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    Plenarprotokoll 13/42 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 42. Sitzung Bonn, Freitag, den 2. Juni 1995 Inhalt: Wahl der Abgeordneten Leni Fischer (Unna) als ordentliches und des Abgeordneten Hans Peter Schmitz (Baesweiler) als stellvertretendes Mitglied in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates 3357 A Erweiterung der Tagesordnung 3357 B Zusatztagesordnungspunkt 9: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Jahressteuergesetzes 1996 (Drucksachen 13/901, 13/1558, 13/1600) b) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien im Jahr 1996 zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Für einen gerechten, verfassungsgemäßen und unbürokratischen Familienleistungsausgleich zu dem Antrag der Abgeordneten Christine Scheel, Andrea Fischer (Berlin), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Soziale und gerechte Einkommensteuerreform 1996 (Drucksachen 13/381, 13/16, 13/936, 13/1558) c) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (Drucksachen 13/698, 13/1558) d) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Zwischenbericht der Bundesregierung über die Möglichkeit, die Kraftfahrzeugsteuer mit einem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht zwischen 12 t und 16 t im Zusammenhang mit der Einführung einer Autobahngebühr ab 1. Januar 1995 abzusenken (Drucksachen 13/725 Nr. 58, 13/1558) e) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Senkung der Mineralölsteuer für erdgasbetriebene Fahrzeuge (Drucksachen 13/1071, 13/1558) Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 3358D Detlev von Larcher SPD 3361 C Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3364 D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . . . 3365D, 3373 A Ingrid Matthäus-Maier SPD . . 3366C, 3395 C Dr. Barbara Hendricks SPD 3367 A Joachim Poß SPD . . . . 3367C, 3378B, 3388B Jörg-Otto Spiller SPD 3369B Dr. Barbara Höll PDS 3370C, 3393 D Joachim Poß SPD 3372D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 3373 D Peter Dreßen SPD 3374 B Rudolf Scharping SPD 3380 C Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3384 C Gisela Frick F.D.P. 3387 C Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU 3390 A Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 3390 B Lydia Westrich SPD 3391 C Dr. Karl H. Fell CDU/CSU 3393 B Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 3394 C Jörg-Otto Spiller SPD 3397 A Friedrich Merz CDU/CSU 3398 B Rolf Schwanitz SPD 3400C, 3401 C Gerhard Schulz (Leipzig) CDU/CSU . . 3401 B Namentliche Abstimmungen 3401D, 3402B, 3410C Ergebnisse 3402C, 3405C, 3412A Zusatztagesordnungspunkt 10: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vermögensgesetzes (Drucksachen 13/202, 13/1593) Dr. Uwe-Jens Heuer PDS (Erklärung nach § 31 G0) 3411A Zusatztagesordnungspunkt 13: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Jürgen Rochlitz, Gila Altmann (Aurich) und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Einführung von Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverboten bei erhöhter Ozonkonzentration (Drucksache 13/1597) . 3414C Zusatztagesordnungspunkt 14: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates gegen das Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1995 (Haushaltsgesetz 1995) (Drucksache 13/1604) Namentliche Abstimmung 3415A Ergebnis 3415C Dr. Peter Struck SPD 3418A Joachim Hörster CDU/CSU 3418 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 3419A Dr. Winfried Pinger CDU/CSU 3419 C Manfred Müller (Berlin) PDS 3419C Heinz Schemken CDU/CSU 3419 D Dr. Barbara Hendricks SPD 3420A Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Susanne Kastner, Klaus Lennartz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Vorsorgender Gewässer- und Trinkwasserschutz in der Europäischen Union (Drucksache 13/324) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, Steffi Lemke und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schutz der Gewässer und des Trinkwassers vor Pestizidbelastungen in der Europäischen Union (Drucksache 13/1544) 3415A Nächste Sitzung 3420D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3421* A Anlage 2 Verlangen der ehemaligen Tschechoslowakei auf Nichtigkeitserklärung des Münchener Abkommens von 1938 MdlAnfr 33 - Drs 13/1498 - Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN SchrAntw StM Bernd Schmidbauer BK 3421* B Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 3421* D Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zu Zusatztagesordnungspunkt 6 (Antrag: Verletzung internationaler Walfang-Vereinbarungen durch Norwegen) Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3422* A Eva Bulling-Schröter PDS 3423' A Anlage 5 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1996 (Drucksachen 13/901, 13/1558, 13/1600) Dankward Buwitt CDU/CSU 3423* C Dr. Karl H. Fell CDU/CSU 3423* D Manfred Kolbe CDU/CSU 3424* B Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Roland Kohn (F.D.P.) zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1996 . . . . 3424* D Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 12 (Antrag: Vorsorgender Gewässer- und Trinkwasserschutz in der Europäischen Union) sowie zu Zusatztagesordnungspunkt 12 (Antrag: Schutz der Gewässer und des Trinkwassers vor Pestizidbelastungen in der Europäischen Union) Wilhelm Dietzel CDU/CSU 3425* A Dr. Angelica Schwall-Düren SPD . . . 3426* A Dr. Bodo Teichmann SPD 3427* C Birgit Homburger F D P. 3428* C Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3429* C Rolf Köhne PDS 3430* C Walter Hirche, Parl. Staatssekretär BMU 3431* B 42. Sitzung Bonn, Freitag, den 2. Juni 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Böttcher, Maritta PDS 02. 06. 95 Braune, Tilo SPD 02. 06.95 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 02. 06. 95 90/DIE GRÜNEN Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 02. 06.95 Heym, Stefan PDS 02. 06. 95 Heyne, Kristin BÜNDNIS 02. 06. 95 90/DIE GRÜNEN Hustedt, Michaele BÜNDNIS 02. 06. 95 90/DIE GRÜNEN Lehn, Waltraud SPD 02. 06. 95 Mosdorf, Siegmar SPD 02. 06. 95 Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 02. 06. 95 90/DIE GRÜNEN Pfannenstein, Georg SPD 02. 06. 95 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 02. 06. 95 Hermann Schönberger, Ursula BÜNDNIS 02. 06. 95 90/DIE GRÜNEN Schröter, Gisela SPD 02. 06.95 Schumann, Ilse SPD 02. 06.95 Volmer, Ludger BÜNDNIS 02. 06. 95 90/DIE GRÜNEN Wallow, Hans SPD 02.06.95 Anlage 2 Antwort des Staatsministers Bernd Schmidbauer auf die Frage der Abgeordneten Annelie Buntenbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 13/1498 Frage 33): Ist es richtig, wie das Bundeskanzleramt in einem Brief an den Benrather Kreis vom 19. März 1992 schreibt, daß die Bundesregierung im Rahmen der Verhandlungen des deutsch-tschechoslowakischen Vertrages über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit das Verlangen der tschechoslowakischen Seite, die Nichtigkeit des Münchener Abkommens von 1938 festzustellen, zurückgewiesen hat, und wenn dies richtig ist, welche Gründe haben die Bundesregierung zu diesem Verhalten bewogen? Die in dem Schreiben des Bundeskanzleramtes vom 19. März 1992 an den Benrather Kreis zur Frage der Nichtigkeit des Münchner Abkommens von 1938 gegebene Antwort lautet wie folgt: Hinsichtlich der Gültigkeit des Münchener Abkommens von 1938 hat sich die tschechoslowakische Seite für eine Feststellung der Nichtigkeit des Abkommens von Anfang an eingesetzt. Wir haben dies mit Hinweis auf den sorgsam austarierten Kompromiß im Prager Vertrag vom 11. Dezember 1973 zurückgewiesen. Dadurch wird insbesondere sichergestellt, daß bestimmte Rechtswirkungen des Münchener Abkommens insbesondere hinsichtlich der Staatsangehörigkeit bestehen bleiben. Diese Aussage gibt die damalige und heutige Haltung der Bundesregierung zu dieser Frage korrekt wieder. Die tschechoslowakische Seite hatte in den Verhandlungen zum deutsch-tschechoslowakischen Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit von 1992 lange darauf gedrängt, über die Formulierung des Prager Vertrages von 1973 hinauszugehen und eine Nichtigkeit des Münchener Abkommens von Anfang an („ex tunc") im Vertrag zu verankern. Wenn auch von deutscher Seite das geschichtliche Urteil über das Zustandekommen des Münchener Abkommens geteilt wird, konnte die Bundesregierung dem tschechoslowakischen Wunsch nicht entsprechen. Mit einer Nichtigkeit ex tunc wären u. a. wichtige Rechtsakte rückwirkend hinfällig geworden, insbesondere die deutsche Staatsangehörigkeit für Sudetendeutsche und Tausende von personenstandsrechtlichen Rechtsakten. Artikel I des Vertrages von 1973 erklärt deshalb das Münchener Abkommen von 1938 „nach Maßgabe dieses Vertrages" als nichtig. Artikel II führt sodann die Rechtswirkungen auf, die durch die (eingeschränkte) Nichtigkeitserklärung nicht berührt werden. Auf diesen Kompromiß zur Nichtigkeitsfrage nimmt die Präambel des Vertrages von 1992 Bezug. