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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/67 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 67. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 8. November 1995 Inhalt: Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 5727 A Absetzung des Punktes III j von der Tagesordnung 5727 B Nachträgliche Ausschußüberweisung . 5727 B Begrüßung des Außenministers von Costa Rica, Herrn Dr. Fernando Naranjo, und einer Delegation 5796 D Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996 (Haushaltsgesetz 1996) (Drucksachen 13/2000, 13/2593) 5727 C Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 13/2604, 13/2626) . . . 5727 C in Verbindung mit Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 13/2605, 13/2626) 5727 D in Verbindung mit Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 13/2614, 13/2626) . . . 5727 D Günter Verheugen SPD 5728A, 5751 B Rudolf Seiters CDU/CSU 5732 D Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5736 A Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 5737 B Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . . . 5739 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 5741 B Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD . . . 5743 D Eckart Kuhlwein SPD 5744 B, 5751 C Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU . . 5746 D, 5751B, 5751 D Eckart Kuhlwein SPD 5747 B Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 5749 D Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5752B, 5757 B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . . . 5756 D Dr. Helmut Haussmann F.D.P 5758 B Gerhard Zwerenz PDS 5759 D Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 5761 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5769 D Rudolf Scharping SPD 5770 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 5778B Günter Verheugen SPD 5779 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 5781 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5784 A Ina Albowitz F.D.P. 5785 A Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5785 C Dr. Gregor Gysi PDS 5786 D Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 5790B Ernst Kastning SPD 5792A, 5799 B Paul Breuer CDU/CSU 5792 D Jürgen Koppelin F.D.P 5793 C Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 5796 D Jürgen Augustinowitz CDU/CSU . . . 5798D Stephan Hilsberg SPD 5799 C Eckart Kuhlwein (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5800C Dr. Peter Struck (Erklärung nach § 31 GO) 5801 A Namentliche Abstimmungen . . 5800B, 5801 C Ergebnisse 5802A, 5807 A Tagesordnungspunkt III: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung eines Umweltbundesamtes (Drucksache 13/2687) . . . 5804 B b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. März 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über den Autobahnzusammenschluß sowie über den Bau und den Umbau einer Grenzbrücke im Raum Forst und Erlenholz (Olszyna) (Drucksache 13/2688) 5804 B c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. März 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Erhaltung der Grenzbrücken im Zuge der deutschen Bundesfernstraßen und der polnischen Landesstraßen an der deutsch-polnischen Grenze (Drucksache 13/2689) 5804 C d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. März 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über den Zusammenschluß der deutschen Bundesstraße B 97 und der polnischen Landesstraße 274 sowie über den Bau einer Grenzbrücke im Raum Guben und Gubinek (Drucksache 13/2690) . . . . . . . . . . . 5804 C e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des AGB-Gesetzes (Drucksache 13/2713) . . . 5804 D f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlagerung des Sitzes des Bundesverwaltungsgerichts von Berlin nach Leipzig (Drucksache 13/2714) 5804 D g) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Fleischhygienegesetzes (Drucksache 13/2904) 5804 D h) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung zur Veräußerung der von den britischen Streitkräften freigegebenen bundeseigenen Wohnsiedlung in Werl (Drucksache 13/2650) 5805 A i) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung der bundeseigenen Liegenschaft in Leipzig, Essener Straße 1-3, an den Freistaat Sachsen (Drucksache 13/2678) . . . . . . . . 