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    Plenarprotokoll 13/49 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 49. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. Juli 1995 Inhalt: Erklärung zur Lage in Bosnien 4045 A Erweiterung der Tagesordnung 4045 D Tagesordnungspunkt 1: Vereinbarte Debatte zum Jahressteuergesetz 1996 Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 4046 A Ingrid Matthäus-Maier SPD . . . . . . 4048 B Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . 4052 A Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . . . . . . 4054 B Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . 4054 D Dieter Heistermann SPD . . . . . . . 4057 A Dr. Gregor Gysi PDS 4057 D Hans-Peter Repnik CDU/CSU . . . . 4059 D Klaus-Dieter Kühbacher, Minister (Brandenburg) 4063 C Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . 4065 C Friedrich Merz CDU/CSU 4066 C Joachim Poß SPD 4068 C Gerhard Schulz (Leipzig) CDU/CSU . . 4070 B Rolf Schwanitz SPD . . . . . . . . . 4071 B Tagesordnungspunkt 2: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Jahressteuergesetz 1996 (Drucksachen 13/1558, 13/1800, 13/1779, 13/1960) Namentliche Abstimmung . . . . . . . 4072 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . 4074 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde betr. beabsichtigte Wiederaufnahme der Atombombenversuche in der Südsee durch Frankreich Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . . 4073 A Rudolf Scharping SPD 4076 B Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . 4077 B Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. . . . . . . 4078 B Steffen Tippach PDS . . . . . . . . . 4079 B Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . 4080 A Katrin Fuchs (Verl) SPD . . . . . . . . 4081 C Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . 4082 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU 4083 B Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD . . . . 4084 B Heinrich Lummer CDU/CSU . . . . . . 4085 B Freimut Duve SPD . . . . . . . . . 4086 B Karl Lamers CDU/CSU 4087 B Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 4088 B Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Drohende Wiederaufnahme der französischen Atombombenversuche im Südpazifik (Drucksache 13/1986) . . . . . . . . . . . . . 4089 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 4089 D Berichtigungen . . . . . . 4089 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4091* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Robert Antretter (SPD) über die in Zusatztagesordnungspunkt 1 a aufgeführten Vorlagen (Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz - § 218 StGB) in der 47. Sitzung am 29. Juni 1995 . . . . . 4092* A Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Erich G. Fritz (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung in der zweiten Beratung über den von den Abgeordneten Hubert Hüppe, Monika Brudlewsky und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum Schutz des ungeborenen Kindes - Neufassung des Abtreibungsstrafrechts und Regelung der staatlichen Obhut - auf Drucksache 13/395 in der 47. Sitzung am 29. Juni 1995 . . . . . . 4092* D Anlage 4 Erklärung des Abgeordneten Dr. Reinhard Göhner (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den von den Abgeordneten Christina Schenk, Petra Bläss und weiteren Abgeordneten der PDS eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unantastbarkeit der Grundrechte von Frauen - Ergänzung des Grundgesetzes (Artikel 2) und entsprechende Änderungen des Strafgesetzbuches auf Drucksache 13/397 in der 47. Sitzung am 29. Juni 1995 4092* D Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Reinhard Weis (Stendal) (SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung zu dem Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an den Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung des schnellen Einsatzverbandes im früheren Jugoslawien einschließlich der Unterstützung eines eventuellen Abzugs der VN- Friedenstruppen und zu den Entschließungsanträgen der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie zu dem Entschließungsantrag der Gruppe der PDS in der 48. Sitzung am 30. Juni 1995 . 4093* A Anlage 6 Erklärung der Abgeordneten Verena Wohlleben (SPD) zur namentlichen Abstimmung über den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entschließungsantrag auf Drucksache 13/1835 zum Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an den Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung des schnellen Einsatzverbandes im früheren Jugoslawien einschließlich der Unterstützung eines eventuellen Abzugs der VN-Friedenstruppen auf Drucksachen 13/1802 und 13/1855 in der 48. Sitzung am 30. Juni 1995 . . . 4093* D Anlage 7 Amtliche Mitteilungen 4093* D 49. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. Juli 1995 Beginn: 14.00 Uhr
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    Berichtigungen 47. Sitzung, Seite VII Anlage 2: Statt Robert Antretter „CDU/CSU" ist „SPD" zu lesen. Seite 3797 C, 11. Zeile: Statt „Gert" ist „Robert" zu lesen. Seite 3917 A, 6. Zeile: „Robert Antretter SPD 29.6. 95" ist zu streichen. Seite 3917 B, letzte Zeile: Statt „Westeuropäischen Union" ist „Parlamentarischen Versammlung des Europarates " zu lesen. Seite 3917 C: Die abgegebene Erklärung des Abgeordneten Robert Antreter (SPD) ist durch die in Anlage 2 abgedruckte zu ersetzen. 48. Sitzung, Seite 4019 B: In der Auflistung der NeinStimmen zur Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung zur deutschen Beteiligung an den Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung des schnellen Einsatzverbandes im früheren Jugoslawien einschließlich der Unterstützung eines eventuellen Abzugs der VN-Friedenstruppen - Drucksache 13/1802 und 13/1855 - ist der Name Karsten D. Voigt (Frankfurt) durch den Namen Ute Vogt (Pforzheim) zu ersetzen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 13.7.95 Andres, Gerd SPD 13.7.95 Antretter, Robert SPD 13.7.95** Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 13.7.95 Böttcher, Maritta PDS 13.7.95 Bulling-Schröter, PDS 13.7.95 Eva Buntenbach, Annelie BÜNDNIS 13.7.95 90/DIE GRÜNEN Dr. Däubler-Gmelin, SPD 13.7.95 Herta Dr. Eid-Simon, Uschi BÜNDNIS 13.7.95 90/DIE GRÜNEN Engelmann, Wolfgang CDU/CSU 13.7.95 Erler, Gernot SPD 13.7.95 Faße, Annette SPD 13.7.95 Fink, Ulf CDU/CSU 13.7.95 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 13.7.95* Gleicke, Iris SPD 13.7.95 Graf (Friesoythe), SPD 13.7.95 Günter Hasenfratz, Klaus SPD 13.7.95 Hauser (Rednitzhembach), CDU/CSU 13.7.95 Hansgeorg Dr. Hendricks, Barbara SPD 13.7.95 Hermenau, Antje BÜNDNIS 13.7.95 90/DIE GRÜNEN Dr. Heuer, Uwe-Jens PDS 13.7.95 Hilsberg, Stephan SPD 13.7.95 Hustedt, Michaele BÜNDNIS 13.7.95 90/DIE GRÜNEN Iwersen, Gabriele SPD 13.7.95 Dr. Jacob, Willibald PDS 13.7.95 Dr.