Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, dazu will ich eine ganz klare Auskunft geben. Das Zitat, das Sie hier wiedergeben, ist zwar aus der Zeitung richtig zitiert, aber in der Zeitung falsch festgehalten. Der Kollege hat ausdrücklich darauf hingewiesen, in einer Demokratie muß man in Kauf nehmen, daß es längere Diskussionsprozesse gibt. Die gibt es in einer Diktatur weniger. - Das war seine Aussage. Nehmen Sie das so zur Kenntnis!
Mir geht es hier jetzt darum, darauf hinzuweisen, welche gesellschaftspolitischen Probleme es gibt, übrigens insbesondere, wenn man sich in eine babylonische Gefangenschaft der PDS begibt. Es gibt durchaus Gefahren in Berlin, und es gibt vor allen Dingen Gefährdungen in einzelnen Bundesländern.
Wenn wir auf das zurückblicken, was wir in den letzten Jahren erreicht haben - angefangen mit der Währungs- und Wirtschaftsunion, dem Einigungsvertrag und dem Aufbau demokratischer Verwaltung über die weitgehend positive, größte Privatisierung Europas bis hin zu dem von der OECD geschätzten Wirtschaftswachstum von fast 10 % in den neuen Ländern -, dann kann man, glaube ich, festhalten: Wir haben in einer historischen Situation ohne Vorbild gewonnen, und zwar alle. Ich sage: Vor allen Dingen die Menschen haben gewonnen.
In der Debatte spielte eine Rolle - der Bundeskanzler hat das zitiert -, welche Entwicklung es im Bereich der Rentner gegeben hat. Mich hat - trotz aller Probleme, die ich sehe - optimistisch gestimmt, daß gerade junge Menschen, nämlich die 16- bis 29jährigen, in den neuen Bundesländern mit der neuen Zeit - so ist es da formuliert worden - keine Probleme haben. Ich halte das für sehr wichtig.
Meine Damen und Herren, wir haben hier in der Bundesrepublik insgesamt - auch quer durch den Bundesrat - den Versuch einer Diskussion über die Reduzierung der westlichen Aufbauhilfen in den neuen Ländern. Ich sage, diese Debatte findet zu einem völlig falschen Zeitpunkt statt.
Sie hat im Grunde zwei Themen. Einmal ist das Ganze eine fiskalische Frage. Zum anderen ist es eine politische Fragestellung. Fiskalisch geht es bei der Diskussion um den Solidaritätszuschlag um die Einnahmeseite und nicht darum, ob den neuen Ländern eine notwendige Hilfestellung vorenthalten bleiben soll.
Ich glaube, es ist wichtig festzuhalten, daß die neuen Länder dringend weiter die Hilfestellung benötigen. Es ist ebenfalls wichtig darauf hinzuweisen, daß es, wenn wir kurzfristig zu erheblichen Reduzierungen kommen, zum Nachteil der Menschen überall in der Bundesrepublik Deutschland führen wird, weil damit eine begonnene Aufbauleistung mitten im Strom unterbrochen wird. Ein erheblicher Schaden würde entstehen. Das würde Lasten für viel längere Zeit mit sich bringen.
Der nächste Punkt ist, wie die Einnahmeseite dabei gedeckt werden kann. Ich bin der Auffassung, daß man eine sachgemäße Diskussion, übrigens auch über den Beginn der Reduzierung des Solidaritätszuschlages, erst dann führen kann, wenn man bereits sowohl die haushaltspolitischen als auch die wirtschaftspolitischen Auswirkungen im einzelnen feststellen kann. Alles andere wäre meiner Ansicht nach schlicht und ergreifend falsch.
Festhalten will ich: Es ist notwendig, daß es diese Hilfestellung gibt. Ich nehme gerne das auf, was der Bundeskanzler hier im Hinblick auf Entscheidungen Anfang der 80er Jahre gesagt hat: Es ist schon einmal der Fehler gemacht worden, zu früh eine Reduzierung, einen Abbau vorzunehmen. Das darf nicht wieder passieren.
Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen
Damit bin ich bei einem weiteren Punkt im politischen Sektor. Meine Damen und Herren, es ist auch ein falsches Signal, das von dieser Diskussion ausgeht. Das Signal muß sein: Es ist selbstverständlich, daß es weitere Transferleistungen gibt.
Das zweite Signal ist - darin sind sich im Grunde auch alle Ministerpräsidenten einig; es gibt jedenfalls entsprechende Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz -, daß es eine Überprüfung der einzelnen Sachverhalte gibt, so daß die Förderung in der Zukunft nach der ersten Aufbauphase gezielter angesetzt werden kann.
Meine Damen und Herren, ich bin ganz sicher, Berlin und die neuen Länder wissen die finanzielle Unterstützung aus den alten Ländern genau zu würdigen. Sie setzen sie auch sinnvoll für den eigenen Wirtschaftsaufschwung ein -
übrigens mit der Zielrichtung einer wirtschaftlichen Unabhängigkeit. Ich sage ganz bewußt - schade, daß der Bundesfinanzminister nicht da ist; er muß dies immer hören -: Die Politik in Berlin ist darauf ausgerichtet, wirtschaftlich und finanzpolitisch unabhängig zu werden. Wir wollen die eigenen Kräfte mobilisieren.
Aber dazu braucht es einen gewissen Übergang.