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksachen 12/7354, 13/725 Nr. 2 Drucksachen 12/7359, 13/725 Nr. 3 Drucksachen 12/7469, 13/725 Nr. 4 Drucksachen 12/7513, 13/725 Nr. 5 Drucksachen 12/7516, 13/725 Nr. 6 Drucksachen 12/7737, 13/725 Nr. 7 Drucksachen 12/8560, 13/725 Nr. 8 Finanzausschuß Drucksachen 13/634, 13/774 Nr. 4 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksachen 12/7845, 13/725 Nr. 103 Drucksachen 12/8478, 13/725 Nr. 104 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 13/725 Nr. 60 Drucksache 13/725 Nr. 67 Drucksache 13/765 Nr. 1.22 Drucksache 13/478 Nr. 2.4 Drucksache 13/478 Nr. 2.8 Drucksache 13/478 Nr. 2.6 Drucksache 13/478 Nr. 2.9 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/8405 Nr. 4 Drucksache 12/8537 Nr. 16 Drucksache 12/8537 Nr. 19 Drucksache 12/8537 Nr. 22 Drucksache 12/8537 Nr. 24 Drucksache 12/8537 Nr. 27 Ausschuß für Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/1096 Nr. 2.16 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/614 Nr. 2.16 Drucksache 13/614 Nr. 2.7 Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zu Zusatztagesordnungspunkt 6 (Antrag: Verletzung internationaler Walfang-Vereinbarungen durch Norwegen) *) Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Seit Montag dieser Woche tagen in Dublin die rund 40 Mitgliedstaaten der Internationalen WalfangKommission (IWC), um über eine Fortschreibung oder Aufhebung des seit 1986 geltenden intemationalen Walfang-Moratoriums zu entscheiden. Auch die Bundesrepublik Deutschland ist dort mit einer Delegation des Bundeslandwirtschaftsministeriums vertreten - mit einem deutlichen 1993 formulierten Auftrag des Hohen Hauses. 1993 hat der Deutsche Bundestag einstimmig beschlossen, daß sich die Bundesrepublik Deutschland bei künftigen Verhandlungen, die den Walfang betreffen, für die Fortsetzung des von der Internationalen Walfang-Kommission beschlossenen WalfangMoratoriums einsetzen wird und den kommerziellen Walfang ablehnt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern die Bundesregierung auf, sich auch heute noch an diese Beschlüsse des Bundestages zu halten und sie vor allem wirksam werden zu lassen. Ein nachdrückliches und uneingeschränktes Eintreten der Bundesregierung für die Einhaltung des nach wie vor unbefristet geltenden Walfang-Moratoriums der IWC, dem Norwegen seinerzeit (1982) zugestimmt hat, ist - auch im Sinne der Glaubwürdigkeit der Bundesregierung - unbedingt erforderlich. Nachdem Anfang April dieses Jahres bekannt wurde, daß Norwegen bewußt überhöhte Bestandszahlen verwendet, um seine hemmungslose Jagd *) vgl. 40. Sitzung, Seite 3347B auf Minke-Wale zu rechtfertigen, hat der Bundeslandwirtschaftsminister keine wirkungsvollen Maßnahme ergriffen, um das brutale Abschlachten der Wale durch Norwegen zu unterbinden. Norwegen ignoriert mit seinem Vorgehen das geltende Walfang-Moratorium. Die Nicht-Reaktion der Bundesregierung kommt dabei einer Billigung der norwegischen Walfang-Praxis gleich. Wenn ein Vorgehen auf diplomatischer Ebene keinen Erfolg hat - und ein solcher ist bis heute nicht ersichtlich -, muß die Bundesregierung auch auf anderer Ebene tätig werden. Dazu gehört zumindest eine eindeutige öffentliche Verurteilung der norwegischen Walfang-Praxis durch die Bundesregierung - eine solche sind Sie, Herr Borchert, den Walen und uns bis heute schuldig. Es kann doch nicht sein, daß ein Land ein internationales Abkommen auf der scheinbaren Grundlage eines halbfertigen Computerprogrammes bricht und darüber auch noch der Mantel des Schweigens gebreitet wird. Obwohl derzeit keine wissenschaftlich gesicherten Bestandszahlen der Minke-Wale im Nordatlantik vorliegen, hat Norwegen sich selbstherrlich eine Fangquote von 301 Walen zugebilligt. Erst nachdem die fehlerhaften Bestandszahlen von Greenpeace veröffentlicht wurden, hat die norwegische Regierung im Vorfeld der jetzt stattfindenden IWC-Konferenz ihre Fangquote auf 232 Minke-Wale gesenkt. Dies scheint allerdings nur ein taktisches Manöver zu sein, um dem internationalen Druck auszuweichen. Ob sich die Walfänger daran halten werden, scheint zudem zweifelhaft. Wale sind durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen geschützte Tiere. Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen ist in Verbindung der EG-Artenschutzverordnung geltendes Recht in der Europäischen Union. Einer der Grundsätze des Maastrichter Vertrages (Artikel 130r [2]) lautet: „Die Umweltpolitik der Gemeinschaft ... beruht auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip. Wenn die Regierungen der Europäischen Union es ernst nehmen mit dem Vorsorgeprinzip und dem Artenschutz, dann müssen sie eindeutige Worte gegenüber Norwegen sprechen und auch entsprechende Konsequenzen - damit meine ich auch Handelssanktionen - androhen, solange Norwegen den Walfang nicht einstellt. In diesem Jahr wurden nach Aussagen von Greenpeace bereits 82 Minke-Wale - inzwischen sind es vermutlich bereits ein paar mehr - getötet. Ich fordere die Bundesregierung auf, gleichzeitig die tierquälerische Art der Abschlachterei zu verurteilen. Das deutsche Tierschutzrecht erlaubt das Töten von (warmblütigen) Wirbeltieren nur nach vorhergehender Betäubung. Wer die derzeitige Praxis des Walfangs mittels sprengstoffbeladener Harpunen und elektrischen Stroms unwidersprochen hinnimmt, macht sich der Tierquälerei mitschuldig. Wir freuen uns, daß die Bundesregierung mit zu den Unterzeichnern gehört, die gestern auf der IWCKonferenz in Dublin eine Resolution gegen das norwegische Vorgehen verabschiedet haben. Nunmehr muß die Bundesregierung auch vor der deutschen internationalen Öffenlichkeit Position beziehen. 150 der von Norwegen zum Tode verurteilten 232 Wale könnten noch gerettet werden, wenn der öffentliche Druck auf Norwegen groß genug ist. Eva-Maria Bulling-Schröter (PDS): Die schwere Sprungharpune trifft auf den grauglänzenden massiven Körper und verhakt sich fest im Fleisch des Wales. Die nachfolgende Explosion reißt ein häßliches und schmerzhaftes Loch in den acht Meter langen und 10 Tonnen schweren Körper des großen Tieres. Noch lebt der Wal, noch hat er unvorstellbare Schmerzen. Eine zweite Detonation - etwa 6 Minuten später - zerreißt seine Eingeweide und „erlöst" ihn von seinen Qualen. Der Tod eines Wales dauert im Durchschnitt „nur" 3,33 Minuten, 213 endlose Sekunden für das harpunierte Tier. Norwegische Behörden haben diesen Vorgang akribisch berechnet. 1982 wurde mit großer Mehrheit von der internationalen Staatengemeinschaft ein unbefristetes Walfang-Moratorium beschlossen. Trotz anhaltender internationaler Proteste gibt es seit seinem Inkrafttreten im Jahre 1986 Bemühungen, das Moratorium zu unterlaufen und auszuhebeln. Diese Bestrebungen werden vor allem unter der Führung der japanischen und norwegischen Regierung vorangetrieben. Beide Länder nutzen ein Schlupfloch des Abkommens, die sogenannte wissenschaftliche Ausnahmeklausel. Doch damit nicht genug. Seit 1983 hat sich z. B. Norwegen selbstherrlich eine jährliche Quote von mindestens 301 Zwergwalen zugebilligt, die teils als wissenschaftliche, teils als kommerzielle Fänge deklariert werden. Nach Berechnungen eines Mitglieds im IWC-Wissenschaftsausschuß leben heute im Atlantik kaum mehr als 53 000 Minke-Wale. Norwegische Berechnungen sprechen von einer Zahl von 86 736 Tieren im Nordatlantik, um damit ihren Walfang zu legitimieren. Trotzdem mußten im Januar diesen Jahres norwegische Wissenschaftler auf einem Wissenschaftsmeeting der IWC zugeben, daß ihre Berechnungen keinerlei wissenschaftlichen Stellenwert haben. Das wissenschaftliche Kommitee des IWC bestätigte auf der 47. IWC-Konferenz in Dublin, die vor drei Tagen begann, daß Fehler in der von Norwegen genutzten Computer-Software und im Berechnungsmodus für dieses folgenschwere „Rechenergebnis" verantwortlich sind. Dennoch hält Norwegens Fischereiministerium an dieser Zahl fest und hat darüber hinaus den Beginn der Jagdsaison in diesem Jahr von Juni auf Mai vorverlegt. Und warum das Ganze? Mit Walfleisch werden von Norwegen vor allem japanische Feinschmeckerrestaurants versorgt, d. h. die Tiere werden ausgerottet, um die Gaumen einiger „Schickimickis" zu laben. Hauptsächlich geht es dabei, wie kann es anders sein, ums Geld! 360 US-Dollar werden gegenwärtig pro Kilo Zwergwalfleisch verdient. Wie verhält sich angesichts dieses skandalösen Zustandes die Bundesrepublik? 