Rede von
Dr.
Herta
Däubler-Gmelin
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Entschuldigen Sie, ich darf noch einmal sagen - ich glaube, es ist doch Ihr Problem und nicht meines -: Wenn irgend jemand irgendeinen anderen Menschen - ob Bundeswehrsoldat, ob Bundeswehr als Einheit, ob Sie oder ob mich, ob einen Polizeibeamten, den er nicht mag, oder einen Kollegen, den er nicht mag - einen Mörder schimpft, so muß derjenige das keineswegs hinnehmen. Dann brauchen Sie niemand hier im Haus die Frage zu stellen, ob er sich solidarisiert. Das ist dann ein Straftäter.
Die Bitte, Herr Schulze, die ich an Sie richte - ich wiederhole sie - ist, daß Sie jetzt bitte schön so freundlich sind und das Urteil noch einmal lesen. Dann werden Sie nämlich feststellen, daß es keineswegs notwendig ist, die Soldaten vor dem Bundesverfassungsgericht in Schutz zu nehmen, was Sie in der Öffentlichkeit fälschlicherweise tun. Vielmehr müssen Sie das Bundesverfassungsgericht vor den irrigen Auslegungen und irrigen Interpretationen - offensichtlich auch einiger Ihrer Kollegen - in Schutz nehmen. Das ist viel wichtiger.
In der restlichen mir verbliebenen Zeit möchte ich sehr gerne an den rechtspolitischen Teil der Haushaltsdebatte von vor acht Wochen anknüpfen. Wir haben damals angemahnt, daß wir das Gesetz über die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe vorgelegt bekommen. Wir haben es. Ich will das anerkennen, auch wenn ich es für sehr bedauerlich halte, daß Sie die Strafverfolgung eines Vergewaltigers in einer Ehe davon abhängig machen, daß das Opfer der Strafverfolgung zustimmt. Ich finde das deswegen besonders bedauerlich, weil offensichtlich alles das an Fortschritt, was Sie bereit sind, mit uns gemeinsam durchzusetzen, wieder weggenommen wird.
Meine Bitte ist - ich weiß, Sie haben gewisse Probleme, sich das Ganze lebhaft vorzustellen; gerne tue auch ich das nicht, denn es gibt Schöneres als über vergewaltigte Frauen und Straftaten nachdenken zu müssen; aber es muß halt sein -, daß Sie sich einmal folgendes vor Augen führen: Die Frauen, die vergewaltigt werden, sind keine starken Frauen. Das sind keine durchsetzungsfähigen Frauen, denen man eine solche Zustimmung zur Strafverfolgung nach einer Vergewaltigung zumuten könnte. Die Männer, die ihre Frauen vergewaltigen, sind keine Gentlemen, mit denen man in irgendeiner Weise Abkommen treffen könnte, sondern sie sind üble Gewalttäter. Deshalb stimmt der Weg, den Sie bisher eingeschlagen haben, nicht. Meine Bitte ist, daß Sie das noch einmal sehr sorgsam überdenken.
Ich sehe, daß sich der Kollege Lanfermann zu einer Zwischenfrage meldet. Wir hatten ja eine kleine Auseinandersetzung bei dem Thema über die Zuweisung der Ehewohnung. Ich habe daher gleich eine Bitte an Sie: Ich fände es sehr gut, wenn wir nicht nur die Anhörungen mit sogenannten Sachverständigen, die dann hoffentlich auch welche sind, durchführten, sondern wenn jeder von uns die Gelegenheit ergreifen würde, bis zur weiteren Gesetzesberatung zum Beispiel in einem Frauenhaus mit Opfern, mit solchen geschlagenen und vergewaltigten Frauen, selbst zu reden. Diese Einsicht in die soziale Situation, in das Leiden dieser Frauen und in die unglaubliche Abhängigkeit würde Ihnen, glaube ich, die gemeinsame Durchsetzung dessen, was vernünftigerweise sein müßte, erleichtern.