-Ing. Jork, Rainer CDU/CSU 13.7.95 Dr. Jüttner, Egon CDU/CSU 13.7.95 Kastner, Susanne SPD 13.7.95 Klemmer, Siegrun SPD 13.7.95 Klose, Hans-Ulrich SPD 13.7.95 Köhne, Rolf PDS 13.7.95 Dr. Köster-Loßack, BÜNDNIS 13.7.95 Angelika 90/DIE GRÜNEN Kressl, Nicolette SPD 13.7.95 Kriedner, Arnulf CDU/CSU 13.7.95 Kröning, Volker SPD 13.7.95 Kuhlwein, Eckart SPD 13.7.95 Dr. Graf Lambsdorff, F.D.P. 13.7.95 Otto Lamers, Karl CDU/CSU 13.7.95 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lemke, Steffi BÜNDNIS 13.7.95 90/DIE GRÜNEN Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 13.7.95 90/DIE GRÜNEN Dr. Lippelt, Helmut BÜNDNIS 13.7.95 90/DIE GRÜNEN Lörcher, Christa SPD 13.7.95 Lühr, Uwe F.D.P. 13.7.95 Dr. Luft, Christa PDS 13.7.95 Mante, Winfried SPD 13.7.95 Müller (Berlin), PDS 13.7.95 Manfred Nickels, Christa BÜNDNIS 13.7.95 90/DIE GRÜNEN Dr. Pick, Eckhart SPD 13.7.95 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 13.7.95 Hermann Rennebach, Renate SPD 13.7.95 Dr. Rössel, Uwe-Jens PDS 13.7.95 Scheffler, Siegfried SPD 13.7.95 Schmidt-Zadel, Regina SPD 13.7.95 Schmitt (Langenfeld), BÜNDNIS 13.7.95 Wolfgang 90/DIE GRÜNEN Dr. Schnell, Emil SPD 13.7.95 Schönberger, Ursula BÜNDNIS 13.7.95 90/DIE GRÜNEN Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 13.7.95 90/DIE GRÜNEN Schütze (Berlin), Diethard CDU/CSU 13.7.95 Schulte (Hameln), SPD 13.7.95 Brigitte Dr. Schulte CDU/CSU 13.7.95 (Schwäbisch-Gmünd), Dieter Schultz (Everswinkel), SPD 13.7.95 Reinhard Schulze, Frederick CDU/CSU 13.7.95 Dr. Schuster, SPD 13.7.95 R. Werner Schwanhold, Ernst SPD 13.7.95 Seuster, Lisa SPD 13.7.95 Dr. Sperling, Dietrich SPD 13.7.95 Terborg, Margitta SPD 13.7.95 Dr. Thalheim, Gerald SPD 13.7.95 Thierse, Wolfgang SPD 13.7.95 Thönnes, Franz SPD 13.7.95 Uldall, Gunnar CDU/CSU 13.7.95 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Voigt (Frankfurt), SPD 13.7.95 Karsten D. Volmer, Ludger BÜNDNIS 13.7.95 90/DIE GRÜNEN Wallow, Hans SPD 13.7.95 Weis (Stendal), Reinhard SPD 13.7.95 Westrich, Lydia SPD 13.7.95 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 13.7.95 Wiefelspütz, Dieter SPD 13.7.95 Wolf (München), Hanna SPD 13.7.95 Wonneberger, Michael CDU/CSU 13.7.95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Robert Antretter (SPD) über die in Zusatztagesordnungspunkt 1 a aufgeführten Vorlagen (Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz - § 218 StGB) in der 47. Sitzung am 29. Juni 1995 Es ist zu begrüßen, daß die embryopathische Indikation abgeschafft und damit klargestellt wird, daß behindertes Leben vom Gesetzgeber nicht als unwert betrachtet wird. Ich kann mich jedoch aus folgenden Gründen auch nicht damit abfinden, daß Behinderung zu einer medizinischen Indikation führen kann. Durch die technischen Fortschritte in der medizinischen Therapie und Diagnostik verwischen sich zunehmend Stadien der menschlichen Existenz, die einst klar definiert waren. Das gilt nicht nur für das Ende des menschlichen Lebens, sondern auch für seinen Beginn. Die neuen Möglichkeiten der Medizin bieten Chancen und bergen Gefahren. Als besonders gefährdet sehe ich das Leben behinderter Menschen, vor allem ungeborener behinderter Kinder, an. Der Ruf nach einem Fürsprecher für das ungeborene Leben muß deshalb heute lauter sein als jemals, weil der „Respekt vor dem Leben" , wie ihn beispielsweise Albert Schweitzer eingefordert hat, insgesamt an Stellenwert zu verlieren droht. Wir müssen feststellen, daß sich bei Teilen der Wissenschaft eine vor allem für die behinderten Menschen gefahrvolle Denkweise breitmacht. Rechts- und Sozialphilosophen formulieren bereits unmißverständlich eine „großzügige" neue Ethik, wonach ungeborene Kinder noch keine „Personen" seien und deshalb auch keinen Anspruch auf verfügbares Lebensrecht hätten. Es verwundert deshalb nicht, daß manche auch bereits wieder von „lebensunwertem Leben" sprechen. Werden wir uns demnächst mit der Vorstellung auseinanderzusetzen haben, es gebe ein abgestuftes Recht auf Leben, etwa für Ungeborene, Behinderte oder Alte, also „unnütze" und deshalb ungewollte Menschen? In einer zunehmend materiell geprägten Leistungs- und Ellbogengesellschaft, in der Egoismus, soziale Kälte und ein menschenverachtender Umgang mit diskriminierten Minderheiten um sich greift, könnten populistische Philosophien dieser Art auf fruchtbaren Boden fallen. Die Folgen wären fatal. Angesichts dieser mehr als bedenklichen Tendenzen muß dem Schutz des Lebens am Beginn, am Ende und wenn es krank ist Vorrang vor allen anderen Zielen gegeben werden. Gerade einige Artikel des noch heute von uns zu beratenden Entwurfs einer Bioethik-Konvention des Europarates belegen auf aktuelle Weise, daß Wachsamkeit angezeigt ist. Keine der Kolleginnen und Kollegen, die sich der Mühe unterzogen haben, den hier vorliegenden Gesetzentwurf zu erarbeiten, möchte ich in die Nähe der aufgezeigten Entwicklung bringen. Aber ich befürchte, daß der Antrag hier - ungewollt - eher entgegenkommt. Deshalb stimme ich dagegen. Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Erich G. Fritz (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung in der zweiten Beratung über den von den Abgeordneten Hubert Hüppe, Monika Brudlewsky und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum Schutz des ungeborenen Kindes - Neufassung des Abtreibungsstrafrechts und Regelung der staatlichen Obhut - auf Drucksache 13/395 in der 47. Sitzung am 29. Juni 1995 (Seiten 3790 A bis 3792 B) Ich erkläre, daß ich an der namentlichen Abstimmung teilgenommen und mit Ja gestimmt habe. Anlage 4 Erklärung des Abgeordneten Dr. Reinhard Göhner (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den von den Abgeordneten Christina Schenk, Petra Bläss und weiteren Abgeordneten der PDS eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unantastbarkeit der Grundrechte von Frauen - Ergänzung des Grundgesetzes (Artikel 2) und entsprechende Änderungen des Strafgesetzbuches auf Drucksache 13/397 in der 47. Sitzung am 29. Juni 1995 (Seiten 3790 A bis 3792 B) Ich erkläre, daß ich an der namentlichen Abstimmung teilgenommen und mit Nein gestimmt habe. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Reinhard Weis (Stendal) (SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung zu dem Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an den Maßnahmen. zum Schutz und zur Unterstützung des schnellen Einsatzverbandes im früheren Jugoslawien einschließlich der Unterstützung eines eventuellen Abzugs der VN-Friedenstruppen und zu den Entschließungsanträgen der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie zu dem Entschließungsantrag der Gruppe der PDS in der 48. Sitzung am 30. Juni 1995 (Seiten 4013 C bis 4026 A) Ich habe den Antrag der Bundesregierung, die Bundeswehr im Bosnienkonflikt auch mit ECR-Tornados zum Einsatz zu bringen, abgelehnt. Ganz kurz zusammengefaßt spielen folgende Gründe, die allesamt keine Gewissensgründe, sondern reine Sachabwägungen sind, dabei die entscheidende Rolle: Da durch die UN keine formale Anforderung deutscher Unterstützung mit ECR-Tornados für die mit einem UN-Mandat im ehemaligen Jugoslawien stationierten Truppen vorliegt, besteht kein unmittelbarer Handlungszwang, außer dem, den die Bundesregierung im Rahmen der NATO-Kontaktgruppe für Bosnien selbst erzeugt hat. Es wäre also Zeit, den Umfang und die Dauer deutscher Unterstützung auch unter