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    Plenarprotokoll 13/71 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 71. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. November 1995 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abgeordneten Karl Lamers und Dr. Christian Schwarz-Schilling 6161 A Eintritt des Abgeordneten Matthäus Strebl in den Deutschen Bundestag 6161 B Erweiterung der Tagesordnung 6161 B Absetzung des Punktes 18 d von der Tagesordnung 6162 A Nachträgliche Ausschußüberweisungen 6162 A Tagesordnungspunkt 2: a) Große Anfrage der Abgeordneten Arne Börnsen (Ritterhude), Hans Martin Bury, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Multimediale Kommunikation - Stand und Perspektive der Entwicklung in Deutschland (Drucksachen 13/985, 13/2129) . . . 6162 C b) Antrag der Abgeordneten Dr. Manuel Kiper, Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ein ökologischer, sozialer und demokratischer Weg in die Informationsgesellschaft II (Maßstäbe und Grundlagen für die Gestaltung) (Drucksache 13/3010) 6162 C Wolfgang Thierse SPD 6162 D Dr. Michael Meister CDU/CSU . . 6165C, 6182 C Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6167 D Dr. Max Stadler F D P. 6169 C Wolfgang Bierstedt PDS 6171 D Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär BMPT 6173 C Jörg Tauss SPD 6174 C Arne Börnsen (Ritterhude) SPD 6175 D Wolfgang Bierstedt PDS 6176 A Elmar Müller (Kirchheim) CDU/CSU 6179A, 6182 B Hans Martin Bury SPD 6179 D Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6180 D Jörg Tauss SPD 6181 B Hans Martin Bury SPD 6181 D Tagesordnungspunkt 3: a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer krankenversicherungsrechtlicher Vorschriften (Fünftes SGB V-Änderungsgesetz) (Drucksachen 13/2264, 13/2725, 13/3045) . . . 6182 D b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stabilisierung der Krankenhausausgaben 1996 (Drucksache 13/3061) 6182 D c) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Krankenhausfinanzierung 1997 - Krankenhaus-Neuordnungsgesetz 1997 (Drucksache 13/3062) . . . 6183 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Abgeordneten Rudolf Dreßler, Klaus Kirschner, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesundheitsstruktur-Konsolidierungsgesetzes (Drucksache 13/3039) 6183 A Wolfgang Zöller CDU/CSU 6183 A Rudolf Dreßler SPD 6185B, 6188 C Ulf Fink CDU/CSU 6188 B Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6189 A Jürgen W. Möllemann F.D.P. . . . . . 6191 B Rudolf Dreßler SPD 6192 C, 6199 B Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6193 A Dr. Ruth Fuchs PDS 6194 A Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 6195 C Dr. R. Werner Schuster SPD 6197 A Dr. Hans-Hinrich Knaape SPD 6201 B Eva-Maria Kors CDU/CSU 6202 C Klaus Kirschner SPD 6203 C Wolfgang Zöller CDU/CSU 6204 B Tagesordnungspunkt 17: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes (Drucksache 13/2835) 6206 C b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 15. Dezember 1994 über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal (Drucksache 13/2837) 6206 C c) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften (Drucksache 13/2840) . 6206 D d) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung einer bundeseigenen Liegenschaft in Magdeburg (Teil der ehemaligen WGT-Kaserne Herrenkrug) an das Land Sachsen-Anhalt (Drucksache 13/2874) 6206 D e) Antrag des Abgeordneten Dr. Winfried Pinger und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Roland Kohn, Dr. Irmgard Schwaetzer und der Fraktion der F.D.P.: Verhandlungsziele für die 11. Wiederauffüllung der International Development Association (IDA) (Drucksache 13/3041) 6206 D f) Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56 a der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Technikfolgenabschätzung hier: Multimedia - Mythen, Chancen und Herausforderungen (Drucksache 13/2475) 6207 A Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Reform des Sexualstrafrechts (§§ 177 bis 179) und strafprozessualer Regelungen zur Verwirklichung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung (Drucksache 13/3026) 6207 A b) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Die Europäische Union zukunftsfähig machen (Drucksache 13/3040) 6207 B c) Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F D.P.: Ökologische Konzepte für die Parlaments- und Regierungsbauten in Berlin (Drucksache 13/3042) 6207 B d) Antrag der Abgeordneten Elke Ferner, Dr. Ulrich Böhme (Unna), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Hochgeschwindigkeitsschienenverbindung und Transrapid-Referenzstrecke Berlin-Hamburg (Drucksache 13/3056) 6207 C e) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (Drucksache 13/3083) . 6207 C Tagesordnungspunkt 18: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 10. Mai 1984 zur Änderung des Abkommens vom 7. Dezember 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt (9. Änderung des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt) (Drucksachen 13/2044, 13/2783) 6207 D b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. April 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg über den Autobahnzusammenschluß und den Bau einer Grenzbrücke über die Mosel im Raum Perl und Schengen (Drucksachen 13/1885, 13/ 2927, 13/2928) 6208 A c) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 19. Mai 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über Erleichterungen der Grenzabfertigung im Eisenbahn-, Straßen- und Schiffsverkehr (Drucksachen 13/2710, 13/3053) 6208 C e) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Fleischhygienegesetzes (Drucksachen 13/ 2904, 13/3046) . . . . . . . . . . . 6208 D f) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Fremdenverkehr und Tourismus zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Situation des deutschen Hotel- und Gaststättengewerbes (Drucksachen 13/541, 13/ 2843) 6209A g) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht des Bundesministers für Verkehr über Maßnahmen auf dem Gebiet der Unfallverhütung im Straßenverkehr 1992 und 1993 - Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr 1993 - Übersicht Rettungswesen 1992 und 1993 (Drucksachen 12/8335, 13/265 Nr. 1.33, 13/1985) 6209 A h) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Präsidentin des Bundesrechnungshofes als Vorsitzende des Bundesschuldenausschusses: Bericht des Bundesschuldenausschusses über seine Tätigkeit sowie die Verwaltung der Bundesschuld im Jahre 1994 (Drucksachen 13/1729, 13/2275, Nr. 1.2, 13/ 2788) 6209 B i) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 05 02 Titel 686 30 - Beitrag an die Vereinten Nationen (Drucksachen 13/2428, 13/2643 Nr. 4, 13/2789) 6209 C j) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung: Beschäftigung Schwerbehinderter bei den Bundesdienststellen (Drucksachen 12/8374, 12/8477 [Berichtigung], 13/265 Nr. 1.32, 13/2024, 13/2235 Nr. 1.5, 13/2797) . . 6209 C k) Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses zu den dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht - Übersicht 2 (Drucksache 13/2802) . . . . 6209 D 1 bis r) Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 44, 76, 77, 78, 79, 80 und 81 zu Petitionen (Drucksachen 13/1581, 13/2951, 13/2952, 13/2953, 13/ 2954, 13/2955, 13/2956) 6210 A-C Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. Besuch des Bundeskanzlers bei der chinesischen Volksbefreiungsarmee 6210 D Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6210D Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 6211 C Rudolf Scharping SPD 6213 A Michael Glos CDU/CSU 6214 A Dr. Helmut Haussmann F.D.P 6215 A Andrea Lederer PDS 6216 B Gernot Erler SPD 6217 A Joachim Hörster CDU/CSU 6218 B Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6219B Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 6220 B Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . 6221 B Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 6222 A Günter Verheugen SPD 6223 A Willy Wimmer (Neuss) CDU/CSU . . . 6224 B Dr. Heiner Geißler CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 6225 A Zusatztagesordnungspunkt 11: Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Freilassung des chinesischen Dissidenten Wei Jingsheng (Drucksache 13/3089) 6225 D Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . . 6225 D Volker Neumann (Bramsche) SPD . . . 6226 D Andreas Krautscheid CDU/CSU . . . . 6227 D Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6228 D Ulrich Irmer F.D.P 6230 B Andrea Lederer PDS 6231 B Tagesordnungspunkt 4: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz) (Drucksachen 13/2490, 13/3070, 13/3071) 6231 D b) Erste, zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz) (Drucksache 13/3023) 6232 A Werner Lensing CDU/CSU . . . . 6232 B, 6244 C Franz Thönnes SPD 6234 C Werner Lensing CDU/CSU . . . 6235 D, 6237 D Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6236 D Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. . 6238D, 6240 C Günter Rixe SPD 6239 D Maritta Böttcher PDS 6241 A Cornelia Yzer, Parl. Staatssekretärin BMBF 6241 D Franz Thönnes SPD 6242 D, 6246 B Rolf Wernstedt, Minister (Niedersachsen) 6243 C, 6245 A Josef Hollerith CDU/CSU 6245 B Christian Lenzer CDU/CSU 6246 D Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . 6247 A Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 6247 C Tagesordnungspunkt 5: a) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch und des Bundeserziehungsgeldgesetzes (Drucksachen 13/2240, 13/3082) 6249 B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 6249 B - zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz 6249 B - zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Beteiligung des Bundes an einem Aktionsprogramm zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung nach dem Schwangeren- und Familienhilfegesetz (Drucksachen 13/399, 13/412, 13/3082) . . . 6249 B c) Antrag der Abgeordneten Rita Grießhaber, Irmingard Schewe-Gerigk und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Zügige Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz (Drucksache 13/2957) 6249 C Maria Eichhorn CDU/CSU 6249 C Hanna Wolf (München) SPD 6250 A Christel Hanewinckel SPD 6251 B Maria Eichhorn CDU/CSU 6252 D Ulrich Heinrich F D P. 6253 A Klaus Riegert CDU/CSU 6253 D Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6254 A, 6260 B Heinz Lanfermann F.D.P 6254 C Rosel Neuhäuser PDS 6256 B Gerd Walter, Minister (Schleswig-Holstein) 6257 A Jürgen Koppelin F.D.P 6258 A Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 6258 B Peter Dreßen SPD 6258 D Konrad Gilges SPD 6259 D Tagesordnungspunkt 6: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Übernahme befristeter Kündigungsmöglichkeiten als Dauerrecht (Drucksachen 13/1693, 13/ 2942) 6261 A Ronald Pofalla CDU/CSU 6261 B Wolfgang Spanier SPD 6262 C Ronald Pofalla CDU/CSU 6262 D Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 6264 B Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 6264 D Klaus-Jürgen Warnick PDS 6266 A Rainer Funke, Parl. Staatssekretär BMJ 6266 C Tagesordnungspunkt 7: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes im Bereich des Baugewerbes (Drucksache 13/2742) . . . 6267 C Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Rudolf Dreßler, Konrad Gilges, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in Baubetrieben (Drucksache 13/18) . . 6267 C Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes (Drucksachen 13/123, 13/3079, 13/3080) 6267 D b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung 6268 A - zu dem Antrag des Abgeordneten Manfred Müller (Berlin) und der weiteren Abgeordneten der PDS: Verzicht auf die Streichung der Schlechtwettergeldregelung . . . 6268 A - zu dem Antrag der Abgeordneten Annelie Buntenbach und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sozialverträgliche Beschäftigung in Baubetrieben (Drucksachen 13/264 [neu], 13/287, 13/3079) 6268A Heinz Schemken CDU/CSU 6268 B Peter Dreßen SPD 6269 C Heinz Schemken CDU/CSU 6271 B Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6272 A Dr. Gisela Babel F.D.P 6272 D Dr. Heidi Knake-Werner PDS 6273 C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 6274 A, 6276 C Peter Dreßen SPD 6274 D Konrad Gilges SPD 6275 D Tagesordnungspunkt 8: - Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Hansjörg Schäfer, Doris Barnett, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes (Drucksache 13/479) 6277 C - Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur sozialverträglicheren Gestaltung des Arbeitsplatzverlustes von Zivilbeschäftigten infolge des Truppenabbaus der alliierten Streitkräfte (Drucksachen 13/1056, 13/2726) 6277 C Dr. Hansjörg Schäfer SPD 6277 D Dr. Maria Böhmer CDU/CSU 6280 A Dr. Hansjörg Schäfer SPD 6280 B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6282 C Dr. Gisela Babel F.D.P 6283 B Tagesordnungspunkt 9: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes (Drucksachen 13/1444, 13/2752) 6285 A Rudolf Meinl CDU/CSU 6285 A Siegfried Scheffler SPD 6286 B Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6288 B Horst Friedrich F.D.P. 6289 B Dr. Dagmar Enkelmann PDS 6290 B Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär BMV 6291 B Tagesordnungspunkt 10: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung (Drucksachen 13/2747, 13/3057, 13/3060) 6292 D b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Christel Deichmann, Jella Teuchner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verbesserte Durchlässigkeit zwischen der gesetzlichen Rentenversicherung und der Alterssicherung der Landwirte (Drucksachen 13/1349, 13/3057) 6292 D Siegfried Hornung CDU/CSU 6293 A Christel Deichmann SPD 6294 B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6295 D Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 6296 B Ulrich Heinrich F D P. 6297 B Marianne Klappert SPD 6298 C Ottmar Schreiner SPD 6299 A Dr. Günther Maleuda PDS 6299 D Karl-Josef Laumann CDU/CSU 6300 C Kurt Palis SPD 6301 C Ulrich Heinrich F.D.P. 6302 D Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär BMA 6303 B Horst Kubatschka SPD 6304 A Jella Teuchner SPD (Erklärung nach § 31 GO) 6304 B Tagesordnungspunkt 11: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Rudolf Dreßler, Wolfgang Thierse, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Korrektur des RentenÜberleitungsgesetzes (Drucksache 13/1542) 6305B b) Antrag der Abgeordneten Ulrich Adam, Dr. Sabine Bergmann-Pohl und weiterer Abgeordneter der Fraktion der CDU/ CSU: Novellierung des Rentenüberleitungsgesetzes/Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (Drucksache 13/2546) 6305 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Gruppe der PDS: Aussetzen des Abschmelzens der Auffüllbeträge nach dem Renten-Überleitungsgesetz (Drucksache 13/3043) 6305 C Ulrike Mascher SPD 6305 C Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 6307 B Ottmar Schreiner SPD 6308 D Dr. Dagmar Enkelmann PDS 6309 B Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6309 B Uwe Lühr F.D.P 6310 D Petra Bläss PDS 6312 A, 6317 C Thomas Krüger SPD 6313 B Manfred Grund CDU/CSU 6313 D Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6314 B Petra Bläss PDS . . . . . . . . . . 6315 C Michael Wonneberger CDU/CSU . . . 6316 A Ottmar Schreiner SPD 6318 A Michael Wonneberger CDU/CSU . . 