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    Plenarprotokoll 13/51 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 51. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. September 1995 Inhalt: Begrüßung des Erzbischofs von Kapstadt, Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu sowie des Abgeordneten Jan Nico Scholten (Niederlande) . . . . . . 4240 B Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996 Haushaltsgesetz 1996) (Drucksache 13/2000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1995 bis 1999 (Drucksache 13/2001) Rudolf Scharping SPD . . . . . . . . . 4217 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 4226 C Peter Dreßen SPD 4231 A Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4235 B Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 4240 B Dr. Gregor Gysi PDS . . . . . . . . 4246 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 4249 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS . . . . 4260 A, 4340 B Günter Verheugen SPD . . . . . . . . 4260 C Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermeister (Berlin) 4266 A Thomas Krüger SPD 4268 A Dr. Christa Luft PDS 4269 B Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4271 A, 4278 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . . 4272 C Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 4278 C Andrea Lederer PDS 4279 D Dr. Klaus Rose CDU/CSU 4281 C Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . 4283 C, 4289 B Jürgen Koppelin F.D.P 4285 A Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 4286 C Freimut Duve SPD 4288 C Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 4289 C Norbert Gansel SPD 4291 B Walter Kolbow SPD 4292 A Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . 4295 D Dietrich Austermann CDU/CSU . 4296 A, 4299 B Walter Kolbow SPD 4297 A Paul Breuer CDU/CSU 4297 D Manfred Opel SPD 4298 D Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 4299 C Dr. Ingomar Hauchler SPD 4300 D Dr. Winfried Pinger CDU/CSU . 4301 D, 4304 A Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4303 B Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . 4304 C Roland Kohn F.D.P. 4305 A Dr. Ingomar Hauchler SPD . . . 4305C, 4308 B Dr. Willibald Jacob PDS 4306 C Michael von Schmude CDU/CSU . . . 4307 D Manfred Kanther, Bundesminister BMI 4309 B Otto Schily SPD . . . . . . . . . . 4312 B Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4316A Ina Albowitz F.D.P. 4318 A Ulla Jelpke PDS 4320 C Horst Eylmann CDU/CSU 4322 A Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 4322 D Dr. Rupert Scholz CDU/CSU . . . . . 4323 B Fritz Rudolf Körper SPD . . . . . . 4326 A Heinz Dieter Eßmann CDU/CSU . 4327 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . 4329 D Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 4331 C Dr. Rupert Scholz CDU/CSU 4332 C Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 4335 C Norbert Geis CDU/CSU . . . . . . . 4336 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . 4337 D Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 4339 A Manfred Kolbe CDU/CSU 4341 B Nächste Sitzung 4342 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4343* A Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1995 4217 51. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. September 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 6. 9. 95 Andres, Gerd SPD 6. 9. 95 Behrendt, Wolfgang SPD 6. 9. 95 * Blunck, Lilo SPD 6. 9. 95 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 6. 9. 95 Frick, Gisela F.D.P. 6. 9. 95 Grießhaber, Rita BÜNDNIS 6. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 6. 9. 95 Hoffmann (Chemnitz), SPD 6. 9. 95 Jelena Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 6. 9. 95 Dr. Jork, Rainer CDU/CSU 6. 9. 95 Dr. Knake-Werner, PDS 6. 9. 95 Heidi Dr. Köster-Loßack, BÜNDNIS 6. 9. 95 Angelika 90/DIE GRÜNEN Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 6. 9. 95 Karl-Hans Leidinger, Robert SPD 6. 9. 95 Lemke, Steffi BÜNDNIS 6. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 6. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Lenzer, Christian CDU/CSU 6. 9. 95 Lotz, Erika SPD 6. 9. 95 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lüth, Heidemarie PDS 6. 9. 95 Neuhäuser, Rosel PDS 6. 9.95 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 6. 9. 95 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 6. 9. 95 Hermann Schätzle, Ortrun CDU/CSU 6. 9. 95 Schenk, Christa PDS 6. 9. 95 Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 6.9.95 Irmingard 90/DIE GRÜNEN Schmidt (Aachen), SPD 6. 9. 95 Ursula Schmitt (Langenfeld), BÜNDNIS 6. 9. 95 Wolfgang 90/DIE GRÜNEN Schultz (Everswinkel), SPD 6. 9. 95 Reinhard Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 6. 9. 95 Simm, Erika SPD 6. 9. 95 Dr. Solms, F.D.P. 6. 9. 95 Hermann Otto Thieser, Dietmar SPD 6. 9. 95 Thönnes, Franz SPD 6. 9. 95 Tippach, Steffen PDS 6. 9. 95 Tröscher, Adelheid SPD 6. 9. 95 Vosen, Josef SPD 6. 9. 95 Wieczorek-Zeul, SPD 6.9.95 Heidemarie Zierer, Benno CDU/CSU 6. 9. 95 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Fritz Rudolf Körper


