Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Es ist zu spät für Grundsatzreden geworden. Deshalb will ich mich darauf beschränken, zu ein paar Punkten, die hier in der Debatte eine Rolle gespielt haben, knapp Stellung zu nehmen.
Erstens. Frau Kollegin Titze-Stecher, was ist schlecht daran, wenn die Ausgaben für die Bundespolizei steigen und nachweisen, daß diese Koalition es mit der inneren Sicherheit ernst meint?
Sie werden auch weiterhin steigen; das wollen wir, das ist Gegenstand unserer Koalitionsvereinbarung.
Zweitens. Integration von Ausländern ist eine gewaltige Aufgabe, jetzt und in Zukunft. Jeder, dem der innere Frieden angelegen ist, muß sie angehen.
Ich habe dazu in der ersten Lesung Näheres ausgeführt. Ich will nicht alles wiederholen. Es ist falsch, so zu tun, als könnten die Integrationsbeiträge zuvörderst auf dem Umweg über das Staatsbürgerschaftsrecht geleistet werden. Sie geben den Menschen Steine statt Brot, wenn Sie ihnen dieses vormachen.
Einbürgerung kann Beiträge leisten. Aber man darf
es nicht falsch machen: Einen Regelanspruch auf
doppelte Staatsbürgerschaft wird es nicht geben,
aber weiterhin die vielen Ausnahmen, die wir auch heute schon kennen.
Bei Ihren Ausführungen zum Einwanderungsgesetz, liebe Frau Titze-Stecher, habe ich gedacht: Warum ist denn wohl Frau Däubler-Gmelin heute nicht da? Wollte sie Ihnen vielleicht nicht zuhören? Haben Sie die Anträge zu Ihrem Bundesparteitag in der nächsten Woche gar nicht gelesen?
Ist Ihnen aufgefallen, wie wenig Sie sich selbst grün in der Hinsicht sind, ob Sie ein Einwanderungsgesetz wollen oder nicht, und daß ein halbes Dutzend von Fragen von der Öffentlichkeit und auch von uns ständig an Sie gestellt werden?
Sie sind eine sehr viel freundlichere und sachkundigere Kollegin, als es eben den Anschein hatte. Warum in drei Teufels Namen bringen Sie als Fraktion nicht endlich ein Einwanderungsgesetz in den Bundestag ein, damit man überhaupt weiß, wovon Sie reden? Sagen Sie dem staunenden Volk, wie hoch die Quote sein soll, die Sie gerne zusätzlich zu all denen noch gerne hätten, die ohnehin kommen, etwa als Asylbewerber! Sagen Sie das alles, oder lesen Sie die Begründung Ihrer Kommission zum Parteitag, die Ihnen davon abrät, dies zu tun!
Vierter Punkt: innere Sicherheit und neue Gesetze. Natürlich brauchen wir auch neue Gesetze, ebenso wie die Anwendung und kritische Hinterfragung der alten. Deshalb verlängern wir die Kronzeugenregelung. Deshalb hoffe ich, daß wir zu vernünftigen Vorschriften im Bereich des Abhörens von Gangsterwohnungen kommen.
Aber ich bin der Verfassungsminister, und ich sehe mit äußerstem Mißtrauen einen Vorschlag, der schlichtweg auf die Beweislastumkehr abzielt. Ich weiß, daß viele verantwortungsbewußte Sozialdemokraten das auch mit Bedenken sehen, und zwar nicht, weil das nicht mit Art. 14 vereinbar wäre, sondern weil der Kernbereich des Art. 79 Abs. 3 und der Unschuldsvermutung tangiert sein könnte. Die Unschuldsvermutung im Rechtsstaat ist ein hohes Gut und kann nicht einfach freihändig unter dem Tagesaspekt des Wahlkampfes aufs Spiel gesetzt werden.
Das geht so nicht. Das wollen wir sachkundig und sicher auch miteinander prüfen. Was aus Baden-Württemberg vorgelegt worden ist, scheint mir vom Ansatz her richtig zu sein, aber in der Einzelfragenstellung muß man das noch einmal sehr überprüfen.
Im Zivil- und Katastrophenschutz - ich bedanke mich für die freundlichen Bemerkungen der Kollegen Uelhoff und von Hammerstein - sparen wir Hunderte von Millionen Mark gegenüber früher, und
Bundesminister Manfred Kanther
Hunderte von Mitarbeitern werden anderweitig eingesetzt werden können. Das ist ein praktischer Beitrag zum schlankeren Staat und nicht nur ein allgemeines Gerede darüber.
Das dafür notwendige Abschlußgesetz wird selbstverständlich hier im Bundestag eingebracht. Aber was hätten Sie mir zu dessen erster Lesung wohl erklärt, wenn ich mit dem Abschlußgesetz zwei Jahre gewartet hätte und in der Zwischenzeit gar nichts getan, sondern das Geld verbraten hätte? Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst.
