Zusammenfassend, meine Damen und Herren, können wir feststellen: Hinter dem rechnerischen Rückgang der Nettotransfers verbergen sich also bei genauem Hinsehen überwiegend erfreuliche Entwicklungen in den neuen Bundesländern.
Meine Damen und Herren, es hat auch etwas mit der Identität und dem Selbstwertgefühl der Menschen in den neuen Bundesländern zu tun, daß wir keine Dauerförderung wollen. Niemand im Osten will auf ewig am Tropf des Westens hängen. Auch deshalb sind wir entschieden für die Konzentration der Förderung auf prioritäre Aufgaben, auf die Bereiche, die in den neuen Bundesländern defizitär sind. Wir, die Ostabgeordneten der CDU/CSU-Fraktion, haben auf einer Klausurtagung den Handlungsbedarf noch einmal genau definiert: im Bereich der
Industrieforschung, im Bereich der Eigenkapitalsituation der Unternehmen, im Straßenbau der neuen Länder, bei der Eigentumsförderung, wobei hier insbesondere die Wohneigentumsförderung zu nennen ist.
Wir konnten im Rahmen der parlamentarischen Beratungen in allen Punkten Verbesserungen erreichen. Wir haben in der Industrieforschung etwa 60 Millionen DM im Bereich des Bundeswirtschaftsministeriums draufsatteln können, nachdem wir schon beim Regierungsentwurf im BMBF-Bereich 50 Millionen DM mehr durchsetzen konnten. Wir haben im Eigenkapitalhilfebereich für die Unternehmen zusätzlich 70 Millionen DM an Verpflichtungsermächtigungen, um auch weiterhin eine bessere Förderpräferenz in den neuen Ländern aufrechterhalten zu können, durchgesetzt, nachdem wir schon beim Jahressteuergesetz Kapitalsammelfonds in Höhe von 500 Millionen DM zur Eigenkapitalstärkung der Unternehmen im Osten durchsetzen konnten. Wir haben beim Bundesfernstraßenbau mit unseren Kollegen gemeinsam Erhöhungen durchsetzen können, die im Bereich von 100 Millionen DM auch den neuen Bundesländern zugute kommen.
Wir werden noch stärker in die Öffentlichkeit bringen, was wir im Bereich der Wohneigentumsförderung mit dem Gesetz, das wir in der letzten Sitzungswoche hier verabschiedet haben, erreichten; denn wir haben eine klare Präferenz für die niedrigeren Einkommen, also für die neuen Bundesländer, durchsetzen können, das heißt auch eine verstärkte Privatisierung und Sanierung von Altbauten durch bessere Förderbedingungen und durch ein neues Burgschaftsprogramm. Das Ganze wird dazu führen, daß wir einen deutlichen Schub bei der Privatisierung, bei der Eigentumsbildung im Osten, im Wohnungsbaubereich und bei der Sanierung von Wohnungen, was ich für ganz besonders wichtig halte, erreichen.
Ich denke, liebe Kollegen, daß damit in Anbetracht der Haushaltssituation im nächsten Jahr eine den Prioritäten und der Situation der neuen Bundesländer angemessene Förderung erreicht wird. Wenn wir heute damit eine wichtige Weichenstellung für die Zukunft vornehmen, wollen wir nicht vergessen, wo wir vor fünf Jahren standen, liebe Kollegen.
Ich habe den Eindruck, daß Herr Scharping in seiner Rede gar nicht berücksichtigt hat, daß wir in den letzten Jahren einigungsbedingte Lasten zu tragen hatten. Es waren nicht nur die maroden Industriestrukturen, nicht nur die schlechten Straßen, nicht nur die vergiftete Umwelt, nicht nur die verfallenen Häuser, die uns Milliardensummen, Hunderte von Milliarden DM, zusätzlich gekostet haben. Es war vor allem auch das, was man nicht vordergründig sieht: eine Schuldenlast von rund 600 Milliarden DM, die uns der Sozialismus aufgebürdet hat und die wir als Bund zu tragen hatten.
