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ID1305105500

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    Plenarprotokoll 13/51 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 51. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. September 1995 Inhalt: Begrüßung des Erzbischofs von Kapstadt, Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu sowie des Abgeordneten Jan Nico Scholten (Niederlande) . . . . . . 4240 B Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996 Haushaltsgesetz 1996) (Drucksache 13/2000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1995 bis 1999 (Drucksache 13/2001) Rudolf Scharping SPD . . . . . . . . . 4217 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 4226 C Peter Dreßen SPD 4231 A Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4235 B Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 4240 B Dr. Gregor Gysi PDS . . . . . . . . 4246 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 4249 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS . . . . 4260 A, 4340 B Günter Verheugen SPD . . . . . . . . 4260 C Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermeister (Berlin) 4266 A Thomas Krüger SPD 4268 A Dr. Christa Luft PDS 4269 B Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4271 A, 4278 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . . 4272 C Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 4278 C Andrea Lederer PDS 4279 D Dr. Klaus Rose CDU/CSU 4281 C Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . 4283 C, 4289 B Jürgen Koppelin F.D.P 4285 A Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 4286 C Freimut Duve SPD 4288 C Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 4289 C Norbert Gansel SPD 4291 B Walter Kolbow SPD 4292 A Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . 4295 D Dietrich Austermann CDU/CSU . 4296 A, 4299 B Walter Kolbow SPD 4297 A Paul Breuer CDU/CSU 4297 D Manfred Opel SPD 4298 D Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 4299 C Dr. Ingomar Hauchler SPD 4300 D Dr. Winfried Pinger CDU/CSU . 4301 D, 4304 A Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4303 B Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . 4304 C Roland Kohn F.D.P. 4305 A Dr. Ingomar Hauchler SPD . . . 4305C, 4308 B Dr. Willibald Jacob PDS 4306 C Michael von Schmude CDU/CSU . . . 4307 D Manfred Kanther, Bundesminister BMI 4309 B Otto Schily SPD . . . . . . . . . . 4312 B Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4316A Ina Albowitz F.D.P. 4318 A Ulla Jelpke PDS 4320 C Horst Eylmann CDU/CSU 4322 A Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 4322 D Dr. Rupert Scholz CDU/CSU . . . . . 4323 B Fritz Rudolf Körper SPD . . . . . . 4326 A Heinz Dieter Eßmann CDU/CSU . 4327 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . 4329 D Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 4331 C Dr. Rupert Scholz CDU/CSU 4332 C Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 4335 C Norbert Geis CDU/CSU . . . . . . . 4336 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . 4337 D Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 4339 A Manfred Kolbe CDU/CSU 4341 B Nächste Sitzung 4342 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4343* A Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1995 4217 51. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. September 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 6. 9. 95 Andres, Gerd SPD 6. 9. 95 Behrendt, Wolfgang SPD 6. 9. 95 * Blunck, Lilo SPD 6. 9. 95 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 6. 9. 95 Frick, Gisela F.D.P. 6. 9. 95 Grießhaber, Rita BÜNDNIS 6. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 6. 9. 95 Hoffmann (Chemnitz), SPD 6. 9. 95 Jelena Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 6. 9. 95 Dr. Jork, Rainer CDU/CSU 6. 9. 95 Dr. Knake-Werner, PDS 6. 9. 95 Heidi Dr. Köster-Loßack, BÜNDNIS 6. 9. 95 Angelika 90/DIE GRÜNEN Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 6. 9. 95 Karl-Hans Leidinger, Robert SPD 6. 9. 95 Lemke, Steffi BÜNDNIS 6. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 6. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Lenzer, Christian CDU/CSU 6. 9. 95 Lotz, Erika SPD 6. 9. 95 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lüth, Heidemarie PDS 6. 9. 95 Neuhäuser, Rosel PDS 6. 9.95 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 6. 9. 95 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 6. 9. 95 Hermann Schätzle, Ortrun CDU/CSU 6. 9. 95 Schenk, Christa PDS 6. 9. 95 Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 6.9.95 Irmingard 90/DIE GRÜNEN Schmidt (Aachen), SPD 6. 9. 95 Ursula Schmitt (Langenfeld), BÜNDNIS 6. 9. 95 Wolfgang 90/DIE GRÜNEN Schultz (Everswinkel), SPD 6. 9. 95 Reinhard Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 6. 9. 95 Simm, Erika SPD 6. 9. 95 Dr. Solms, F.D.P. 6. 9. 95 Hermann Otto Thieser, Dietmar SPD 6. 9. 95 Thönnes, Franz SPD 6. 9. 95 Tippach, Steffen PDS 6. 9. 95 Tröscher, Adelheid SPD 6. 9. 95 Vosen, Josef SPD 6. 9. 95 Wieczorek-Zeul, SPD 6.9.95 Heidemarie Zierer, Benno CDU/CSU 6. 9. 95 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Karsten D. Voigt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Kollegin Lederer, darauf eine klare Antwort: Ich habe in meinem Diskussionsbeitrag die Einsätze der Bundesluftwaffe nicht kritisiert. Ich habe auch nicht gesagt, daß ich einem Beschluß nicht zugestimmt hätte, wenn der Bundesaußenminister und der Bundesverteidigungsminister das angekündigt hätten, was sie jetzt tun. Ich habe nur gesagt, daß diese beiden den vollen Umfang der Einsätze meiner Meinung nach damals nicht richtig vorausgesehen haben, der, wie ich meine, aber voraussehbar war, nämlich daß sich die restriktiven Bedingungen, die sie hier im Parlament, um eine breite Mehrheit zu erreichen, angekündigt