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer sich mit dem Haushalt dieses Ministeriums beschäftigt, kommt nach meinem Dafürhalten an einem Thema, das bisher noch keine Rolle spielte, nicht vorbei, nämlich an dem Thema der Aussiedler. Wir haben eine Vereinbarung: 225 000 Aussiedler plus/minus 10 % können derzeit in unser Land kommen. Mittlerweile müssen wir aber feststellen, daß es Regionen in der Bundesrepublik Deutschland gibt, die sich durch eine sehr starke Konzentration von Aussiedlern auszeichnen. Es gibt sogar Städte und Gemeinden, in denen jeder dritte bis vierte Einwohner ein Aussiedler ist. Mein Kollege Günter Graf könnte Ihnen beispielsweise bestens berichten, wie sich eine solche Situation in einem Landkreis wie Cloppenburg vor Ort darstellt.
    Diese Situation beschäftigt offensichtlich auch CDU-Politiker vor Ort. So erwägt der Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion in Niedersachsen eine Verfassungsklage gegen den Bund. Oder ein CDU-Staatssekretär verkündet im August zur Aussiedlerproblematik, Zuzüge müßten reguliert und Ansprüche gedrosselt werden. Gemeinden in dieser Region erwägen sogar, keine Bauplätze mehr an Aussiedler zu verkaufen. Selbst Ihre eigenen Leute vor Ort können der Politik, wie Sie sie hier in Bonn machen, nicht mehr zustimmen.

    (Beifall bei der SPD Otto Schily [SPD]: Da sollte der Herr Waffenschmidt ein bißchen mehr zuhören!)

    Ob eine Integration gelingt, läßt sich nur, lieber Kollege Waffenschmidt, an einer ausreichenden Zahl von Kindergartenplätzen, Schulplätzen, Arbeitsplätzen und Wohnungen deutlich machen.
    Diese Integration ist in vielen Bereichen unserer Republik schon nicht mehr möglich. Um diese Integration geht es, wenn wir hier eine glaubwürdige Politik machen wollen. Aus diesen Gründen will ich deutlich festhalten, daß eine Politik, die eine Integration nicht mehr leisten will und kann und die Randgruppen unserer Gesellschaft schafft, eine Politik ist, wie wir sie uns nicht vorstellen und wie wir sie nicht haben wollen.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Lieber Bruder Waffenschmidt, einladen und nicht um die Menschen kümmern wird den Betroffenen nicht gerecht und entspricht auch nicht einer christlichen Glaubenshaltung.