stärkerer Einbeziehung der Opposition zu besprechen. Solche Mitbeteiligung bei der Formulierung des Auftrages deutscher Truppen außerhalb des NATO-Gebietes sieht das Verfassungsgerichtsurteil ausdrücklich vor. Die mir jetzt abverlangte Entscheidung „Ja" oder „Nein" zu einem Einsatz, der wegen der unbegrenzten Dauer und einer nicht vorhersehbaren Entwicklung der Konfliktlage von mir in seinen Konsequenzen nicht einzuschätzen ist, kann ich nicht mit „Ja" beantworten, obwohl ich grundsätzlich eine Mitverantwortung Deutschlands bei der Unterstützung der UN-Mission sehe. Es ist für mich auch nicht akzeptabel, daß für einen Einsatz, der über den reinen Landesverteidigungsfall und Verpflichtungen aus dem NATO-Vertrag hinausgeht, Wehrpflichtige zum Einsatz kommen sollen. Die Bundesregierung verschweigt uns, daß es von seiten der UNPROFOR keine Anforderung von Bundeswehr-Tornados zur Ausschaltung serbischer Flugabwehrraketenstellungen gibt. Die UNPROFOR betrachtet nach Auswertung aller aktiven Kampfhandlungen durch die UNPROFOR sowie der Lufteinsätze der NATO die Lufteinsätze, die nicht unmittelbar auf Reaktion gegen konkrete Verursacher von Angriffen auf die UNPROFOR erfolgten, als konfliktverschärfend. Letztes Beispiel ist die terroristische Geiselnahme im Juni. Die Bundesregierung verschweigt uns auch, daß es zur Unterstützung der UNPROFOR aus der Luft geeignetere Flugzeuge der Amerikaner und Engländer gibt, weil diese langsamer und damit wendiger sind. Lediglich zur Ausschaltung der serbischen Luftabwehr sind die deutschen ECR-Tornados besser geeignet - aber diese konfliktverschärfende Kampfhandlung ist von der UNPROFOR nicht erwünscht. Sie sieht andere, seit dem Frühjahr 1994 nicht mehr ausgeschöpfte Möglichkeiten, Hilfslieferungen und Bewegungsfreiheit der UN-Kontingente zu sichern. Der SPD-Antrag zum Einsatz der Bundeswehr im Bosnienkonflikt zur Unterstützung der UNPROFOR und der NATO-Eingreiftruppe entspricht genau der Vorstellung ehemaliger UNPROFOR-Kommandeure, die auf einem Workshop im Mai 1995 eine Auswertung ihrer Erfahrungen mit dem UN-Engagement im ehemaligen Jugoslawien vornahmen. Sie erwarten von Deutschland vor allem eine großzügige Hilfe durch logistische Unterstützung in den Stäben, Transporttechnik und Feldlazarette, und sie anerkennen so auch die besonderen deutschen Assoziationen mit Jugoslawien, die uns zu Recht größte Zurückhaltung auferlegt. Meines Erachtens ist es parteipolitisches Kalkül des konservativen Lagers, wenn die Haltung der SPD zu dem Einsatz der Bundeswehr mit Kampfpotentialen in diesem UN-Einsatz als Nagelprobe für die Politik- und Regierungsfähigkeit der SPD hochstilisiert wird. Eher ist unsere verantwortungsvolle Zurückhaltung Beispiel für das Gegenteil. Anlage 6 Erklärung der Abgeordneten Verena Wohlleben (SPD) zur namentlichen Abstimmung über den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entschließungsantrag auf Drucksache 13/1835 zum Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an den Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung des schnellen Einsatzverbande4s im früheren Jugoslawien einschließlich der Unterstützung eines eventuellen Abzugs der VN-Friedenstruppen auf Drucksachen 13/1802 und 13/1855 in der 48. Sitzung am 30. Juni 1995 (Seiten 4020 A bis 4022 C) In der Abstimmungsliste ist mein Name bei den Nein-Stimmen aufgeführt. Ich erkläre, daß ich mit Enthaltung stimmen wollte. Anlage 7 Amtliche Mitteilungen Folgende Abgeordnete haben den Gesetzentwurf „Schutz des ungeborenen Kindes - Neufassung des Abtreibungsstrafrechts und Regelung der staatlichen Obhut" auf Drucksache 13/395 nachträglich unterschrieben: Klaus Brähmig Klaus-Dieter Grill Wilhelm Josef Sebastian Jürgen Sikora Hans-Otto Wilhelm Die Gruppe der PDS hat mit Schreiben vom 30. Juni 1995 ihren Antrag ,.Verhinderung der Versenkung der Shell-Plattform ,Brent Spar' " - Drucksache 13/1723 - zurückgezogen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Finanzausschuß Drucksachen 12/8208, 13/725 Nr. 61 Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Drucksachen 13/1242, 13/1438 Nr. 5
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    Rede von Dr. Theodor Waigel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bürger haben für die Debatte, die sich jetzt anschließt, kein Verständnis.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Ich bin sicher, große Teile der SPD werden mir auch nach dem nächsten Satz noch Beifall spenden: Der Antrag der SPD ist ohne Ziel, ohne Sinn, ohne Erfolg - ein schlechtes Sommertheater.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Der Vorschlag der SPD enthält einen ungedeckten Scheck in Höhe von mehr als 40 Milliarden DM. Das ist ein absolut unseriöses Unterfangen. Wir brauchen einen vernünftigen Kompromiß. Auch unter Zeitdruck darf es keine falschen und keine unverantwortlichen Lösungen geben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Eigentlich sollten wir uns über die Bedeutung des Jahressteuergesetzes 1996 und seine rechtzeitige Verabschiedung einig sein. Statt dessen aber werden wir gleich über einen Vorschlag abstimmen, der ökonomischer Logik und politischer Verantwortung entbehrt.
    Erinnern wir uns: Am 19. Juni hatten das SPD-Präsidium, die Ministerpräsidenten und die Finanzminister der SPD-geführten Länder sowie die SPD-Mitglieder des Vermittlungsausschusses ihre Bereitschaft erklärt, hinsichtlich des Jahressteuergesetzes noch vor der Sommerpause zu einer Einigung zu kommen. Wir haben eine Vielzahl von Gesprächen geführt, und es entstand der Eindruck: Im Interesse der Steuerzahler schaffen wir die Einigung.
    Ausgangslage ist der Gesetzesbeschluß des Deutschen Bundestages vom 2. Juni 1995 mit der durch das Jahressteuergesetz vorgesehenen Nettoentlastung von 22,5 Milliarden DM. Nach den unvermeidlichen Mehrbelastungen infolge der Wiedervereinigung, der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands wurde dieses Gesetz bewußt als erster spürbarer Schritt der Steuersenkung im Rahmen unserer Finanzpolitik konzipiert. Von Beginn an haben wir realistische Volumina in das Gesetzesvorhaben eingestellt, die dann auch als echte Nettoentlastung verwirklicht werden können. Diese Steuerausfälle müssen von allen Ebenen nach ihrem Anteil bei der Einkommensteuer getragen werden. Für den Bund ist das keine leichte Aufgabe, da er ab 1996 ohne Gegenfinanzierung für die Kohleverstromung auskommen muß. Aber im Rahmen eines Sparhaushalts haben wir dies erreicht.
    Natürlich fallen die Steuerausfälle auch den Ländern nicht leicht. Aber anläßlich der Erörterungen im Finanzplanungsrat waren wir uns einig: Auch unter Einbeziehung der Folgen des Jahressteuergesetzes steigt das Niveau der Kreditaufnahme der Lander gegenüber 1995 nicht an. Die Defizitquote der Länder wird sich insgesamt 1996 auf gut 61/2 % belaufen. Die Quote des Bundes ist dagegen mit voraussichtlich rund 13 % doppelt so hoch. Die meisten Länder - und zwar nicht nur die B-Länder, sondern auch die A-Länder - haben die Steuerausfälle in ihrer Finanzplanung bereits berücksichtigt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