    Karsten D. Voigt (Frankfurt)

    haben, im weiteren Verlauf der Ereignisse so nicht einhalten ließen.
    Aus diesem Grund habe ich im Auswärtigen Ausschuß gesagt, es handele sich eher um eine politischsymbolische Sache mit militärischer Substanz als um einen militärisch-substantiellen Beitrag der Bundesluftwaffe. Ich vermute, daß schrittweise eine immer größere militärische Substanz angestrebt wird. Dafür möchte ich die politischen Begründungen kennen. Das kann man nämlich nicht einfach ohne eine politische Debatte durchgehen lassen.
    Herr Bundesaußenminister, Sie haben in einem Brief an Herrn Granic zu Recht das Verhalten der Kroaten in bezug auf die Krajina kritisiert. Ich hätte gewünscht, daß Sie die Verbrechen, die von den Kroaten in der Krajina begangen wurden, früher und auch öffentlich kritisiert hätten. Es sind Morde vorgekommen. Es hat dort nicht nur Flucht, sondern auch Vertreibung gegeben. Der Umfang der Morde ist nicht gleichermaßen schwerwiegend wie das, was die Serben wahrscheinlich in Srebrenica gemacht haben. Trotzdem müßten gerade die Deutschen in dieser Frage ein Interesse daran haben, das Verhalten der Kroaten öffentlich vernehmbar und frühzeitig zu verurteilen.
    Darüber hinaus halte ich es für sehr wichtig, daß wir in diesen Tagen Druck auf die Kroaten ausüben, um zu erreichen, daß sie in Ostslawonien nicht militärisch agieren und auch nicht in der Umgebung von Dubrovnik.
    Es ist auch wichtig - Sie haben das angedeutet -, daß wir den Serben frühzeitig signalisieren, daß wir bei einer Friedenslösung nicht nur zum Wiederaufbau und zur ökonomischen Zusammenarbeit mit den Kroaten und der bosnischen Regierung, sondern auch mit den Serben bereit sind.
    Es gibt in diesem Hause hoffentlich keine antiserbischen Emotionen. Wir haben nichts gegen das serbische Volk.

    (Beifall des Abg. Ulrich Irmer [F.D.P.])