    (Beifall bei der SPD)

    Es werden jährlich über 150 Millionen DM in diesem Haushalt für die Deutschen in den sogenannten Siedlungsgebieten im Ausland zur Verfügung gestellt. Ziel muß es doch sein, die Menschen zu ermutigen, in ihrer neu anvertrauten Heimat zu bleiben. Maßnahmen vor Ort in diesen Siedlungsgebieten, die die Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland vorbereiten, widersprechen meines Erachtens dem gesamten Projekt mit seiner Zielsetzung. Das kann doch wohl nicht gewollt sein.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich will kurz etwas zu einem anderen Thema sagen. In den verschiedensten Bereichen unserer Gesellschaft stellen wir zur Zeit fest, daß die Hemmschwelle zur Anwendung von Gewalt erheblich sinkt. Wir müssen auf der Hut sein und bleiben, was extremistische Einstellungen und Gewalttäter anbelangt. Erschreckend ist jedenfalls für mich der hohe Anteil männlicher Jugendlicher unter 17 und unter 21 Jahren, die an extremistisch orientierten Gewalttaten beteiligt sind, was in der Jugendgeschichte ein bisher einzigartiges Faktum ist.
    Es ist richtig, daß in diesem Haus Extremismus und Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen auf eine gemeinsame Ablehnungsfront stoßen. Reicht das aber aus? Reicht es aus, die Jugendlichen wegen ihrer undemokratischen Haltung zu verdammen und wegen ihrer Straftaten zu bestrafen? Ich sage, daß das nicht ausreicht. Wir werden die Gewaltbereitschaft nicht herabsetzen, wenn es uns nicht gelingt, die Ursachen in den verschiedensten Lebensumfeldern zu beseitigen.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese Bundesregierung muß sich entgegenhalten lassen, daß ihre praktizierte Politik Mitschuld an einem gesellschaftlichen Klima trägt, in dem Menschen ausgegrenzt und an den Rand unserer Gesellschaft gedrängt werden.

    (Beifall bei der SPD - Günter Graf [Friesoythe] [SPD]: Das sind die Ursachen!)

    Deswegen ist es für mich notwendig, sich mit dem Thema Gewalt in den Medien öffentlich auseinanderzusetzen.

    (Norbert Geis [CDU/CSU]: Das ist richtig!)

    Gerade Sie waren es doch, die eine Privatisierung und Ausdehnung unseres Medienmarktes mit einer stetig wachsenden Konzentration zu Lasten der Pluralität betrieben haben. Sie treten den Fehlentwicklungen nicht energisch genug entgegen.

    (Beifall bei der SPD und der PDS Norbert Geis [CDU/CSU]: Vorsicht, Vorsicht! Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Sie haben auch einmal Marx angebetet und heute nicht mehr!)


    Fritz Rudolf Körper
    - Lieber Erwin Marschewski, es wäre besser, du würdest jetzt weiter zuhören.
    Die zunehmende Gewaltbereitschaft von Jugendlichen läßt sich zwar ebenso wenig allein auf das Konto der Medien wie auf das Konto der Erziehung verbuchen. Aber zusammen mit Werteverfall, sozialen Problemen, Orientierungslosigkeit und fehlenden Perspektiven tragen die Gewaltdarstellungen im Fernsehen, auf Videos und anderswo dazu bei, daß Kinder und Jugendliche Gewalt leider zunehmend als Mittel der Konfliktlösung sehen. Wenn Sie gerade heute diese negativen Entwicklungen beklagen, so klingt dies auf Grund ihrer bisherigen politischen Entscheidungen wenig überzeugend.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, wir stehen vor einer schwierigen Aufgabe angesichts der schnellen Veränderungen und politischen Rahmenbedingungen in unserer Politik. Sie muß einerseits die Zukunft gestalten und dafür notwendige Reformen einleiten. Ich nenne nur stichwortartig Reform der öffentlichen Verwaltung, Stärkung der inneren Sicherheit, Kampf gegen das organisierte Verbrechen, sozialverträgliche Regelungen im Asylrecht, sozialverträgliche Steuerung des Ausländerzuzugs, aber auch eine stärkere Kontrolle der Medien, die in einer Zeit ungebremster Medienkonzentration eine überragende Rolle bei der Meinungsbildung erlangt haben und sich in der Verfassungswirklichkeit neben den drei verfassungsgemäßen Gewalten Parlament, Regierung und Rechtsprechung faktisch zu einer vierten Gewalt in unserer Gesellschaft entwickelt haben.

