Länder 18,20 18,53 18,83 neue Länder 19,85 20,76 21,98 Nach noch unveröffentlichten Angaben vergrößerte sich auch 1994 die Preisschere zuungunsten der neuen Länder weiter auf über 17 Prozent. Durch die Ausgleichsabgabe, die nur in den alten Bundesländern gezahlt werden muß, werden die unterschiedlichen Preise zum Teil angeglichen. Die Preisdisparität wird offensichtlich, wenn ab 1996 die Ausgleichsabgabe aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 1994 nicht mehr erhoben werden darf. Gleichzeitig besteht keine Möglichkeit mehr, über den Kohlepfennig einen Ausgleich des Preisniveaus - wie ursprünglich im Vierten Verstromungsgesetz vorgesehen - zu erreichen. Weiterhin hat der Bundesrat in seiner 691. Sitzung am 24. November 1995 beschlossen, der Bundesregierung wegen der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 1993 (Jahresrechnung 1993) aufgrund der Bemerkungen des Bundesrechnungshofes Entlastung gemäß Artikel 114 des Grundgesetzes und § 114 der Bundeshaushaltsordnung zu erteilen. Der Bundesrat hat ferner die als Anlage beigefügte Entschließung gefaßt: Der Bundesrat hat in seiner 691. Sitzung am 24. November 1995 beschlossen, der Bundesregierung wegen der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 1993 (Jahresrechnung 1993) aufgrund der Bemerkungen des Bundesrechnungshofes Entlastung gemäß Artikel 114 des Grundgesetzes und § 114 der Bundeshaushaltsordnung zu erteilen. Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschließung gefaßt: Der Bundesrat stellt fest, daß die Arbeit des Bundesrechnungshofes eine wesentliche Entscheidungshilfe für die politischen Gremien, beispielsweise zur Schließung von Regelungslücken, darstellt. Der Bundesrat teilt insbesondere auch die Sorge des Bundesrechnungshofes, daß es durch fehlerhafte Wertansätze in den DM-Eröffnungsbilanzen zu endgültigen Steuerausfällen für Bund und Länder in Milliardenhöhe kommen könnte. Die Arbeiten zur Bewältigung dieses nach der deutschen Einheit einmaligen Übergangsproblems müssen im Zusammenwirken der betroffenen Verwaltungen des Bundes, der neuen und der alten Länder zügig fortgesetzt und zu einem raschen Abschluß gebracht werden. Der Bundesrat weist darauf hin, daß zugunsten einer zeitlichen Verlängerung der Prüfungs- und Eingriffsmöglichkeiten der Verwaltung eine entsprechende Gesetzesinitiative des Bundesrates - Drucksache 518/95 (Beschluß) - auf den Weg gebracht wurde. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksachen 13/647, 13/1233 Nr. 1.1 Drucksachen 13/1126, 13/1438 Nr. 3 Drucksachen 13/1191, 13/1438 Nr. 4 Ausschuß für Wirtschaft Drucksachen 12/7468, 13/725 Nr. 85 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksachen 13/1859, 13/2275 Nr. 1.3 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksachen 12/2400, 13/725 Nr. 165 Drucksache 12/8556 Drucksache 12/8557 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zu Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/1614, Nr. 1.11 Drucksache 13/2306, Nr. 2.73 Drucksache 13/2804, Nr. 1.1 Drucksache 13/2804, Nr. 1.2 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/2426, Nr. 1.9 Drucksache 13/2426, Nr. 1.10 Drucksache 13/2494, Nr. 1.2 Drucksache 13/2494, Nr. 1.4 Drucksache 13/2494, Nr. 1.5 Drucksache 13/2494, Nr. 1.6 Drucksache 13/2494, Nr. 1.12 Drucksache 13/2494, Nr. 1.13 Drucksache 13/2494, Nr. 1.15 Drucksache 13/2494, Nr. 1.19 Drucksache 13/2494, Nr. 1.21 Drucksache 13/2306, Nr. 1.11 Drucksache 13/2306, Nr. 2.78 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksachen 12/7796, 13/725, Nr. 1.34 Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 13/2988, Nr. 1.8 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/2306, Nr. 2.94 Drucksache 13/2674, Nr. 2.26 Im Anhang zum Stenographischen Protokoll der 65. Sitzung vom 27. Oktober 1995 zu EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament ist unter dem Titel Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union die Drucksachennummer 13/1038, Nr. 15 durch 13/1338, Nr. 1.5 zu ersetzen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hildebrecht Braun