5805 A Zusatztagesordnungspunkt i: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes und des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (Drucksache 13/2838) 5805A b) Antrag der Gruppe der PDS: Grundrechte für die in der Europäischen Union lebenden Menschen (Drucksache 13/2457) 5805B Tagesordnungspunkt IV: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes (Drucksachen 13/192, 13/1583) 5805C b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Kaffee-Übereinkommen von 1994 (Drucksachen 13/1667, 13/2648) 5805 C e) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zum Filmförderungsgesetz (Drucksachen 13/1666, 13/1899 Nr. 2, 13/2647) . . . 5806 C f) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die Erfahrungen mit der befristeten umsatzsteuer- lichen Übergangsregelung und den Auswirkungen auf den innergemeinschaftlichen Warenverkehr sowie über den Stand der Bemühungen, zu einer endgültigen Umsatzsteuer-Regelung im europäischen Binnenmarkt zu kommen zu dem Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Funktionieren der MwSt-Übergangsregelung für den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr (Drucksachen 12/8221, 13/725 Nr. 62, 13/1097, 13/ 1096 Nr. 2.1, 13/2673) 5806C g) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 13 Titel 646 11 - Erstattung des Sozialzuschlags für Rentenempfänger in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Drucksachen 13/2096, 13/2275 Nr. 1.6, 13/2762) . . 5806 C h) bis i) Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 73 und 74 zu Petitionen (Drucksachen 13/2765, 13/2766) 5806D Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 13/2620, 13/2626) . . . 5809B Dr. Emil Schnell SPD . . . . . . . . . 5809 C Michael von Schmude CDU/CSU . 5812A, 5817B Dr. R. Werner Schuster SPD 5814 B Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5814 D Armin Laschet CDU/CSU 5816 C Roland Kohn F.D.P. 5817D Dr. Willibald Jacob PDS 5819C Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . 5820B Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 5820D Dr. R. Werner Schuster SPD 5822 C Einzelplan 06 Bundesministerium des Innern (Drucksachen 13/2606, 13/2626) 5823D in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung (Drucksachen 13/2624, 13/ 2626) 5823 D Uta Titze-Stecher SPD 5824 A Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . 5826 D Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 5828 B Uta Titze-Stecher SPD 5831 A, 5831 C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F D.P. . 5832A Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5832 B Dr. Burkhard Hirsch F D P. 5834 B Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5836 C Dieter Wiefelspütz SPD 5836 D Ulla Jelpke PDS 5837 C Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU 5839A Günter Graf (Friesoythe) SPD 5839 D Erwin Marschewski CDU/CSU 5842 B Manfred Kanther, Bundesminister BMI 5843 B Peter Dreßen SPD 5845 A Günter Graf (Friesoythe) SPD . . . 5845 D Einzelplan 17 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Drucksachen 13/2617, 13/2626) 5846 C Siegrun Klemmer SPD 5846 D Peter Jacoby CDU/CSU 5850 D Margot von Renesse SPD 5852 B Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5853 A Heinz Lanfermann F.D.P. . . . . 5854B, 5857 B Heidemarie Lüth PDS 5855 D Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5856 D Maria Eichhorn CDU/CSU 5858 A Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 5859A Nächste Sitzung 5861 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5862* A 67. Sitzung Bonn, Mittwoch den 8. November 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), BÜNDNIS 08. 11. 95 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 08. 11. 95 * Dr. Dobberthien, SPD 08. 11.95 Marliese Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 08. 11. 95 * Hafner, Gerald BÜNDNIS 08. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Dr. Hauchler, Ingomar SPD 08. 11. 95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 08. 11. 95 Meißner, Herbert SPD 08. 11. 95 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 08. 11.95 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Nickels, Christa BÜNDNIS 08. 11.95 90/DIE GRÜNEN Odendahl, Doris SPD 08. 11.95 Dr. Scheer, Hermann SPD 08. 11.95 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 08. 11.95 90/DIE GRÜNEN Steindor, Marina BÜNDNIS 08. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 08. 11.95 Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 08. 11. 95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Gerd Poppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe ein paar Schwierigkeiten gehabt, festzustellen, an welcher Stelle der Tagesordnung wir uns eigentlich befinden.