    (Beifall des Abg. Günter Graf [Friesoythe] [SPD])

    Diese Reformen können andererseits nur auf der Grundlage der geltenden Prinzipien unserer Verfassung gelingen. Diese gilt es zu bewahren und ständig im Bewußtsein der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere der Jugend zu verankern.
    Ich nenne kurz drei Beispiele. Die beste Abwehr gegen eine Erosion unserer Verfassung sind nicht politische Reden sondern das gelebte Vorbild. Eine agitatorische Beschimpfung des Bundesverfassungsgerichts - das hat ja heute schon eine Rolle gespielt -, die über das normale und zulässige Maß einer Urteilsschelte hinausgeht, beschädigt nicht nur das Bundesverfassungsgericht, sondern darüber hinaus unseren gesamten Rechtsstaat. Wenn Rechtsbewußtsein schwindet, sollten Sie die Schuld nicht immer bei den anderen suchen.

    (Beifall bei der SPD)

    Mit Bekenntnissen zum Rechtsstaat allein ist nichts getan. Die Kriminalitätsentwicklung verletzt das Rechtsbewußtsein mit erheblichen Folgen. Kann der Staat angesichts der vorhandenen Kriminalität und der Aufklärungsquoten den gesetzlichen Strafanspruch nicht mehr ausreichend durchsetzen, sinkt zwangsläufig das Vertrauen in die Bestands- und Durchsetzungskraft der Rechtsordnung und die
    Rechtstreue aller Bürger. Die Folgen von Mißtrauen, ja der Mißachtung gegenüber Staat und Recht sind Erscheinungen der Korruption. Die organisierte Kriminalität findet hier ihren Nährboden.
    Was macht die Bundesregierung angesichts dieser Gefahren? Ihre bisherigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Kriminalität, vor allem aber der organisierten Kriminalität, zeigen keinen durchschlagenden Erfolg.
    Nach wie vor wird die Bundesrepublik Deutschland als außerordentlich gut geeignete Waschanlage für unrechtmäßig erworbenes Geld angesehen und benutzt. Um diese Geldwäsche wirksam zu bekämpfen, fehlt bisher eine geeignete Gesetzesgrundlage. Hier wie auch hinsichtlich der Möglichkeit eines wirksamen Abhörens im Milieu der organisierten Kriminalität hat die Koalition ihre Hausaufgaben noch nicht gemacht. Die Zeit ist gekommen, daß dies jetzt erfolgt.
    Wir stimmen darin überein, daß das staatliche Gewaltmonopol die Voraussetzung war und ist für die Befriedung unserer Gesellschaft. Seine Beseitigung würde längerfristig das allgemeine Staatsverständnis ebenso wie das Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger zum Staat gravierend verändern.
    Schon heute gewährleistet der Staat mit seinen Sicherheitskräften die innere Sicherheit nicht mehr alleine. Das private Sicherheitsgewerbe expandiert. Rechtlich ist das staatliche Gewaltmonopol bisher zwar erhalten geblieben, fraglich ist allerdings, inwieweit seine weitere schrittweise Aushöhlung angesichts der tatsächlichen Entwicklungen und eines öffentlichen Gewöhnungseffektes gestoppt werden kann. Für das private Sicherheitsgewerbe halten wir eine gesetzliche Grundlage für notwendig. Wir werden entsprechende Initiativen einleiten.
    Herr Minister, Sie können mit unserer Aufmerksamkeit für Ihre Politik in Ihrem Bereich rechnen - bei Ihren Taten, aber auch bei Ihren Versäumnissen. Und davon gibt es leider doch einige.
    Schönen Dank.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich erteile dem Abgeordneten Heinz Dieter Eßmann das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz-Dieter Eßmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einem demokratischen Rechtsstaat besteht ein nie ganz aufzulösendes Spannungsverhältnis zwischen den Freiheitsrechten des einzelnen und den Erfordernissen der inneren Sicherheit. Unbestritten gehört Deutschland zu den liberalsten Ländern dieser Welt. Die Individualrechte haben bei uns einen breiteren Spielraum - auch das ist unbestritten - als selbst in Frankreich, Amerika oder anderen bewährten Demokratien. Andererseits ist Deutschland gerade wegen seiner Offenheit ein bevorzugter Tummelplatz der organisierten Kriminalität geworden. Aus diesem Zwiespalt ergibt sich die Problematik einer wirkungsvollen Innenpolitik.