6318 B Manfred Grund CDU/CSU 6320 A Ulrike Mascher SPD 6320 D Dr. Barbara Höll PDS 6321 B Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Gerald Häfner, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weiterer Umgang mit DDR-Unrecht (Drucksache 13/ 1619) 6322 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von den Abgeordneten Gerald Häfner, Andrea Fischer (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtstellung der Opfer der SED-Diktatur (Drucksache 13/3038) 6322 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes, des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes und des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (Drucksachen 13/2838, 13/3065) . . . 6322 D Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6323 A Dr. Michael Luther CDU/CSU 6325 D Hans-Joachim Hacker SPD 6327 A Ulla Jelpke PDS 6328 C Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 6329 C Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6329D Markus Meckel SPD 6330 B Rainer Funke, Parl. Staatssekretär BMJ . 6330 D Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten der PDS: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Armut und Obdachlosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland" (Drucksache 13/583) 6331 C Nächste Sitzung 6331 D Berichtigung 6331 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6332#* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 12 (Antrag: Weiterer Umgang mit DDR-Unrecht) Heinz Lanfermann F.D.P 6332* B Rainer Funke, Parl. Staatssekretär BMJ 6333* A Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (Antrag: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Armut und Obdachlosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland") Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU . . . 6333* D Regina Schmidt-Zadel SPD 6334* A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6334* C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 6335* B Petra Bläss PDS 6335* B 71. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. November 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Anlage 3 Berichtigung 69. Sitzung, Seite 6094B, 2. Zeile von oben, namentliche Schlußabstimmung über den Gesetzentwurf über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996, Drucksachen 13/2000, 13/2593, 13/ 2601 bis 13/2626, 13/2627 und 13/2630: Die Abgeordnete Ursula Schmidt (Aachen) (SPD) hat an dieser Abstimmung teilgenommen und mit Nein gestimmt. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 23. 11. 95 Beck (Bremen), BÜNDNIS 23. 11. 95 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Berger, Hans SPD 23. 11.95 Büttner (Ingolstadt), SPD 23. 11. 95 Hans Fuchs (Köln), Anke SPD 23. 11. 95 Dr. Glotz, Peter SPD 23. 11. 95 Haack (Extertal), SPD 23. 11. 95 * Karl Hermann Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 23. 11. 95 Horn, Erwin SPD 23. 11. 95 Irber, Brunhilde SPD 23. 11. 95 Irmer, Ulrich F.D.P. 23. 11. 95 ** Kanther, Manfred CDU/CSU 23. 11.95 Klemmer, Siegrun SPD 23. 11. 95 Marx, Dorle SPD 23. 11. 95 Neumann (Berlin), Kurt SPD 23. 11.95 Dr. Pfaff, Martin SPD 23. 11. 95 Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 23. 11. 95 Purps, Rudolf SPD 23. 11. 95 Rehbock-Zureich, Karin SPD 23. 11. 95 Rexrodt, Günter F.D.P. 23. 11.95 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 23. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Schulte (Hameln), SPD 23. 11. 95 ** Brigitte Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 23. 11. 95 Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 23. 11. 95 Wallow, Hans SPD 23. 11. 95 Dr. Wolf, Winfried PDS 23. 11. 95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Zusatztagesordnungspunkt 12 (Antrag: Weiterer Umgang mit DDR-Unrecht) Heinz Lanfermann (F.D.P.): Seit nunmehr fünf Jahren ist Deutschland kein geteiltes Land mehr. Die beiden deutschen Staaten, die in den zurückliegenden 40 Jahren völlig unterschiedliche gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Entwicklungen vollzogen haben, sind auf dem besten Wege, zu einem einheitlichen Ganzen zusammenzuwachsen. Dies ist ein schwieriger und gerade für viele Bürgerinnen und Bürger in den neuen Bundesländern schmerzlicher Prozeß, weil sie von heute auf morgen mit einer völlig neuen Lebenssituation konfrontiert worden sind. Die Hoffnungen, Wünsche und Erwartungen hinsichtlich der Aufarbeitung der Vergangenheit sowie der Perspektiven für eine bessere Zukunft konnten nicht vollumfänglich erfüllt werden. Gleichwohl durfte bei objektiver Betrachtung der Gesamtsituation niemand ernstlich erwarten, daß 40 Jahre Vergangenheit der DDR, die gekennzeichnet ist durch systematische Rechtsverletzungen und sozialistische Willkür, von heute auf morgen aufgearbeitet und wiedergutgemacht werden können. Dies sage ich als Westdeutscher, der den furchtbaren Drangsalierungen des Unrechtsstaates nicht ausgesetzt war und deshalb manche Situationen schwerer nachvollziehen kann, aber in dem vollen Bewußtsein, daß ich diesen gesamtdeutschen Staat gewollt habe und mich gerne dafür einsetzen will, im Rahmen des Möglichen die Lebensbedingungen und Befindlichkeiten der Menschen im Osten und Westen Deutschlands so zu verbessern, daß die gedankliche und tatsächliche Trennung möglichst bald überwunden wird. Dieses Hohe Haus hat in der vergangenen Legislaturperiode mit dem Ersten und Zweiten SEDUnrechtsbereinigungsgesetz ein Fundament zur Bewältigung der jüngsten deutschen Geschichte gelegt. Die seitdem vergangene Zeit - das Zweite SED-Unrechtsbereinigungsgesetz ist nunmehr eineinhalb Jahre in Kraft - hat nochmals gezeigt, daß begangenes Unrecht nur schwer bereinigt oder wiedergutgemacht werden kann. Lediglich das Leid der Betroffenen kann gemildert werden und zwar erstens finanziell im Rahmen des Möglichen, zweitens ideell, indem wir den Bürgerinnen und Bürgern der neuen Länder durch Handlungen und Gespräche das Gefühl vermitteln, in dem demokratischen Rechtsstaat Deutschland verantwortliche Individuen mit allen Möglichkeiten und Chancen zu sein. Zentrales Anliegen liberaler Politik ist es, die Freiheit des einzelnen zu schützen. Das schließt die Revision von Unrechtsmaßnahmen ausdrücklich ein. Darüber hinaus gebieten Rechtsstaatsgebot und Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für Wiedergutmachungsleistungen. Diesem Anspruch fühlt sich die Rechtsstaatspartei F.D.P. verpflichtet. Vor diesem Hintergrund begrüße ich den einstimmig mit Enthaltung der Gruppe PDS gefaßten Beschluß, die Frist für Anträge nach dem strafrechtlichen, verwaltungsrechtlichen und beruflichen Rehabilitierungsgesetz um zwei Jahre zu verlängern. So wird für Berechtigte, die bislang noch keine Anträge gestellt haben, die Möglichkeit eröffnet, dieses noch nachzuholen. Dies ist insbesondere deshalb sach- und interessengerecht, weil anzunehmen ist, daß etliche Berechtigte es vorgezogen haben, die Vergangenheit zu verdrängen, um nicht für das Antragsverfahren erneut Leiden durchleben zu müssen. Ich appelliere an die Bundesregierung, durch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit die Motivation der betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu stärken, damit diese die ihnen schon jetzt zustehenden Hilfen auch beanspruchen. Auch wenn das Erste und Zweite SED-Unrechtsbereinigungsgesetz nicht alle Erwartungen erfüllen konnten, so können sie doch effektive Hilfe in einer Vielzahl von Fällen zum spürbaren Ausgleich des Verfolgungsschicksals leisten. Die Verlängerung der Antragsfrist, die durch einen parteiübergreifenden Konsens im Rechtsausschuß erreicht wurde, kann aber nur einer von mehreren Schritten für eine notwendige Nachbesserung sein. Wir werden unvoreingenommen und offen zu prüfen haben, welche zusätzlichen Möglichkeiten der Nachbesserung bestehen. Deshalb begrüße ich für die F.D.P. den Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen, der viele Wünsche und Probleme, die die Betroffenen an uns alle herangetragen haben, aufgreift. Dieser Gesetzentwurf wird eine gute Grundlage für die