    (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD Joachim Hörster [CDU/CSU]: Sind sie jetzt beseitigt?)

    Dem größeren Teil Ihrer Ausführungen, Herr Seiters, entnehme ich, daß wir jetzt vorrangig über den Haushalt des Auswärtigen Amtes und die Außenpolitik der Bundesrepublik sprechen. Ich möchte auch dabei bleiben und vorzugsweise zu diesem Thema reden.
    Daß die Bundesregierung entgegen ihrer eigenen Behauptung schlecht gerechnet hat, ist während dieser Haushaltsdebatte schon mehrfach und heute wieder einmal zu Recht gesagt worden. Aber auch wenn sie besser rechnen könnte, wäre deswegen ihre Politik nicht besser. Das Problem ist nicht nur, daß zuviel Geld ausgegeben wird, sondern vor allem, daß es falsch verwendet wird.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Wie für viele Politikbereiche gilt das ganz besonders auch für die Außen- und Sicherheitspolitik. Die Reaktion der Bundesregierung auf die seit dem Ende der Blockkonfrontation völlig veränderte Situation in Europa halten wir nach wie vor für unangemessen. Wir sagen das seit fünf Jahren, und wir haben leider Veranlassung, es erneut zu sagen. Wieder einmal - das kann man durch den Vergleich der für Rüstung und Verteidigung verwendeten Haushaltsmittel mit denen für Konfliktverhütung, internationale politische Institutionen und humanitäre Hilfe sehr leicht feststellen - stellt dieser Haushalt die falschen Weichen. Wo früher Milliarden für Aufrüstung ausgegeben wurden, sind es jetzt vergleichbare Summen für Umrüstung. Viel zu wenig Beachtung wird nach wie vor den Ursachen von Konflikten und ihrer Bekämpfung geschenkt.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich will dazu einige Beispiele nennen. Allein 65 Millionen DM aus dem Einzelplan des Auswärtigen Amtes sollen für den Bau von Kriegsschiffen für die Türkei bereitgestellt werden. Diese Summe ist, verglichen mit dem Rüstungshaushalt, zwar gering, aber sie ist geradezu gigantisch gegenüber der Ausstattung der OSZE. Für diese erklärtermaßen zu fördernde, wichtige europäische Organisation, für ihre Zentrale, für ihr Menschenrechtsbüro, für den Minderheitenkommissar und für ihre schon mehrfach in akuten und latenten europäischen Konfliktfällen mit Erfolg vermittelnden Langzeitmissionen werden sage und schreibe ganze 5,3 Millionen DM aufgewandt. Also nicht einmal ein Zehntel dessen, was allein die kriegführenden türkischen Militärs für ihre Fregatten erhalten, ist der Bundesregierung die europaweite Konfliktprävention wert. Das ist nicht nur eine kurzsichtige und falsche Politik, das ist geradezu skandalös.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ein anderes Beispiel: die Ausstattung von ausländischen Streitkräften und Polizei. Dafür wird viermal soviel Geld zur Verfügung gestellt wie für die Demokratisierungshilfe. Nun mag die eine oder andere Sanitätseinheit auch zur zivilen Gesundheitsversorgung beitragen. Den Schwerpunkt der Streitkräftehilfe aber so zu formulieren, als handele es sich eigentlich um die Förderung ärztlicher Versorgung in den betreffenden Ländern, halte ich - sehr zurückhaltend formuliert - für schwer nachvollziehbar.
    Zur Demokratisierungshilfe dagegen fällt Ihnen gerade einmal die Wahlhilfe ein, und selbst die kann angesichts der knappen Mittel nicht gewährleistet werden. Mitunter kommt es einem so vor, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, als würden Sie ausländische Bevölkerung vorrangig als eine Ansammlung von Soldaten und Polizisten betrachten. Ist Ihnen denn die Bedeutung der zivilen Gesellschaft gerade auch für die Demokratieentwicklung und Friedensbewahrung bisher verborgen geblieben?
    Auch diese Art zu sparen trägt dazu bei, welche Wahlen dann herauskommen. Da soll in Rußland eben mal eine wichtige Oppositionspartei von den Wahlen ausgeschlossen werden. Herr Bundeskanzler, Sie werden sich in Kürze, wenn Herr Jelzin die politische Bühne verlassen hat, wohl fragen müssen, in welches geheimnisvolle schwarze Loch denn all die russischen Demokraten, die Marktwirtschaftler, die Europäer verschwunden sind.
    Oder nehmen wir einen anderen Ihrer Hoffnungsträger, den kroatischen Präsidenten Tudjman. Der verdoppelt einfach zwei Wochen vor den Wahlen die Sperrklausel und läßt Bürger eines anderen Staates, die Kroaten aus Bosnien-Herzegowina, mitwählen, um dem Ziel des Einparteienstaates, dem er sich wohl immer noch verpflichtet fühlt, näherzukommen.
    Die Reihe der Beispiele ließe sich beliebig fortsetzen. Sie alle lassen erkennen, daß der außen- und sicherheitspolitische Ansatz der Bundesregierung überholt und kurzsichtig ist, daß er auf die falschen Personen abgestellt ist, daß er vorrangig auf die militärgestützte Konfliktbearbeitung setzt. Diese Politik ist kurzsichtig, weil dabei immer noch die Bedeutung demokratischer Stabilität, die Bedeutung von Kon-