1981 trat sie der Internationalen Walfang-Kommission bei, mit dem Ziel, ein Walfang-Moratorium zu erreichen. Bis heute fehlt von der deutschen Regierung jedoch eine energische Aufforderung an Norwegen, die Festlegungen des Walfang-Moratoriums einzuhalten. Deshalb, meine Damen und Herren, handeln Sie jetzt! Die Bundestagsgruppe der PDS unterstützt den Antrag der GRÜNEN und fordert Sie auf: Werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht! Helfen Sie mit, den Bestand an Walen auch für nachfolgende Generationen zu sichern. Anlage 5 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1996 (Drucksachen 13/901, 13/1558, 13/1600) Dankward Buwitt (CDU/CSU): Der vom Finanzausschuß beschlossenen Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 werde ich zustimmen, obwohl ich eine der vorgesehenen Änderungen für verfehlt halte. Begrüßenswert sind unter anderem die Regelungen zur Freistellung des Existenzminimums, zur Weiterentwicklung des Familienleistungsausgleichs und zur Steuervereinfachung. Im Bereich der Fördermaßnahmen für den weiteren Aufbau in den neuen Bundesländern ist jedoch vorgesehen, die Sonderabschreibungsmöglichkeiten für den Mietwohnungsbau von 50 % auf 25 % zu kürzen. Zwar ist eine Stärkung der Eigentumsmaßnahmen zu begrüßen; sie kann allerdings die notwendige Wohnungsversorgung in den Ballungsgebieten kurzfristig nicht wirkungsvoll verbessern. Daher halte ich die Kürzung im Mietwohnungsbau für verfehlt und befürchte nachhaltig negative Auswirkungen für den dringend benötigten Mietwohnungsbau in den neuen Bundesländern. Da die anderen in diesem Entwurf vorgesehenen Regelungen sehr wesentlich und begrüßenswert sind, stimme ich der vom federführenden Ausschuß verabschiedeten Fassung zu. Dr. Karl H. Fell (CDU/CSU): Die mit dem Beschluß des Finanzausschusses vorgelegte Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 enthält für die Steuerfreistellung des Existenzminimums eines Kindes einen Lösungsweg, den ich nicht mittragen kann. Die grundsätzliche Abschaffung des Kinderfreibetrages für jedes Kind hat zur Folge, daß die steuerliche Bemessungsgrundlage für die Errechnung der geschuldeten Einkommensteuer um den Betrag des Existenzminimums eines Kindes - 6 264 DM - zu hoch ist. Demgemäß müssen für alle Zuschlagsteuern sowie für die Transfergesetze Korrekturen vorgenommen werden, in denen jeweils das Kinderexistenzminimum als fiktiver Freibetrag von der Bemessungsgrundlage abgezogen wird, ehe die für die Zuschlag- steuern bzw. Transferleistungen zugrundezulegenden Bemessungsgrundlagen korrekt, d. h. ohne steuerliche Belastung der Kinderexistenzminima, errechnet sind. Darin liegt eine unnötige Komplizierung. Zum anderen muß das im Jahressteuergesetz 1996 festgelegte Kindergeld an alle Eltern zunächst einmal gezahlt werden, selbst dann, wenn bereits vorher feststeht, daß die Berücksichtigung des Kinderexistenzminimums als Freibetrag die günstigere Lösung wäre. Eine Wahlmöglichkeit für die Eltern wird - jedenfalls für 1996 - zunächst nicht zur Verfügung gestellt. Für alle Kinder müssen die Familienkassen Verwaltungsvorgänge anlegen und die Zahlungen organisieren. Erst bei der Einkommensteuerveranlagung wird dann errechnet, welches Verfahren für die betroffenen Eltern günstiger ist, Kinderfreibetrag oder Kindergeld. Die Eltern, für die der Kinderfreibetrag rechnerisch die angemessene steuerliche Freistellung des steuerlichen Existenzminimums erbringt, müssen bis zur einkommensteuerlichen Veranlagung den Differenzbetrag zinslos dem Staat zur Verfügung stellen. Das ist das Gegenteil von Familienförderung. Der so mit dem Jahressteuergesetz 1996 vorgenommene Systemwechsel für die steuerliche Berücksichtigung der Kinder durch die Zusammenfassung mit den Transferleistungen macht für Eltern völlig undurchsichtigt, welcher Anteil des Kindergeldes auf Steuervergütung und welcher Anteil auf Familienförderung entfällt. Persönlich hoffe ich, daß der Bundesrat den Lösungsansatz verwirft und zum ursprünglichen Lösungsvorschlag des Bundesfinanzministers (Erhöhung des geltenden Kinderfreibetrages und Anhebung der Sätze von Kindergeld und Kindergeldzuschlag) für die Jahre 1996 und 1997 zurückkehrt. Dann kann für das Jahr 1998 endlich eine in sich geschlossene Finanzamtslösung sorgfältig vorbereitet und beraten werden. Trotz meiner Ablehnung der Regelungen für den Familienlastenausgleich werde ich dem Steuergesetz zustimmen. Hintergrund ist allein die Tatsache, daß bei einem Scheitern des Jahressteuergesetzes 1996 im Deutschen Bundestag für die Familien ab dem 1. Januar 1996 keinerlei Verbesserung eintreten würde. Wenn das Jahressteuergesetz im Bundestag scheitert, kann es nicht zu einer Beratung im Bundesrat und gegebenenfalls zu einer Einigung im Vermittlungsausschuß kommen. Ich stimme ausschließlich deshalb mit „ja", damit das Jahressteuergesetz 1996 in der Beratung bleibt und auf jeden Fall eine Lösung für die steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Erwachsenen wie auch der Kinder erreicht werden kann. Manfred Kolbe (CDU/CSU): Das Jahressteuergesetz 1996 kürzt die steuerliche Investitionsförderung Ost (Sonderabschreibungen, Investitionszulagen usw.) für die beiden Jahre 1997 und 1998 gegenüber den jetzigen Regelungen um jährlich rd. 7,5 Mil-harden DM oder minus 40 % (!). Ab 1999 soll diese steuerliche Investitionsförderung Ost ganz (!) fortfallen. Diese drastischen Kürzungen gefährden den weiteren Aufbau Ost. Ein deutlicher Bremseffekt der bisher positiven Investitionsentwicklung wird ebenso wahrscheinlich wie negative Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Beschäftigung. Finanzpolitisch wird damit nichts gewonnen, da die Sozialtransfers - z. B. Arbeitslosen- und Wohngeld - dann zwangsläufig weiter steigen werden. Ostdeutschland läuft Gefahr, ein Dauersubventionsgebiet zu werden - mit unabsehbaren Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft in Gesamtdeutschland (vgl. Ludewig, „SZ" vom 25. April 1995). Dieser drastische Abbau der steuerlichen Investitionsförderung Ost auf Null über einen Zeitraum von zwei Jahren ist in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einmalig. Er steht insbesondere in deutlichem Gegensatz zu den allmählichen Abbaubemühungen bei der Steinkohlesubventionierung. Zu den Kürzungen im einzelnen: Obwohl ständig von Konzentration der Fördermaßnahmen die Rede ist, wird auch bei den Fördermaßnahmen für das produzierende Gewerbe gekürzt, obwohl der industrielle Bereich im Osten Deutschlands weiterhin notleidend ist. Eine besondere steuerliche Förderung des Mietwohnungsbaus Ost besteht nach dem Jahressteuergesetz 1996 praktisch nicht mehr, da die allgemein in Deutschland geltende degressive Abschreibung mehr oder weniger gleichwertig ist. Auch dem chronischen Eigenkapitalmangel neugegründeter Betriebe im Osten Deutschlands wird nicht in ausreichendem Umfang begegnet. Das Jahressteuergesetz 1996 bedarf daher im gesamtdeutschen Interesse (I) deutlicher Verbesserungen bei der Investitionsförderung Ost, weshalb ich ihm heute nicht zustimmen kann. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Roland Kohn (F.D.P.) zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1996 (Drucksache 13/1588) Roland Kohn (F.D.P.): Ich stimme der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 13/1588 - zur Umwandlung der seitherigen Kilometerpauschale in eine allgemeine verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale zu, um die Benachteiligung derjenigen Arbeitnehmer zu beseitigen, die für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsplatz nicht den eigenen Pkw benutzen. Damit soll zugleich die seitherige Diskriminierung von Bussen und Bahnen gegenüber dem privaten Pkw beseitigt werden. Um vollständige Haushaltsneutralität zu gewährleisten, hätte ich einer schrittweisen Umwandlung der Kilometerpauschale in eine Entfernungspauschale den Vorzug gegeben. Der Koalitionsantrag mit einem Prüfauftrag zur Verhinderung der Benachteiligung von Pendlern in Flächenstaaten ohne ÖPNV-Zugang ist besonders wichtig. Um jedoch das richtige politische Signal zu geben, stimme ich dem genannten Antrag gleichwohl zu. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 12 (Antrag: Vorsorgender Gewässer- und Trinkwasserschutz in der Europäischen Union) sowie zu Zusatztagesordnungspunkt 12 (Antrag: Schutz der Gewässer und des Trinkwassers vor Pestizidbelastungen in der Europäischen Union) Wilhelm Dietzel (CDU/CSU): Am 4. Januar 1995 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag auf Änderung der Trinkwasserrichtlinie vor. Die vorliegenden Anträge befassen sich mit diesem Vorschlag. Vor einigen Jahren hatten wir eine emotional übersteigerte Diskussion, die in die Aussage mündete „Chemiecocktail Wasser". Durch Initiativen der Bundesregierung national und EU-weit konnten erhebliche Erfolge erzielt werden. Das Trinkwasser ist weitgehend sauber, die Flüsse sind sauberer geworden. Das prognostizierte Horror-Szenario trat nicht ein. Ein auf Initiative des damaligen Umweltministers Dr. Töpfer zustandegekommenes Seminar auf Ministerebene zum Thema Grundwasser, das am 26./ 27. November 1991 in Den Haag stattfand, kam zu folgender Aussage: Grundwasser ist ein natürlicher Rohstoff, der für Umwelt und Wirtschaft gleichermaßen hohen Wert besitzt und dem für Leben, Gesundheit, Landwirtschaft und Gleichgewicht der Ökosysteme elementare Bedeutung zukommt. Die Grundwasservorräte sind begrenzt; daher sollten sie dauerhaft und umweltgerecht bewirtschaftet und geschützt werden. Ein Schutz der Grundwasservorkommen vor zu intensiver Nutzung, vor negativen Veränderungen der Wassersysteme durch menschliche Einwirkung und vor Verschmutzung, die vielfach irreparable Schäden hervorrufen kann, ist unbedingt erforderlich. Weiterhin sind erwähnenswert: Internationale Rheinkonferenz, Nitratrichtlinie '91, Düngemittelgesetz '89, Düngemittelanwendungsverordnung und das geplante EU-Ministerseminar „Grundwasseraktionsprogramm" . Aber immer ist beim Wasser noch einiges „faul", und hier denke ich in erster Linie an Hinterlassenschaften des ersten deutschen Arbeiter- und Bauernstaates. Meine Damen und Herren, befremdet hat mich, daß in beiden hier vorliegenden Anträgen die Landwirtschaft als Hauptverursacher ausgemacht wird. Vereinfacht dargestellt: Keine Pflanzenschutzmittel, keine Probleme im Grundwasser. Aber so einfach ist es nicht. Das vorgenannte Umweltministerseminar stellt Verschmutzung durch Düngemittel, einschließlich Gülle und Schädlingsbekämpfungsmittel in der Landwirtschaft und anderen Bereichen, aber auch Industrie, Städte, Bergbau und Verkehr, aufgelassene Industriestandorte und Abfalldeponien, Klärschlammdeponien und Bewässerung mit verunreinigtem Wasser, Verschmutzung durch Niederschläge aus der Luft, Ableitung unbehandelter Abwässer, ungeordnete Deponien, Leckagen an Speichersystemen und unfallbedingte Verschmutzung fest. Die Antwort der Landwirtschaft auf diese Herausforderung lautet - neben einer hervorragenden Ausbildung - integrierter Pflanzenbau. Auch die neue EU-Agrarpolitik hat zu einer zurückhaltenden Verwendung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln geführt. So ging der Verbrauch an Stickstoff in der Bundesrepublik Deutschland von 1990 bis 1994 um 28 % zurück, bei Phosphors um 56 % und bei Kali um 54 %. Der Wirkstoffverbrauch bei Pflanzenschutzmitteln verringerte sich von 1989 bis 1994 um 60 %. Auch der Bereich Oberflächengewässer machte große Fortschritte. Das Aktionsprogramm „Rhein 2000" hat zum Ziel: weniger Schadstoffe und weniger Störfälle. Von 1987 bis 1995 sollten die Schadstoffe um 50 % reduziert werden, was zum großen Teil schon 1992 erreicht wurde, und das bei der vorhandenen großen Siedlungsdichte und der hohen Industrialisierung. Probleme bereiten zur Zeit die Schwermetalle, die nicht wie geplant reduziert werden konnten. Als Erfolgsmaßstab kann die Veränderung der Artenzahl wirbelloser Tiere angesehen werden. 1920 gab es etwa 165 verschiedene Arten, 1960 bis 1965 ging es gegen null, 1980 bereits 34 Arten und 1990 155 verschiedene Arten; also wurde fast der Zustand von 1920 erreicht. Die Ministerkonferenz zum Schutz des Rheins vom Dezember 1994 stellt aber auch fest, daß zum Schutz der Flüsse neue Betrachtungen notwendig seien. Der Weg muß weggehen von Einzelmaßnahmen, hin zu einer Zusammenarbeit aller Sparten: Gewässerschutz; Bewirtschaftung und Nutzung; Energienutzung; Hochwasserschutz; Fischerei, Naturschutz, Raumplanung, Schiffahrt und Landwirtschaft. Zwischen Anforderungen und Lösungen, Wunschbild und realisierbaren Möglichkeiten können große Unterschiede, ja Welten, liegen. Gewässer- und Trinkwasserschutz ist eine globale Aufgabe für Deutschland, Europa, die Welt und erfordert eine ständige Diskussion. Die Bundesregierung handelt: 39 neue und neugefaßte Verwaltungsvorschriften für Industrie und Kommunen; die Abwasserabgabe (wer Dreck macht, zahlt); Initiativen auf Europäischer Ebene. Gesundheitsminister Seehofer betont, daß das hohe Schutzniveau erhalten und das Vorsorgeprinzip unverzichtbar bleibt. Der Schutz des Wassers, eingebettet in eine ganzheitliche Lösung, bleibt für die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien eine vorrangige Verpflichtung. Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD): „Von besonderer Bedeutung ist der Schutz unserer Gewässer, Pflanzen, Tiere, Menschen - ohne Wasser können sie nicht existieren", so lautete eine Aussage Ihres Vorgängers im Amt, Frau Ministerin. Und recht hat er. Wenn man in diesem schlauen Buch weiterliest, dann entdeckt man unter anderem auch folgende Aussagen: „Vorsorgender Schutz der Oberflächengewässer verlangt auf der einen Seite Emissionsminderungen an der Quelle. Auf der anderen Seite müssen Qualitätsziele für Gewässer den Orientierungsrahmen für die weitere Sanierung abstecken. " Und ein Stück weiter hinten lesen wir: „Aus ökologischen und ökonomischen Gründen sollten Grundwasserbelastungen durch Dünge- und Pflanzenschutzmittel vermieden werden. Zukünftig müssen die Landwirte den Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln auf das unbedingt erforderliche Maß beschränken und daher notwendigerweise die jeweiligen Schadensschwellen und Standortgegebenheiten berücksichtigen. Die Anwendungs- und Zulassungsbedingungen für Pflanzenschutzmittel sind in den letzten Jahren im Interesse der Umwelt erheblich verschärft worden. Es kommt nun darauf an, die weitreichenden Regelungen des Pflanzenschutzrechts strikt anzuwenden. " Das liest sich alles ganz prima, aber beim genauen Hinsehen: heiße Luft und wenig dahinter. Tatsache ist doch: Die Bundesregierung hat den Gewässerschutz in den letzten Jahren vernachlässigt. Das wird deutlich durch steigende Nitratbelastung, durch die Belastung des Wassers mit Pflanzenschutzmitteln und anderen Chemikalien und durch die zunehmende Grundwasserversauerung in den kalkarmen Mittelgebirgsregionen. Dies alles sind wichtige Gründe für den Antrag meiner Fraktion zum vorsorgenden Gewässerschutz. Wir wollen einen Gewässerschutz, der sicherstellt, daß grundsätzlich jede Verschmutzung und Beeinträchtigung der Gewässer vermieden wird, um sie als wichtigen Teil unseres Naturhaushalts zu schützen. Wir brauchen überall Trinkwasser, das möglichst ohne Aufbereitung getrunken werden kann. Dafür brauchen wir ein abgestimmtes System von Grenzwerten und Qualitätszielen, das auf den wissenschaftlich begründeten, ökologischen und toxischen Belastungsgrenzen auch der empfindlichsten Menschen, also vor allem von Kleinkindern und Babys, basiert. Die Oberflächengewässer und das Grundwasser sind ebenfalls durch Verschmutzung und Übernutzung gefährdet. Wir brauchen deshalb ein umfassendes Gewässerschutzprogramm, das Gewässerschutzanforderungen in die betroffenen Politikbereiche Landwirtschaft, Verkehr, Bau, Wirtschaft und Forschung integriert. Dies ist auch auf europäischer und internationaler Ebene notwendig. Die Europäische Kommission aber hat bis heute, trotz mehrfacher Aufforderung, kein Gewässerschutzkonzept vorgelegt. Statt dessen gibt es nun Richtlinien, wie zum Beispiel einen Vorschlag des Rates über die ökologische Qualität von Gewässern. Dabei werden, welch ein Unsinn, Ausnahmen gemacht für Gewässer, „deren ökologische Qualität auf Grund starker Verschmutzung in der Vergangenheit, oder durch Drittländer oder nur außerordentlich schwierig zu verbessern sind. " Einer Richtlinie folgt völlig unkoordiniert die nächste Richtlinie, frei nach dem Motto: Die EU tagt und tagt und es wird doch nicht heller! Selbst ich als Berichterstatterin habe nun langsam Mühe, diesem Durcheinander noch zu folgen. Dabei wäre alles ganz einfach. Wir brauchen dringend die internationale Gewässerschutzkonvention, wie es in der Agenda 21 des Rio-Gipfels vereinbart wurde. Auf europäischer Ebene drohen jetzt die Weichen in Richtung Rückschritt beim Gewässerschutz gestellt zu werden. In der Pflanzenschutzmittelzulassungsrichtlinie hat der Agrarministerrat die Möglichkeit geschaffen, grundwasserbelastende Pflanzenschutzmittel weiter oder wieder zuzulassen. Dies steht im Widerspruch zum verpflichtenden Grundwasserschutz, der in der Pflanzenschutzmittel-Inverkehrbringungsrichtlinie festgeschrieben wurde. Es widerspricht auch der EG-Trinkwasserrichtlinie, die mit dem Vorsorgegrenzwert von 0,1 Mikrogramm Pestizide pro Liter eine Belastung des Grundwassers mit Pestiziden verbietet. Die Bundesregierung beteuert immer wieder ihr Bestreben, die nationalen Standards zu erhalten. Wie sie dies angesichts des massiven Wettbewerbs gerade im Bereich der Landwirtschaft auf EU-Ebene halten will, sagt sie nicht. Die Verantwortlichen in der Landwirtschaft wollen kein Atrazin mehr einsetzen, aber sie dürfen angesichts