Rede von
Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich auch mit einem Dank an die Berichterstatter beginnen, die sich sehr um den - wenn auch mit geringem finanziellem Volumen versehenen - Justizhaushalt verdient gemacht haben. Denn gerade geringe Einschnitte und Kürzungen in diesem Etat wirken sich noch gravierender aus, als das bei umfangreicheren Etats der Fall ist.
Selbstverständlich werden wir trotz schmerzlicher Personalkürzungen künftig alles tun, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Justizministeriums Ihnen im Rechtsausschuß und in den mitberatenden Ausschüssen die Arbeit soweit wie möglich erleichtern können, Sie unterstützen können und vor allen Dingen auch Ihren Berichtswünschen rechtzeitig, umfassend und vollständig entsprechen können.
Ich hätte mir gewünscht, daß im Mittelpunkt der Debatte zur Justizpolitik nicht so sehr das Bundesverfassungsgericht steht, sondern die Rechtspolitik, die wir hier gestalten wollen: einmal natürlich die Parlamentarier, aber auch die Bundesregierung, also die Exekutive. Ich entnehme diesem Umstand, daß in den wesentlichen Vorhaben, die sich die Koalition in dieser Legislaturperiode vorgenommen hat, weitgehend Übereinstimmung besteht.
Ich darf die Reform des Kindschaftsrechts erwähnen, Frau Däubler-Gmelin, die natürlich kommt, wenn mir die Länder, die eine Frist bis zum 30. Oktober hatten, jetzt endlich ihre Stellungnahmen schicken. Ich werde nicht beliebig warten, sondern ich werde, auch wenn die Stellungnahmen nicht vorliegen, sehen, daß ich die Kindschaftsrechtsreform noch in diesem Jahr als Entwurf in das Bundeskabinett einbringe. Bayern hat uns seine Zustimmung zu wesentlichen Punkten des Gesetzgebungsvorhabens schon mitgeteilt; sonst sieht das leider noch nicht so doll aus. Ich glaube, es ist ganz deutlich, daß wir hier den Erwartungen der Rechtspolitiker und natürlich der Politiker in anderen Ausschüssen gerecht werden.
Es ist ein Vorhaben, das zu Recht den Namen Reform verdient; denn wir reagieren nicht nur auf gesellschaftliche Veränderungen und Entwicklungen, sondern wir zeigen auch Wege auf, wie mit den vorgeschlagenen Regelungen weitere Entwicklungen aufgegriffen werden können. Das betrifft gerade die Stellung der Kinder. Das betrifft auch die Verantwortung der Eltern. Das betrifft zum Beispiel unser Verständnis von Verantwortung der Eltern gegenüber Kindern, auch wenn die Eltern nicht mehr oder nicht verheiratet sind.
Frau Däubler-Gmelin, Sie haben in einem Punkt, und zwar die innere Sicherheit betreffend, dargelegt, daß nach Ihrem Verständnis Kriminalitätsbekämpfung immer Ursachenbekämpfung heißt. Das ist bestimmt mit ein wichtiger Gesichtspunkt bei der Kriminalitätsbekämpfung. Deshalb setzen wir, gerade was die Korruptionsbekämpfung angeht, sehr entscheidend auf Prävention, ganz entscheidend darauf, daß zum Beispiel im Bereich der Vergabeordnung klargemacht wird, daß dann auch einmal Unternehmen für bestimmte Zeiten ausgeschlossen werden können.
Aber gerade deshalb sind wir nicht mit dem Vorschlag einverstanden - wie übrigens zusammen mit der bayerischen Staatsregierung, ich will das hier einmal betonen -, die Unrechtsvereinbarung im Bestechungstatbestand als Voraussetzung für strafbares Verhalten entfallen zu lassen. Ich halte das für einen falschen Weg, gegen Korruption vorzugehen. Ich hoffe, wir sind uns in diesem Kreis einig, daß in diesem Punkt eine Korrektur der uns erreichenden Vorschläge notwendig ist.
Ich möchte aber auch einen weiteren Bereich ansprechen, nämlich die Inititative des Landes Baden-Württemberg, die jetzt im Bundesrat eingebracht worden ist. Es ist selbstverständlich, daß ich das zur Frage der Bekämpfung der Kriminalität anspreche, insbesondere der organisierten Kriminalität. Darin ist eigentlich nicht viel von Ursachenbekämpfung die Rede, sondern darin geht es darum, konzentriert und konsequent Grundrechte einzuschränken. Da geht es um Art. 14 des Grundgesetzes und um ganz empfindliche Änderungen in der Beweislastfrage. Das ist eine Beweislastumkehr. Die Unschuldsvermutung steht in diesem Vorschlag auf dem Prüfstand. Ich darf hinzufügen: Auch hinsichtlich Art. 13, Unverletzlichkeit der Wohnung, ist eine Einschränkung vorgesehen. Ich glaube, das stimmt mit den Forderungen, die Sie erheben, nicht überein, daß Kriminalitätsbekämpfung in erster Linie Ursachenbekämpfung sein muß und nicht immer weitere Veränderungen im Bereich des Strafrechts mit Auswirkungen auf die Verfassung nach sich ziehen darf.