    Gerd Poppe
    fliktprävention und Ursachenbekämpfung unterschätzt wird.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Wer vorrangig auf wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit mit undemokratischen Regimen setzt, wer nicht bemerkt, daß er damit zusätzliche Hindernisse für eine demokratische Entwicklung aufstellt oder neue gefährliche Konflikte provoziert, wem nicht einleuchtet, daß Konfliktvorbeugung politisch und ökonomisch sinnvoller ist als die Vorbereitung auf ihre militärische Bekämpfung, der betreibt die falsche Politik.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ein letztes Beispiel will ich aufführen: die bevorstehende Reise des Bundeskanzlers nach China. Auf Ihrem Programm, Herr Bundeskanzler, steht, wenn ich richtig informiert bin, der Besuch einer chinesischen Militäreinheit. Sie wissen, welche Rolle das Militär bei der Niederschlagung der Demokratiebewegung gespielt hat. Sie wissen, daß wichtige Vertreter dieser Bewegung, die seit Ihrem letzten Besuch in Peking freigelassen worden waren, inzwischen längst wieder inhaftiert sind.
    Wir verlangen nicht, daß Sie diese Reise absagen oder verschieben, wir verlangen keinen Boykott. Führen Sie die Gespräche, auch über wirtschaftliche Zusammenarbeit. Aber fordern Sie zugleich rechtsstaatliche Schritte. Fragen Sie beispielsweise nach Chen Ziming, dem Dissidenten, besuchen Sie seine mutige Frau, die kürzlich zum wiederholten Male festgenommen und verhört wurde. Fragen Sie nach Wei Jingsheng, der 13 Jahre in Haft war und nach seiner vorübergehenden Freilassung seit weit über einem Jahr an einem unbekannten Ort festgehalten wird. Verlangen Sie, ihn zu sehen. Und schließlich: Sagen Sie Ihren Besuch beim chinesischen Militär ab.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Wolfgang Gerhardt.

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    Rede von Dr. Wolfgang Gerhardt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe heute morgen ein Stück Belehrung über die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland entgegengenommen.

    (Zurufe von der SPD)

    Herr Verheugen, es wäre klüger gewesen, Sie hätten Ihre Beteiligung an wichtigen außenpolitischen Schritten dieses Landes, die damals richtig waren und zur Chance der Vereinigung geführt haben, zugegeben, hätten Ihre Verantwortung übernommen, anstatt die Außenpolitik komplett als verfehlt und in die falsche Richtung gehend darzustellen.
    Tatsache nämlich ist: Die Entscheidungen in den zentralen Fragen der Außenpolitik, die nicht zuletzt vor wenigen Wochen von der Koalition getroffen worden sind, haben sich als richtig erwiesen, Ihre Vorschläge als falsch. Immer dann, wenn es in außenpolitischen Fragen ernst wurde, von der NATO-Nachrüstungsfrage bis hin zum Bosnien-Einsatz, haben Sie nein gesagt. Wir haben mit all unserer Kraft dafür gekämpft, daß die richtigen Entscheidungen getroffen wurden.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Wir haben diese Entscheidungen getroffen und öffentlich durchgesetzt. Sie aber haben sich auf sehr populistische Wege begeben.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Wie immer! Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Auf Abwege!)

    Unser Vorwurf bei dem Thema Währungsunion, das Sie nun auszugraben beginnen, ist der gleiche. Auch wir wissen, daß in Deutschland eine kollektive Erinnerung an zwei Hyperinflationen vorhanden ist. Wir warnen Sie aber, von dem Grundsatz abzugehen, daß Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken, auf den Weg zu einer stabilen Währung zu gelangen. Wenn Sie jetzt den Druck durch den Maastricht-Vertrag und seine Termine beseitigen, werden andere Länder nachlassen - das wissen auch Sie -, so daß der Weg zum Ziel eher instabil wird. Dann sind Sie die ersten, die hier im Bundestag aus innenpolitischen Gründen Anträge zur Erhöhung der Ausgaben stellen, anstatt Sparsamkeitsappellen zu folgen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Wir wissen, daß der Maastricht-Vertrag und die Europäische Währungsunion in Deutschland ein schwieriges Thema sind. Wir wissen, daß dieses Land in manchen Identitätsfragen zurückgeworfen werden kann, auch bezüglich der stabilen Währung, die die Menschen erarbeitet haben. Sie wissen aber ebenso wie wir: Eine Stabilitätsinsel Deutschland wird es nicht geben. Es muß eine Stabilität in ganz Europa geben: ökonomisch, ökologisch und sicherheitspolitisch. Das ist der Kern des Weges, der hier vertreten wird.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Wir sind genau wie Sie für die Prinzipien der Geldwertstabilität, die die Menschen in Deutschland brauchen. Wir sind genau wie Sie für die Einhaltung der Konvergenzkriterien. Wir sind aber im Gegensatz zu Ihnen nicht für die Irritationen unserer europäischen Nachbarn bei Verträgen, die wir mit abgeschlossen haben und auf die sich diese Nachbarn müssen verlassen können; denn verläßliche Außenpolitik verlangt auch Verläßlichkeit in bezug auf Verträge.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Siehe Waigel! Sagen Sie einmal etwas zum Finanzminister!)