    Insofern ist Ihr Verhalten unfair und widersprüchlich. Daß dies noch mit den Stimmen der Bundestagsabgeordneten der SPD erfolgt - es bringt in seiner finanzpolitischen Konsequenz für den Bund Nachteile mit sich -, das ist unvertretbar und unverständlich. Sie können dies bei Ihrer Mitverantwortung für die Bundesfinanzen nicht vertreten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Im Vermittlungsausschuß haben wir uns trotz der angestrebten Nettoentlastung von 22,5 Milliarden DM bereit erklärt, im Rahmen einer Gesamteinigung eine Gegenfinanzierung durch steuerlichen Subventionsabbau im Volumen von rund 4 Milliarden DM mitzutragen. Außerdem haben wir angeboten, zum Ausgleich der Belastungsverschiebung durch die Neuregelung des Familienleistungsausgleichs den Ländern eine um rund 1 Milliarde DM höhere Umsatzsteuerbeteiligung einzuräumen. Wir haben klipp und klar zugesagt, daß wir den Familienleistungsausgleich auch künftig nach einem Schlüssel von 74 zu 76 gestalten wollen.

    (Joachim Poß [SPD]: 26!)

    - Entschuldigung, 74 zu 26.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Herr Minister, was wären Sie ohne uns!)


    Bundesminister Dr. Theodor Waigel
    - Ein Versprecher kann doch wohl passieren. Ich bedanke mich für die Korrektur; Sie haben in dem Punkt recht. -

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das war Freud!)

