Rede von
Birgit
Homburger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich bin bereit, zur Kenntnis zu nehmen, Herr Kollege, daß ein mehrfacher Widerspruch zu den Aussagen Ihres Kollegen Fischer oder zu anderen öffentlichen Äußerungen von Ihnen vorliegt. Ich kann nur sagen: Wenn Sie das wirklich wollen, was Sie gerade hier vorgetragen haben, dann handeln Sie entsprechend. Bis jetzt liegen mir Ihr Konzept und Ihre Erklärungen aus dem Sommer vor, wonach Sie einen Teil des Aufkommens zurückgeben wollen, aber mitnichten alles. Wenn Sie dazugelernt haben sollten, soll es mir recht sein. Ich habe das schon einmal angenommen. Gestern hat Herr Fischer etwas anderes verkündet.
Schauen wir uns allerdings im Vergleich dazu das Modell der SPD an, so werden wir feststellen, daß es zwar moderater, aber an den entscheidenden Stellen inkonsequent ist. Die SPD, die sonst immer von Arbeitsplätzen redet, will die Wirtschaft in die Besteuerung einbeziehen, wenn auch mit ermäßigten Steuersätzen. Wenn man allerdings Arbeitsplätze in Deutschland nicht gefährden will und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie erhalten will, dann ist auch eine geringere Mehrbelastung eine Zusatzbelastung, die diese Ziele gefährdet.
Das Konzept der F.D.P. ist nicht nur darauf ausgelegt, Arbeitsplätze zu sichern, sondern auch darauf, im Bereich der Umwelttechnologie durch umweltpolitische Maßnahmen neue Arbeitsplätze zu schaffen. Eine Vielzahl umweltpolitischer Maßnahmen hat in der Vergangenheit schon zur Schaffung von Arbeitsplätzen in diesem Bereich geführt.
Ich greife hier einmal das Beispiel der Abwasserentsorgung auf. Die Bundesrepublik Deutschland ist an dieser Stelle weltweit führend. Der internationale Markt ist ein Wachstumsmarkt. Dennoch drohen deutsche Firmen dort den Anschluß zu verlieren, und das liegt daran, daß im Ausland vielfach längst erkannt wurde - das wollen Sie immer noch nicht wahrhaben -, daß nämlich die Privatisierung der Abwasserentsorgung Spielräume zur Kostenreduktion schafft.
- Dann informieren Sie sich einmal. Ich hätte Sie gern auf meine Informationsreise mitgenommen, wenn Sie sich vorher gemeldet hätten.
Da allerdings in Frankreich und England - das müssen Sie sich schon anhören - die private Abwasserentsorgung seit langem praktiziert wird, haben Firmen aus diesen Ländern große Erfahrungen und zahlreiche Referenzanlagen. Da es an größeren Referenzanlagen in der Bundesrepublik Deutschland fehlt, scheitern deutsche Firmen oft bereits in der Vorauswahl. Wenn wir hier Vorschläge unterbreiten, wie die Bedingungen deutscher Firmen bei der privaten Abwasserentsorgung verbessert werden können, packen Sie sofort jedes Mal wieder Ihre Ideologie von vorgestern aus, daß der Staat doch alles besser selber mache. Das darf so nicht weitergehen, und deswegen enthält das Konzept, das wir vorschlagen, bei der Reduzierung umweltpolitisch kontraproduktiver Maßnahmen im Steuerrecht weiterhin die Forderung einer steuerlichen Gleichstellung öffentlich- rechtlicher und privater Abfall- und Abwasserentsorgungsanlagen.
Birgit Homburger
Wir werden auch bei der Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes die nötigen Vorschläge unterbreiten. Dann wird sich zeigen, wie ernst Sie es mit Arbeitsplätzen meinen, die in Deutschland über den Export von Umwelttechnologien geschaffen werden sollen. Bisher jedenfalls haben Sie sich nur dadurch ausgezeichnet, daß Sie alle chancenreichen neuen Entwicklungen ablehnten. Das gilt nicht nur für die private Organisation von Abwasser- und Abfallentsorgung; das gilt eben auch für die Bereiche Gentechnik und Transrapid. Mit diesem Verhalten verspielen Sie die Zukunftschancen der jungen Generation.
In diesem Duktus - wir haben das heute ja schon gehabt - sind auch die Änderungsanträge der Grünen zum Bundeshaushalt gehalten. Sie wollen alle Mittel zur Errichtung von Anlagen des Bundes zur Sicherung und Endlagerung radioaktiver Abfälle aus dem Haushalt streichen. Das heißt in der Konsequenz, daß es Sie überhaupt nicht interessiert, wo die derzeit existierenden radioaktiven Abfälle abgelagert werden.
Wollen Sie etwa exportieren, oder was wollen Sie eigentlich damit machen? Wer hier allen Ernstes Anträge dieser Art stellt und nicht gleichzeitig sagt, welche Alternative er zu den zirka 30 Prozent Energie aus Kernkraftwerken im deutschen Energiemix hat, handelt unverantwortlich. Ich kann nur sagen: Das ist Verweigerungspolitik.
Diese Verweigerungspolitik gibt es auch im Bereich der Abfallwirtschaft. Im Oktober nächsten Jahres tritt das Kreislaufwirtschaftsgesetz in Kraft, das Fortschritte bringt und das wir auch gegen den Widerstand einiger hier durchgesetzt haben.
Allerdings wird die Zeit knapp, um das Regelwerk zu schaffen, mit dem das Gesetz vollziehbar wird. Deshalb fordert die F.D.P. die Bundesregierung auf, die nötigen Verordnungsentwürfe bald vorzulegen; denn die Vollzugsbehörden und auch die Wirtschaft brauchen einen Vorlauf, um sich darauf einzustellen. Für die F.D.P. ist dabei wichtig, daß diese Vollzugsverordnungen auf das Notwendige beschränkt werden und zur Vereinfachung und Beschleunigung behördlicher Verfahren beitragen.