    Ich wäre sehr dafür, wenn alle Parteien dieses Hauses ihre Kontakte nicht nur zu den bosnischen Parteien, nicht nur zu den Kroaten, sondern zu den verschiedenen politischen Gruppierungen und Parteien in Belgrad intensivieren würden.
    Obwohl mir der Mann persönlich nicht schmeckt und er einer der Hauptverursacher dieses Krieges war, glaube ich, daß das Milošević nicht ausschließen kann. Ich bin der Meinung, daß die Bonner Politik klug beraten ist, wenn sie die Kontakte zu Milošević nicht nur Holbrooke überläßt, sondern wenn sie im Sinne eines Einwirkens auf eine Friedenslösung auch mit Belgrad Kontakte aufnimmt oder intensiviert.
    Mein zweites Thema ist die Wiederaufnahme der französischen Nukleartests. Die deutsch-französische Zusammenarbeit und Aussöhnung ist, wenn es so etwas überhaupt gibt, die Staatsräson, die nicht nur die Bundesrepublik Deutschland, sondern die auch das vereinigte Deutschland neuer Art binden sollte. Ohne die deutsch-französische Aussöhnung würde Europa in alte Rivalitäten zurückfallen, ohne die deutsch-französische Aussöhnung gibt es keine europäische Einigung.
    Aus diesem Grunde ist alles, was zwischen den Franzosen und uns strittig ist, sehr sorgfältig zu behandeln. Es gibt in zunehmendem Maße strittige Punkte. Bei der Welthandelsorganisation gab es ebenso wie bei der Osterweiterung der Europäischen Union und bei bestimmten Aspekten der Balkanpolitik strittige Punkte.
    Um so wichtiger wäre es gewesen, daß die Bundesregierung sehr frühzeitig die französische Regierung, auch Herrn Chirac, darauf aufmerksam gemacht hätte, daß die Wiederaufnahme der Nukleartests in Europa insgesamt und in Deutschland insbesondere zu einer Protestwelle gegen die französische Politik führen würde. Herr Chirac hat das offensichtlich völlig falsch eingeschätzt.

    (Beifall bei der SPD)

    Es gehört zur deutsch-französischen Freundschaft und zur Kultur des Dialogs zwischen diesen beiden Staaten, daß man solche Probleme frühzeitig benennt und nicht verschweigt. Ich werfe der Bundesregierung vor, daß sie das nicht bereits während des Wahlkampfes auf informellen Kanälen und auch nicht, als Chirac das angekündigt hat, gemacht hat.

    (Ulrich Irmer [F.D.P.]: Informelle Kanäle haben es an sich, daß sie nicht in der Zeitung stehen!)

    Ich fände es sehr gut, wenn sich die Partner in Paris und Bonn hinsichtlich ihrer jeweiligen Politik kritisieren könnten - das sollte völlig normal sein - und das nicht als Einmischung in die inneren Angelegenheiten empfunden würde. Ich habe es deshalb als schädlich empfunden, daß der französische Botschafter, François Scheer, im Außenministerium einbestellt wurde, als er zu einer bestimmten Frage der deutschen Innenpolitik Stellung genommen hat. Ich halte das für einen Fehler.

    (Bundesminister Dr. Klaus Kinkel: Na! Na!) - Er hat sich seitdem auch nicht wieder geäußert.

    Ich glaube, daß umgekehrt eine solche wechselseitige Einmischung in sogenannte innere Angelegenheiten insofern erforderlich ist, als sie in Wahrheit europäische Angelegenheiten sind. Man kann nicht von einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik, für die wir sind, reden, ohne daß man solche Fragen wie die französischen Nukleartests europäisch diskutiert und auch im Entscheidungsprozeß letztendlich europäisiert, indem man die französische Regierung frühzeitig auf die europäische Dimension ihrer Entscheidung hinweist.

    (Beifall bei der SPD)

    Trotzdem sage ich: Es gibt ein Manko - weniger bei der Bevölkerung; die französische Bevölkerung ist in der Mehrheit gegen die Tests - in der sicherheitspolitischen Kultur bei den Leuten, die Außen- und Sicherheitspolitik in Frankreich und Deutschland diskutieren. Die Kollegen Seiters und Duve und

    Karsten D. Voigt (Frankfurt)

    ich werden in der übernächsten Woche in Paris sein, um über diese Frage zu diskutieren. Wir müssen eine gemeinsame deutsch-französische Kultur der Außen- und Sicherheitspolitik entwickeln; denn ohne eine solche gemeinsame deutsch-französische Kultur in diesem Bereich wird es keine substantiellen Erfolge in der Außen- und Sicherheitspolitik Europas geben, selbst wenn es die Institutionen dafür gibt.