    Das haben wir zugesagt; daran halten wir uns. Wir sind hier zu jeder rechtlichen Lösung bereit.
    Nur, man kann nicht auf der einen Seite das Volumen und die Belastung für die Länder auf 7 Milliarden DM begrenzen und auf der anderen Seite bei allen Punkten Zusatzforderungen stellen, die dann natürlich weit über diese Belastung hinausgehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wer dann offenläßt, wie das zu finanzieren ist, oder dies allein dem Bund überlassen möchte, der provoziert eine Steuererhöhungsdebatte. Wir wollen Steuersenkungen und keine Steuererhöhungen. So einfach ist die Alternative.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wie unsolide und widersprüchlich der Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses ist, zeigt sich bei einer Betrachtung in bezug auf den Finanzplanungszeitraum von 1996 bis 1999. Beim Bund würde sich das Defizit im Vergleich zum Bundestagsbeschluß um über 45 Milliarden DM erhöhen; Länder und Gemeinden würden ihre Haushaltsbelastung hingegen um über 30 Milliarden DM verringern. Selbst die geforderte Lastenbegrenzung für Länder und Gemeinden auf 7 Milliarden DM jährlich würde im Finanzplanungszeitraum sogar noch unterschritten. 1996 sind es nur 2,5 Milliarden DM. Das ist keine faire und angemessene Lastenteilung; das ist eine Zumutung, was Sie uns heute zur Abstimmung vorlegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Vorgeschlagen wird jetzt ein um 20 DM höheres Kindergeld für das erste und das zweite Kind bereits ab dem Jahr 1996. Das ist durchaus erstrebens- und wünschenswert. Ich frage: Wer wollte es nicht? - Nur, unter dem Zwang knapper Kassen hat z. B. das niedersächsische Kabinett am 27. Juni einstimmig festgestellt, mit der Erhöhung des Kindergeldes auf 200 DM pro Kind sei ein ordentlicher Erfolg erzielt worden; weitere Verbesserungen könnten auch in Stufen erfolgen. Inhaltsgleich hat sich auch noch Minister Schleußer Anfang letzter Woche geäußert. Ich halte das für realistisch und für verantwortungsbewußt.
    Zurückzuweisen ist auch die wiederholte Aufforderung, zur Finanzierung eines erhöhten Kindergeldes das Ehegattensplitting einzuschränken. Wer die einschlägigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auch nur einmal gelesen hat und wer sich die steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten noch einmal vor Augen führt, kann das doch beim besten Willen nicht ernst meinen.
    Die Ehe ist nach bürgerlichem Recht eine Gemeinschaft des Erwerbs und des Verbrauchs. Die Ehegatten können u. a. Familienarbeit und Erwerbsarbeit in freier Entscheidung aufteilen. Sie können dann aber auch erwarten, daß der Steuergesetzgeber jedem Ehepartner das Familieneinkommen hälftig zurechnet. Das Splitting entfaltet seine Wirkung gerade dort, wo ein Ehegatte auf außerhäusliche Arbeit wegen Kindererziehung, Betreuung von Enkelkindern oder pflegebedürftigen Angehörigen verzichtet. Deshalb ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine beliebig veränderbare Steuervergünstigung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Beim Familienleistungsausgleich war unser ursprüngliches Ziel eine echte Finanzamtslösung, wie sie auch die SPD-Bundestagsfraktion vorgeschlagen hatte und wie es auch - wenn ich mich recht erinnere - Ihrem Wahlprogramm entspricht bzw. entsprach. Das wollte die Ländermehrheit jedoch nicht. Wir haben dem Rechnung getragen und eine tragfähige Alternative entwickelt, die auch der Finanzausschuß des Deutschen Bundestages einstimmig begrüßt hat. Unser Modell eines steuerlichen Kindergeldes ermöglicht es, das Kindergeld bei Arbeitnehmern bereits bei der Lohnzahlung zu berücksichtigen. Nun empfiehlt die Mehrheit des Vermittlungsausschusses die Beibehaltung des Bundeskindergeldgesetzes als Leistungsgesetz und einen Familienleistungsausgleich im Rahmen eines Arbeitsamtsmodells. Diese mehrheitliche Empfehlung kommt mit Stimmen von Abgeordneten zustande, die in diesem Hause für die Finanzamtslösung, also für den umgekehrten Weg, eingetreten sind.
    Herr Scharping, sagen Sie einmal, was Sie wollen, wozu Sie stehen! Sie müßten dem zustimmen, was wir hier vorgeschlagen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, das alles zeigt doch überdeutlich: Der Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses ist der kleinste uneinheitliche Nenner der Opposition, ein Knoten, der schon bei leichtester Belastung aufgeht. Wir lehnen den Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses ab. Wir werden neuerlich in die Vermittlung eintreten. Die SPD ist aufgefordert, endlich konstruktiv mitzuarbeiten, sonst gefährden Sie die Erfüllung des Verfassungsgerichtsauftrags zur Freistellung des Existenzminimums und verhindern Verbesserungen für die Familien.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Wir waren und sind jederzeit verhandlungs- und einigungsbereit: im Juni, im Juli und im August. Für uns gibt es da keinerlei zeitliche Grenzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Zurufe von der SPD)

    - Ich nehme doch an, für Sie auch.
    Wir haben uns während des Gesetzgebungsverfahrens bewegt und einen Kompromiß gesucht. So haben wir bei der Steuerfreistellung des Existenzminimums auf die außertarifliche Grundentlastung verzichtet. Wir haben statt der von der Ländermehrheit kritisierten Finanzamtslösung das bei der Bundesfinanzverwaltung angesiedelte steuerliche Options-

    Bundesminister Dr. Theodor Waigel
    modell umgesetzt. Wir haben die Fortsetzung der Unternehmensteuerreform zunächst abgekoppelt, um hierüber im Zusammenhang mit einer Gemeindefinanzreform zu reden.
    Im Vermittlungsausschuß waren wir bereit, auf Stufenpläne zur Erhöhung des steuerfreien Existenzminimums und zur Erhöhung des Kindergeldes einzugehen. Zugleich haben wir den Ländern einen höheren Ausgleich im Zusammenhang mit dem Familienleistungsausgleich angeboten. Statt 4,6 Umsatzsteuerpunkte hatte ich 5 Punkte angeboten und auch die Berücksichtigung dessen mit eingeplant, was an weiteren Kindergelderhöhungen im Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung noch stattfinden kann und stattfinden muß. Wir waren bereit, eine wetterfeste Revisionsklausel zugunsten der Länder zu akzeptieren und eine dauerhafte Belastungsverteilung von 74:26 festzuschreiben und rechtlich zu verankern.
    Ich wäre auch bereit gewesen, die Erhöhung des Umsatzsteueranteils der Lander unbefristet, ohne Revisionsklausel, festzulegen - ein Angebot, das angesichts steigender Umsatzsteuereinnahmen und wohl - leider - sinkender Kinderzahlen für die Länder sehr vorteilhaft gewesen wäre. Nach wie vor steht unsere Bereitschaft, im Rahmen einer Gesamteinigung eine Gegenfinanzierung durch steuerlichen Subventionsabbau von rund 4 Milliarden DM mitzutragen.
    Meine Damen und Herren von der Opposition, wir tragen gemeinsam Verantwortung für Deutschland. Nun sind Sie gefordert. Verzögern Sie die Einigung nicht länger!

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sie können ja heute zustimmen!)

    Stehen Sie sich selbst und einem akzeptablen Kompromiß nicht mehr länger im Wege! Jeder hat genug Zeit gehabt, seine Position deutlich zu machen. Jetzt ist es unsere gemeinsame Verpflichtung gegenüber den Bürgern, gegenüber der Finanzverwaltung, gegenüber den steuerberatenden Berufen und gegenüber der Wirtschaft, so schnell wie möglich Klarheit über das zu schaffen, was an steuerlichen Entlastungen kommen muß und kommen wird. Seien Sie endlich zur Verantwortung bereit!
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächste spricht die Kollegin Ingrid Matthäus-Maier.

(Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Matthäus-Märchen!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ingrid Matthäus-Maier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Waigel, Sie haben Ihre Rede mit den Worten begonnen: Die Bürger haben kein Verständnis für diese Sondersitzung. - Wir haben zwar geklatscht. Aber ich frage mich, warum Sie sie überhaupt beantragt haben.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abgeordneten Matthias Berninger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Gregor Gysi [PDS])

    Um was geht es heute in der Sache? Die Regierungskoalition hat vor wenigen Wochen, gegen die Minderheit der SPD, hier im Bundestag das Jahressteuergesetz 1996 beschlossen. Die SPD hat im Vermittlungsausschuß mit ihrer Mehrheit gegen Sie als Minderheit Verbesserungen durchgesetzt: deutlich höhere steuerliche Entlastungen für den Durchschnittsverdiener und eine stufenweise Anhebung des Kindergeldes auf 250 DM.