weiteren Beratungen im Rechtsausschuß sein. In fünf Jahren konnten nicht 40 Jahre DDR-Vergangenheit bewältigt werden, aber wir sind auf dem richtigen Weg, und ich habe die Hoffnung, daß wir ein Mehr an Gerechtigkeit und Verständnis erreichen werden. Rainer Funke, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Seit dem Sommer gibt es eine breite Diskussion über die Bereinigung von SED-Unrecht. Ich begrüße diese Diskussion, zumal zunehmend die Gefahr besteht, daß das, was unter dem SED-Regime an Unrecht geschehen ist, verdrängt, ja hier und dort von einer merkwürdigen Nostalgie überlagert wird. Ich begrüße eine Diskussion über die bisherigen Erfahrungen mit den Rehabilitierungsgesetzen, die sachlich und unpolemisch Bilanz zieht, auch Defizite aufzeigt. Von den Opfern und ihren Verbänden werden die Gesetze als unzureichend empfunden. Doch ich muß hier nicht betonen, daß die Haushaltslage in Bund und Ländern dem Gesetzgeber enge Grenzen gesetzt hatte; daran hat sich nicht geändert. Ich betone dies auch mit Blick auf den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der heute hier in erster Lesung behandelt wird. In den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen sind Leistungen vorgesehen, für deren Ausgestaltung soziale Aspekte ausschlaggebend waren. Einen wirklichen, vollen Schadensausgleich können die Rehabilitierungsgesetze nicht bringen; das hat auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen so gesehen. Hinsichtlich der Frage, was diese Gesetze leisten können und müssen, bestand - gerade auch wegen der finanziellen Zwänge - zwischen Bund und Ländern und auch hier im Parlament weitgehend Einvernehmen. Das gilt zumindest für das Zweite SEDUnrechtsbereinigungsgesetz mit dem Verwaltungsrechtlichen und dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz. Die Gesetze sind harsch kritisiert worden, so auch die Leistungen des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes. Bedauerlich wäre es, wenn - polemische - Kritik Verfolgungsopfer davon abhalten würde, ihre berechtigten Ansprüche geltend zu machen. Ich sehe hier mit einiger Sorge die sehr niedrigen Antragszahlen. Es sollte beachtet werden, daß sich der Nachteilsausgleich in der Rentenversicherung als spürbare Rentenerhöhung auswirken kann und daß die Regelung zum Beispiel über die bevorzugte Studienförderung im Einzelfall einen Vorteil in Höhe von vielen tausend Mark bedeuten kann. Es sind in den letzten Wochen Anhörungen mit Opferverbänden und Sachverständigen durchgeführt worden, bei denen es um die Frage ging, ob die Rehabilitierungsgesetze novellierungsbedürftig sind. Die Bundesregierung wertet die Ergebnisse dieser Hearings derzeit aus und prüft - vor allem auch anhand der Vorschläge der Bundestagsfraktionen -, ob und inwieweit finanzierbarer Nachbesserungbedarf besteht. Der Spielraum, den uns die Haushaltslage läßt, ist allerdings - ich sagte das bereits - gegenüber dem eigentlichen Gesetzgebungsverfahren nicht größer geworden. Zu beachten ist zudem, daß das Verwaltungsrechtliche wie das Berufliche Rehabilitierungsgesetz erst am 1. Juli 1994 in Kraft getreten sind und daß die Rehabilitierungsbehörden erst nach intensiver Schulung der Mitarbeiter ihre sehr schwierige und zeitaufwendige Arbeit aufnehmen konnten. Wir haben also noch nicht allzuviel Erfahrung, um die Frage beantworten zu können, ob die Regelungen der Gesetze greifen und wo es Defizite gibt, die möglicherweise reine Vollzugsdefizite sind. Als ersten Schritt hat die Bundesregierung in Übereinstimmung mit den neuen Ländern kurzfristig einen Gesetzentwurf über die Verlängerung der Antragsfristen bei allen drei Rehabilitierungsgesetzen bis 31. Dezember 1997 auf den Weg gebracht, der nach zügigen Beratungen im Bundesrat und den Ausschüssen des Bundestages heute in zweiter und dritter Lesung abschließend behandelt wird; damit ist sichergestellt, daß die Opfer noch bis Ende 1997 Rehabilitierungsanträge stellen können. Zu diesem Gesetzentwurf erbitte ich Ihre Zustimmung. Über die inhaltlichen Probleme kann dann ohne Zeitdruck beraten werden. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (Antrag: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Armut und Obdachlosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland") Birgit Schnieber-Jastram (CDU/CDU): Noch eine Kommission? Ob das die richtige Antwort ist auf das Thema „Armut und Obdachlosigkeit", das wage ich zu bezweifeln. Wir haben ja einige Kommissionen zu diesem Thema: die Regierungskommission - auch „Notlagenkommission" genannt -, eine Querschnittsgruppe in unserer Fraktion zur wirtschaftlichen und sozialen Lage, eine weitere Kommission, die sich mit Standortfragen auseinandersetzt. Außerdem gibt es Maßnahmen zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit. Außer dem Bund sind natürlich auch die Länder in der Pflicht. Hier gibt es ja eine Reihe von Armutsberichten und vielfältige Maßnahmen im Rahmen der Vermeidung von Obdachlosigkeit. Regionale Kenntnisse sind bei dieser Frage wirklich wichtig! Schließlich befassen wir uns in allen in Frage kommenden Ausschüssen - Arbeit und Sozialordnung, Gesundheit, Familie und Wohnungsbau - mit diesen Fragen. Also: Ich würde mich freuen, wenn wir im Rahmen der Ausschußberatungen uns auch darüber unterhalten können, wie wir soziale Systeme so gestalten können, daß Hilfen auch bei denen ankommen, die sie brauchen. Regina Schmidt-Zadel (SPD): Der Antrag der Gruppe der PDS auf Einsetzung einer Enquete-Kommission „Armut und Obdachlosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland" erscheint auf den ersten Blick ganz vernünftig und plausibel zu sein. In der Tat sind Armut und Obdachlosigkeit zu großen sozialen Problemen unserer Gesellschaft geworden. Dies belegen unter anderem die stetig steigende Zahl der Menschen, die von Sozialhilfe leben müssen, die vielen Arbeitslosen, deren Arbeitlosenbezüge durch Hilfe zum Lebensunterhalt ergänzt werden müssen, die ungezählten Bürgerinnen und Bürger - meist alte Menschen -, die trotz Anspruch auf Sozialhilfe aus Scham oder Unkenntnis gar nicht erst zu den Sozialämtern gehen, die Obdachlosen in den städtischen Notunterkünften oder auf der Straße. Alle diese Menschen machen deutlich, daß wir es auch in unserer reichen Wohlstandsgesellschaft mit erschreckender Armut zu tun haben. Die Debatten um die Reform der Sozialhilfe und die Klagen der Städte haben das Problem ja hinlänglich in unser Bewußtsein gerückt. Die eindringlichen Mahnungen der Wohlfahrts- und Sozialverbände, das gemeinsame Papier der beiden großen Kirchen Deutschlands führen uns zudem den sozialen Sprengstoff, der in der wachsenden Armut begründet liegt, eindringlich vor Augen. Und, liebe Kollegen, wir Sozialdemokraten können in aller Unbescheidenheit auch darauf verweisen, diese bedrohliche soziale Entwicklung zu einem zentralen Anliegen unserer Politik gemacht zu haben. Es ist ja nun weiß Gott nicht so, als ob die PDS alleinige Sachverwalterin der Belange der Obdachlosen und Armen wäre. Wenn ich den Antrag auf Einrichtung der Enquete aber lese, dann habe ich den Eindruck, gerade das möchten Sie suggerieren. Und genau das ist auch der Grund, warum die SPD-Fraktion der Einrichtung der Enquete zu diesem Zeitpunkt nicht zustimmen kann und deshalb vorerst den Antrag zur weiteren Beratung an den Ausschuß verweisen wird. Ihnen geht es ja nicht in erster Linie darum, Ursachen der Armut und Wege ihrer Bekämpfung zu untersuchen. Ihnen geht es um etwas anderes. Mit der Forderung, Selbsthilfegruppen und Betroffene in die Kommission mit hineinzunehmen, mit ihrem Vorschlag, die Kommission möge daneben auch noch ein Konzept entwickeln, ihre Arbeit „über die Medien permanent zu vermitteln", wollen Sie nur eines erreichen, nämlich sich mit einer von Ihnen beantragten Enquete-Kommission eine