Rede von
Brigitte
Baumeister
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Grünen haben in ihrem Antrag die Bundesregierung aufgefordert, vom sogenannten Pilzkonzept abzurücken und es aufzugeben. Ich möchte darauf verweisen, daß der Antrag am 31. Januar dieses Jahres eingebracht wurde und bei etwas Nachdruck bereits im Mai hätte behandelt werden können, aber just gerade drei Wochen vor der Berliner Wahl nun zum Thema gemacht wird.
Da kann ich es Ihnen nicht ersparen, Frau Eichstädt-Bohlig, darauf hinzuweisen, daß dies wohl ein Wahlkampfthema in Berlin werden soll.
Auch der Zeitpunkt der Einbringung hinkt ein wenig hinterher. Ich muß sagen, Sie haben sich das reichlich spät überlegt. Denn die Bundesregierung, das Bundeskabinett hat bereits am 21. Juli 1992 dieses Pilzkonzept beschlossen. Es handelt sich hier auch nicht um ein besonders kostengünstiges, abgemagertes Achsenkreuzkonzept. Vielmehr - ich be-
Brigitte Baumeister
tone das - ist genau diese Lösung, die ausgearbeitet wurde, von der Bahn, von dem Land Berlin und von dem Land Brandenburg als das beste befunden worden.
Es erfolgte sogar eine Aufnahme im Bundesverkehrswegeplan 1992 und im Bundesschienenwegeausbaugesetz mit der einzigen Kondition der Prüfung der Wirtschaftlichkeit. Sie ist inzwischen erfolgt, so daß das Bundesverkehrsministerium nun auch zu diesem Konzept steht.
Wenn Sie sich die Pläne ansehen, die dort zu den Bauten erstellt werden, meine Damen und Herren, erkennen Sie: Das Tunnelprojekt ist ein Teil des Gesamtkonzeptes des Spreebogen mit all den Neubauten, die das Parlament dort plant, und mit einer Breite von 80 bis 120 Metern und 22 Metern Tiefe genau eingepaßt.
Für das Tunnelprojekt wurde bereits das Planfeststellungsverfahren im April 1994 eingeleitet. Wenn Sie über die Finanzierung reden, dann möchte ich darauf hinweisen, daß die Finanzierung nach dem Hauptstadtvertrag vom 30. Juni 1994 gesichert ist.
Die Entwicklung ist inzwischen weitergegangen. Der Planfeststellungsbeschluß ist vor zwei Wochen, nämlich am 12. September, ergangen und liegt zur Zeit öffentlich aus. Auch die Bebauung am Potsdamer Platz bezieht eindeutig dieses Pilzkonzept mit ein, für das nun am 13. Oktober dieses Jahres der erste Spatenstich erfolgen soll.
Wenn Sie darauf hinweisen, daß der Tunnelbau 1998 möglicherweise nicht fertig sein wird und die Parlamentsbebauung oder aber die Arbeits- und Funktionsfähigkeit behindern wird, dann darf ich darauf hinweisen, daß die Voraussetzungen für die zeitgerechte Abdeckung der Tunnelanlage im Spreebogen bis Mitte 1998 geschaffen sind.
Ich appelliere wirklich an Ihr Demokratieverständnis, das ich nun schon mehrfach in den Kommissionen habe erleben dürfen, zu dem zu stehen, was einmal beschlossen wurde. Sie sollten letztendlich nicht aus populistischen Gründen von diesen Beschlüssen abrücken.
Ich möchte noch auf einige denkbare Alternativen hinweisen, die im Gespräch waren, die aber alle eines nicht gewährleisten können, daß nämlich der Kreuzungspunkt zwischen Ost-West- und Nord-SüdVerkehr hinsichtlich der Eisenbahnplanung gut erschlossen werden kann. Ich glaube, daß die Bahn eines gewährleistet, nämlich daß sie im Unterschied zu anderen zielgenau anfahren kann und in diesem Punkt wesentlich besser geeignet ist als z. B. Flugzeuge.