    Heinz Dieter Eßmann
    Im Gegensatz zu Ihnen, lieber Herr Körper, stelle ich fest: Die Bundesregierung und die Koalition sind dieser Aufgabe in hohem Maße nachgekommen, und das, obwohl in vielen Fällen, in denen die Solidarität aller Deutschen gefordert war, die Opposition ihre Mitwirkung verweigert hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU Widerspruch bei der SPD)

    Aber dies wird die CDU/CSU-Fraktion und insbesondere den Bundesinnenminister nicht daran hindern, den eingeschlagenen Weg mit Überzeugung, Selbstbewußtsein und,

    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kraft!)

    wenn es sein muß, mit der nötigen Härte weiterzugehen,

    (Beifall bei der CDU/CSU Dr. Uwe Küster [SPD]: Jawohl! Genau das, was ich brauche!)

    und dies, aus der Überzeugung heraus, daß der weitaus größte Teil unserer Bevölkerung in dieser Frage hinter uns steht.

    (Dr. Uwe Küster [SPD]: Die innenpolitische Mottenkiste ist das!)

    Dieses Bemühen ist auch im Haushaltsentwurf, von dem wir heute reden, deutlich erkennbar.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU Dr. Uwe Küster [SPD]: Mein Gott, nein!)

    Ich will das an Hand einiger Beispiele ansprechen.

    (Antje Hermenau [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Neue Männer braucht das Land!)

    Wie bereits erwähnt, beträgt die Steigerung im Einzelplan 06 bereinigt rund 2,4 %, während der Gesamthaushalt um 1,3 % absinkt.

    (Dr. Uwe Küster [SPD]: Das letzte Aufgebot der CDU! O Gott, o Gott!)

    - Das ist das einzige, was Sie heute beigetragen haben; das ist bemerkenswert. Ich werde es mir merken.

    (Dr. Uwe Küster [SPD]: Ihre Beiträge sind dieses Hauses nicht würdig!)

    Lassen Sie mich zunächst zu dem Bereich Bundesgrenzschutz kommen. Für den Bundesgrenzschutz sind im Jahre 1996 insgesamt 2,941 Milliarden DM vorgesehen; das sind rund 200 Millionen DM mehr als im Vorjahr und entspricht einer Steigerung von rund 7,5 %. Der Stellenhaushalt des Regierungsentwurfs 1996 enthält insgesamt 33 206 Planstellen und Stellen für den gesamten BGS.
    An Schwerpunkten des BGS-Personalhaushaltes sind zu nennen: Für den gehobenen und mittleren Polizeivollzugsdienst werden 1996 1200 Nachwuchskräfte eingestellt. Bei zur Zeit rund 6 400 in der Ausbildung befindlichen Nachwuchskräften wird der
    BGS 1996 die heute noch bestehende Personallücke - das muß man so akzeptieren - von rund 1 700 Polizeivollzugsbeamten weiter deutlich abbauen können.
    Für die seit 1993 beim BGS beschäftigten Grenzpolizeilichen Unterstützungskräfte, die sogenannten Guks, im Angestelltenverhältnis, die nur befristet für die Dauer von drei Jahren zur Schließung der damaligen erheblichen Personallücke im Polizeivollzugsbereich eingestellt worden sind, enthält der Haushalt 1996 die notwendige Ermächtigung für deren Weiterbeschäftigung.