Plattform zur Selbstdarstellung zu schaffen. Meine Damen und Herren von der PDS, das Thema ist wirklich zu ernst, um sich auf eine solche Weise profilieren zu wollen. Ich habe nichts gegen Enquete-Kommissionen, die seriös, konzentriert und mit Sachverstand ihre Arbeit machen. Die Möglichkeit, Betroffene und Selbsthilfegruppen mit einzubeziehen, ist über Anhörungen ohnehin jederzeit gegeben. Mit öffentlichen Sitzungen und Anhörung sind auch die Medien jederzeit zu bedienen. Es bedarf also nicht des von Ihnen offensichtlich geplanten „Enquete-Happenings". Im übrigen hat die SPD-Fraktion im Mai eine Große Anfrage zur Armut in der Bundesrepublik eingebracht, deren Beantwortung durch die Bundesregierung noch aussteht. Wir werden erst einmal abwarten, mit welcher Analyse der Armut die Bundesregierung aufwartet und welche Möglichkeiten der Armutsbekämpfung sie aufzeigt. Zudem fordern wir seit langem die Bundesregierung auf, einen Armutsbericht vorzulegen. Ich bin ganz sicher, danach wird noch genug Diskussionsbedarf bestehen. Und wenn dann die Einsetzung einer entsprechenden Enquete-Kommission erforderlich ist, können wir im Ausschuß gerne noch einmal darüber reden. Andrea Fischer (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Antrag der PDS ist von der Sorge um die dramatische Zunahme der Armut in der Bundesrepublik getragen. Wir Bündnisgrüne teilen diese Sorge. Es muß uns doch alle in höchstem Maße alarmieren, daß inzwischen Millionen Menschen auf ein Sozialhilfesystem angewiesen sind, das ursprünglich einmal für besondere, individuelle Notfälle gedacht war. Und es muß uns geradezu erschrecken, daß diese Entwicklung von der Regierungskoalition zum Anlaß genommen wird, über Sparmaßnahmen auf dem Rücken der Armen zu sinnieren, anstatt sich um eine wirkungsvolle Bekämpfung der Ursachen zu bemühen. Auf der gestrigen Anhörung zur von der Koalition geplanten Novellierung des Bundessozialhilfegesetzes haben die Fachleute auf vielfältige Weise deutlich gemacht, welches die Ursachen der Verarmung sind, und sie haben Vorschläge unterbreitet, die oft eine schallende Ohrfeige für die Koalition waren. Mein persönliches Fazit dieser Anhörung ist, daß die BSHG-Novelle nicht in der vorgesehenen Form weiterverfolgt werden sollte. Die Anhörung hat uns reichlich Material geboten, wie eine sachgerechte Reform der Sozialhilfe und der vorgelagerten Sicherungssysteme gestaltet werden kann. Daran muß gearbeitet werden! Wir haben es nicht mit einer mangelnden Kenntnis des Parlaments zu tun, die im Rahmen einer Enquete-Kommission behoben werden müßte, sondern wir haben es mit einem politischen Streit über die Analyse der Armut und über die richtige Politik der Solidarität zu tun. Meine Fraktion lehnt daher den Antrag der PDS ab. Denn wir sehen die Gefahr, daß eine Enquete zum willkommenen Anlaß werden könnte, Strategien der Armutsbekämpfung auf die lange Bank zu schieben. Gerade diejenigen, die sich auf die Seite der Armen stellen, sollten nicht in eine wissenschaftliche Nebenarena ausweichen. Die Analysen liegen auf dem Tisch, Vorschläge gibt es reichlich. Jetzt geht es um die Arbeit an der Umsetzung. Alle Beteiligten wissen, daß die Einführung einer bedarfsorientierten Grundsicherung sowohl technisch als auch finanziell ein anspruchsvolles Unterfangen ist. Daran muß gearbeitet werden, damit es Alternativen zur entsolidarisierenden Sparpolitik der Bundesregierung gibt. Natürlich brauchen wir die Kompetenz der Betroffenen, der Verbände und Initiativen. Aber wir sollten diese nicht in einem langatmig tagenden Gremium verschleißen, sondern sie einbinden in einen Arbeitsprozeß für die Gestaltung einer bedarfsorientierten Grundsicherung. Ebenso sollten wir endlich einen Armuts- und Reichtumsbericht erstellen lassen. Und wir sind auf den politischen Biß der Organisationen und Initiativen angewiesen. Denn mehr noch als um Erkenntnis geht es in der Armutspolitik in Deutschland um ein politisches Ziel: Der Haushaltskonsolidierung auf dem Rücken der Bedürftigen muß entschiedener Widerstand entgegengesetzt werden. Wir müssen die Bereitschaft der Gutgestellten gewinnen, den Opfern der Modernisierung Solidarität entgegenzubringen. Solidarität und Gemeinsinn werden in der Gesellschaft immer wieder neu verhandelt. Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren viel dazu beigetragen, die vorhandene Solidaritätsbereitschaft durch Denunziation der Opfer zu zerstören. Wir müssen diesen Zusammenhalt wieder herstellen. Dafür müssen wir streiten, argumentieren, Vorschläge machen - nicht das Problem in einer Kommission zerpflücken. Hildebrecht Braun (Augsburg) (F.D.P.): Das Anliegen der PDS wird von uns geteilt. Es ist eine Aufgabe der Gesellschaft und ihrer Vertreter, die Gründe für das Entstehen von Armut und Obdachlosigkeit zu erkennen und alles zu unternehmen, was zu ihrer Bekämpfung erforderlich ist. Die F.D.P. stellt sich auch der Verweisung an die Ausschüsse nicht in den Weg. Sie verweist nur schon jetzt darauf, daß dieser Bundestag nahezu monatlich das Thema Obdachlosigkeit auf der Tagesordnung hat, eine Fülle von Kommissionen, Arbeitsgruppen, Ausschüssen seit Jahren schwerpunktmäßig genau das tut, was die PDS will, eine weitere Enquete-Kommission wohl kaum schneller zu richtigen Ergebnissen kommen wird und die Zuständigkeit des Bundes nur in Teilen gegeben sein dürfte. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit will ich es heute bei diesen Ausführungen bewenden lassen. Petra Bläss (PDS): Wir müßten mit unserem Antrag hier im Parlament eigentlich offene Türen einrennen. Eine Enquete-Kommission, die sich mit Armut und Obdachlosigkeit beschäftigt, wäre eine große Hilfe - insbesondere für die Regierung. Denn die Bundesregierung hat im März dieses Jahres auf dem Weltsozialgipfel der Vereinten Nationen in Kopenhagen ein Aktionsprogramm gegen Armut und soziale Ausgrenzung unterzeichnet, das auf seine Umsetzung wartet. Bislang vergeblich. Offenbar braucht die Regierung dringend Unterstützung. Der Weltsozialgipfel in Kopenhagen war der erste UN-Gipfel, auf dem der Kampf gegen die weltweite Armut das zentrale Thema war. Dieser Gipfel hat vielen Menschen die Hoffnung gemacht, daß sich an ihrer schwierigen oder gar verzweifelten Lage etwas ändern könnte. Die Beschlüsse, die in Kopenhagen gefaßt wurden, sind in der Tat wegweisend. Armut wurde dort nicht unter dem Blickwinkel des Mitgefühls und Mitleids betrachtet. Das tröstet lediglich die Wohlhabenden und nützt den Betroffenen nichts. Es wurden dort nicht Almosen beschlossen, sondern Ansprüche gestärkt, Ansprüche von armen und ausgegrenzten Menschen gegenüber den Gesellschaften, in denen sie leben. In den Kopenhagener Beschlüssen heißt es: Das Phänomen der Armut ist untrennbar verknüpft mit mangelnder Verfügungsgewalt über Ressourcen, wozu auch Grund und Boden, Fachkenntnisse, Wissen, Kapital und soziale Beziehungen gehören. Menschen, die über diese Ressourcen nicht verfügen, werden von den politischen Entscheidungsträgern leicht vernachlässigt und haben nur begrenzten Zugang zu Institutionen, Märkten, Beschäftigung und öffentlichen Dienstleistungen. Kampf gegen die Armut in diesem Sinne verstanden heißt also auch Stärkung der demokratischen Teilhabe und mehr Mitwirkung an der Gestaltung der Gesellschaft. Die Kopenhagener Beschlüsse müssen Konsequenzen für die Politik in der Bundesrepublik haben. Denn eines wurde in Kopenhagen auch unterstrichen: Armut ist nicht allein ein Problem der Länder des Südens und des Ostens, sondern es gibt sie auch in den reichsten Ländern der Erde. Am Rande der Gesellschaft leben inzwischen viele Menschen - auch in der Bundesrepublik -, auch wenn viele dies nach wie vor nicht wahrhaben wollen und verdrängen und unbeirrt immer weiter behaupten, Armut sei in der Bundesrepublik kein Problem. Die