Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundeshaushalt 1996 setzt auf Steuersenkung und Ausgabenbegrenzung. Er bereitet uns auf die europäische Wirtschafts- und Währungsunion vor.
Der Einzelplan 09, der Einzelplan des Bundeswirtschaftsministeriums, fügt sich in dieses Konzept ein. Er hat ohne die Verstromungshilfen ein Minus von 15 Prozent zu verzeichnen. Aber, Herr Kollege Hampel, das ist nicht etwa eine Vernachlässigung der Wirtschaftspolitik, sondern geht, wie Sie wissen, auf das Auslaufen bestimmter Einmalausgaben, unter anderem im Zusammenhang mit der Errichtung von Wohnungen für die abgezogenen sowjetischen Streitkräfte und anderes mehr, zurück.
Meine Damen und Herren, knappe Kassen bedeuten nicht, in der Wirtschaftspolitik keine Akzente zu setzen. Bei der Stärkung des Mittelstands haben wir das hohe Niveau halten können. Bei der Fortführung des Aufbaus im Osten haben wir nach wie vor riesige Ressourcen zur Verfügung. Wir bereiten uns auf eine Konzentration der Förderung vor allem auf das verarbeitende Gewerbe nach 1996 vor. Bei Forschung und Entwicklung und bei Innovation haben wir ebenfalls das Niveau halten können. In der Außenwirtschaftspolitik und in der Energiepolitik haben wir an vielen wichtigen Stellen sogar etwas drauflegen können.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich den Berichterstattern des Haushaltsausschusses dafür danken, daß dieser Haushalt so verabschiedet werden kann. Sie haben an unendlich vielen Stellen geholfen, daß wichtige Projekte weitergeführt und andere Projekte angestoßen werden können. Dieser Dank richtet sich an die Berichterstatter aller hier im Hause vertretenen Parteien.
Meine Damen und Herren, unsere größte Herausforderung liegt in der Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit. Die Lage am Arbeitsmarkt ist schlechter als erwartet. Auch zweieinhalb Jahre nach der Überwindung der Rezession hat sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht gebessert. Die Zahlen der Nürnberger Anstalt belegen das.
Ich muß hier ausdrücklich sagen, daß es eine solche Entwicklung in der Vergangenheit nicht gegeben hat. In der Aufschwungphase war es immer gelungen, den Arbeitsmarkt in stärkerem Umfang zu entlasten, als wir es heute beobachten. Ich füge hinzu: Selbst wenn wir die Wachstumsraten nicht um ein halbes Prozent hätten revidieren müssen, wenn das Wachstum also bei 3 Prozent geblieben wäre, hätten wir den Arbeitsmarkt nicht nachhaltig und durchgreifend entlasten können.
- Meine Damen und Herren, ich habe es nie belogen. Herr Schwanhold, Sie sagen das und wissen die Unwahrheit. Ich habe immer gesagt, wir machen die richtige Politik. Aber die Arbeitsmarktprobleme können wir nur dann lösen, wenn wir die Strukturprobleme angehen.
Sie sind diejenigen, die sich immer wieder verweigern, wenn es darum geht, wirkliche Strukturprobleme anzupacken. Dann sind Sie diejenigen, die dagegenhalten, meine Damen und Herren.
Ich darf hier in aller Ruhe und Gelassenheit - Herr Schwanhold, da können Sie noch so viel schreien - sagen: Wir gehen unseren Weg weiter, und wir werden die Probleme strukturell angehen. Wir werden das, was wir allein machen können, allein machen. In anderen Punkten müssen wir mit Ihnen reden, und dann wird sich vor den Wählern, vor dem deutschen Volk zeigen, ob Sie bereit sind, das, was Sie immer vollmundig verkünden, auch in politische Realität umsetzen, meine Damen und Herren. Das wird sich dann zeigen.
Wir werden im Januar, spätestens Anfang Februar, ein umfassendes Maßnahmenpaket für Wachstum und Beschäftigung vorlegen. Es werden viele Projekte sein, die sich in der Pipeline als Bestandteil unseres Standortpaketes befinden. Es sind andere Projekte aus dem Standortpaket, die eines erneuten Anstoßes im Bereich der Deregulierung, der Steuersenkung, im Bereich der Innovation und in anderen Bereichen, auch beim kostensenkenden Umbau unserer Sozialsysteme, bedürfen. Die Bundesregierung meint es ernst und setzt alles daran, mit diesem wichtigen Problem, diesem zentralen Problem fertig zu werden, für dessen Lösung Sie, meine Damen und Herren, noch nie eine Alternative zu unserer Politik geboten haben.
Neben klaren Haushaltslinien ist für mich das Aufbrechen verkrusteter Strukturen in der Tarifpolitik ebenso wichtig. Ich begrüße daher ausdrücklich die Initiative von Herrn Zwickel unter der Überschrift „Bündnis für Arbeit". Sein Angebot an den anderen Tarifpartner, sein Angebot an uns alle sollte aufgenommen werden. Es ist ein bemerkenswertes Angebot, weil der Zusammenhang zwischen Löhnen und Beschäftigung ausdrücklich anerkannt wird. Es ist in dieser Form noch nie von seiten der IG Metall gemacht worden, daß der Wiedereinstieg von Langzeitarbeitslosen tarifpolitisch unterstützt werden soll.
Aber, meine Damen und Herren, Arbeitszeitflexibilisierung, Lohnzurückhaltung und Einstiegstarife für
Bundesminister Dr. Günter Rexrodt
Langzeitarbeitslose sind zwar die richtige Richtung, aber wir dürfen Arbeitszeitflexibilisierung nicht verwechseln mit Arbeitszeitverkürzung, und das bei vollem Lohnausgleich. Die Zeit dafür ist vorbei. Ich bin froh, daß nunmehr alle gesellschaftlichen Gruppen, auch die Gewerkschaften, deutlich und klar sagen, wo es langgehen muß. Wir brauchen mehr Flexibilität. Bei kürzeren Arbeitszeiten kann nur weniger verdient werden. Wenn mehr gearbeitet wird, wird man mehr verdienen. Den vollen Lohnausgleich kann sich unsere Volkswirtschaft in der Form, wie es jahrzehntelang betrieben worden ist - zu einem guten Teil lange Zeit auch zu Recht -, nicht mehr leisten. Ich bin froh, daß Herr Zwickel das in dieser Deutlichkeit in diesen Tagen gesagt hat.
Meine Damen und Herren, unsere nationalen Bemühungen um Wachstum und Beschäftigung werden zusätzliche Schubkraft durch die Wirtschafts- und Währungsunion erhalten. Die Wirtschafts- und Währungsunion ist nicht nur ein politisches und europapolitisches Thema, nein, es ist auch ein betriebswirtschaftliches Thema. Das muß hier mit Deutlichkeit gesagt werden.