    (Beifall bei der SPD)

    Abschließend noch drei kurze Bemerkungen. Die erste bezieht sich auf die Frage der transatlantischen Beziehungen. Dort wird sehr viel von einer nordatlantischen Freihandelszone, von neuen Verträgen und Vereinbarungen geredet. Ich empfehle der Bundesregierung, weniger über neue Verträge und Vereinbarungen, sondern mehr über die Substanz zu reden. Die Substanz ist, daß wir nach dem Ende des Ost-West-Konflikts die im NATO-Vertrag angelegten zivilen Teile aktivieren müssen.
    Wir müssen zusätzlich zu der militärischen NATO nicht nur eine politische, sondern eine zivile NATO entwickeln. So etwas machen wir in der Nordatlantischen Versammlung, das reicht aber nicht aus. Dazu gehört ein wachsender Austausch im kulturellen Bereich. Dazu gehört gemeinsames Agieren im wirtschaftspolitischen Bereich. Auf beiden Seiten gehört der Abbau einiger protektionistischer Vorschriften bei Textil, Stahl und Kohle dazu, was auch uns treffen würde. Auch eine Reform der Landwirtschaftspolitik ist erforderlich. Wir müssen - das ist meine Kernthese - in den transatlantischen Beziehungen einen Neuanfang finden, der besonders den Ausbau der zivilen transatlantischen Beziehungen und nicht primär die militärischen Beziehungen betrifft.
    Zweitens. Ende dieses Jahres läuft die Frist aus, in der die Staaten Europas ihre konventionelle Abrüstung umgesetzt haben müssen. Es besteht die Gefahr, daß diese Limits in einigen Gebieten Rußlands nicht eingehalten werden. Ich fordere die Russen auf, diese Limits einzuhalten. Gleichwohl meine ich, daß man auf dem Verhandlungswege darüber reden müßte, ob der eine oder andere Wunsch der Russen nach Veränderung der Limits berechtigt ist.
    Aber entscheidend ist, Herr Bundesaußenminister, daß eine Nichteinhaltung des Zeitpunkts Ende November dieses Jahres - es ist nicht mehr lange hin - zu einer Erosion und einer Krise des wichtigsten rüstungskontrollpolitischen Vertrags im konventionellen Bereich, der in Europa verabschiedet worden ist, führen könnte. Deshalb ist es erforderlich, daß wir nicht in eine solche Krise hineinschlittern, sondern frühzeitig vorbeugen und zu Lösungen und Vereinbarungen kommen. Sie haben zu diesem Thema heute nichts gesagt. Ich hoffe, daß das nicht bedeutet, daß Sie sich dafür nicht interessieren.
    Zuallerletzt: Der Bundeskanzler hat mit Boris Jelzin über chemische Waffen geredet. Die Russen und die Amerikaner haben den entsprechenden internationalen Abrüstungsvertrag immer noch nicht ratifiziert. Wir haben ein Recht, darauf zu drängen, daß sie es endlich tun. Der Bundeskanzler hat sich gerühmt, daß die Bundesrepublik in Zukunft Mittel bereitstellt, um den Russen bei der chemischen Abrüstung zu helfen. Ich wollte ihm nur sagen, daß das ein alter Hut ist. Der Bundestag hat das mit Unterstützung aller in ihm vertretenen Parteien schon lange bewilligt. Ich finde es zwar gut, daß er Jelzin das zusagt, aber er sollte es in seinen Gesprächen nicht als großes neues Ereignis darstellen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Kollege Dr. Klaus Rose, Sie haben das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Klaus Rose


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der „Kölner Stadt-Anzeiger" hat über den gestrigen Beginn der diesjährigen Haushaltsdebatte geschrieben: „Wo bleibt die Opposition?" Nach dem was heute geboten wurde, wird auch morgen wieder in der Zeitung stehen: Wo bleibt die Opposition?

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Zu Recht!)

