Rede von: Unbekanntinfo_outline
Beabsichtigen Sie, sich bei Ihren Verhandlungen zur Europäischen Union, bei Ihren Gesprächen, die Sie zu diesen Fragen vermutlich gerade auch mit der französischen Regierung führen, künftig auf diese Regelungen zu stützen, um damit eine deutsch-französische nukleare Planungsgruppe zu begründen, wie Kollege Dregger leider - das sage ich nach Ihrer brillanten Rede von vor einiger Zeit - nun vorschlägt? Das ist für meine Begriffe das Einfallstor. Haben Sie vor, sich auf diese Regelung zu stützen, um künftig letztlich auch eine deutsche Beteiligung, Mitwirkung, Mitgestaltung und damit zumindest auch den Teil eines Fingers an den Abzug zu bekommen?
Ich frage noch etwas. Wenn das hier immer heruntergespielt und gesagt wird, es handele sich ja noch gar nicht um ein substantielles Angebot, der Zeitpunkt sei sozusagen unglücklich, es sei schon längst, vor einigen Jahren, ein Angebot von Staatspräsident Mitterrand gemacht worden, dann frage ich Sie: Wollen Sie, daß das Angebot Substanz hat? Wünschen Sie sich das? Wenn ja, wenn dieses Angebot auf Grund Ihrer Prüfung Substanz hat, wollen Sie dann darauf eingehen? Wenn ja, wie verträgt sich das mit Ihren Erklärungen, die hier ewig und drei Tage abgegeben wurden, man wolle auf jegliche, auch indirekte Teilhabe an Nuklearwaffen verzichten? Dann
müssen Sie hier diesen Widerspruch einmal aufklären. Ausgerechnet Sie als abrüstungspolitischer Sprecher, Herr Pflüger, können dann nicht allen Ernstes behaupten, es sei ein interessantes Angebot,
das man prüfen müsse, weil es Ihnen eben nicht um Abrüstung von Atomwaffen geht - das wäre der einzige Grund für Gespräche und der einzige Anlaß -, sondern weil es Ihnen darum geht, sich zu beteiligen, mitzugestalten, mitzuwirken, wie Kollege Lamers es hier erklärt hat.
- An der Minimalabschreckung. Mein Gott, haben Sie eigentlich eine Vorstellung, wie die aussehen soll, Minimalabschreckung? Perverserweise werden solche kleinen Miniatomwaffen - ich will Ihnen das mal sagen -, die Sie gegen Störenfriede oder was auch immer in der Welt einsetzen wollen, Baby-Nukes genannt. Was ist das für ein Denken nach alldem, was man über die Wirkung dieser Massenvernichtungswaffen weiß, daß man solche Minimalabschreckung per Atomwaffen organisieren will,
zu einem Zeitpunkt, an dem 40 Kriege in der Welt stattfinden und es wohl allemal um etwas anderes geht als um so etwas!
Die Debatte, die heute hier stattfindet, ist unglaublich makaber. Ich gehe davon aus, daß wir noch häufiger darüber diskutieren werden.
Ich erwarte, daß die Bundesregierung Antworten auf all diese Punkte gibt, die hier aufgeworfen wurden.
Wenn die französische Regierung dieses Angebot als substantiell verstanden hat, dann bitte ich darum, daß sich die französische Regierung sehr wohl auch noch einmal die Geschichte einer Diskussion um nukleare Beteiligung in der Bundesrepublik ansieht und darüber nachdenkt, inwieweit sie ein solches Angebot - wenn überhaupt - weiter aufrechterhalten will.
Uns befriedigt auch nicht der Hinweis darauf, daß der NATO-Schutzschirm ausreichend sei. Das ist für uns der Punkt, der uns in dem SPD-Antrag Schwierigkeiten macht, weil wir der Meinung sind, auch hier gäbe es durchaus die Möglichkeit, eine andere Weichenstellung vorzunehmen und einen anderen Ausgangspunkt in den Verhandlungen auch im transatlantischen Verhältnis herzustellen.
Es kann doch nicht sein, im Jahre 1995 erneut eine Diskussion darüber zu beginnen, daß Nuklearwaffen wieder die Grundlage für eine Sicherheits- und Außenpolitik sind. Das darf weder auf europäischer Ebene noch darüber hinausgehend und schon gar nicht auf nationaler Ebene sein.
Ich danke Ihnen.