Nein. Ich habe es auch vorher nicht getan. Ich bin morgen in den Ausschüssen. Bitte stellen Sie mir morgen die Fragen. Ich bitte Sie herzlich darum. Ich sehe nämlich hier, daß meine Zeit abgelaufen ist. Für mich sind aber, wenn ich es in aller Bescheidenheit sagen darf, 30 Minuten angemeldet worden, so daß ich, wenn ich es richtig sehe, noch ein paar Minuten habe. Vielen Dank.
Ich verstehe sehr gut, wenn sich die Menschen - ich komme jetzt zu dem uns alle berührenden Thema - über die Wiederaufnahme der Kernwaffenversuche empören. Ich bedaure das auch persönlich. Weil immer wieder gefragt wird: Meine erste Reise zu dem neuen französischen Außenminister fand zu diesem Zweck statt, um mit ihm deutlich und klar über diesen Sachverhalt zu sprechen. Vorgestern habe ich es das letzte Mal getan. Diese Tests gehören nicht mehr in unsere Zeit und müssen deshalb ein für allemal weltweit umfassend und verifizierbar unterbunden werden. Dafür habe ich mich in meiner Zehn-Punkte-Abrüstungsinitiative vom Dezember 1993 eingesetzt. Die Ankündigung von Präsident Chirac und Präsident Clinton, Abkommen zum Verbot aller Tests ohne Schlupflöcher zu unterstützen, hat uns diesem Ziel, wie ich meine, einen Schritt nähergebracht. Aber unsere Meinungsunterschiede in dieser Frage werden und dürfen der engen deutschfranzösischen Freundschaft und Partnerschaft keinen Abbruch tun.
Frankreich stand uns in schwierigsten Zeiten, als es sehr darauf ankam, in Sicherheitsfragen des geteilten Deutschland und des geteilten Berlin absolut und ohne jede Einschränkung auf unserer Seite, übrigens auch durch die atomare Abschreckung. Ich finde es einfach unfair, das zu vergessen. Das ändert nichts daran, daß wir aus diesem partnerschaftlichfreundschaftlichen Verhältnis der französischen Regierung klar und deutlich sagen, daß wir anderer Meinung sind. Das haben wir getan. Das haben wir übrigens nicht nur den Franzosen gegenüber getan, sondern das haben wir auch der chinesischen Regierung gegenüber getan, auch und zuletzt beim Besuch des Staatspräsidenten, und zwar klar und deutlich.
Meine Damen und Herren, Politik für die Menschen und ihre Rechte heißt für mich auch, Afrika nicht abzuschreiben. Ich war, wie ich vorhin andeutete, mit einigen Kollegen aus dem Deutschen Bundestag in Tansania, Ruanda und Burundi. Wir waren zusammen in Benaco, dem Flüchlingslager, und in jener Kirche, in der der schreckliche Genozid mit 2 000 Opfern stattgefunden hat. Wir waren zum Teil im Gefängnis von Kigali. Nach diesem schrecklichen Völkermord, dem 1 Million Menschen zum Opfer gefallen sind, versucht Ruanda im Augenblick, mit der neuen Tutsi-Regierung Versöhnung über Gerechtigkeit zu finden.
Ich habe in den Jahren, in denen ich Außenminister bin und Justizminister bzw. Staatssekretär im Justizministerium war, was Menschenrechtsverletzungen anbelangt, einiges erlebt. Ich persönlich habe so etwas noch nie gesehen. Im Gefängnis von Kigali, das für 900 Menschen angelegt ist, waren, als ich dort war, 10 500 Menschen eingepfercht wie Schafe. Egal, was vorher vorgefallen ist: Es ist zutiefst menschenunwürdig, daß dort sechs Menschen auf einem Quadratmeter leben und monatelang keine Möglichkeit haben, sich hinzusetzen, geschweige denn, sich hinzulegen. Sie stehen wie die Schafe. Ich sage es noch einmal: Dort stehen bis zu sechs Menschen pro Quadratmeter - buchstäblich in ihrem eigenen Dreck.