    (Beifall bei der SPD)

    Da es immer etwas theoretisch klingt, wenn man von „steuerfreiem Existenzminimum" redet, und die Bürger nicht genau wissen, was mit einer Freistellung von 12 000 oder 13 000 DM gemeint ist, will ich das einmal umrechnen. Das, was die SPD im Vermittlungsausschuß gegen Ihren erbitterten Widerstand durchgesetzt hat, bedeutet für eine durchschnittliche Familie mit zwei Kindern: im Jahre 1996 eine zusätzliche Entlastung von 480 DM, im Jahre 1997 eine zusätzliche Entlastung von 640 DM, im Jahre 1998 eine zusätzliche Entlastung von 830 DM und schließlich im Jahre 1999 im Vergleich zu Ihrem Bundestagsbeschluß eine zusätzliche Entlastung von 1 700 DM.
    Sie könnten dem heute zustimmen. Wir appellieren an Sie: Tun Sie es! Aber Sie haben die Sondersitzung beantragt, um diese Verbesserungen für Durchschnittssteuerzahler und Familien mit Kindern zu verhindern.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Wer diese Entlastungen blockieren will, der handelt unverantwortlich. Wenn Herr Schäuble das, was wir hier diskutieren, ein „Affentheater" nennt, dann macht dies nur deutlich, daß Sie nicht mehr wissen, wie es im Portemonnaie von Otto Normalverbraucher und Eltern mit Kindern aussieht.

    (Beifall bei der SPD)

    Warum ist die Einigung bisher nicht gelungen? Es waren insbesondere drei Punkte. Der erste Punkt: Sie waren und sind bis heute nicht bereit, das Kindergeld schon in 1996 auf 220 DM anzuheben. Erinnern Sie sich noch an die Debatten der letzten Jahre? Sie haben scharfe ideologische Auseinandersetzungen geführt, als wir - ich selber - unzählige Male hier gefordert haben, den Kinderfreibetrag bei der Steuer abzuschaffen, weil die Entlastung mit steigendem Einkommen der Eltern steigt, und statt dessen ein einheitliches Kindergeld einzuführen. Das haben Sie alles abgelehnt. Sie haben sich inzwischen bewegt, Gott sei Dank! Das haben wir begrüßt. Durch Ihren Vorschlag, 200 DM Kindergeld vom ersten Kind an zu zahlen, erhalten 95 % der Familien in Zukunft ein Bleichhohes Kindergeld. Ich bin ganz sicher: Ohne unsere Hartnäckigkeit im Bundestagswahlkampf

    Ingrid Matthäus-Maier
    und hier im Bundestag hätten wir die 200 DM bei Ihnen nicht herausgeholt.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber: Können Sie mir sagen, warum Sie sich so penetrant gegen die Anhebung auf 220 DM sperren? Für Spitzenverdiener sehen Sie die Anhebung des Kinderfreibetrages bei der Steuer vor mit der Folge, daß Spitzenverdiener - damit das klar ist: Das sind Leute, die im Jahr mehr als 240 000 DM zu versteuerndes Einkommen haben; das können brutto über 300 000 DM sein - durch die Erhöhung des Kinderfreibetrages eine Entlastung von monatlich 277 DM bekommen. Das heißt: Sie haben für 277 DM Entlastung für die Spitzenverdiener gekämpft und wehren sich gegen 220 DM Kindergeld für Otto Normalverbraucher!

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Allein diese Kindergelderhöhung für 1996 bedeutet für eine Familie mit zwei Kindern 480 DM im Jahr. Sie aber sagen, wir wollten alles oder nichts. Herr Waigel, wir sind Ihnen doch entgegengekommen. Wir haben gar nicht verlangt, daß Sie gleich für 1996 die 250 DM ansetzen. Vielmehr haben wir einen Stufenplan vorgestellt, der 250 DM für 1990 vorsieht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: 1999!)

    - 1999, natürlich rückwirkend können auch wir das leider nicht. Da alle Familienverbände Ihnen und uns sagen, Ihre 200 DM reichten nicht aus, appellieren wir an Sie: Blockieren Sie nicht länger diese Verbesserungen für die Familien mit Kindern! Stimmen Sie unserem Beschluß heute zu! Dann wissen die Familien, woran sie sind.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Wir bleiben auch dabei, daß das Kindergeld gleich mit der Steuerschuld verrechnet werden sollte. Bei 250 DM Kindergeld würde das bei einer Familie mit zwei Kindern bedeuten, daß die Eltern gleich 2 x 250 DM = 500 DM weniger Lohnsteuern zahlen würden. Das sogenannte Zuordnungsmodell führt aber, wie wir alle wissen, zu milliardenschweren Verschiebungen zu Lasten von Ländern und Gemeinden.
    Meine Damen und Herren, es ist keine parteipolitische Auseinandersetzung, sondern eine Frage der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern, wie wir dieses Problem lösen. Seien wir doch ehrlich miteinander: Ich war in den Vorgesprächen und im Vermittlungsausschuß dabei, als Ihr Herr Stoiber aus Bayern oder Ihr Herr Mayer-Vorfelder aus BadenWürttemberg genau die gleichen Bedenken geltend gemacht haben. Herr Waigel, solange Sie den Ländern keine Garantie geben, daß sie nicht nach wenigen Jahren wieder mit höheren Beträgen belastet werden, als jetzt zugesagt, werden Sie keine Zustimmung der Länder bekommen - seien sie SPD-geführt, seien sie CDU- bzw. CSU-geführt.
    Hinzu kommt, Herr Waigel - das muß ich einfach mal sagen, der ich ja, wie Sie sich gut erinnern, das Zuordnungsmodell in allen Gesprächen und auch hier im Bundestag vertreten habe; daher ist das überhaupt kein Widerspruch -: Sie haben in den letzten Wochen - wie ich finde, völlig unnötigerweise - Mißtrauen in den Ländern gesät. Das fängt damit an, daß Sie im März gesagt haben, die Länder sollten Bittsteller sein und nicht Sie. Sie fordern 14 Milliarden DM aus dem Solidarpakt zurück, den Sie mit unterschrieben haben. Sie haben in Ihrem Entwurf für den Haushalt 1996 erneut die Kürzung der Arbeitslosenhilfe vorgesehen, wobei jeder weiß, daß Milliarden auf die Gemeinden verschoben werden. Sie sehen im Etat 1996 mal so eben vor, daß die finanzielle Verantwortung für die unentgeltliche Beförderung der Schwerbehinderten im Personennahverkehr aus dem Bundeshaushalt in die Länderhaushalte verschoben wird. Sie weigern sich, zu einem von uns beantragten zeitlich befristeten Investitionsprogramm zur Erfüllung des Rechtsanspruches auf einen Kindergartenplatz beizutragen.
    Da kann ich nur sagen, meine Damen und Herren: Wer die Länder so provoziert, der darf nicht hoffen, daß er eine Woche später von ihnen Zustimmung erhält.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Beschluß des Vermittlungsausschusses führt - Sie haben es hier zu Recht dargelegt - zu erheblichen überproportionalen Belastungen des Bundes. Aber Sie wissen, daß wir das ausgleichen wollen. Wir haben mit unserer Mehrheit im Vermittlungsausschuß folgendes beschlossen: Die Länder erklären sich bereit, die dem Bund durch das Ländermodell entstehenden überproportionalen Belastungen fair und angemessen auszugleichen.