Dr.-Ing. Paul Krüger
Diese Hinterlassenschaft, liebe Kollegen, einer sozialistischen Mißwirtschaft ist entstanden, obwohl die Menschen nicht schlechter qualifiziert waren, obwohl die Menschen nicht fauler waren als hier im Westteil Deutschlands. Wir werden daran noch lange zu tragen haben. Aber wir werden auch nicht aufhören, immer wieder klar und deutlich die Schuldigen zu benennen. Das haben nämlich nicht die Menschen im Osten zu verantworten, sondern das marode sozialistische System hat dazu geführt.
Ich frage mich, wo wir gelandet wären, wenn die SPD diese Lasten abzutragen hätte.
Ich habe heute das zweite Mal in diesem Hause eine große Rede des Oppositionsführers Scharping gehört, in der er nicht einmal die neuen Bundesländer erwähnt hat.
Ich frage mich, mit welchem Recht die Genossen von der SPD diesen Haushalt kritisieren. Man muß nicht nur feststellen, daß sie an den Verhandlungen im Haushaltsausschuß nicht teilgenommen haben, sondern auch fragen: Sind sie haushaltspolitisch überhaupt kompetent? Schon zu DDR-Zeiten war fast allen von uns bekannt - das zeigt sich jetzt auch, wenn man sich die Entwicklung der SPD-geführten alten Länder anschaut -, daß die SPD nicht mit Geld umgehen kann.
Herr Schröder hat es verstanden, seinen Haushalt in sechs Jahren um 50 Prozent des Gesamtvolumens zu steigern, und das bei dem höchsten Personalzuwachs, der höchsten Neuverschuldung und der geringsten Investitionsquote aller Länder. Verbunden war diese Entwicklung mit einem enormen Sozialabbau.
Sogar Herr Scharping hat das erkannt. Im „Stern", Heft 28/1995, sagt er: „Gerhard Schröder hat den Landeshaushalt total ruiniert" .
Die Pro-Kopf-Verschuldung in Niedersachsen ist seit 1990 um 23,2 Prozent gewachsen, in Bayern ist sie im gleichen Zeitraum um 2,6 Prozent gesenkt worden.
Hier zeigt sich ganz eindeutig haushalts- und finanzpolitische Kompetenz.
Die Art, wie die SPD mit dem Geld umgeht, setzt sich mittlerweile auch in den neuen Bundesländern fort. Die Verschuldung pro Kopf beträgt im Bundesland Sachsen 2 700 DM. Im von der SPD geführten
Land Brandenburg betrug sie bis dato 6 000 DM - und war damit schon die absolut höchste in den neuen Ländern -; nach dem neuen Haushaltsentwurf soll sie sogar auf 7 700 DM steigen.
Ich bitte die SPD, auch das einmal zur Kenntnis zu nehmen. Brandenburg hat übrigens - das sage ich nur, weil das in der Debatte heute eine Rolle gespielt hat - nicht nur die höchste Verschuldung, sondern auch die höchsten Sozialausgaben und die niedrigsten Forschungsausgaben.
Liebe Kollegen von der SPD, wenn Sie wirklich etwas für die neuen Länder tun wollen, dann helfen Sie mit, daß sich Ihre Fraktion und Ihre Bundesratsmitglieder vernünftigen Gedanken bei den dringend notwendigen Reformen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland nicht weiterhin verweigern.
Tragen Sie zu einem Wirtschaftswachstum bei, welches die Finanzierung des Aufbaus Ost nicht nur erleichtert, sondern dazu führt, daß der Aufschwung Ost zunehmend aus eigener Kraft erfolgen kann. Wachstum ist von vielen Faktoren abhängig. Der Bundeshaushalt ist nur einer dieser Faktoren. Der Bundeshaushalt dieser Koalition wird auf der Basis einer stabilen Finanzpolitik einen wichtigen Beitrag für die zukünftige Entwicklung im Westen wie im Osten leisten.
Vielen Dank.