Rede von
Wolfgang
Behrendt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich habe nicht gesagt, wir seien die Fußkranken, sondern ich habe gesagt, daß Sie sich, wenn Sie zu der Meinung kommen, daß wir die Spitzenreiter seien, im wesentlichen an den umweltpolitisch Fußkranken in Europa orientieren. Auch Sie sind leider den Beweis schuldig geblieben, warum wir Spitzenreiter sind. Sie hätten das vielleicht einmal im einzelnen ausführen können. Es würde sicherlich den Rahmen sprengen, wenn ich das jetzt darlegte. Ich mache das gern einmal in einem Privatissimum.
Das Kriterium, das Sie eben genannt haben, die Höhe des Betrags, den man für umweltpolitische
Zwecke ausgibt, kann nicht alleiniges Kriterium sein. Vielmehr geht es darum, das Geld für sinnvolle Dinge auszugeben. Ich will Ihnen einmal sagen, was ich für sinnvoll halte.
Ich glaube, diese Debatte hat deutlich gemacht, daß die Umweltpolitik hier weiter auf der Stelle tritt und daß dies - ich will Ihnen konkrete Beispiele nennen - auch für den Bereich der Energiepolitik zutrifft. Die Bundesregierung verschließt sich hartnäckig einer vernünftigen Strategie, die unsere Umweltpolitik nach vorne führen würde. Wir brauchen vor allem drastische Energieeinsparungen, wir brauchen eine massive Stärkung alternativer Energien, und wir brauchen damit verbunden auch den Ausstieg aus der lebensbedrohenden Kernenergie.
Es macht keinen Sinn, aus dem anthropogenen Treibhauseffekt ein Argument für die Kernenergie abzuleiten, wie das von Ihrer Seite gern gemacht wird, denn es macht keinen Sinn, ein lebensbedrohendes Risiko durch ein anderes zu ersetzen.
Die Kernenergie ist die Speerspitze eines harten Energiepfades, den Sie verfolgen, der bislang das atomare als auch das Treibhausrisiko verschärft. Gerade wenn wir uns für Klimaschutz einsetzen, müssen wir auch mit der Atomenergie verantwortlich umgehen, das heißt hier den Ausstieg praktizieren und statt dessen eine Gegenstrategie fahren, nämlich die Bereiche Energieeinsparung, effiziente Energienutzung und erneuerbare Energien zu Schwerpunkten unserer umweltpolitischen Arbeit machen.
Das ist von der Enquete-Kommission „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre" im Grunde hinlänglich bestätigt worden. Sie alle wissen das, Sie alle haben die Berichte der Enquete-Kommission gelesen.
Wir treten eindeutig für einen schnellstmöglichen Austritt aus der Kernenergie ein, weil wir meinen, daß Reaktorkatastrophen nicht mit Sicherheit auszuschließen sind, auch wenn Frau Merkel gesagt hat, daß die Reaktorsicherheit in der Bundesrepublik einen besonders. hohen Stand hat. Aber dies schließt weitere Risiken nicht aus, weil die Gefahr des illegalen internationalen Handels mit waffenfähigen Kernbrennstoffen wächst - das wissen wir aus dem Untersuchungsausschuß - und weil die Entsorgung weltweit nicht gesichert ist. Gerade beim Punkt der Entsorgung, denke ich, zeigen sich besondere Schwachstellen in der Politik der Bundesregierung und der Regierungsfraktionen. Sie haben es bisher immer noch nicht vermocht, ein wirklich tragfähiges und aus der Sicht der Umweltpolitik verantwortbares Endlagerkonzept zu erstellen.
Dazu gehört vor allem, daß man die Mengen des radioaktiven Mülls endlich absehbar und begrenzt definiert, daß alle denkbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse und Möglichkeiten herangezogen und aufgegriffen werden.
Die Bundesrepublik und die Bundesregierung leben entsorgungspolitisch von der Hand in den
Wolfgang Behrendt
Mund. Das in den 70er Jahren entwickelte Entsorgungskonzept ist bisher immer noch nicht auch nur in Ansätzen verwirklicht. Alles deutet darauf hin, daß in den kommenden Jahrzehnten ganz entschiedene Entsorgungsengpässe eintreten werden. Alle drei Entsorgungsstandorte, die jetzt im Gespräch sind - Morsleben, Gorleben und auch Schacht Konrad -, muß man mit erheblichen Fragezeichen versehen.
Die Bundesregierung setzt sich leichtfertig über alle Bedenken hinweg. Angesichts der ganz offensichtlichen Sicherheitsmängel im Endlager Morsleben ist es, denke ich, nicht verantwortbar, die fachliche Diskussion und den tatsächlichen Nachweis ausreichender Sicherheit durch eine Politik rein verfahrenstechnischer Weisungen zu ersetzen. Die Bundesregierung setzt nur deswegen auf Morsleben, denke ich, weil sie sonst keine entsorgungspolitischen Aktiva aufweisen könnte.