    (Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Gegenseitige Schuldzuweisungen und auch dieses Gelächter führen uns nicht weiter.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich wiederhole: Wir müssen uns einigen. Das scheinen Sie manchmal zu vergessen, habe ich den Eindruck, wenn ich den Ton dieser Debatte höre.
    Nach dem Waigel-Modell müssen die Länder entlastet werden, weil sie überproportional belastet werden. Nach dem Vermittlungsausschußmodell ist die ganze Chose umgekehrt, d. h., auf jeden Fall muß ausgeglichen werden, so oder so herum. Das kann im Laufe der nächsten Gesetzgebungsverfahren geschehen.
    Ich halte den Föderalismus für die tragende Säule unseres demokratischen Systems. Es wäre aber ein Armutszeugnis für den Föderalismus - auch die Bürger würden das nicht verstehen -, wenn eine sinnvolle Reform an Finanzausgleichsproblemen scheitern würde. Deswegen lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, daß wir zu einer vernünftigen Lösung kommen. Wenn schon Zuordnungsmodell, Herr Waigel, dann aber bitte auch die 220 DM Kindergeld, die Sie gerne vergessen.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Ingrid Matthäus-Maier
    Zweiter Streitpunkt: das steuerfreie Existenzminimum. Sie haben sich in diesem Punkt bewegt, Gott sei Dank. Aber Sie tun so, als sei das ein großes Entgegenkommen gegenüber der SPD. Ihr erster Tarifvorschlag im September war verfassungswidrig. Er hatte diesen häßlichen Buckel. Ein bestimmtes Wort lieben Sie nicht; aber alle Leute wissen, daß das der Tarifbuckel war, der unerträglich war.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Der Waigel-Bukkel!)

    Dann haben Sie einen zweiten Tarifvorschlag vorgelegt; den fanden selbst Ihre eigenen Leute unerträglich. Im März sind Sie dann endlich mit einem neuen Tarifvorschlag übergekommen. Wir haben das begrüßt. Aber er reicht noch nicht aus.
    Bürgerinnen und Bürger verstehen meist nicht, was das heißt: 12 000 DM oder 13 000 DM steuerfrei, bei Verheirateten 24 000 DM oder 26 000 DM. Das bedeutet, daß der Staat beim Bürger nicht das über Steuern abkassieren darf, was ihm als Existenzminimum zusteht. Sie wollen auch 1997 ein steuerfreies Existenzminimum von 12 000 DM. Aber in Ihren eigenen Papieren steht: Bei dieser Art der Anpassung, nämlich 1997 keine Erhöhung, liegt der Grundfreibetrag im Jahr 1997 voraussichtlich etwas unter dem Sozialhilfeniveau.

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Hört! Hört! Sehr bedenklich!)

    Als wir in den Gesprächen entgegengehalten haben, das ginge doch nicht, das verstieße doch gegen die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtes, daß man die Menschen so scharf besteuert, daß sie unter das Sozialhilfeniveau sinken, haben Sie wörtlich gesagt, das Verfassungsgericht erlaube vorübergehend einen Durchhänger, d. h. eine Unterschreitung des verfassungsrechtlichen Minimums um 10 % bis 15 %. Herr Waigel, wohin sind wir denn eigentlich gekommen?
    Ich teile auch als Juristin Ihre Meinung ausdrücklich nicht. Ich halte das Festhalten an 12 000 DM Grundfreibetrag 1997 für verfassungswidrig. Der Staat darf den Menschen nicht durch Steuern abnehmen, was sie als Existenzminimum brauchen, und da reichen die 12 000 DM 1997 nicht.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Wenn Sie sehenden Auges dagegen verstoßen, dann - das wissen wir doch jetzt schon - wird es eine Flut von Beschwerden, Einsprüchen und Klagen geben. Sollen wir denn nicht endlich damit Schluß machen, daß Karlsruhe in unserem Land die Steuerpolitik bestimmt, weil sich der Finanzminister hartnäckig weigert, das Existenzminimum freizustellen?

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    1 000 DM Grundfreibetrag mehr bedeuten beim Alleinstehenden im Jahr eine Entlastung von etwa 250 DM, bei Verheirateten von etwa 500 DM. Auch das, Herr Schäuble, ist kein Affentheater, sondern eine echte Entlastungsdiskussion.
    Übrigens geht es mir bei dieser Frage nicht nur um Juristerei. Schauen Sie einmal: Sie sind es doch, die in den letzten Jahren immer wieder gesagt haben, das Lohnabstandsgebot sei nicht gewahrt. Was heißt das auf deutsch? Das heißt, daß niedrige Einkommen sehr nah an die Schwelle der Sozialhilfe oder sogar darunter rutschen.
    Aber mit Ihrem Tarif verschärfen Sie die Situation. Gegen das Lohnabstandsgebot wird in Einzelfällen nicht deswegen verstoßen, weil die Sozialhilfe in diesem Land besonders üppig ist, sondern deswegen, weil Sie in verfassungswidriger Weise sogar niedrige Einkommen so hoch besteuern. Das werden wir nicht hinnehmen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Wir werden nicht zulassen, daß Sie die Menschen mit diesem scharfen Steuertarif in die Schwarzarbeit treiben. Leistung muß sich wieder lohnen. Das ist völlig richtig.

    (Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Aber bitte schön nicht nur für Leute mit Einkommen von über 240 000 DM im Jahr, sondern auch für Otto Normalverbraucher!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Dritter und letzter Streitpunkt: die Finanzierung.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Jeder Satz verfälschend!)