ihrer Lage keiner Wettbewerbsverzerrung ausgesetzt werden. Der Vorsorgegrenzwert für Pestizide droht aber auch über eine Änderung der EG-Trinkwasserrichtlinie ausgehebelt zu werden. Die Europäische Kommission hat zwar in ihrem kürzlich beschlossen Änderungsvorschlag für die Trinkwasserrichtlinie die Beibehaltung des Grenzwertes beschlossen. In einer Note wurde aber die Überprüfung des Grenzwertes für einzelne Pestizide durch die Kommission in Aussicht gestellt. Dies muß verhindert werden. Eine Aufhebung dieses Grenzwertes wäre die Abkehr vom Vorsorgeprinzip und würde einen flächendeckenden Grundwasserschutz unmöglich machen. Die Wasserwerke haben teilweise schon jetzt Probleme mit Pflanzenschutzmittelrückständen, würden aber vor noch größere Probleme gestellt, und es würden nicht akzeptable gesundheitliche Risiken entstehen. Da ist die Gesundheit unserer Kinder wichtiger als aller Egoismus. Noch ist es Zeit. Im Juni ist zu diesem Thema in Brüssel eine Anhörung geplant. Das wissenschaftliche Komitee der Europäischen Kommission zur Bewertung der toxischen und ökologischen Gefährlichkeit chemischer Wirkstoffe hat sich in einer Stellungnahme zu der geplanten Änderung der Trinkwasserrichtlinie für die Beibehaltung des Vorsorgegrenzwertes von 0,1 Mikrogramm ausgesprochen. Die von Chemieindustrie und Landwirtschaft geforderten höheren Einzelgrenzwerte, die aus einer Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation für Wassernotstandsgebiete stammen, wurden von den Wissenschaftlern zu Recht als nicht sicher genug abgelehnt. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Wirkung einzelner Wirkstoffe, deren Abbauprodukte und das Zusammenwirken mit anderen Stoffen sind noch ziemlich lückenhaft. Auch deshalb wäre es unverantwortlich, Pestizide, die ins Grundwasser gelangen, weiter zuzulassen. Wir brauchen schnelle Verbote aller grundwasserbelastenden Wirkstoffe und ein einheitliches europäisches Grundwasserschutzprogramm, das die Belastung mit Nitrat und Pestiziden wie auch die Grundwasserversauerung wirksam bekämpft - und zwar europaweit. Diskutiert man in Brüssel dieses Problem, dann lobt Herr Bangemann den Gewässerschutz in Europa und bemängelt die Umsetzung in der Bundesrepublik. Hier in Bonn klagt Frau Bergmann-Pohl dann über die Versäumnisse der Bundesländer. Ich kann Ihnen angesichts dieses Verschiebebahnhofs nur den Rat geben. Für uns sollte klar sein: Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut. Wir haben uns dies zu Herzen genommen und unsere Verantwortung in diesem Antrag zusammengefaßt. Die wichtigsten Punkte sind: Die EU muß einen vorsorgenden Gewässer- und Trinkwasserschutz rechtsverbindlich durchsetzen, mit gleicher Handhabung in allen Ländern. Das Vorsorgeprinzip darf auf gar keinen Fall aufgegeben werden, ihm muß Priorität eingeräumt werden. Vorsorgegrenzwerte wie die für Pflanzenschutzmittel im Trinkwasser müssen auch für den Gewässerschutz gelten. Die Bundesregierung sollte sich endlich dazu durchringen, der Klage des Europa-Parlaments gegen die beschlossene Pflanzenschutzmittelzulassungsrichtlinie beizutreten. Atrazin muß in ganz Europa verboten werden. Die Förderkriterien der EU müssen am Gewässerschutz orientiert sein. Und schließlich: Die Bundesregierung sollte sich endlich zu einem Aktionsprogramm zum flächendekkenden Grundwasserschutz durchringen. Wir sind gewählt, um Verantwortung gegenüber den Menschen und der Natur in unserem Land wahrzunehmen. Wir haben diese Verantwortung angenommen, und dafür lohnt es sich, federführend tätig zu werden, damit überall in Europa, zu jeder Zeit Wasser getrunken werden kann, und zwar auch von Alten, Jungen und Kleinkindern. Dr. Bodo Teichmann (SPD): Gestatten Sie, daß ich den Ausführungen meiner Fraktionskollegin Dr. Angelica Schwall-Düren einige Bemerkungen und Gedanken hinzufüge, die das Anliegen unseres Antrags abrundend verdeutlichen sollen. Man möge diesen Antrag als Präventiv(maßnahme) ansehen, getragen von der großen Besorgnis, daß sich möglicherweise Tendenzen bei einer geplanten Novellierung der EU-Gewässer- und Trinkwasserschutzrichtlinien durchsetzen könnten, die vom jetzigen Standard der Vorsorge für die Gesundheit der Menschen und der Vorsorge für die Umwelt abrücken, und zwar abrücken in eine Richtung, die aufs äußerste bedenklich machen muß in Richtung höherer zulässiger Grenzwerte für Kontaminanten in Gewässer und in Trinkwasser. Bei diesen Kontaminanten handelt es sich z. B. um Pflanzenschutzmittel, also um synthetisch hergestellte, vorwiegend organische Chemikalien, aber auch anorganische Verbindungen wie Nitrate, Nitrite, Ammoniak und schwermetallhaltige Verbindungen bzw. Schwermetalle. Das heißt nichts anderes, als daß man derartig belastete Gewässer und Trinkwasser als ein komplexes System ansehen und begreifen muß, von dem wir heutzutage eine Reihe von Einzelfaktoren mit ihren biologischen Wirkungen kennen, aber eben nur in ihrer Wirkung als Einzelfaktor. Das Dilemma ist, daß noch nicht genügend Kenntnisse darüber vorhanden sind, wie sich einzelne Schadstoffe in Gemischen mit anderen Stoffen, auch Schadstoffen in Trinkwasser unter unterschiedlichen Bedingungen verhalten können, noch dazu bei unterschiedlicher qualitativer und quantitativer Zusammensetzung eines solchen Cocktails. Noch komplizierter wird die Situation, wenn ein solches Wasser zu Trinkwasser aufbereitet wird und Aufbereitungsmaßnahmen wie z. B. Chlorierung in Anwendung kommen. Das, was kürzlich durch die Medien in bezug auf Chlorierung von Wasser in Badeanstalten ging, ist im Prinzip seit geraumer Zeit bekannt. So hat eine internationale Arbeitsgruppe der Weltgesundheitsorganisation die bei der International Agency for Research on Cancer bereits in den achtziger Jahren die bis dahin bekannten Fakten über die Trinkwasserchlorierung kritisch beleuchtet und die z. T. überraschenden Ergebnisse in einer WHO-Monographie der Serie „Evaluation of the Carcinogens. Risk of chemicals to humans" zusammengefaßt dargestellt. Selbst wenn Pflanzenschutzmittel dem bemerkenswerten Kriterium vollauf genügen, wie es im Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rats im Rats-Dokument 4160/95, Teil 1/C/19 formuliert ist, ist in den geschilderten Gemischen in Wasser die Neubildung von Schadstoffen nicht auszuschließen. Ich darf die Formulierung dieses Kriteriums aus diesem Dokument der EU zitieren: „Pflanzenschutzmittel müssen als Insektizid, Herbizid, Fungizid oder sonstiges Pflanzenschutzmittel wirksam sein, ohne eine unzulässige Wirkung auf Gesundheit und Umwelt auszuüben." Dem kann man mit gutem Gewis- sen uneingeschränkt zustimmen, und es leuchtet ein, daß es nur eine Schlußfolgerung geben kann: den Gehalt von Kontaminanten z. B. in Trinkwasser möglichst niedrig zu halten, wenn man schon einen Nullwert nicht erreichen kann. Genau diesem Ziel dient die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 15. Juli 1980 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch und der damit übereinstimmenden Verordnung über Trinkwasser und über Wasser für Lebensmittelbetriebe (Trinkwasserverordnung) der Bundesrepublik Deutschland von 1990. In der EG-Richtlinie heißt es in Artikel 7, Abs. 1: „Die Mitgliedstaaten legen die für Wasser für den menschlichen Gebrauch geltenden Parameter in Anhang I. fest" und unter 3): „Für die in den Tabellen A, B, C, D und E des Anhangs 1 aufgeführten Parameter gilt folgendes: Die von den Mitgliedsstaaten festgelegten Werte müssen den in der Spalte zulässige Höchstkonzentration aufgeführten Werten entsprechen oder darunter liegen." Damit wird doch zu erkennen gegeben, daß die in der EG-Richtlinie vorgegebenen „zulässigen Höchstkonzentrationen" Mindestanforderungen darstellen, die im Sinne des Vorsorgeprinzips für Gesundheit und Umwelt möglichst niedriger angesetzt werden sollten. Der Artikel 11 der EG-Richtlinie lautet: Die Mitgliedsstaaten stellen sicher, daß sich durch die Anwendung von Vorschriften, die gemäß dieser Richtlinien erlassen wurden, sei es direkt oder indirekt, einerseits die derzeitige Qualität des Wassers für den menschlichen Gebrauch nicht in irgendeiner Weise verschlechtert, andererseits die Verschmutzung der für Trinkwassergewinnung bestimmter Gewässer nicht erhöht. Das ist ein eindeutiger Auftrag an uns alle, im besonderen jedoch für die Bundesregierung, und sie muß dieser Verantwortung ohne Wenn und Aber gerecht werden. Die eindeutigen Aussagen dieser Richtlinie w irden ad absurdum geführt, wenn versucht werden sollte, die zur Zeit in der EU und in Deutschland gültigen zulässigen Höchstkonzentrationen von z. B. 0,1 µg Einzel-Pestizid/l Wasser bzw. 0,5 µg GesamtPestizid/l Wasser zu erhöhen, aus welchen Gründen auch immer. Dabei ist anzumerken, daß sich die in Deutschland zulässige Höchstkonzentration