Die Fragen des Dienstrechts sind umfassender angepackt als in Jahrzehnten zuvor. Wie kommt es denn hier zu Ihren Bemerkungen und der Zustimmung der überwiegend sozialdemokratischen Ministerpräsidenten auf ihrer letzten Konferenz, die außer den wenigen, die grundsätzlich an das Beamtenrecht heranwollen, nur an einem einzigen Punkt Kritik geübt haben? Das ist die Frage der Zeitverträge über zweimal fünf Jahre für Führungsbeamte. Dazu kann man ganz unterschiedlicher Meinung sein. An den Argumenten ist auch etwas dran, aber an den Argumenten ist auch viel nicht dran. Man kann so oder anders entscheiden.
Mag der Bundesrat seine Vorstellungen einbringen. Mein Stolz ist, daß die Ministerpräsidenten den Vorschlägen, die wir gemacht haben, als tauglich zugestimmt haben. Wir haben vier Aspekte, die entscheidend sind, nämlich die Verstärkung von Leistungsaspekten - natürlich nicht ihre erstmalige Begründung - bei der Förderung und Besoldung, die Kräftigung der Vorgesetztenverantwortung, die Stärkung der Mobilität der Bediensteten in einer sich schnell ändernden Arbeitswelt und das erste Anpakken der Problematik des vorzeitigen Ruhestands, die so nicht bleiben kann.
Wir arbeiten am Versorgungsbericht. Er wird so bald wie möglich vorgelegt. Mir ist bei einem so wichtigen Werk viel wesentlicher, daß es absolut zutreffend die Lage beschreibt, als daß es vorzeitig in Teilen oder auf einzelne Länder oder Dienstherren bezogen vorgelegt wird und dann die kritischen Fragen nicht aushält. Wir legen diesen Bericht so schnell wie möglich vor, aber nicht überstürzt.
Die dienstrechtliche Versorgungsfragestellung ist nur ein Spiegelbild der allgemeinen gesellschaftlichen Problematik, daß die Versorgungslasten unserer Volkswirtschaft außerordentlich hoch sind. Es ist keine besondere Fragestellung an das Dienstrecht.
Zur Kultur. Ich bin stolz darauf, daß wir in Berlin statt 30 Millionen DM 60 Millionen DM einsetzen können, in einem Haushalt, der zurückgeführt werden mußte, mit allgemeinen Engpässen, mit vielen sozialdemokratisch regierten Großstädten, in denen unter der Überschrift „Sport und Kultur" die freiwilligen Ausgaben reduziert werden.
Ich habe die Hoffnung, daß sich das Land Nordrhein-Westfalen an dem Erhalt der Symphonia Hungarica beteiligt.
Wir haben erklärt: 7 Millionen DM auf fünf Jahre fest, zu einem Stiftungszweck, der wirklich nicht mehr so vorhanden ist wie in den 50er Jahren. Das Land Nordrhein-Westfalen zackert mit der Frage herum, ob es 350 000 oder 600 000 DM geben will. Wenn die Symphonia Hungarica weiter spielen soll, ist die Frage, ob das Land Nordrhein-Westfalen einen angemessenen Beitrag leistet oder nicht. Ich hoffe, es tut das.
Wir haben ein kleines Programm zugunsten der neuen Bundesländer aus der Taufe gehoben. Ich kann leider nicht behaupten, daß das Programm „Dach und Fach" die Probleme löst. Es gibt zu viele kleine kostbare Kulturdenkmäler in ländlichen Gegenden der neuen Länder: kleine Kirchen, Bürgerhäuser, innerstädtische Ensembles, Scheunen. Dafür haben wir im Westen Deutschlands Programme. Wenn wir in den nächsten Jahren Dach und Grund nicht gegen Feuchtigkeit sichern, besteht die Gefahr, daß wir es in zehn Jahren, wenn wir vielleicht wieder Geld hätten, um in den neuen Ländern größer einzusteigen, nicht mehr können.
Deshalb gibt es diesen Ansatz. Darüber herrscht allgemeine Freude. Mein Dank gilt dem Haushaltsausschuß, der dies ermöglicht hat, indem er an anderen Stellen eingespartes Geld so einsetzt.
Das sind alles keine weltbewegenden Dinge; es sind kleine Fortschritte. In finanzpolitisch beengter Zeit ist die Politik gefragt, sachkundig kleine Fortschritte zu bewirken.
Im Sportbereich gibt es mit dem Deutschen Sportbund nach Jahren der Übung und vom Haushaltsausschuß richtigerweise gesperrten Geldern endlich Bewegung und ein Konzept für die Olympiastützpunkte. Das ist doch gut. Es ist gut, daß Geld wieder gesperrt ist, damit der Zwang zum Weiterarbeiten erhalten bleibt.
Lieber Herr Graf, ich verstehe Ihren Ansatz, der auch heimisch geprägt ist, gut. Die Konzentration der Aussiedler an wenigen Punkten ist nicht gut. Deshalb haben wir doch unseren Gesetzentwurf über die Wohnortzuweisung und den Sozialhilfelastenausgleich vorgelegt, dem der Bundesrat bereits zugestimmt hat. Binnen kurzem wird der Gesetzentwurf hier vorliegen.
Wenn Sie den Rückgang der Mittel des Garantiefonds beklagen, frage ich Sie: Warum hat das von Ihren Freunden regierte Niedersachsen im vorigen Jahr nicht einmal die Mittel ausgegeben, die ihm zur Verfügung standen, sondern sie zum Teil verfallen lassen?