Massenerwerbslosigkeit und die Lücken im Sozialsystem haben die sozialen Risiken erheblich verschärft und zu einer weiteren Ausdifferenzierung der Gesellschaft geführt. Dem gewachsenen Reichtum und den gestiegenen Gewinnen steht eine Zunahme von Armut und Obdachlosigkeit gegenüber. Insbesondere Familien mit Kindern, Alleinerziehende und alleinstehende Arbeitslose sind hiervon betroffen. Daß Armut weiblich ist, muß man inzwischen leider eine Binsenweisheit nennen. Obwohl sich die Bundesrepublik auf das Kopenhagener Aktionsprogramm verpflichtet hat, das ihr zahlreiche Aktivitäten auferlegt, ist das Jahr 1995 fast verstrichen, ohne daß sie auch nur das Geringste umgesetzt hätte. Sie hat es noch nicht einmal geschafft, endlich ein Konzept für eine kontinuierliche Armutsberichterstattung vorzulegen, wie es im übrigen von Verbänden und Experten und Expertinnen seit Jahren dringend gefordert wird. Ich erinnere nur an die Nationale Armutskonferenz oder die substantielle Vorarbeit, die Caritas, DPWV und DGB mit ihren Armutsberichten geleistet haben. Und die Bundesregierung wird es wohl auch nicht schaffen, bis Anfang des Jahres 1996, das von den Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr für die Beseitigung der Armut erklärt wurde, eine nationale Strategie zur Armutsbekämpfung vorzulegen. Auch dies war aber in Kopenhagen vereinbart worden. Die Bundesregierung und mit ihr die Koalition haben bekanntermaßen die vergangenen Monate lieber dazu genutzt, eine Lawine von Kürzungen und Streichungen im sozialen Bereich loszutreten. Sie kürzt und streicht, weil angeblich nach unten noch jede Menge Luft ist. Sie tut so, als könnten die Erwerbstätigen in den unteren Lohngruppen noch mit erheblich weniger Geld auskommen, als ihnen heute zur Verfügung steht, und als könnten die Sozialhilfeberechtigten noch ein Gutteil ihres Einkommens entbehren. Die Haushaltsberatungen haben es nachdrücklich gezeigt: Auch die Mehrheit hier im Bundestag ist dieser Auffassung. Wir halten dies für unwürdig. Die Debatten der vergangenen Wochen haben uns deutlich gemacht, daß es nicht allein um das Sparen der einen auf Kosten der anderen geht. Das wäre schon schlimm genug. Die Sparbeschlüsse dieses Herbstes bedeuten aber qualitativ noch etwas anderes: Sie sind ein Angriff auf die fundamentalen Rechte von Bürgerinnen und Bürgern. Wenn die Koalition beschließt, ab 1999 die Regelsätze der Sozialhilfe zu kürzen - und wir hatten gestern während der Anhörung zur BSHG-Novelle Gelegenheit, uns von Experten und Expertinnen noch einmal erklären zu lassen, daß die vorgesehenen, Änderungen auf eine lineare Kürzung hinauslaufen -, dann ist das ein Angriff auf die Menschenwürde. Wir fordern jetzt die Einsetzung einer Enquete-Kommission, weil wir die Kampagne der schrittweisen Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgruppen nicht mittragen. Wir wollen ausführliche Informationen über das Ausmaß der Armut und Obdachlosigkeit in diesem Land und Vorschläge zu deren Bekämpfung. Wir wissen, daß in der Bundesrepublik etwa 920 000 Menschen keine Wohnung haben. Erst kürzlich beklagte die BAG Wohnungslosenhilfe die wachsende Wohnungsnot bei Frauen. Wir wissen, daß 500 000 Kinder in Obdachlosenunterkünften leben. Wir wissen, daß etwa zwei Millionen Haushalte in der Bundesrepublik als überschuldet gelten. Wir können aus dem Mikrozensus ablesen, daß 1993 rund 7,8 Millionen erwerbstätige Personen ein monatliches Nettoeinkommen von unter 1400 DM zur Verfügung hatten. Diese zuletzt genannte Zahl deutet auf Millionen sogenannte „Working poor" hin, auf Millionen Menschen, die erwerbstätig sind und dennoch allein von ihrem Einkommen nicht eigenständig leben können. Wir wissen, daß Frauen überproportional von Armut betroffen sind. Die Teilzeitoffensive der Bundesregierung muß vor diesem Untergrund gesehen werden: Wir möchten jetzt endlich einmal geklärt haben, wie viele Frauen es sich finanziell überhaupt leisten können, eine Teilzeittätigkeit anzunehmen. Längst ist es kein Geheimnis mehr, daß die Angleichung zwischen West und Ost bei der Kennziffer Armut wohl am schnellsten geht. Es gibt viele Zahlen, aber zu geringe Kenntnis darüber, was sich hinter den Zahlen verbirgt. Eine Armutsberichterstattung, die dies ändern könnte, wird von der Mehrheit hier im Parlament seit Jahren verweigert. Es ist nicht bekannt, wie die Einkommensverteilung in der Bundesrepublik genau aussieht. Die amtliche Statistik gibt solche Auskünfte nicht her. Auch über das tatsächliche Ausmaß der Sozialhilfebedürftigkeit kann die Statistik keine klaren Aussagen machen. Wir wissen darüber hinaus zu wenig über die typischen Lebensläufe, die in Armut münden. Es fehlen genaue Informationen über die versteckte Armut, über die vielen Menschen, die aus Scham oder Unkenntnis davor zurückschrecken, staatliche Hilfe zu beantragen. Für eine vorausschauende Politik ist all dies untragbar. Wie soll eine Politik, die Armut bekämpfen, besser: vermeiden soll, eigentlich ausgestaltet werden, wenn die Akteure und Akteurinnen im Nebel herumtappen? Wie soll Arbeitsmarkt- und Wohnungspolitik, Bildungs- und Familienpolitik aussehen, wenn eine systematische Betrachtung der Bedarfe ausbleibt und eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen Formen der Unterversorgung fehlt? Die Kolleginnen und Kollegen von der SPD haben in einer Großen Anfrage zur Armut von der Regierung Auskunft über die Verteilung der Einkommen in der Bundesrepublik verlangt. Nach den bisherigen offiziellen Verlautbarungen befürchten wir nicht ganz grundlos, daß die Bundesregierung auf die meisten Ihrer Fragen keine zufriedenstellenden Antworten geben wird. Ich verweise nur auf die gestrige Beantwortung der Frage meines Kollegen Kutzmutz durch das BMA: „Auf der Grundlage des geltenden Rechts bestehen somit vielfältige Möglichkeiten, dem Entstehen von Obdachlosigkeit entgegenzuwirken." Wir halten die Große Anfrage schon deswegen für gut und wichtig, weil sie dies noch einmal deutlich zeigen wird. Wir möchten aber schon ein Stück weiter gehen und eine Kommission berufen, die sich an die Bearbeitung der Mängel macht. Die Enquete-Kommission soll die Ursachen von Armut und Obdachlosigkeit untersuchen und Vorschläge zu deren Bekämpfung unterbreiten. Sie soll Vorschläge unterbreiten, wie die Lebensumstände der betroffenen Menschen verbessert werden können. Sie soll aber auch Strategien aufzeigen, die das Risiko begrenzen, überhaupt in eine aussichtslose Lebenssituation zu geraten. Um eine effektive Arbeit sicherzustellen, sollen Selbsthilfegruppen der Betroffenen in die Kommission einbezogen werden. Das Thema Armut muß aus der Tabuzone heraus. Denn solange Armut tabuisiert oder einfach kaltlächelnd geleugnet wird, läßt sich etwas ganz anderes verdecken: die Tatsache nämlich, daß diese Gesellschaft eigentlich ganz unverschämt reich ist. Wenn das Ausmaß der Armut in dieser Gesellschaft offenbar wird, werden viel mehr Menschen als heute die Frage stellen, mit welchem Recht sich bestimmte Gruppen ganz ungeniert bedienen und auf Kosten der anderen bereichern.
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    Rede von Arne Börnsen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Aber immer.


Rede von Wolfgang Bierstedt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)
Herr Börnsen, wir kennen uns ein bißchen aus dem Ausschuß für Post und Telekommunikation. Ich bin Ihnen außerordentlich dankbar, daß Sie den Antrag der PDS erwähnt haben. Ich wollte Sie fragen: Haben Sie in diesem Antrag an irgendeiner Stelle etwas von Technikfeindlichkeit, Technologiefeindlichkeit oder von Verhinderungsstrategie gefunden? Haben Sie statt dessen nicht eher etwas von einer berechtigten Sorge und Sorgfalt beim Umgang mit diesen Technologien gefunden? Diese Frage möchte ich bitte gern beantwortet haben.