    (Antje Hermenau [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie aufregend!)

    In den Jahren 1997 und 1998 werden, durch Haushaltsvermerk abgesichert, dem BGS dafür insgesamt 1 300 Stellen zufließen.
    Im Verwaltungsbereich des BGS - auch dies gehört dazu - sind 349 neue Stellen vorgesehen. Mit diesem zusätzlichen Verwaltungspersonal kann ein wesentlicher Teil des Personalbedarfs ausgeglichen werden. In den Folgejahren muß das Verwaltungspersonal aber weiter verstärkt werden. Das Personal selbst soll aus den Behörden im Geschäftsbereich des BMI gewonnen werden, die durch Stellenabbau Personal abgeben können. Dennoch - das sei kritisch angemerkt - beträgt das Verhältnis zwischen Verwaltung und Vollzug nach wie vor 1 : 7 und zu dem wünschenswerten Verhältnis 1 : 5 beträgt die Differenz noch rund 900 Stellen. Hier besteht gegebenenfalls Handlungsbedarf.
    Wenn wir den Bereich der Beschaffungsvorhaben für den BGS betrachten, so ist festzustellen, daß alle erforderlichen Anschaffungen laufen und haushaltsmäßig abgesichert sind. Dadurch wird im Haushaltsansatz deutlich, daß sich die Bundesregierung und die CDU-Fraktion der besonderen sicherheitspolitischen Herausforderung mit einer 1 264 km langen Grenze zu Polen und der Tschechischen Republik massiv auch in Zukunft stellen wird. Die CDU-Fraktion hat in den vergangenen Jahren der Verstärkung der Grenzsicherheit und der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität besondere Bedeutung beigemessen. Auch in Zukunft muß der Bundesgrenzschutz durch ein funktionierendes Netzwerk polizeitaktischer, organisatorischer, personeller und ausstattungsmäßiger Maßnahmen zu einem schlagkräftigen Instrument deutscher Sicherheitspolitik weiter ausgebaut werden.
    Ich habe vor drei Wochen mit einigen Kollegen die tschechische Grenze im Abschnitt Pirna besucht und selbst erleben können, mit welcher Brutalität organisierte Schleuser andere Menschen aus blankem Gewinnstreben in bittere Not und Hoffnungslosigkeit treiben. Und ich habe erlebt, mit welchem hohen persönlichen Einsatz, unter teilweise schwierigsten Bedingungen, Beamte des Bundesgrenzschutzes ihren Dienst versehen. Wir haben allen Grund, ihnen dafür zu danken, und die Verpflichtung, dies auch durch Handeln im Haushalt zu verdeutlichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Heinz Dieter Eßmann
    Lassen Sie mich zum Bereich des Sports kommen. Der Haushaltsansatz der Sportförderung weist mit 223 Millionen DM im Regierungsentwurf 1996 gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von fast 14 Millionen DM auf. Dieser Mehransatz erstreckt sich z. B. auf die zentralen Maßnahmen des Sports, wo sich der Bund u. a. an den Kosten der Vorbereitung und Entsendung der Mannschaft für die Olympischen Spiele in Atlanta mit einem Zuschuß von 9,5 Millionen DM beteiligt.
    Der Ansatz zur Projektförderung in Sporteinrichtungen in den neuen Bundesländern mit insgesamt 12 Millionen DM dient zur Förderung der gemäß Art. 39 des Einigungsvertrages unter Trägerschaft von Sportverbänden fortgeführten sportwissenschaftlichen Einrichtungen: hier das Institut für angewandte Trainingswissenschaften in Leipzig und das Institut für Forschung und Entwicklung von Sportstätten in Berlin.
    Ein Wort noch zur Errichtung des Deutschen Sportmuseums in Köln. Hier sind im Haushalt 1,5 Millionen DM vorgesehen. Hier fehlt aber noch - das muß angemahnt und deutlich gemacht werden - die Zusage des Trägervereins, die Bundesregierung zumindest von den Folgekosten auszuschließen. Sofern diese nicht vorhanden ist, können wir diese Förderung nicht durchführen. Das muß auch an dieser Stelle sehr deutlich gesagt werden. Wir klagen das einfach vom Trägerverein ein. Hier hapert es wohl im wesentlichen an der Stadt Köln.
    Als weiterer Schwerpunkt für Sportförderung sind die Zuschüsse für Errichtung, Erstausstattung und Bauunterhaltung der Bundesleistungszentren für den Hochleistungssport mit einem Haushaltsansatz von 66,5 Millionen DM zu nennen. Diese Mittel werden benötigt, um die Sportstätten für den Hochleistungssport in einem nutzungsfähigen Zustand zu erhalten bzw. diesen Zustand durch Sanierungs- und Ersatzbaumaßnahmen herzustellen. Vor allem in den neuen Bundesländern besteht ein erheblicher Sanierungsbedarf.
    Lassen Sie mich feststellen, daß der deutsche Sport mit diesen Haushaltsansätzen mehr als zufrieden sein kann.