    Ich darf daran erinnern, daß sich die Opposition in diesem Sommer in ganz anderen Gefilden verheddert hat, und darf Herrn Rau zitieren, der sagte, daß dieses Sommertheater die Menschen angewidert hat. Ich kann nur sagen, wir sind inzwischen so weit, daß es nicht mehr eine Politikverdrossenheit, sondern eine Oppositionsverdrossenheit in diesem Lande gibt.

    (Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Bei uns auch!)

    Ich möchte gerade auch als CSU-Vertreter einiges über die derzeitigen Probleme in der Außen- und Sicherheitspolitik sagen.
    Die härtere Gangart der NATO und der UNO in den letzten Tagen war ein unvermeidbarer und notwendiger Schritt. Dies ist das einzig richtige und unmißverständliche Signal an die bosnischen Serben, endlich einzulenken und den Weg für erfolgreiche Verhandlungen frei zu machen. Es bleibt zu hoffen, daß die UNO nun endlich von ihrer häufig allzu zögerlichen Art im Umgang mit den Kriegsverbrechern Karadžić und Mladic abläßt.
    Ich möchte das Morgenfernsehen zitieren, wo ein Experte des Südost-Instituts kritisiert hat, daß man zwischendurch mit dem Druckausüben auf die bosnischen Serben wieder etwas aufgehört habe: Das sei ein verkehrtes Zeichen; denn man habe über Jahre hinweg ein falsches Spiel getrieben. Ich schließe mich dem an: Man hätte die NATO-Angriffe nicht unterbrechen sollen.
    Wir, die Obleute des Verteidigungsausschusses, hatten gestern den Besuch einer türkischen Delegation, die sich besonders wegen der Menschenrechtsverletzungen in Bosnien-Herzegowina bei uns eingefunden hat. Es ist uns deutlich gesagt worden, daß wir nicht von einem Bürgerkrieg reden sollten, son-

    Dr. Klaus Rose
    dern das, was dort stattfindet, beim Namen nennen sollten. Es ist ein Massenmord von Militärs auf der einen Seite an armen, hilflosen Zivilisten auf der anderen Seite.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Leider wahr!)

    Diesem Massenmord muß man begegnen. Deshalb unterstütze ich das, was auf Veranlassung der UNO durch die NATO gemacht wurde.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, wer in diesen Tagen des Bosnien-Kriegs wie die Fraktion der Grünen noch immer die trügerische Illusion vom Pazifismus als Friedensretter auf die Fahnen schreibt, der betreibt in Wahrheit eine unverantwortliche Hochrisikopolitik. Das merkt auch der Bürger, der diese Art von Doppelmoral sowieso nicht mehr hinnimmt. Erst läßt man bekanntlich die Bundesregierung das Unangenehme tun, läßt sie die Verantwortung tragen und stimmt mit Nein, und einige Wochen später wird die Bundesregierung zum Handeln aufgefordert, für militärischen Schutz der bedrohten serbischen Bevölkerung in den UNO-Schutzzonen zu sorgen.
    Das haben wir schon im Frühjahr gemerkt, als eine Delegation von Grünen in Sarajevo war und den militärischen Einsatz gefordert hat, aber nicht von den Deutschen, sondern von anderen. In echter grün-nationaler Überheblichkeit wird sofort hinzugefügt: Deutschland muß den Schutz sicherstellen, aber nur mit den Soldaten unserer Verbündeten. Das hat sich Gott sei Dank zwar inzwischen geändert, weil Herr Fischer - ich freue mich, daß er mir gegenübersitzt - die hohen moralischen Ansprüche - auf dem Rücken von Soldaten anderer Nationen zur Beruhigung des eigenen Gewissens - zurückgenommen hat. Aber es ist noch immer nicht ganz rübergekommen, was er für die Zukunft meint.
    Herr Fischer hat sich in seinem Leben sowieso verändert. Er hat die Turnschuhe in den Schrank stellen lassen und die Pflastersteine zur Seite gelegt.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerungen] [F.D.P.]: Und hat die Hose weiter machen lassen!)