Der Vorteil der Eisenbahn gegenüber Flugzeug und
Auto liegt gerade im direkten Zugang in die Mitte
der Städte und in der Vermeidung langer Anfahrtswege. Man sollte sich weiterhin überlegen, daß der Fern- und Regionalverkehr nicht an die Peripherie der Stadt gelegt werden kann; denn sonst wird er nicht genutzt.
Auch die U-Bahn halten wir für sinnvoll, gerade weil wir wollen, daß der Individualverkehr eingeschränkt und daß der Verkehr in großem Maße auf die öffentlichen Verkehrsmittel verlagert wird. Diese Einschätzung teilen wir nicht nur mit den Fachleuten. Sie kommen deswegen auch zu spät, weil demnächst die Tiefbaumaßnahmen dazu beginnen.
Auch der geplante Straßentunnel ist eine Entlastung. Er ist eine Entlastung von Individualverkehr, insbesondere vom Durchgangsverkehr. Wenn man möchte, daß der Verkehr zurückgedrängt wird, muß man bedenken, daß er sich nicht dadurch reduzieren läßt, daß man an die Bürgerinnen und Bürger appelliert oder ihnen den Straßenverkehr verbietet. Er läßt sich eigentlich nur dadurch reduzieren, daß man Alternativen aufzeigt. Eine dieser Alternativen sehen wir in dem Straßentunnel.
Ich möchte nicht, daß am Reichstag in großem Umfang Autos verkehren. Ich möchte, daß die Bürgerinnen und Bürger, die Berliner und wir den Platz an der Spree, um den Reichstag und die Parlamentsbauten herum, zu Fuß genießen können.
Ich möchte nicht, daß nur wir Parlamentarier mit unseren Dienstwagen vorfahren, sondern ich möchte, daß es möglich ist, zumindest im Rahmen des Ziel- und Quellverkehrs einige Autos in dieser Region zu sehen.
Ich denke auch, daß wir der Splittung des Verkehrs von 80 : 20 Prozent - Sie haben es angesprochen, Frau Eichstädt-Bohlig - dadurch am nächsten kommen, daß wir Alternativen aufzeigen, die da heißen: Straßentunnel, Eisenbahntunnel, U-Bahn.
Es wurde schon erwähnt: Die Verkehrsbauten stellen keine Gefährdung der Baupläne in Berlin dar; der Umzugszeitraum ist festgelegt. Ich denke vielmehr, daß hier parallel realisiert und gebaut werden kann und daß dies ein großer Vorteil auch für das Einhalten unseres Umzugstermins, bis spätestens zur Mitte der nächsten Legislaturperiode im Jahre 2000 ist. Das Parlament liegt mit seinen Bauten für den Spreebogen exakt in der Terminplanung. Wir wollen eine aufeinander abgestimmte Gesamtkonzeption, die nicht durch kurzfristige Aktionen der Grünen gefährdet werden soll.
Im Bereich des Tiergartens werden durch den Tunnelbau in bergmännischem Verfahren Umweltschäden vermieden. Das sagen zumindest die Experten.
Ich möchte mit folgender Bemerkung schließen, Frau Eichstädt-Bohlig: Ich würde es für verhängnisvoll halten, wenn eine solche Verhinderungspolitik, wie Sie sie jetzt in der zeitlichen Streckung betrieben haben, in Berlin tatsächlich greifen würde. Ich kann allen Bürgerinnen und Bürgern eigentlich nur den Rat geben: Überlegen Sie genau, ob Sie einer rot-
Brigitte Baumeister
grünen Koalition in Berlin zur Regierungsmehrheit verhelfen wollen! Vielmehr sollten Sie der bewährten Koalition Ihre Stimme geben; denn das bietet die Gewähr für eine weitere Planung der Stadt Berlin.