    (Erwin Marschewski [CDU/CSU]: So ist es!)

    Aber der deutsche Sport muß nun seinerseits zügig die mehrfach angekündigten veränderten Organisationsformen in die Tat umsetzen.
    Lassen Sie mich abschließend noch ein Wort zum Bereich kulturelle Förderung, Vertriebene und Aussiedler sagen. Die Erfahrung mit dem Kriegsfolgenbereinigungsgesetz vom 1. Januar 1993 beweist die Notwendigkeit der bewährten Strategie in der Aussiedlerpolitik, die da heißt: Sorgfältiges Aufnahmeverfahren und Hilfe in den Herkunftsgebieten. Bei rund 4 Millionen Deutschen in Osteuropa und jährlich rund 200 000 Aufnahmen in Deutschland bleibt es notwendig, die Integration in Deutschland zu unterstützen und Siedlungsschwerpunkte der Deutschen in Osteuropa zu fördern, wo Deutsche leben, die nicht aussiedeln können oder noch nicht aussiedeln wollen.
    Da der Zugang von Spätaussiedlern nun auf etwa 200 000 Deutsche pro Jahr festgeschrieben wurde, ist er für die betroffenen Verwaltungen auch berechenbar geworden. Man muß sich jedoch klar sein, daß jede Veränderung dieser Zahl, aus welchen Gründen auch immer, auch zusätzliche Mittel im Rahmen der Haushaltsdurchführung erfordert.
    Operativen Schwerpunkt bilden die Mittel zur Hilfe für die Deutschen in Aussiedlungsgebieten mit 150 Millionen DM. Gegenüber 1995 konnte eine Steigerung von 35 Millionen DM erreicht werden. Durch diese Hilfe im kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Bereich in den Herkunftsländern, hauptsächlich in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion, sollten den dortigen Deutschen Perspektiven eröffnet werden, um ihnen eine echte Alternative zur Aussiedlung nach Deutschland zu geben.
    In Anbetracht der Zeit ist es mir leider nicht möglich, noch weitere Schwerpunkte des Einzelplans 06 anzusprechen. Insbesondere der Bereich der Kultur hätte eine besonders bewertende Ansprache verdient.
    Meine Damen und Herren, der Haushaltsplan des Innenministers ist wohldurchdacht. Er ist gut strukturiert. Ich bitte Sie deshalb, ihm im weiteren Verfahren zuzustimmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Erst einmal beraten wir ihn, und dann stimmen wir zu!)