nicht nur auf das Pflanzenschutz- bzw. Schädlingsbekämpfungsmittel bezieht, sondern auch deren toxische Hauptabbauprodukte mit umfaßt. Für völlig verfehlt halte ich es, wenn in diesem Zusammenhang darauf verwiesen wird, daß die WHO höhere Werte für bestimmte Kontaminanten in Wasser bzw. Trinkwasser im Vergleich zu den zulässigen Höchstkonzentrationen der EU und der Bundesrepublik als akzeptabel empfohlen habe. Erstens sind diese Empfehlungen nicht mit Gesetzen oder Richtlinien gleichzusetzen, zweitens ist bekannt, daß die WHO auf Gegebenheiten vieler Mitgliedsstaaten mit ihren vielfältigen Unterschieden Rücksicht nehmen muß. Derartige Empfehlungen ha- ben deshalb auch oft den Möglichkeiten einer sehr unterschiedlichen Praktikabilität Rechnung zu tragen. Ich erinnere an die WHO-Empfehlung für ADI bzw. Grenzwerte für Aflatoxin B1, einem Gift aus bestimmten Schimmelpilzen, die um ein Vielfaches höher liegt als die Grenzwerte, die in europäischen Ländern wie Schweden, den Niederlanden und Deutschland Gültigkeit haben. Im übrigen darf ich auf den Bericht des Ausschusses für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung (20. Ausschuß) des Deutschen Bundestages zur Technikfolgenabschätzung betreffend Grundwasserschutz und Wasserversorgung, Drucksache 12/8270 verweisen. Dieser Bericht, der wie ich mich erinnere, von allen Fraktionen des Bundestages in seinen Aussagen nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern einhellig gewürdigt wurde, ist eine beredte Unterstützung des vorliegenden Antrags. Zum Schluß gestatten Sie mir bitte so bescheiden zu sein, Sie auf meine Ausführungen vom 26. Januar 1995 in diesem Hause in Zusammenhang mit der Beratung des vorgenannten Berichts nochmals aufmerksam zu machen. Sie haben an Aktualität nichts eingebüßt. Birgit Homburger (F.D.P.): Trinkwasser ist eines unserer wertvollsten Lebensmittel, dessen Qualität wir schützen müssen. Trinkwasser- und Grundwasserschutz gehen miteinander einher. Denn 70 % des Trinkwassers holen wir aus Grundwasser. Wir haben auf diesem Gebiet bis jetzt beachtliche Erfolge vorzuweisen. Ich möchte z. B. an die gewaltigen Anstrengungen erinnern, die wir unternommen haben, um in den neuen Bundesländern die Trinkwasserversorgung auf das hohe westdeutsche Niveau zu heben. Wir haben ein Trinkwassseruntersuchungsprogramm durchgeführt, es wurden Mittel für eine eigenständige Trinkwasserüberwachung, zur schnellen Verbesserung der Aufbereitung, insbesondere der Desinfektion und für Dosieranlagen für die ph-Wert-Einstellung bereitgestellt und vieles mehr. Auch ist es uns gelungen, den Rhein zu sanieren, woran die Opposition nie geglaubt hat. Das ist auch Trinkwasserschutz, denn etwa 5,5 Millionen Einwohner werden von Basel bis zur holländischen Grenze mit Rheinuferfiltrat versorgt. Die Milliardeninvestitionen in die Abwasserreinigung und in abwasserarme Produktionsweisen haben dazu geführt, daß der Rhein heute ein Modell für einen sanierten Fluß ist. Im Rhein leben wieder 40 Fischarten, der Artenbestand von Kleinlebewesen ist seit 1970 von 27 auf etwa 120 gestiegen, das ist fast eine Verfünffachung. Das sind Bioindikatoren für eine gute Wasserqualität. In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren sind die Quecksilber- und Kadmiumkonzentrationen um 97 % gesunken. Das erklärt der bisherige SPD-Umweltminister Matthiesen, und das bestätigen auch die Rheinwasserwerke. Auch in der Elbe zeigen sich Fortschritte. Die neuen Kläranlagen im Einzugsbereich der Elbe und nicht nur die Schließung alter Industrieanlagen sind dafür ursächlich. Ich möchte mich auf diesen positiven Beispielen nicht ausruhen. Denn auch im Trink-. und Grundwasserschutz gibt es noch einiges zu tun. Wir werden z. B. ohne zusätzliche Vorsorgemaßnahmen nicht die Stickstoffbilanzüberschüsse senken. Die in den letzten Jahren etablierten Modelle zur Kooperation zwischen Trinkwasserversorgern und Landwirtschaft haben Erfolg. Ich meine, wir müssen sie ausbauen. Aber das genügt nicht, schon deshalb nicht, weil das Grundwasser auch außerhalb der Trinwasserschutzzonen schutzbedürftig ist. Deshalb muß die Düngeverordnung endlich vorgelegt werden. Die EGNitratrichtlinie müßte seit einem guten Jahr umgesetzt sein. Die Bundesregierung darf die Umsetzung dieses wichtigen Instruments zur Verringerung der Stickstoffbilanzüberschüsse nicht länger hinauszögern. Ich fordere hier vor allen Dingen den Landwirtschaftsminister auf, endlich dafür zu sorgen, daß eine mehrheitsfähige Vorlage gemacht wird. Wir setzen uns auch für die baldige Vorlage des Bundesbodenschutzgesetzes ein. Denn Bodenschutz ist Trinkwasserschutz. In dem TAB-Bericht vom Sommer letzten Jahres wird auf die enge Verknüpfung von Bodenschutz und Grundwasserschutz, von Altlastensanierung und Grundwassersanierung hingewiesen. Es ist also meines Erachtens wichtig, Grundwasser und Altlastensanierung sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Wir wollen auch die dritte Reinigungsstufe umsetzen. Mit der F.D.P. wird es in diesem Punkt keine Abstriche geben. Aber wir dürfen dabei die Gebührenhöhe nicht außer acht lassen. Um die Gebühren nicht ins Unermeßliche steigen zu lassen, brauchen wir nach meiner Einschätzung vor allen Dingen eine Privatisierungswelle. Wir müssen privates Kapital sowie das technische und betriebswirtschaftliche Knowhow der Privatwirtschaft nutzen. Wir brauchen einen Preiswettbewerb bei der Ausschreibung der Betreiberverträge. Zwischenzeitlich gibt es viele Kommunen, die bewiesen haben, daß es so wirtschaftlicher geht. Die Gemeinde Altenburg in Thüringen ist dabei Spitzenreiter, denn sie hat durch die Ausschreibung unter privaten Betreibern die Investitionskosten um 50 % senken können. In Wedemark liegt die Kostenersparnis bei 30 %, in Bad Laer bei 20 % und in Wagenfeld bei 15 %. In diesem Zusammenhang ist es bedauerlich, daß die steuerliche Gleichstellung der privatrechtlichen Organisationsformen bei der Entsorgung durch den abgesenkten Umsatzsteuersatz von Bundesfinanzminister Waigel zurückgezogen wurde. Gutachten und die Anhörung im Finanzausschuß belegen, daß daraus keine Gebührenerhöhungen resultieren müssen, sondern daß für viele Kommunen eine Verbilligung der Investitionen herausgekommen wäre. Die Dummen sind jetzt die Kommunen in den neuen Ländern, denen man bei den anstehenden hohen Investitionen in den Gewässerschutz die dringend notwendige Entlastung durch den vollen Vorsteuerabzug verweigert. Wer das - wie die SPD - unterstützt, der darf nicht Krokodilstränen über zu hohe Kosten vergießen. Wir müssen diese Regelung bald bringen, denn jetzt entsteht durch die Zurückstellung von Investitionen ein riesiger Investitionsstau. Ich sagte anfangs, Trinkwasser sei eines unserer wertvollsten Lebensmittel. Die Harmonisierung des Binnenmarktes darf nicht zu Lasten des Umweltschutztes gehen. Deshalb sind auch wir gegen die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln im Trinkwasser, wie es die EG-Kommission ursprünglich plante. Mit dem neuen Entwurf der EG-Richtlinie wird die Qualität des Trinkwassers beibehalten, denn der Einzelgrenzwert für Pflanzenschutzmittel von 0,1 µg/1 bleibt erhalten. Auch der Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft, die Wasserversorger, haben diesen neuen Entwurf insgesamt positiv gewürdigt. Die Bundesregierung muß sich jetzt dafür einsetzen, daß dieser Entwurf nicht verschlechtert wird. Die Unterstützung der F.D.P. wird ihr dabei sicher sein. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wasser ist und bleibt unser Lebensmittel Nummer eins. Für Trinkwasser gelten die strengsten und meisten Grenzwerte unter den Lebensmitteln. Der bewährte Gesundheitsschutz der VerbaucherInnen in Deutschland und der Europäischen Union muß weiter bestehen bleiben, denn Trinkwasser kann nicht ersetzt werden. Die Devise muß lauten: Naturfremde, schwer abbaubare und toxische Stoffe gehören nicht ins Trinkwasser. Die EG-Trinkwasserrichtlinie von 1980 basiert auf diesem vorbeugenden Gesundheitsschutz, der die Trinkwasserqualität in Europa verbessert hat. Der Gewässerschutz der letzten 15 Jahre hat entscheidend von den strengen Trinkwassergrenzwerten profitiert: Die Belastungen der Flüsse mit Pestiziden, Schwermetallen und gefährlichen Stoffen wurden in den vergangenen Jahren mit der Zielorientierung strenger Trinkwassergrenzwerte reduziert. Die anstehende Novellierung der Trinkwasserrichtlinie unterstützt den Expansionsdrang von Wasserversorgungsunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten, da hier nicht nur Kostendeckung, sondern Gewinnmaximierung im Vordergrund steht. Trotz bestehender Regelungen zum Trinkwasserschutz werden unsere Rohwässer immer weiter belastet. Dennoch muß unsere Wasserversorgung sicher und zu sozialverträglichen Preisen gestaltet werden. Ziel muß es sein, das gewonnene Wasser möglichst ohne hohe technische Aufwendungen als Trinkwasser zu nutzen, Abwasserbelastung so zu handhaben, daß auch die Abwassergebühren zu bezahlen sind. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn Belastungen verhindert werden und Vermeidungsmaßnahmen an der Quelle der Verschmutzung nach dem Verursacherprinzip ansetzen. Noch 1990 haben die Pestizidhersteller (chemische Industrie [VCI]) behauptet, daß die von ihnen hergestellten Pestizide nicht ins Grundwasser gelangen. Diese Behauptung ist falsch; das zeigen aktuelle Grundwasseruntersuchungen des Umweltbundesamtes und von Greenpeace. Fast in allen Regionen Deutschlands werden Pestizide im Grundwasser nachgewiesen. Wir fordern daher die Bundesregierung auf, ein nationales und europäisches Untersuchungsprogramm zu fordern bzw. aufzulegen, um mindestens sofort das Verbot häufig vorkommender Pestizide einzuleiten, die bereits jetzt im Grundwasser nachgewiesen werden. Legt man hier das Verursacherprinzip an, müssen nicht die Verbraucherinnen, sondern die Pestizidhersteller die Kosten für Analytik und Entfernung der Pestizide tragen. Ein Kilogramm Pestizid kostet nur zwischen 15 und 30 DM, die gleiche Menge aus dem Grundwasser zu entfernen verschlingt aber 100 000 DM, mit einem nicht abschätzbaren Restrisiko für die menschliche Gesundheit. Aquatische Lebensgemeinschaften reagieren noch wesentlich empfindlicher auf Pestizide als Menschen. In vielen Fällen müßten die Belastungen noch um den Faktor 100 unter die für Trinkwasser zugelassene Grenze gesenkt werden. In diesem Zusammenhang widerspricht die vorgesehene Streichung des Summengrenzwertes von 0,5 µg/1 für Pestizide den Zielen der Gesundheitsvorsorge und dem Schutz unserer Wasserressourcen. Wir fordern daher die Bundesregierung auf, sich für die Beibehaltung des Summengrenzwertes für Pestizide einzusetzen. In Deutschland wurde bisher nur wenigen Pestizidwirkstoffen die Zulassung aufgrund ihrer Grundwassergefährdung versagt. Die Behauptung, die strengen Grenzwerte hätten erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen auf die Zulassung, konnte aber von den Herstellern bisher nicht belegt werden. Die EU-Zulassungspraxis für Pestizide wird jedoch neue Probleme heraufbeschwören: Pestizidwirkstoffe, die in einem Land zugelassen sind, müssen auch in den anderen Mitgliedstaaten zugelassen werden. Und wenn sich, wie derzeit in Brüssel im Agrarausschuß der EU diskutiert wird, eine Verlängerung der Patentschutzdauer für Pestizid durchsetzt, können nicht geprüfte und „alte" Pestizide weiter angewendet werden. Die Bundesregierung ist daher aufgefordert, sich für die Aussetzung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung bei Pestiziden einzusetzen, eine Patentverlängerung abzulehnen und die Klage auf Nichtigkeit der Pflanzenschutzmittelzulassungsrichtlinie des Europäischen Parlaments im Sinne eines wirksamen Gesundheits- und Verbraucherschutzes zu unterstützen. Insgesamt gesehen genügend Gründe, den Gewässerschutz als eigenständige Aufgabe zu definieren. Deshalb muß auch hier der Grundsatz gelten: Toxische, schwer abbaubare und naturfremde Stoffe gehören nicht ins Wasser. Entsprechend müssen die Grenzwerte (Einzel- und Summenwerte) für Pestizide auch für den Bereich des Grund- und Oberflächenwassers gelten. Bei Erreichen dieser Grenzwerte ist eine Sanierungspflicht nach dem Verursacherprinzip vorzuschreiben. Die ablehnende Haltung vieler Mitgliedstaaten gegenüber diesem Vorschlag verdeutlicht, daß ein einheitlicher Gewässerschutz in der EU derzeit wohl kaum zu erreichen ist. Wir schlagen deshalb auf Bundes- und EU-Ebene die Einführung einer Rezeptpflicht für gesundheits- und wassergefährdende Pestizide - in Anlehnung an die Regelung des Arzneimittelgesetzes - vor. Ein effektiver Schutz unserer Wasserressourcen ist nur durch umfassende Förderung eines ökologischen Land- und Gartenbaus sowie einer ökologischen Forstwirtschaft möglich. Der integrierte Pflanzenbau ist unter diesem Gesichtspunkt des Trinkwasserschutzes wenig geeignet, da er keine zwingenden Begrenzungen für Pestizide und Dünger vorschreibt. Wir fordern daher, die Förderung des integrierten Pflanzenbaus nach einer Übergangsfrist zugunsten einer Förderung des ökologischen Landbaus einzustellen. Neben der Begrenzung der Besiedelungsdichte und Rücknahme des Verkehrs aus wassersensiblen Bereichen muß auch eine Entlastung durch Teilrücknahme der gewerblichen Nutzung und Entsiegelungsstrategien in dicht besiedelten Gebieten vorangetrieben werden. Rolf Kähne (PDS): Der Antrag der SPD ist eine gute Grundlage für vorsorgenden Gewässer- und Trinkwasserschutz. Ich möchte hierzu allerdings eine Anmerkung zur Trinkwasser-Richtlinie machen: Bisher gilt ein Summenwert von 0,5 Mikrogramm pro Liter für alle Pestizide im Trinkwasser zusammen und ein Einzelwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter. Diese Grenzwerte orientierten sich am Reinheitsgebot für Trinkwasser und liegen z. T. bei der analytischen Nachweisgrenze für Pestizide. Entscheidend bei der Festlegung war das Vorsorgeprinzip und nicht die toxische Wirkung der einzelnen Stoffe. Neuerungen: Generell gilt weiterhin ein Grenzwert für Pestizide von 0,1 Mikrogramm/l für das Trinkwasser in Europa. Für einzelne Stoffe will die Kommission nun künftig höhere Grenzwerte als 0,1 Mikrogramm/Liter festlegen dürfen. Diese Ausnahmegenehmigungen könnten auf die Grenzwerte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gestützt werden. Diese sind in der Regel weniger streng, denn ihr Maßstab ist die toxikologisch begründbare Gesundheitsgefährdung und nicht das Vorsorgeprinzip, das der Trinkwasser-Richtlinie zugrunde liegt. Der Summengrenzwert für Pestizide soll abgeschafft werden. Der Ausschuß der EU-Kommission soll in Zukunft zu allen Trinkwassergrenzwerten Änderungsvorschläge erarbeiten, die von der Kommission direkt umgesetzt würden. Damit könnten weder das Europäische Parlament, noch die Interessenverbände Einfluß nehmen. Die europäischen Umweltverbände und die deutsche Wasserwirtschaft warnen vor dieser Entwicklung: Ihrer Meinung nach führt die Richtlinie in dieser Form zu - unterschiedlichen Trinkwasserstandards für einzelne Pestizide - insgesamt wird die Belastung der Gewässer mit Pestiziden zunehmen - Sanierungsmaßnahmen setzen nicht bei den Verursachern und an der Quelle an. Der DNR (Deutscher Naturschutzring) fordert deshalb vom Ministerrat: - Die Grenzwerte für Einzelwirkstoffe und für die Summen von Pestiziden uneingeschränkt beizubehalten. Wir sind dafür, den Summengrenzwert für Pestizide beizubehalten, da - Wechselwirkungen von Pestiziden und deren Abbauprodukten in der Regel nicht bekannt sind, - die Auswirkungen auf Risikogruppen, z. B. Kleinkinder, Alte und Kranke nicht ausreichend berücksichtigt werden. Ferner erscheint es mir notwendig, auf eine grundsätzliche Problematik hinzuweisen: Ein Teil der Gefährdung des Grundwassers geht vom Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft aus. Es wird geschätzt, daß jährlich 4,23 kg Pestizide pro Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche eingesetzt werden (Greenpeace). Die Grundwasserbelastung mit Pflanzenschutzmitteln wird im wesentlichen durch Unkrautvernichtungsmittel (Herbizide) und gegen im Boden lebende Fadenwürmer (Nematizide) verursacht. In den Böden tickt eine Zeitbombe. Es kann Jahrzehnte dauern, bis Pestizide und ihre Zerfallsprodukte zum Grundwasser durchgesickert sind. Rund 15 der knapp 200 in der Bundesrepublik zugelassenen Pestizidwirkstoffe gelten unter Wasserwerkern als „grundwassergängig". Doch keine Behörde dokumentiert flächendeckend Grenzwertübertretungen im Uferfiltrat oder im Brunnenwasser. Diese Verschmutzungen können vermieden werden. Sie machen auch ökonomisch keinen Sinn. Hierzu ein Beispiel: Wirtschaftlichkeit der Vorsorge: Der Bauer bezahlt für ein Kilo Pestizid - z. B. Atrazin - rund 20 Mark. Die Wasserwirtschaft muß aber rund 200 000 Mark aufwenden, um diese Wirkstoffe wieder aus dem Wasser zu entfernen (Greenpeace Magazin 3/94). Sie steckt rund eine Milliarde Mark in die Wasseraufbereitung. Das bezahlen die Verbraucher über den Wasserpreis. Wenn der Trinkwasserschutz heute aufgeweicht wird, gibt es zwei mögliche Entwicklungen für die Zukunft: entweder enorme Kostensteigerung bei der Trinkwasseraufbereitung oder ernsthafte Gesundheitsgefahren für die Menschen. Dagegen sollten wir etwas unternehmen. Walter Hirche, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Das Prinzip der Vorsorge war und ist einer der Grundpfeiler der Umweltschutzpolitik der Bundesregierung. Dieses Prinzip auch in den entsprechenden Regelungen auf der Ebene der Europäischen Union zu verankern ist immer wieder Schwerpunkt unserer Verhandlungslinie