Rede von
Rainer
Haungs
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das war zwar keine Frage, sondern ein Kommentar.
Aber ich will gern diesen Kommentar aufgreifen, um Ihnen noch einmal dazu etwas zu sagen. Manche Frage würde sich allerdings wohl erübrigen, wenn Sie mich den Rest meiner Ausführungen machen ließen.
Ich sage ja: Ich stimme hier für das Entsendegesetz. Ich habe wie viele meiner Vorredner aus der Koalition ja daran mitgewirkt, daß es in der Form vorgelegt wird, wie es jetzt vorgelegt worden ist.
- Darf ich vielleicht erst die Frage des einen Kollegen
beantworten, bevor ich zu dem Zwischenruf des
Rainer Haungs
etwas aufgeregt schreienden Kollegen Schreiner komme?
- Machen Sie das so; Sie werden nicht schlecht dabei fahren. Aber erlauben Sie mir doch, jetzt zu versuchen, eine Antwort auf die Nicht-Frage, auf den Kommentar Ihres Kollegen zu geben.
Ich weise darauf hin, daß ich hinter der Notwendigkeit der Verabschiedung eines Entsendegesetzes stehe, daß ich auch den Zuschnitt des Entsendegesetzes mitgetragen habe und daß ich gesagt habe, daß wir entgegen dem ursprünglichen Wunsch, das ganze Tarifwerk für allgemeinverbindlich zu erklären, die unterste Lohngruppe genommen haben.
Das Problem in Deutschland, nicht in Portugal oder sonstwo
- was sind Sie für Störer; lassen Sie mich doch die Frage, die Ihr Kollege mir gestellt hat, in Ruhe beantworten -, besteht darin, daß die unterste Lohngruppe für den Hilfsarbeiter am Bau, wenn ich dies mit dem Ecklohn anderer Branchen, die ich genau studiert habe, vergleiche, sozial ungerechtfertigt und ökonomisch falsch ist. Insofern habe ich - diesen Hinweis will ich dem Kollegen noch geben -, die Entscheidung der Arbeitgeber, der BDA, zwar bedauert, aber als nachvollziehbar bezeichnet.
Was kann ich denn dafür, wenn Sie viele Dinge nicht nachvollziehen können? Das ist doch nicht mein Problem, sondern das Ihrige.
- Ich habe aber versucht - das müssen Sie mir doch zugestehen -, Ihre Frage zu beantworten, indem ich sagte: Ich bin dafür
- lassen Sie mich den Gedanken fortführen -, daß wir als Gesetzgeber an die Tarifpartner appellieren, ihre Tarifautonomie wahrzunehmen und diesen Fehler - darüber gibt es gar nichts zu diskutieren; es ist sozial ungerechtfertigt, und es ist ökonomisch falsch - zu berichtigen. Dann wird es vielleicht auch zu einer Allgemeinverbindlichkeit kommen.
Aber alle Diskussionsbeiträge, die Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, gebracht haben, führten in dieselbe Richtung. Sie haben mit viel Geschrei versucht, die Frau Kollegin Babel zu diffamieren, und Sie haben davon gesprochen, daß das ein Rückschritt ins 19. oder ins 18. oder ins 17. oder in was weiß ich für ein Jahrhundert ist,
während wir darum bemüht sind, ein flexibles Tarifsystem für das 21. Jahrhundert zu schaffen. Sonst weinen wir hier immer nur Krokodilstränen über verlorengegangene Arbeitsplätze und tun so, als ob wir das Problem nicht sehen würden, obwohl jeder von uns weiß, daß die weltweiten Wettbewerbsbedingungen anders geworden sind. In der Zwischenzeit haben sogar die Kollegen von den Grünen, vertreten durch den jetzt leider nicht anwesenden Vordenker, festgestellt, daß Abschottung nicht zum Wohlstand führt, sondern daß wir eine offene Diskussion in der Europäischen Union führen müssen, daß wir uns diesen Themen der Flexibilisierung nicht verweigern dürfen und daß Ihre Verweigerung der Realität schon langsam neurotische Züge trägt.
Ich fordere deshalb die Tarifpartner der Bauwirtschaft auf, bei ihrer Diskussion um zeitgemäße Tarifverträge, der sie sich derzeit mit großem Ernst widmen, auch zu einer anderen Gestaltung des Einstiegslohnes, des Mindestlohnes - nennen Sie es Öffnungsklausel für die unteren Tarifgruppen - zu kommen. Dann werden wir doch, wenn wir die deutsche Regelung mit europäischen Regelungen vergleichen, wenn wir sie damit vergleichen, was unsere französischen Freunde und Partner gemacht haben, feststellen, daß dort der SMIC, der Mindestlohn auf eine Art und Weise festgelegt worden ist, daß in- und ausländische Arbeiter auf einem zugegebenermaßen niedrigen Niveau, aber nicht zu den Beträgen, die vorhin genannt wurden, sondern auf einem niedrigen existenzsicheren Niveau die Chance haben zu arbeiten; seien dies eigene Arbeitnehmer oder Arbeitnehmer aus anderen europäischen Mitgliedstaaten.
Ich hoffe, daß unsere Tarifpartner die Kraft haben, sich dazu zu bewegen. Die Lohnhöhe dieser unteren Lohngruppe kann sich dann im Mittelfeld der unteren Gruppe anderer Branchen bewegen. Die anderen Branchen werden sich bei ihren Tarifverhandlungen ja wohl auch etwas gedacht haben.
Bei einem Mißerfolg dieser Bemühungen kann man auch einem Vorschlag nahetreten, der dieser Tage vom Eucken-Institut vorgelegt wurde, der besagt, daß durch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes die einzige rechtlich einwandfreie Lösung auf nationaler Ebene gesucht und gefunden werden kann, um dieses Problem zu lösen.