Nach Rückkehr von der Reise habe ich dann mit Hilfe der Abgeordneten versucht, die Völkergemeinschaft aufzurütteln; ich habe Generalsekretär Boutros-Ghali, den Präsidenten des Internationalen Roten Kreuzes, die Kommissarin Bonino in Brüssel angerufen. Die Völkergemeinschaft muß wissen, was dort abläuft. Wir Deutsche haben versucht zu helfen. Wir haben in der Zwischenzeit Gefangene freibekommen. Unser Afrikabeauftragter war wieder dort unten. Ich mache mir große Sorgen darüber, wie es weitergehen soll, auch nach der Regierungsumbildung.
Wegen folgendem mache ich mir noch größere Sorgen. Ich konnte mit dem großen Flugzeug und meiner Begleitung nicht nach Burundi fliegen. Ich bin mit einem kleinen Flugzeug und kleinster Begleitung in die Hauptstadt Burundis geflogen. Wir müssen befürchten, daß dort in Kürze dasselbe passiert, was in Ruanda passiert ist.
Wir haben in bezug auf die Prävention eine Aufgabe und eine Verpflichtung. Wir können nicht alle Not und alles Elend dieser Welt schultern, weder die deutsche Bundesregierung noch Sie im Bundestag, noch die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland. Trotzdem haben wir Verpflichtungen auch und gerade auf dem afrikanischen Kontinent, wo man, weil wir eben keine koloniale Vorbelastung haben, in ganz besonderer Weise auf uns hofft. Ich bitte Sie sehr herzlich, mich in den Ausschüssen, in die ich jetzt gehen werde und in denen ich Sie um das eine
Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
oder andere bitte, zu unterstützen, weil ich glaube, daß es die Menschen dort verdient haben, daß wir sie nicht im Stich lassen, sondern daß wir uns um sie kümmern.
Dort wurden Schwangere und Kleinkinder zum Teil mehrfach vergewaltigt. Ich sage noch einmal: Ich habe so etwas noch nie erlebt. Sie können sich keine Vorstellung davon machen, was dort los ist. Wir müssen helfen. Unterstützen Sie mich dabei!
Meine Damen und Herren, die täglichen Schrekkensbilder aus allen Teilen der Erde lösen bei unseren Bürgern teils Empörung, teils Resignation und Skepsis gegenüber den internationalen Organisationen aus. Ich verstehe das, gerade was die UNO anbelangt. Aber ich möchte noch einmal gerade hier, in der Haushaltsdebatte des Deutschen Bundestages, weil es ja auch um die Gelder geht, die wir für die UNO aufwenden, sagen: Ich wende mich gegen diese zum Teil überkritische Beurteilung dessen, was die UNO tut. Nach dem Wegfall der Ost-West-Auseinandersetzung sind die Vereinten Nationen total überfordert, personell, organisatorisch und auch sonst. Es hat keinen Sinn, sie pausenlos zu kritisieren; wir müssen sie konstruktiv unterstützen. Ich möchte einmal die Frage stellen: Wer weiß eigentlich etwas Besseres?
Erst wenn wir etwas Besseres wissen, sollten wir uns über das erheben, was dort geschieht und was man dort zu leisten versucht.
Ich werde am 27. September vor der UNO-Generalversammlung in New York für eine konstruktive Kritik und Hilfe eintreten. Ich werde das ebenfalls bei der 50-Jahr-Feier der UNO tun. Das sind Themen, für die es sich, wie der Bundeskanzler heute morgen gesagt hat, zu arbeiten, auch zu kämpfen und, wo notwendig, zu streiten lohnt.
Ich möchte insbesondere in der Haushaltsdebatte die Opposition einladen, in der Außenpolitik, wo wir ja Gott sei Dank sehr viele Gemeinsamkeiten haben - genauso wie in der Sicherheitspolitik - die Bundesregierung in den Fragen, auf die es besonders ankommt, zu unterstützen.
Herzlichen Dank.