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist peinlich, wenn man einen Fehler macht, aber noch peinlicher, wenn man ihn nicht sofort ausräumt.
    Der Bundestag hat am 18. Mai bei der Verabschiedung des Mietenüberleitungsgesetzes Ost eine Differenzierung der Miethöhe vornehmen wollen. Die Miete für Wohnungen mit Bad und Zentralheizung sollte zum 1. August 1995 um 15 Prozent angehoben werden können. Für Wohnungen, die diesen Standard jedoch nicht aufweisen, sollte die Miete um 10 Prozent steigen können.
    Die gewählte Formulierung für die Umsetzung dieses einfachen Gedankens in Gesetzesform ging nun gründlich daneben. Was gewollt war, war gut. Es war gut gemeint, aber gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut. Viele Politiker haben hier wieder nur den Amtsrichtern vorgeworfen, sie hätten das Gesetz nicht richtig ausgelegt, sie hätten nämlich nicht die Gesetzesmaterialien zu Rate gezogen.
    Meine Damen und Herren, diese Entlastungsangriffe auf die Justiz gehen voll daneben. Nicht der Ausschußbericht erlangt Gesetzeskraft, sondern das Gesetz, das wir beschlossen haben. Nicht die Richter sind schuld, wenn sie die von uns gemachten Gesetze so auslegen, wie sie formuliert sind. Vielmehr haben wir Politiker allen Anlaß, uns bei Millionen ostdeutschen Mietern, bei den Vermietern und auch bei den Richtern dafür zu entschuldigen, daß wir Formulierungen beschlossen haben, die mißverständlich waren.
    Ich schließe mich selbst mit ein, weil ich die Formulierungen schließlich mitgetragen habe, obwohl ich davor, im Gegensatz zum Beispiel zu den Grünen, die jetzt plötzlich entdecken, daß auch sie opponiert hätten, mit Nachdruck versucht hatte, die Formulierungen, um die es heute geht, anders gefaßt zu bekommen. Das hat sogar dazu geführt, daß der Kollege Warnick von der PDS, der eigentlich immer wieder nach Gelegenheiten sucht, die F.D.P. als die Inkarnation des Bösen hinzustellen, mich in diesem Zusammenhang nach zwei Monaten heftig gelobt hat.
    Unsere Aufgabe als Gesetzgeber ist es, Gesetze so zu formulieren, daß jedermann weiß, was gemeint ist. Wir schulden klare Gesetze und keine Anwaltsbeschaffungsprogramme.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Doch es ist schwieriger, als man denkt, die Klarheit
    der Sprache und speziell die rechtliche Unangreifbarkeit der zu treffenden Regelung tatsächlich zu
    bewirken. Vielleicht sollten wir uns dabei mehr auf juristische Praktiker in den eigenen Reihen verlassen, die als Anwälte in ihrer täglichen Praxis Mandanten Formulierungen nahebringen und mehr oder weniger gelungene Gesetze auslegen, als blind auf die Formulierungsgabe von Sprachartisten aus den Ministerien zu vertrauen.
    Heute beschließen wir das Gesetz, das Millionen Mieter in Ostdeutschland so stellen soll, wie wir, die Gesetzgeber, es von Anfang an gewollt haben, wenn wir es nur richtig ausgedrückt hätten. Wir wollen den Mietern die Möglichkeit geben, ihre damaligen Zustimmungserklärungen rückgängig zu machen und so zu der Miethöhe zu kommen, die schon vor Monaten beabsichtigt war.
    Leider müssen wir nun feststellen, daß das politische Wollen wieder nicht frei von Rechtsrisiken ist. Die rückwirkende Beseitigung von geschlossenen Mietverträgen kann grundrechtlich geschützte Eigentumspositionen der Vermieterseite tangieren. Aber obwohl wir diese Gefahr sehen, und im Ausschuß stundenlang darüber diskutiert haben, wie wir diese Gefahr ausschließen können, bleibt ein Restrisiko. Wir wollen dennoch gemeinsam den vorgeschlagenen Wortlaut beschließen.
    Ich darf hier ausdrücklich an die Genossenschaften und an die kommunalen Wohnungsunternehmen appellieren,

    (Dr. Uwe Küster [SPD]: Und an die privaten!)

    darüber nachzudenken, ob sie wirklich neuerlich die Gerichte anrufen und gegebenenfalls gar bis zum Bundesverfassungsgericht gehen wollen. Lassen Sie doch endlich Rechtssicherheit und damit Frieden in die Haushalte in Ostdeutschland einkehren! Verhindern Sie, daß Menschen wieder in Angst und Unsicherheit gestürzt werden!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Zwar geht es durchschnittlich nur um 15 DM pro Wohnung und pro Monat, aber 15 DM sind für viele, speziell für alte Menschen, viel Geld. Zerren Sie nicht Menschen, die an unseren Formulierungsfehlern wirklich unschuldig sind, wieder vor Gericht! Die Menschen in den neuen Bundesländern würden es nicht verstehen, wenn weiter Monate und Jahre darüber gestritten werden müßte, ob den Mietern das zustehen soll, was der Bundestag mit übergroßer Mehrheit wiederholt als seinen politischen Willen ausgedrückt hat.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich erteile dem Abgeordneten Klaus-Jürgen Warnick das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Klaus-Jürgen Warnick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Braun, ich möchte Ihr Weltbild von der PDS nicht erschüttern, sonst würde ich Ihnen erzählen, wie oft ich dieses Beispiel

    Klaus-Jürgen Warnick
    in Mieterbundversammlungen positiv dargestellt habe.

    (Horst Friedrich [F.D.P.]: Das werden immer größere Weihnachtsgeschenke! Das ist nicht mehr auszuhalten!)