    - Herr Fischer, ich wundere mich ohnehin schon lange, daß Sie in den letzten Sitzungen nicht mehr geredet haben. Sie sind in außenpolitischen Fragen zu einem echten minderheitspolitischen Sprecher bei den Grünen geworden. Bei der SPD ist Zweifel an der Verläßlichkeit geboten; bei Ihnen liegt die Unzu-

    Dr. Wolfgang Gerhardt
    verlässigkeit offen zutage. Sie werden mit Ihrer außen- und sicherheitspolitischen Konzeption keine Mehrheitsfähigkeit bei den Grünen erreichen. Deshalb sind wir einstweilen darum bemüht, sie abzuwehren. Sie sind in dieser Situation der Bundesrepublik Deutschland nicht regierungsfähig

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Vorhin ist gesagt worden - da besteht zwischen uns keine Differenz, Herr Verheugen -, daß die Bundesrepublik Deutschland alle internationalen Bemühungen anstellen muß, um Menschen zu helfen und Stabilität in den Regionen herzustellen. Die moralische Kernfrage aber ist auch für die Sozialdemokraten, ob sie notfalls bereit sind, wenn irgendwo Völkerrecht gebrochen wird, Soldaten dorthin zu schikken, um Menschen daran zu hindern, andere Menschen umzubringen. Diese Frage beantworten Sie nicht, jedenfalls nicht bis zum Ende. Darauf möchten wir Sie heute morgen hinweisen.
    Die sozialdemokratische Partei ist bezüglich der Rechte gerne in den Vereinten Nationen. Sie ist aber im Kern nicht bereit, die Pflichten aus der Völkergemeinschaft, die sich für die Bundesrepublik Deutschland ergeben, zu erfüllen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Aus dieser Aufgabe aber können wir Sie nicht entlassen. Das ist eine Kernfrage der Verläßlichkeit der Politik in Deutschland.
    Dazu gehört dann auch eine Klarstellung, die für unser Land wichtig ist, meine Damen und Herren: Soldaten sind keine Mörder. Die Soldaten der Bundeswehr verrichten einen Friedensdienst. Sie haben sich mit ihrer Entscheidung verpflichtet, unser Land zu verteidigen. Wir müssen auch bei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die juristisch begründet sind, in der Öffentlichkeit aber erklärt werden müssen, sagen können, daß diejenigen, die in unserem Staat für die Bewahrung von Freiheit und Frieden den Dienst in der Bundeswehr leisten, keine Mörder sind und auch nicht als solche bezeichnet werden dürfen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ich zitiere einen Satz, den unser Freund und Kollege Hans-Dietrich Genscher bei der damaligen Debatte hier gesagt hat: Das Recht auf freie Meinungsäußerung selbst würde in seinem Kern beschädigt, wenn diejenigen, die dieses Grundrecht schützen, als Mörder bezeichnet werden dürften. Darüber gibt es mit den Liberalen nichts zu streiten.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Wir haben vor wenigen Tagen gemeinsam das große Jubiläum der Bundeswehr gefeiert. Und es ist zu Recht notwendig, heute morgen den Soldaten und ihren Familien zu sagen: Wir wissen, was sie für unser Land tun.
    Meine Damen und Herren, eine berechenbare Außenpolitik ist eine Grundvoraussetzung für unser Land. Das ist kein beliebiger Punkt, über den jeder Streit begonnen werden könnte; denn dieses Land in der Mitte Europas ist auf Grund seiner geographischen Lage und seiner Geschichte wie kein anderes auf das Vertrauen der anderen angewiesen. Deshalb ist die Debatte über die Währungsunion, die Herr Schröder begonnen und die Herr Scharping mit dem Hinweis auf irgendeine Idee fortgeführt hat, nicht nur für die innenpolitische Situation gefährlich, weil man auf falsche Gedanken zurückgreift, sondern auch für die außenpolitische Situation sehr riskant, meine Damen und Herren. Das ist kein Punkt, mit dem man Wahlkampf führen sollte. Auch die Parteien haben die Aufgabe, Meinungsbildung bei den Menschen herbeizuführen. Sie haben nicht die Aufgabe, sich zu drücken, wenn es unbequem wird und wenn man Menschen über Tabuschwellen hinweghelfen muß.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Herr Verheugen hat heute morgen in einem ganz anderem Zusammenhang - dazu komme ich jetzt - sehr zu Recht einen Menschen gewürdigt, der von uns deshalb so geschätzt wird, weil er den Versuch gemacht hat, in einer ganz schwierigen Situation seinem Volk über Tabuschwellen hinwegzuhelfen, ihm zu sagen, daß es mit seinen Nachbarn auskommen muß, ihm eine Zukunft nicht mehr durch Kampf - Soldat war er ja auch -, sondern durch Frieden und die Kraft des Vertrauens zu anderen nahezulegen. Wenn dieser Mann dafür mit seinem Leben bezahlt hat, verdient er unseren Respekt. Ein Stück der Verhaltensweise, das Vertrauen der anderen zu erwerben und zu erhalten, zu wissen, daß man es braucht, täte uns allen in manchen politischen Diskussionen, die wir hier führen, gut.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Eines wird Ihnen, Herr Kollege Verheugen, nicht gelingen, und zwar die SPD als Modernisierungspartei in Deutschland darzustellen. Der Versuch ist gänzlich ungeeignet. Wir finden gerade bei Ihnen die größte Verweigerungshaltung, das größte Betondenken. Ihr Streit mit Herrn Schröder ist doch im Kern nicht nur eine Auseinandersetzung zwischen Ihnen und Herrn Schröder, er ist die Auseinandersetzung darüber, ob die SPD in Deutschland strukturellen Wandel überhaupt begünstigen oder gestalten kann oder ob sie es nicht kann. Bisher haben Sie ausschließlich Antworten gegeben, die zeigen: Sie können ihn nicht gestalten. Sie mußten doch erst einmal auf den Vorsitzenden der IG Metall hören, der nun gesagt hat, er fordere Einstiegstarife für Langzeitarbeitslose. Als das mein Freund und Kollege Helmut Haussmann in seiner Zeit als Wirtschaftsminister gesagt hat, ist er als böser Kapitalist beschimpft worden. Nun sagt das der Vorsitzende der größten Einzelgewerkschaft der Welt, sogar vor Ihnen sagt er das. Die Sozialdemokratische Partei ist weit hinter manchen Einzelgewerkschaften zurück, noch weiter hinter der IG Chemie.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Herr Zwickel hat tatsächlich erklärt: Lohnverzicht zugunsten von Arbeitsplätzen. Er hat noch etwas Bemerkenswertes gesagt: Er beharrt nicht mehr auf der 30-Stunden-Woche, weil er erkannt hat, daß immer