    Herr Waigel hat soeben gesagt, bei uns bestehe ein Finanzierungsloch von über 40 Milliarden DM. Herr Waigel, ich bitte Sie, das zurückzunehmen; denn Sie wissen, daß es die Unwahrheit ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich nenne ein Beispiel: Im Jahr 1996 heben wir das Kindergeld um 20 DM mehr an als Sie, und zwar auf 220 DM. Das kostet dreieinhalb Milliarden DM. Gleichzeitig haben wir einen steuerlichen Subventionsabbau von fast 4 Milliarden DM vorgelegt und beschlossen. Wir haben die Deckung gleich mitgeliefert.
    Wir sind auch, wie Sie wissen, bereit weiter zu gehen. Wenn wir eine Gegenfinanzierung vorschlagen, dann ist das doch keine Boshaftigkeit. Angesichts von zwei Billionen DM Staatsschulden aller Gebietskörperschaften, angesichts von 143 Milliarden DM Zinsen, die alle öffentlichen Hände 1996 zu zahlen haben, sind wir der Ansicht, daß man ein solches Steuersenkungspaket nicht einfach über neue Schulden finanzieren kann. Es ist gerechtfertigt und politisch seriös, auch andere Finanzierungsmöglichkeiten einzubringen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Beim Subventionsabbau kann es mit unseren Stimmen weiter gehen. Warum muß es bei den vier Milliarden DM bleiben? Ich darf Sie daran erinnern, daß

    Ingrid Matthäus-Maier
    beim Vorgespräch zwischen CDU/CSU und SPD schon 5,6 Milliarden DM vereinbart waren. Dann war es die F.D.P., die Sie im Koalitionsgespräch davon weggebracht hat. Dazu kann ich Ihnen, meine Damen und Herren von der F.D.P., nur sagen: Tag und Nacht von Subventionsabbau zu sprechen und dann zum hartnäckigsten Lobbyisten von Steuersubventionen zu werden, sollten Sie sich endlich einmal abschminken.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Unsere lange Liste zum Subventionsabbau liegt auf dem Tisch: von der Gewinnermittlung bei Land- und Forstwirtschaft über das sogenannte Dienstmädchenprivileg und die Einschränkung von Veräußerungsgewinnen bis zur Verlängerung von Spekulationsfristen. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich sagen: Das folgende Beispiel bringt zwar nur 100 Millionen DM, aber 100 Millionen DM sind auch Geld.
    Daß Sie sich sogar angesichts des letzten Bestechungsskandals bei Opel bis heute weigern, die steuerliche Absetzbarkeit von Schmiergeldern abzuschaffen, ist wirklich ein Skandal.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Schließlich und auch nur nebenbei: Wenn Sie endlich bereit wären, aktiv gegen die Steuerhinterziehung vorzugehen, dann hätten wir auch Milliarden DM mehr, mit denen wir den ehrlichen Steuerzahlern die viel zu hohen Steuern senken können, Herr Waigel.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Wer ist dafür zuständig? Das sind die Länder!)

    Wir haben auch andere Finanzierungsmöglichkeiten vorgeschlagen. Ich erinnere an unsere Forderung nach einem Einstieg in die ökologische Steuerreform. Sie können ja dagegen sein. Aber ich bin der festen Überzeugung: Die kommt. In unserem Land wird die Arbeit mit Steuern und Sozialabgaben vergleichsweise zu hoch belastet.
    Gleichzeitig ist die Situation eingetreten, daß die Strompreise im nächsten Jahr wegen der Verfassungswidrigkeit des Kohlepfennigs sinken. Das ist ökologisch ein falsches Signal. Ich zitiere Herrn Schäuble, der gesagt hat, das sei doch nun wirklich nicht der Weisheit letzter Schluß. - Wir geben Ihnen die Chance, in diesem Verfahren etwas weiser zu werden und mit uns für den Einstieg in die ökologische Steuerreform zu sorgen.

    (Beifall bei der SPD)

    Auch für die Anhebung des Kindergeldes auf 250 DM im Jahr 1999 haben wir Ihnen einen konkreten Finanzierungsvorschlag mitgeliefert - Sie haben es erwähnt -: eine maßvolle Begrenzung des Ehegattensplittings. Meine Damen und Herren, bis weit in Ihre Reihen hinein wissen die Leute - ich erinnere an den Vorstoß des CDU-Generalsekretärs Hintze im letzten
    Dezember -, daß es schlicht und einfach nicht in Ordnung ist, daß ein Spitzenverdiener durch die pure Heirat, auch wenn er überhaupt keine Kinder hat, im Jahr eine Entlastung von 22 842 DM erhält, während wir gleichzeitig nicht genug Geld haben, um die Familien mit Kindern endlich angemessen zu entschädigen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Wir sehen eine begrenzte Splittingregelung vor, die nur oberhalb von zu versteuernden Einkommen von 93 500 DM greift; brutto sind das etwa 110 000 bis 120 000 DM. Auch diese Einkommen würden nach wie vor einen Splittingvorteil erhalten, aber er würde sich nicht mehr auf die immensen 22 842 DM belaufen. Das dadurch eingesparte Geld benutzen wir, um endlich 250 DM Kindergeld zu zahlen.

    (Beifall bei der SPD)

    Selbstverständlich kennen wir die Urteile, in denen steht, das Splitting sei keine beliebig veränderbare Steuersubvention. Beliebig wollen wir Sozialdemokraten das auch nicht ändern. Aber aus dem Steuerausfall von über 30 Milliarden DM 5 Milliarden herauszunehmen, um damit das Kindergeld anzuheben, ist sehr wohl sachgerecht.
    Ich darf an dieser Stelle, was ich selten tue, dem geschätzten Journalisten Mundorf im „Handelsblatt" widersprechen. Er hat nämlich gesagt, das Splitting müsse so bleiben, damit es dem Zivilrecht folge. Auch im Zivilrecht, im Bürgerlichen Gesetzbuch, sei es nämlich so, daß das, was eine Familie verdiene, automatisch zur Hälfte an Mann und Frau gehe. Wenn es so wäre, wäre es schön. Aber das ist nicht der Fall. Wenn er 100 000 DM nach Hause bringt und sie null, dann hat sie zwar einen Unterhaltsanspruch, aber daß ihr die Hälfte der 100 000 DM gehöre, davon ist überhaupt keine Rede. Ich sage an Ihre Adresse einmal ein bißchen spöttisch: Wenn Sie endlich bereit sind, das Zivilrecht zu ändern, so daß der Frau immer die Hälfte zusteht, dann werden wir nicht mehr fordern, den Splittingvorteil zu ändern.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir bedauern die heutige Sondersitzung.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Wir sind der Ansicht, wir hätten uns einigen können. In der Sache bleibt es dabei, daß es um folgendes geht: Die Koalition hat ihren Gesetzesbeschluß mit Mehrheit durchgesetzt; die SPD hat im Vermittlungsausschuß mit ihrer Mehrheit einen anderen Gesetzesbeschluß durchgesetzt. Der Unterschied ist der, daß nach dem SPD-Beschluß Familien mit Kindern und Durchschnittsverdiener um mehrere hundert D- Mark jährlich zusätzlich entlastet werden.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Sie wollen die Familien abschaffen!)

    Sie werden nicht erwarten, daß wir Ihrem Beschluß folgen. Wir appellieren an Sie: Folgen Sie heute un-

    Ingrid Matthäus-Maier
    serem Beschluß! Dann hat die ganze Sondersitzung wenigstens einen Sinn gehabt!

    (Anhaltender Beifall bei der SPD sowie Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)