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    Rede von Arne Börnsen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege, genausowenig wie Herrn Kiper würde ich sonst jemandem hier ausdrücklich Technikfeindlichkeit unterstellen. Bei diesem Thema kommt es allerdings darauf an, daß man sowohl die Entwicklung forciert als auch die sozialen Rahmenbedingungen schafft. Beides ist notwendig. Aber bei Ihnen ist die Einstellung zum Gesamtthema ein bißchen verhalten, während ich eine etwas stärkere Forcierung der Entwicklung für notwendig halte. Ich sage ganz klar, meine Damen und Herren, wie aus meiner Antwort eben schon abzulesen: Ich halte es für erforderlich, daß wir alles tun, um den Weg in die Informationsgesellschaft zu ebnen und zu gehen, und zwar schleunigst. Denn wer zögert und zu spät kommt, der steht vor einem verteilten Kuchen. Man mag über die Zahl der zu schaffenden Arbeitsplätze streiten, aber: Wer zögert, gewinnt wenige, verliert jedoch viele dieser Arbeitsplätze. Das dürfen wir uns nicht leisten.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Es ist unbestreitbar, daß wir hier einen Weg gehen, der mit vielen Risiken behaftet ist. Hinsichtlich vieler Bereiche kann aus heutiger Sicht noch nicht deutlich gesagt werden, wie er sich gestalten wird. Aber wir werden ihn gehen müssen. Denn wenn wir nur über die Risiken sprechen, werden wir nicht in der Lage sein, die Chancen, die damit verbunden sind, zu nutzen.

    (Beifall des Abg. Hans Martin Bury [SPD])

    Wir müssen allerdings gleichzeitig - das ist einer der Gründe gewesen, meine Damen und Herren, warum wir diese Große Anfrage eingebracht haben - das Thema Multimedia und Entwicklung des Informationszeitalters nicht nur hier im Bundestag diskutieren, sondern wir müssen den Dialog mit der Bevölkerung führen. Der Grund, warum wir diese Anfrage gestellt haben, war unter anderem, endlich dieses Thema in die Diskussion des Parlaments zu bringen. Das ist uns nunmehr gelungen, aber es ist unser aller Aufgabe, diesen Dialog auch mit der Bevölkerung zu führen und nicht nur hier im Hohen Hause.
    Meine Damen und Herren, ich will durchaus darauf hinweisen, daß ich bereits vor zwei Jahren im Rahmen der Haushaltsdebatte über das Thema der Multimediaentwicklung gesprochen habe. Damals war die Reaktion von der rechten Seite des Hauses eher die, daß das ein Technikvortrag sei, daß sich die Schmalspurtechnologen, daß sich die Fachidioten hier äußern würden. Die Bereitschaft, sich zum richtigen Zeitpunkt mit dieser Entwicklung auseinanderzusetzen, war auf Ihrer Seite nicht besonders ausgeprägt. - Herr Kollege Stadler, ich glaube, Sie waren damals noch nicht dabei. Es war schwer, die Diskussion über dieses Thema ins Parlament einzubringen. Inzwischen ist das mehr oder weniger ein Modebegriff geworden. Jeder spricht über Multimedia. Wolkige Zukunftsmusik wird damit verbreitet, die Entwicklung des Arbeitsmarktes wird in bunten Farben gemalt. Das alles sind möglicherweise unrealistische Erwartungen, auf jeden Fall Erwartungen, die nicht durch stabile Prognosen gedeckt sind. Deswegen halte ich es für notwendig, daß wir eine nüchterne Betrachtung dieses Themas vornehmen mit der Prüfung, wo die Voraussetzungen, die Defizite und der Handlungsbedarf zur Bewältigung dieser Entwicklung liegen.
    Die Große Anfrage der SPD-Fraktion und die Antwort der Bundesregierung - beides wäre zu werten - sind eine Wegmarkierung. Die Bundesregierung - das kam heute noch einmal zum Ausdruck; das hat sie in der Antwort auf unsere Anfrage geschildert - hat einen Bericht über „Info 2000: Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft" in Vorbereitung. Dieser Bericht wurde in der Vorbemerkung, der Antwort auf die Große Anfrage vom 10. August 1995 angekündigt. Heute haben wir den 23. November. Meine Damen und Herren, wenn die Bundesregierung nicht allmählich ähnlich schnell wird, wie die Entwicklung im Multimediabereich vonstatten geht, dann wird sie erst recht nicht fähig sein, diese Entwicklung gestalterisch zu begleiten.

    (Beifall bei der SPD)


    Arne Börnsen (Ritterhude)

    Man muß doch in der Lage sein, einen solchen Bericht, der sich auf ein sich so enorm dynamisch entwickelndes Thema bezieht, dem Bundestag in einer überschaubaren Zeit vorzulegen. Wir vermissen ihn bis heute.

    (Hans Martin Bury [SPD]: Das ist eine Ankündigungsregierung!)

    - Das ist das Problem. - Der Klärungs- und Handlungsbedarf ist also groß.
    Ich will mich nun mit einigen Zielen auseinandersetzen, soweit das in der kurzen Redezeit überhaupt zu schaffen ist, und möchte zumindest sagen, worüber ich mich zu äußern versuchen würde, falls die rote Lampe mir das nicht unmöglich macht.
    Ich möchte einen Grundsatz voranstellen, nach dem wir uns hier richten. Das Thema „Multimediale Kommunikation und Weg in die Informationsgesellschaft" steht unter der Bedingung, daß Wettbewerb unerläßlich ist. Es geht um weniger Staat und mehr Markt. Nur unter dieser Voraussetzung, unter dieser Überschrift will ich mich mit den Zielen auseinandersetzen. Diese wären: Senkung der Kosten der Informationsübertragung, breiteres Dienstleistungsangebot, produktiverer Kapitaleinsatz und Anwerbung ausländischer Investitionen, Nutzung der Kreativität kleiner und mittlerer Unternehmen, Schaffung einer modernen, breitbandigen Infrastruktur, Anwendung neuer Technologien im Bildungssystem, Datenschutz, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu schaffen, internationale Abstimmung der Verschlüsselungstechnologien, Klärung der Rechtsverbindlichkeit und der Beweissicherheit bei der elektronischen Kommunikation. Aber vorneweg - das will ich noch einmal betonen - steht die Überschrift „Wettbewerb".
    Meine Damen und Herren, die Telekom hat - das hat auch die Anhörung, die der Ausschuß für Post und Telekommunikation durchgeführt hat, gezeigt - hinsichtlich des technischen Standards der Infrastruktur ohne Zweifel eine europaweit und möglicherweise weltweit führende Position. Allerdings ist das Niveau der Dienstleistungen - die Telekom hat bis heute noch ein Dienstleistungsmonopol - nicht auf dem gleichen Stand wie in den Vereinigten Staaten oder im Vereinigten Königreich. Dort ist das Niveau wesentlich höher. Das Kostenniveau des Angebots der Dienstleistungen in Deutschland ist viel zu hoch. Diese beiden letztgenannten Punkte sind auf das weiterbestehende Monopol der Telekom zurückzuführen. Wenn wir also den Weg in die Informationsgesellschaft erfolgreich gehen wollen, muß dieses Monopol so schnell wie möglich abgeschafft und Wettbewerb herbeigeführt werden. Mit einem Monopol gibt es keine Entwicklung multimedialer Kommunikation in Deutschland.
    Deswegen ist es richtig - lassen Sie mich das heute, eineinhalb Jahre später, noch einmal feststellen -, daß der Bundestag 1994 auch auf Grund einer Initiative, die von der SPD ausging, die Privatisierung der Deutschen Bundespost beschlossen hat. Hätten wir das vor eineinhalb Jahren nicht getan, dann hätten wir hinsichtlich der vollen Marktöffnung
    1998 heute sehr viel schlechtere Voraussetzungen in Deutschland. Vielleicht wäre es sogar unmöglich, die Bedingungen für die Marktöffnung so offensiv zu handhaben, wie es uns heute möglich ist.