    Dr. Wolfgang Gerhardt
    kürzere Arbeitszeiten nicht mehr Arbeitsplätze schaffen. Aber bei der SPD ist das immer noch Beschlußlage. Auf dem Wege fahren Sie doch immer noch. Nein, wenn es in Deutschland um die Frage geht, wer hier modernisiert, dann ist die Koalition moderner und bewußter.
    Jetzt spreche ich dies bei dem Symbolthema Ladenschluß offen an. Das ist eine schwere Geburt in der Koalition.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Oh, der Ladenschluß! Die Frage ist: Wann gibt es den Ladenschluß für die F.D.P.?)

    Aber wenn ich, Herr Fischer und Herr Scharping, die Äußerungen aus Ihren Parteien nehme, dann muß ich fragen: In welchem Land leben wir eigentlich? Wir alle wissen doch, daß es Menschen gibt, die gerne abends einkaufen würden. Wir alle wissen doch, daß es Bäcker gibt, die ihre Dienstleistung gerne sonntags erbringen würden. Wir alle wissen doch, daß es Menschen gibt, die gerne abends arbeiten würden, auch Menschen mit 580-DM-Verträgen. - Und wir wollen Menschen vorschreiben, wann sie zu öffnen und zu schließen haben?! Frankfurt und Hamburg, die Tore zur Welt - und die Läden um 18 Uhr schließen. Das ist doch wirklich kein Zustand in der Bundesrepublik Deutschland!

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: 18.30 Uhr! Exakt bleiben!)