in Brüssel. Deshalb bin ich den Kolleginnen und Kollegen von der Opposition dankbar, daß sie die Bundesregierung in diesem Punkt offensichtlich ohne Einschränkungen unterstützen und uns einen Antrag vorgelegt haben, der - etwas an die aktuellen Entwicklungen angepaßt - bereits in der vergangenen Legislaturperiode gestellt wurde. Zum Spezialthema Gewässerschutz und Pflanzenschutzmittel hat uns kurzfristig ein weiterer Antrag, diesmal der Bündnis-Grünen, ereilt. Das Thema war und ist, das gebe ich unumwunden zu, seit dem vergangenen Jahr Anlaß äußerst kontroverser Diskussionen. Welches sind nun die aktuellen Entwicklungen, die uns diese Antragsflut beschert haben? Lassen Sie mich zunächst auf die aktuellen Entwicklungen eingehen, die die Opposition veranlaßt haben könnten, einen alten Antrag neu zu stellen. Zunächst einmal war es die Verabschiedung der Richtlinie zu Anhang VI der EG-Pflanzenschutzmittelzulassungsrichtlinie. Mit dieser Richtlinie wird der geltende Trinkwassergrenzwert für Pflanzenschutzmittel in Höhe von 0,1 Mikrogramm pro Liter als Zulassungskriterium für das Grundwasser europaweit eingeführt. Einen Wermutstropfen hinterläßt bei uns aber diese Regelung. Die Mitgliedstaaten können in Ausnahmen von dieser strengen Bestimmung höhere Wirkstoffkonzentrationen im Grundwasser für einen auf fünf Jahre befristeten Zeitraum zulassen, wenn genügend Erkenntnisse vorliegen, daß diese Werte humantoxikologisch unbedenklich sind. Dies gewinnt insofern eine besondere Bedeutung, als im Kommissionsentwurf zur Novelle der Trinkwasserrichtlinie der bisherige Grenzwert eine Fußnote hat, die besagt, daß bei Vorliegen neuer Erkenntnisse eine Änderung des Grenzwertes durch die Kommission vorgeschlagen werden kann. Damit könnte quasi durch eine Aufweichung der Grundwasserschutzanforderungen bei der Pflanzenschutzmittelzulassung gleichzeitig der strenge Trinkwassergrenzwert ausgehebelt werden. Dies können und werden wir so nicht mitmachen. Es besteht zwischen meinem Haus und dem Bundeslandwirtschaftsministerium, das für die Umsetzung des EG-Pflanzenschutzmittelrechts zuständig ist, Einvernehmen darüber, daß Pflanzenschutzmittel, die bei bestimmungsgemäßer Anwendung den Grenzwert der Trinkwasserrichtlinie überschreiten, weiterhin bei uns nicht zulassungsfähig sind. Insoweit werden die Ausnahmeregelungen nach der Richtlinie zu Anhang VI der Pflanzenschutzmittelrichtlinie nicht angewendet und entsprechende Zulassungen im europäischen Ausland nicht anerkannt. Damit wird zumindest bei uns in Deutschland die bisherige strenge Zulassungspraxis beibehalten. Insofern sind schon einige wesentliche Punkte der beiden Anträge als erfüllt anzusehen. Ein generelles Anwendungsverbot für Pflanzenschutzmittel, die auch bei sachgerechter Anwendung durch Abschwemmung oder Abdrift in die Oberflächengewässer gelangen, kann allerdings nicht in Betracht kommen. In diesen Fällen müssen entsprechende Anwendungsbeschränkungen vor Ort vorgenommen werden. Der im vorliegenden Entschließungsantrag oftmals beschworene Vorsorgegrundsatz wird wie bisher auch die Verhandlungspositionen der Bundesregierung bei der Novelle der Trinkwasserrichtlinie bestimmen. In der Koalitionsvereinbarung für diese Legislaturperiode ist nachzulesen, daß das hohe Niveau - und ich ergänze: das bisher erreichte hohe Niveau - im Grund- und Trinkwasserschutz gewahrt wird. Das heißt unter anderem, daß wir uns für die Beibehal- tung des strengen Trinkwassergrenzwertes für Pflanzenschutzmittel aus Gründen eines umfassenden, vorsorgenden und verantwortungsvollen Gesundheits- und Verbraucherschutzes einsetzen wollen. Denn ich glaube, daß es niemand im Lande verstehen wird, wenn wir es zulassen, daß ein Grenzwert gerade für diese zum Teil hochwirksamen, naturfremden Stoffe heraufgesetzt würde. Die Trinkwassergrenzwerte nun aber zum alleinseligmachenden Instrument im Gewässerschutz machen zu wollen, wie es Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, vorschwebt, halte ich allerdings für zu kurz gesprungen. Diese nur auf eine Nutzung bezogenen Werte werden dem umfassenden Schutzbedürfnis des Grundwassers nicht ausreichend gerecht. Wir haben immer hervorgehoben, daß Grundwasserschutz nicht ausschließlich trinkwasserbezogen betrieben werden darf, sondern vielmehr auch aus ökologischer Notwendigkeit. Das heißt im Klartext, daß das Schutzziel die natürliche, geologisch bedingte Beschaffenheit des Grundwasser sein muß. Dazu dient unsere Vorsorgepolitik und der Besorgnisgrundsatz im Wasserhaushaltsgesetz. Man stelle sich vor, der Trinkwassergrenzwert für Nitrat würde zum Qualitätsziel für unser Grundwasser. Viele von unseren Grundwasservorkommen, deren Nitratgehalte noch weit unterhalb dieser Marge liegen, dürften dann sorglos bis zu dieser Grenze aufgefüllt werden. Angenommen, plötzlich würde sich die Erkenntnislage über die Humantoxizität drastisch verändern, der Grenzwert würde halbiert. Auf einen Schlag wäre die Trinkwasserversorgung elementar in I Frage gestellt, wir sähen uns einer Unzahl von Altlasten gegenüber. Ich plädiere dafür: Hände weg von Grenzwerten im vorsorgenden Grundwasserschutz. Der SPD-Antrag beschwört Schutzziele, hätte aber in der Wirklichkeit teils eine genau entgegengesetzte Wirkung. Für den trinkwasserbezogenen Schutz oberirdischer Gewässer ist es grundsätzliches Ziel, die Gewässerqualität so zu sichern, daß eine Aufbereitung des Rohwassers zu Trinkwasser mit naturnahen Verfahren möglich ist. Trinkwassergrenzwerte können als Orientierungswerte für die Beschaffenheit oberirdischer Gewässer herangezogen, nicht aber als absolute Grenzwerte festgelegt werden. Allerdings - und da stimme ich den Verfassern des Antrags gerne zu - muß das entsprechende EG-Recht, die Oberflächenwasserrichtlinie, an die Anforderungen der Trinkwasserrichtlinie angepaßt werden. Das ist übrigens einer der wesentlichen Gründe, warum die Bundesregierung seit geraumer Zeit ein Gesamtkonzept Gewässerschutz" von der Europäischen Kommission einfordert. Was die Trinkwassergrenzwerte und die Pflanzenschutzmittelzulassung angeht, so ist unsere Politik gar nicht so weit von den Forderungen beider antragstellenden Parteien entfernt. Wenn man aber die weiteren Punkte der Forderungskataloge genauer analysiert, werden die Schwächen deutlich. Ein Beispiel: Das Mischen von Wässern zur Einhaltung von Trinkwassergrenzwerten soll stark eingeschränkt werden. Damit wird doch nicht nur die Versorgungssicherheit der betroffenen Bevölkerung in Frage gestellt, sondern auch die Zentralisierung der Wasserversorgung geradezu provoziert. Besonders die dezentralen, meist kleineren Versorgungsanlagen müßten, weil nach Abschalten belasteter Brunnen die Menge nicht mehr reicht, ihre Pforten schließen. Gleichzeitig soll die Bundesregierung aber Maßnahmen gegen eine weitere Zentralisierung bei der Wasserversorgung ergreifen. Bei alledem frage ich mich, was das mit Schutz der Gewässer vor Pflanzenschutzmitteleinträgen zu tun hat. Das Mischen von Wässern als kurzfristige Sanierungsmethode gibt bei Erhaltung der Versorgungssicherheit den Anlagenbetreibern und den zuständigen Behörden genügend zeitlichen und finanziellen Spielraum, um langfristig wirkende und dauerhafte Maßnahmen im Trinkwassereinzugsgebiet durchzusetzen. Das ist doch das wesentliche Ziel. Damit komme ich zu einer ersten Gesamtbewertung der vorliegenden Entschließungsanträge: In manchen Teilen liegen die Forderungen der Opposition auf einer Linie mit unseren Positionen im europäischen und nationalen Gewässerschutz. Das ist eine begrüßenswerte Unterstützung der Bundesregierung. Wenn Sie dies dokumentieren wollen, freuen wir uns. In anderen Teilen formulieren die Anträge an den Bedürfnissen insbesondere des Grundwasserschutzes vorbei. Diese Teile sollten entweder gründlich überarbeitet oder besser gleich zurückgezogen werden. Wir können es nicht akzeptieren, wenn unter dem Anschein hehrer Worte umweltpolitisch das Gegenteil bewirkt wird. Solche Vorschläge, die die reale Situation verschlechtern, müssen zurückgewiesen werden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Gisela Frick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ja.


Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Bitte.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Joachim Poß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Kollegin, können Sie denn bestätigen, daß uns auf Grund von Berechnungen des Finanzministeriums ein Vorschlag als Formulierungshilfe vorgelegt wurde, dessen Volumen bei einem Betrag von 20,5 Milliarden DM endete? Dies geschah, nachdem wir einen anderen Verlauf gefordert hatten als den, der zu 23 Milliarden DM führte.
    Können Sie bestätigen, daß ein solcher Vorschlag als Drucksache des Finanzausschusses bei Ihnen angekommen ist?