    Er ist jetzt der Schützer des Rechtstaats. Er selber und die Vertreter der grünen Partei haben Befreiungsbewegungen früher durchaus das Recht der Gewaltanwendung zugebilligt, nur anderen natürlich nicht. Wie es ihm in seine Politik paßt, so läßt er das auch heute zu. Auf diese Weise ist Herr Fischer der große Wendehals innerhalb der grünen Bewegung geworden. Es wundert mich, daß er in seiner Fraktion nicht stärker angegriffen wird und daß er mit dieser Art von veränderter Politik noch etwas zu bewegen vermag.

    (Dr. Wolfgang Weng [Geringen] [F.D.P.]: Ganz egal, was er macht, sie lieben ihn!)

    Nachdem heute beklagt wurde, daß in den neuen Bundesländern eine Entindustrialisierung stattfindet - Herr Fischer, Sie haben dieses Wort gebraucht -, frage ich Sie: Haben Sie früher nicht ständig gegen die Industriepolitik gewettert? Jetzt bejammern Sie, daß die Industrie verschwindet. Sie ändern sich ständig. Sie brauchen sich nicht zu wundern, wenn ich mich darüber ärgere.
    Meine Damen und Herren, unsere Bürger haben Anspruch auf eine realistische, glaubwürdige und stabile Sicherheitspolitik, die sie wirklich schützt. Unsere Bürger haben Anspruch auf eine Politik, die auch im tiefen Frieden die Risiken nüchtern analysiert und die notwendige Vorsorge trifft. Das beinhaltet, daß wir Parlamentarier uns voll und eindeutig hinter unsere Soldaten und hinter den Auftrag der Bundeswehr stellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das heißt auch, daß wir im Notfall bereit sein müssen, die Bundeswehr, wie wir es - ich betone: wie wir es - und Gott sei Dank einige vernünftige Leute der anderen Seite mit dem Bosnien-Beschluß getan haben, maßvoll und mit Bedacht im Dienste des Friedens einsetzen.
    Ich hatte gestern den Besuch des zweithöchsten amerikanischen Soldaten in Europa, der den Beitrag der deutschen Soldaten als unverzichtbar und als besonders lobenswert herausgestellt hat. Ich betone das deshalb, weil manchmal gesagt wird: Man braucht die Deutschen gar nicht mehr. Man braucht die Tornados nicht. Ganz im Gegenteil: Von dem zweithöchsten amerikanischen Soldaten in Europa ist die Rolle der deutschen Soldaten besonders gewürdigt worden. Ich glaube, wir sollten das dankbar zur Kenntnis nehmen und das auch von unserer Seite aus feststellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir müssen nicht zuletzt bereit sein, den Preis zu zahlen, um unsere Bundeswehr modern und für ihren Auftrag leistungsfähig zu halten. Dazu möchte ich ein besonderes Thema ansprechen, das wir im Laufe der Haushaltsberatungen sicherlich entsprechend beurteilen werden.
    Die Bundeswehr muß zur Erfüllung ihrer neuen Aufgaben im Rahmen der Krisenbewältigung mobiler und beweglicher werden. Wir sollten deshalb unterstützen, daß die Bundeswehr vier gebrauchte Airbusse A 310 von der Lufthansa erwirbt und sie zu einer Fracht- und Personenkombiversion umrüsten läßt. Dieser Kauf ist sinnvoll, weil dadurch die Transportkapazität erhöht und eine Ablösung der im Betrieb wesentlich teureren, nicht sehr umweltverträglichen Boeing 707 ermöglicht wird.
    Ich erinnere mich, daß sich, als einmal der Bundeskanzler aus Washington mit einer alten 707 weggeflogen ist, ausgerechnet der „Spiegel" mokiert hat, daß das Flugzeug so viele umweltschädigende Gase hinterlassen haben soll. Wir müßten eigentlich von allen Seiten Unterstützung haben, wenn es darum geht, auch unter diesem Gesichtspunkt die Modernisierung der Flugzeuge zu gewährleisten.
    Aber meine Überlegungen gehen weiter. An den Bundesminister der Verteidigung gerichtet, gebe ich zu bedenken, das Angebot der DASA zu nutzen, diese Flugzeuge beim Umbau zum Kombifrachter in

