Rede von
Klaus-Jürgen
Warnick
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit diesem Haushalt und seinen Prioritäten zeigt die Bundesregierung, daß sie nicht gewillt ist, ernsthaft gegen den zunehmenden Mangel an bezahlbaren Wohnungen vorzugehen, daß sie die wachsende Zahl der von Wohnungs- und Obdachlosigkeit bedrohten und betroffenen Menschen weiter im Regen stehen lassen will. Frau Eichstädt-Bohlig hat es schon deutlich gemacht: Es erübrigt sich eigentlich, viel zu diesem Haushalt zu sagen. Denn schlechte Bedingungen für den Mietwohnungsbau, mangelhafte Finanzausstattung der Städte und Gemeinden, massenhafter Verlust der Mietpreis- und Belegungsbindungen bei Sozialwohnungen sowie das beabsichtigte Auslaufen des erweiterten Kündigungsschutzes in Ostdeutschland zum 31. Dezember 1995 sprechen für sich.
Aber zu den einzelnen Details trotzdem ein paar Worte: Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau sollen reduziert werden. Statt dessen wäre nach unserer Meinung ganz eindeutig eine Erhöhung notwendig gewesen. Auch kann ich das Argument nicht akzeptieren, daß nicht genug Geld da ist. Zu sagen, der Haushalt hat nur 450 Milliarden DM, und diese 450 Milliarden DM kann man nur einmal verteilen, kann ich so nicht akzeptieren. Es ist ein völlig falscher Ansatz. Man müßte erst einmal aufzeigen, wo der Staat ungerechtfertigt bei einigen wenigen in diesem Land auf riesige Steuereinnahmen verzichtet. Nennen will ich nur die Wohneigentumsförderung für Leute, die 20 000 DM im Monat verdienen - da noch etwas zu geben ist für meine Begriffe völliger Unsinn -, das Dienstwagenprivileg, die Besteuerung von Grundstücksspekulationsgeschäften, die Steuer-
Klaus-Jürgen Warnick
hinterziehung. Es gibt eine Menge, Menge Möglichkeiten, in diesem Land zu mehr Geld zu kommen, wenn man es nur will.
Dann müßte man überlegen, was man mit diesen 30 oder 40 oder vielleicht auch 50 Milliarden DM macht. Das wäre der richtige Ansatz und der richtige Weg. Aber dann müßte man an diejenigen heran, die Geld haben, und nicht an die Kleinen. Es ist viel einfacher, an die Kleinen heranzugehen, die sich weniger wehren können, und bei der Arbeitslosenunterstützung, bei den Sozialhilfeleistungen zu sparen.
Ich sage Ihnen: Dieses Land ist reich genug. Der Reichtum ist nur ungleich verteilt. Das ist das Problem.
Der Etatansatz für das Wohngeld soll ebenfalls reduziert werden. Auch hier lügt sich Herr Waigel in die eigene Tasche, denn Wohngeld ist eine Pflichtaufgabe. Ein Nachtragshaushalt ist hiermit schon vorprogrammiert. Für jeden ist ersichtlich, daß schon der Ansatz für 1995 nicht ausreicht. Der Grund: mehr Arbeitslose, spürbare Mieterhöhungen. Darüber hinaus ist eine Anpassung des Wohngelds West zum 1. Januar 1996 dringend überfällig. Von uns liegt ein Gesetzentwurf vor; Dr. Niese hat vorhin etwas dazu gesagt. Ich bin gespannt, wie sich die SPD zu diesem Gesetzentwurf verhält.
(Karl Diller [SPD]: Nur Geduld!)
Wie unehrlich und widersprüchlich die Politik der Bundesregierung ist, zeigt sich besonders beim Wohngeldprinzip. Die Koalition lobt immer ihr Konzept der Verringerung der Objektförderung und der Vermehrung der Subjektförderung - so ihre oft wiederholte Aussage. Und sie sagt, dies sei auch sozial gerechter. Wie sieht es in der Realität aus? In Wirklichkeit wird beides gekürzt, die Objekt- und auch die Subjektförderung. Damit können sie dieses Konzept in den Mülleimer werfen. Es ist pure Augenwischerei.
Mit welchen völlig untauglichen Instrumenten die Lücken im Haushalt 1996 wenigstens oberflächlich kaschiert werden sollen, zeigt der beabsichtigte Verkauf von 44 000 bundeseigenen Wohnungen. Dieser Verkauf zusätzlich zu den 300 000 Wohnungen, die in Ostdeutschland sowieso zwangsprivatisiert werden sollen, ist eine der vielen kleinkarierten finanzpolitischen Dummheiten, die sich in der Zukunft noch bitter rächen werden. Kein Geschäftsmann, der für sich den Anspruch erhebt, einigermaßen vorausschauend und solide zu arbeiten, wird heute sein Tafelsilber verkaufen, wenn er weiß, daß er es morgen wieder dringend braucht. Nur drei Tage im voraus zu denken reicht eben nicht aus, Herr Waigel.
Im übrigen scheint in der Regierungskoalition niemand einen Gedanken daran zu verschwenden, daß in diesen Wohnungen über 100 000 Menschen leben.
Erzählen Sie mir bitte nicht irgend etwas von Mieter- rechten
oder davon, daß sich für die Mieter überhaupt nichts ändern würde. Da liegen leider völlig andere Erfahrungen der Mietervereine vor.
Es gibt einen auffälligen Kontrast der Streichung von Mitteln für das Wohngeld, die Städtebauförderung und den sozialen Wohnungsbau zum Förderprogramm des Berlin-Umzugs. Hier gibt es keine Abstriche. Wieso für 5 000 Wohnungen für Bundesbedienstete in Berlin 790 Millionen DM bereitgestellt werden sollen, bleibt ein Geheimnis der Bundesregierung. Das sind immerhin 158 000 DM pro Wohnung. Ich habe bisher noch keine zufriedenstellende Antwort darauf erhalten, wozu Geld in dieser Größenordnung notwendig ist. Hier bestätigt sich immer wieder: Viele sind gleich, einige sind aber gleicher.
Ich komme zu unserem Antrag zur Umwidmung der Mittel zum Abriß des Palastes der Republik in Mittel zur Sanierung und zum Erhalt. Es gab eine Expertenkommission. Zehn von zwölf Experten haben sich in der Anhörung dafür ausgesprochen, den Palast zu erhalten. Im Berliner Wahlkampf haben sich alle Parteien für den Erhalt des Palastes der Republik ausgesprochen. Warum gibt es dann keinen eigenen Antrag von einer dieser anderen Parteien? Oder war es doch nur ein Wahlversprechen, und ist es nach der Wahl schon wieder vergessen? Gespannt bin ich vor allem auf das Verhalten der
F.D.P., die noch vor kurzem hier im Parlament erklärt hat, sie sei für den Erhalt. Ich bin wirklich gespannt,
wie sie sich zu unserem Änderungsantrag verhalten wird!
Sollten unsere Änderungsvorschläge keine Mehrheit finden, lehnen die Demokratischen Sozialisten den Einzelplan 25 aus den vorgenannten Gründen ab.