    Der Wettbewerbseinstieg 1998 ist im Entwurf des Telekommunikationsgesetzes geregelt. Der Übergang vom Monopol zum Wettbewerb - hier schließe ich mich den Ausführungen von Staatssekretär Laufs durchaus an - erfordert allerdings eine aktive Regulierung. Der Übergang vom Monopol und logischerweise von einem marktbeherrschenden Unternehmen hin zu einem funktionierenden vollen Wettbewerb mit mehreren großen Unternehmen, die Dienstleistungen anbieten, wird nicht zu schaffen sein, wenn nicht eine aktive Regulierung durchgeführt wird. Ich will dies nur als Hinweis geben. Wir wissen, wo da die Auseinandersetzungen laufen.
    Ich hoffe aber auch, meine Damen und Herren, daß sich die Bundesregierung selbst - denn wir haben uns ja als SPD mit der Regierung über das, was im Gesetzentwurf steht, sehr wohl geeinigt - einmal darüber einigt, was sie in den Gesetzentwurf hinsichtlich der aktiven Regulierung, die durchgeführt werden muß, endgültig hineinschreibt.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist eine Klärung, die nicht nur wir erwarten, wenn wir das Gesetz gemeinsam im Bundestag einbringen wollen. Wenn es nur um interne Schwierigkeiten ginge, könnten wir sie durchaus bewältigen. Nein, meine Damen und Herren, vielmehr erwartet die betroffene und beteiligte Industrie allmählich Auskunft und Klarheit darüber, wie denn ab 1997/98 die Struktur des Marktes nicht nur organisiert, sondern reguliert werden soll. Vielleicht sprechen Sie auch seitens der F.D.P. ein bißchen intensiver mit den Industrievertretern; dann werden Sie schon auf den richtigen Pfad der Tugend geführt werden.
    Meine Damen und Herren, die Kosten der Informationsübertragung in Deutschland sind zu hoch. Bei dem Kostenniveau, das wir zur Zeit haben, werden wir nur eine geringe Chance für einen erfolgreichen Einstieg in die Informationsgesellschaft haben. Kostensenkung wird durch wettbewerbliche Strukturen und durch die Weiterentwicklung der Computertechnologien möglich sein. Aber wenn man über Kostensenkungen spricht, die ab 1998 angestrebt werden - wir sagen gemeinsam der Bevölkerung, daß die Kosten für Informationsübertragung, also auch für das normale Telefonieren, sinken werden, wenn wir 1998 Wettbewerbsstrukturen haben werden -, dann wird uns natürlich die Gegenfrage gestellt: Was ist ab 1. Januar 1996 mit dem neuen Tarifkonzept der Telekom? Besteht die Ankündigung geringerer Gebühren im Jahr 1998 darin, daß 1996 die Gebühren erhöht werden? Ist es glaubwürdig, hier im Parlament darüber zu sprechen, daß wir uns auf neue Technologien ausrichten wollen - der Einstieg in die Informationsgesellschaft wird wesentlich durch Online-Dienste getragen werden -, wenn zum 1. Januar 1996 die Gebühren, die Preise für Online-Dienste ganz erheblich verteuert werden? Ist das die

    Arne Börnsen (Ritterhude)

    Ankündigung des Eintritts in die Informationsgesellschaft durch den heutigen Monopolisten?

    (Zuruf von der SPD: Es ist das Gegenteil davon!)

    - Es ist das Gegenteil dessen. Es macht die Politik nicht viel glaubwürdiger, die davon spricht, 1998 werde alles besser, wenn es 1996 erst einmal schlechter wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich will nicht vordergründig Kritik üben. Ich weiß, daß diese Tarifstruktur in einem weit zurückliegenden Zeitraum beschlossen und genehmigt wurde, als die dynamische Entwicklung auch der Online-Dienste so noch nicht erkennbar war. Aber ein Unternehmen wie die Telekom, die vom Gesetzgeber fordert, daß künftige Genehmigungen von Tarifen in einem sehr kurzen Zeitraum durchgeführt werden sollen, muß auch in der Lage sein, eine für den 1. Januar 1996 beschlossene Tarifstruktur kurzfristig zu überdenken und zu prüfen, ob das, was vor zwei Jahren beschlossen wurde, für 1996 tatsächlich noch haltbar ist. Ich meine, es ist nicht haltbar, und Telekom wäre gut beraten, das sehr schnell und dynamisch zu überdenken.
    Meine Damen und Herren, in anderen Bereichen tut es Telekom: Wenn, wie in den letzten Tagen angekündigt - davon konnte ich mich in einer jetzt schon vorliegenden Broschüre der Telekom überzeugen lassen -, für den Geschäftsbereich Preissenkungen und Rabatte von bis zu 43 Prozent gewährt werden - das betrifft selbstverständlich sektorale Bereiche und gilt nicht generell -, wenn dies zum 1. Januar 1996 so genehmigt und Realität werden sollte, dann werden die Befürchtungen der Bevölkerung bestätigt, daß es Verteuerungen der Gespräche für den Privatkunden und Verbilligungen der Gespräche für den Geschäftskunden geben werde. Das darf nicht sein.

    (Beifall bei der SPD Zustimmung der Abg. Elisabeth Altmann [Pommelsbrunn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Da muß die Telekom auf den Weg gebracht werden, es sehr wohl als notwendig zu akzeptieren, daß zwar die Gebühren für geschäftliche Ferngespräche gesenkt werden, daß dies aber nicht zu Lasten der Privatkunden und zu Lasten der Ortstarife erfolgt. Diese Schieflage, die nicht nur eine soziale ist, sondern die offensichtlich auch die Marktphilosophie der Telekom als etwas schiefliegend kennzeichnet, muß schnell beseitigt werden.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Wir haben uns bei dem einvernehmlich gefundenen Entwurf des Telekomgesetzes darauf geeinigt, daß es für einen funktionierenden Wettbewerb 1998 notwendig sein wird, auch Unternehmen auf dem Markt zuzulassen, die eine der Telekom entsprechende Kapitalkraft haben und auf Grund ihrer Kapitalkraft in der Lage sind, die notwendigen Investitionen flächendeckend zu leisten. Wenn wir aber 1998 nach Schaffung der Voraussetzungen für eine multimediale Kommunikation Wettbewerb haben wollen,
    dann sind wir in gleicher Weise auf kleine und mittlere Unternehmen angewiesen; denn bei den großen, bundesweit tätigen Unternehmen wird sich der Wettbewerb in erster Linie auf der Preisebene abspielen.
    Bei den kleinen Unternehmen, die mehr in den Regionen tätig sind, wird sich der Wettbewerb über die Diensteangebote abspielen. Somit wird eine Marktöffnungsfunktion gerade durch kleine und mittlere Unternehmen für die multimediale Kommunikation wahrgenommen werden. Diese kleinen und mittleren Unternehmen sind einer der Standpfeiler, die erforderlich sind, wenn der Weg in das Informationszeitalter gelingen soll. Wir sind auf beide angewiesen, sowohl auf die großen, wie eben geschildert, also auch auf die kleinen und mittleren.
    Diese Philosophie kommt auch in dem gemeinsamen Gesetzentwurf zum Ausdruck. Wir wollen einen funktionierenden Wettbewerb. Das bedeutet, daß der geballten Marktmacht der Telekom entsprechend große Wettbewerber gegenübergestellt werden müssen. Aber wir wollen ebenfalls die schnelle Entwicklung neuer Dienste, die dem Bürger deutlich macht, daß sich Wettbewerb nicht nur auf der Preisebene abspielt, sondern daß diese Entwicklung durch neue, kreative Dienste forciert wird. Wir wollen auch diese Entwicklung - das ist mit Blick auf das Jahr 1998 erläßlich - öffnen, und das bedarf der kleinen und mittleren Unternehmen.
    Ich möchte in der verbleibenden kurzen Zeit noch ein Thema ansprechen, das, glaube ich, in der bisherigen Diskussion in Deutschland keine Rolle spielte. Aber wenn wir uns die Entwicklung in Großbritannien vor Augen halten, werden wir merken, daß wir dieses Thema aufgreifen müssen. Es ist die Frage: Was geschieht eigentlich mit den Fernsehbreitbanddiensten, den Koaxnetzen, die die Deutsche Telekom hat? In Großbritannien ist 1984 die British Telecom privatisiert worden. Ein weiterer Wettbewerber ist zugelassen worden, nämlich Mercury. Der Wettbewerb kam über sieben Jahre nicht in Gang.