    Dr. Klaus Rose
    einem Zug, d. h. sofort auch als Luftbetankungsflugzeuge umzurüsten. Dies würde nicht nur erlauben, den Bedarf der Luftwaffe an Luftbetankung mit der Zeit selbst zu decken und Mietkosten zu sparen, es wäre vor allen Dingen auch ein entscheidender industriepolitischer Impuls, der der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie den weltweiten Markt an Tankerflugzeugen erschließen würde.
    Eine schnelle Entscheidung für einen Umbau dieser Flugzeuge in eine Frachter-Tanker-Kombination ist um so dringlicher, als der Hauptkonkurrent Boeing in zwei Jahren sein Konkurrenzmodell auf den Markt bringen wird.
    Meine Damen und Herren, der Fall Bosnien zeigt ernüchternd, wie weit wir noch von einer funktionierenden gemeinsamen europäischen Sicherheitspolitik entfernt sind. Noch deutlicher zeigt er die Dringlichkeit, auf dem Weg dorthin zielstrebig voranzuschreiten. Wir haben nur eine Chance, den Frieden Europas auf Dauer zu bewahren: indem wir so schnell wie möglich ein tragfähiges Sicherheitssystem für das wachsende Europa vorantreiben.
    Die NATO ist derzeit das einzige einsatzfähige leistungsstarke Sicherheitsinstrument. Sie bleibt daher mit der WEU zusammen als europäischem Pfeiler auch in einer neuen europäischen Sicherheitsarchitektur die tragende Stütze.
    Einmal mehr ist auch in diesem Punkt die Politik der Grünen enttarnt. Die Forderung nach einer Auflösung der NATO kann im wahrsten Sinne des Wortes nur als mörderische Tollkühnheit verstanden werden, auch wenn sich die Vertreter dieser Idee gerne Pazifisten nennen.
    Ebenfalls diejenigen, die zu optimistisch der OSZE eine Ersatzrolle für die NATO zuweisen wollen, liegen falsch. Damit ich nicht falsch verstanden werde: Die OSZE kann natürlich ein bedeutendes Forum für präventive Diplomatie sein. Es ist ein wichtiges Ziel, sie als Werte- und Handlungsrahmen gesamteuropäischer Außen- und Sicherheitspolitik weiterzuentwickeln. Die OSZE kann wesentlich zu einer gesamteuropäischen Rechtsordnung beitragen. Aber sie ist im besten Fall ein Brandverhüter und ganz sicher keine Feuerwehr.
    Meine Damen und Herren, ich hätte noch, wenn mir mehr Zeit gegeben wäre, einiges zum Verhältnis zu Frankreich gesagt. Ich bin nicht der Meinung, daß wir uns in den allgemeinen rot-grünen Chor einklinken sollten, nur weil es momentan modern ist, auch deren Anti-Atompolitik zu vertreten. Vielmehr bin ich der Meinung, daß die deutsch-französische Gemeinsamkeit und Freundschaft mehr wert ist und daß man auch in schwierigen Zeiten zusammenhalten muß, gerade jetzt, wo die Franzosen auch innenpolitisch durch die Terrorismusanschläge und durch verschiedene andere Ereignisse zu leiden haben. Wir sollten uns die Solidarität und die Freundschaft mit den Franzosen mehr auf das Panier schreiben.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Deshalb appelliere ich an alle, alles zu vermeiden - ich habe mich gefreut, Herr Kollege Duve, daß Sie das einmal so deutlich gemacht haben -, was zur Zerstörung der für die Deutschen überlebensnotwendigen Zusammenarbeit mit den Franzosen beiträgt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich bin der Überzeugung, daß wir morgen im Verteidigungsausschuß noch genügend Auskünfte bekommen, um meine These, daß das Parlament hinreichend über die Einsätze der Tornados in BosnienHerzegowina informiert wurde, zu untermauern. Ich freue mich auf diese Beratungen. Wir hoffen, daß wir in den Haushaltsberatungen auch zugunsten unserer Soldaten und der Bundeswehr Erfolg haben werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)