    Wir stimmen diesem Gesetzesantrag natürlich zu, weil wir diese Änderung schon lange für dringend notwendig halten. Wir sind aber der Meinung, daß diese Debatte vermeidbar gewesen wäre. Schon 14 Tage nach der Verabschiedung des Mietenüberleitungsgesetzes haben wir im Bauausschuß darüber beraten. Damals hat man leider nicht den Mut gehabt, diesen Fehler einzugestehen; denn schon damals wäre die heutige Regelung möglich gewesen und hätte dazu geführt, daß der Schaden wesentlich begrenzt worden wäre.
    Ich möchte ganz kurz aus einer Anfrage von uns an die Bundesregierung vorlesen:
    Was wird die Bundesregierung angesichts der Tatsache tun, daß im Widerspruch zu den Zusicherungen des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Professor Dr. Klaus Töpfer, in einem Brief an alle ostdeutschen Mieterhaushalte mit einem Urteil des Potsdamer Amtsgerichts vom 28. 9. 1995 Mieter zur Anerkennung einer 15prozentigen Mieterhöhung nach dem Mietenüberleitungsgesetz verurteilt wurden, obwohl die Wohnung nicht mit Bad und Zentralheizung ausgestattet ist?
    Da wurde mir geantwortet:
    Bundesminister Professor Dr. Klaus Töpfer hat in seinem Brief an die ostdeutschen Haushalte zum Mietenüberleitungsgesetz keine Zusicherungen zur Auslegung dieses Gesetzes gegeben.... Das Amtsgericht Potsdam hat ... lediglich ein Versäumnisurteil gegen den klagenden Vermieter erlassen. Da somit erst ein Urteil vorliegt, das dem Willen des Gesetzgebers ... widerspricht, sieht die Bundesregierung zur Zeit keinen Handlungsbedarf .. .
    Das war am 11. Oktober.
    Am 21. November 1995 kommt der Gesetzentwurf, in dem es heißt:
    Dieser Entwicklung kann der Gesetzgeber nicht tatenlos zusehen, vor allem deswegen, weil sie dem Rechtsbewußtsein der Bürger im Beitrittsgebiet und deren Verständnis vom Rechtsstaat im hohen Maße abträglich ist.
    Das kann ich nur bejahen. Das sehe ich ganz genauso.
    Aber einen Tag später, am 22. November 1995, wurde im Deutschen Bundestag die Frage gestellt:
    Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß ausgerechnet die bundeseigene TreuhandLiegenschaftsgesellschaft mbH ... bei Mieterhöhungen ... nur dort zu einer geringeren Mieterhöhung von 10 Prozent anstatt 15 Prozent bereit ist, wo sowohl Zentralheizung als auch Bad fehlen ...?
    Darauf antwortet der Staatssekretär:
    Die Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft mbH .. . hat die Frage, ob Mieten bei Wohnungen mit Bad oder Zentralheizung um 10 oder 15 v. H. zu erhöhen sind, sorgfältig geprüft. Schon angesichts potentieller Schadensersatzforderungen von Restitutionsberechtigten ist die TLG gehalten, Mieterhöhungsspielräume auszuschöpfen .. . Diese Entscheidung mußte kurzfristig gefüllt werden, da ... wirksame Mieterhöhungserklärung dem Mieter zuzustellen (ist); die Bundesregierung hält diese Entscheidung der TLG für sachgerecht.
    Was soll man davon halten? Einerseits sagt man: „Dieser Entwicklung kann der Gesetzgeber nicht tatenlos zusehen ..." Andererseits heißt es, daß Bundesminister Töpfer keine Zusicherungen zur Auslegung dieses Geseztes gegeben habe. Auf was soll ein ostdeutscher Bürger noch vertrauen, wenn in Millionen Miethaushalten ein Schreiben des Ministers kommt? Kann man dem Wort eines bundesdeutschen Ministers nicht mehr vertrauen? Was soll ein einfacher Bürger denn tun? Da entsteht für mich, wenn der Minister zu einem bestimmten Handeln auffordert, die Frage - die Bürger haben sich auf den Minister verlassen; es ist zu Gerichtsurteilen gekommen, und sie wurden verurteilt -: Wer bezahlt die Gerichtskosten? Im Gesetzentwurf ist zwar geregelt, daß die zuviel gezahlte Miete zurückzuzahlen ist. Aber was ist mit den Gerichtskosten? Im Vertrauen auf das Wort des Ministers gehandelt zu haben und jetzt dafür finanziell bestraft zu werden, das geht doch wohl zu weit.
    Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken und zu dem Schreiben der BBU will ich gar nichts sagen. Da schließe ich mich den Worten meines Vorredners an.
    Der politische Wille, den wir in Gesetzen formulieren, ist juristisch sehr schwierig zu formulieren. Das haben wir hier eindeutig gesehen. Für mich ergibt sich daraus die Frage: Wie soll Ausschußarbeit in Zukunft noch vernünftig gestaltet werden? Soll ich rechts und links von mir einen Verfassungsrichter sitzen haben und die immer konsultieren? Dabei ist ja nicht ausschließen, daß der rechts von mir etwas anderes sagt als der links von mir.