Rede von
Kurt J.
Rossmanith
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Kollegen Hampel gehe ich insofern einig, als ein Ge-
Kurt J. Rossmanith
bot der Stunde natürlich die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland für die Zukunft ist. Nur, lieber Kollege Hampel, den zweiten Punkt scheinen Sie völlig vergessen zu haben, nämlich daß das auch eine Konsolidierung unseres Haushalts und damit eine strenge Ausgabendisziplin voraussetzt. Sie haben in bezug auf Ihren Erhöhungsantrag von einer marginalen oder lächerlichen Ausgabe gesprochen.
- Darüber kann man diskutieren. Zu einer Größenordnung von zehn Millionen kann man sagen, das sei viel. Man kann aber auch sagen, das sei wenig. Das ist eine Frage der Definition.
Nur, wenn Sie das alles zusammenrechnen - das hätte ich mir gewünscht -, so hätte ich am Ende erwartet, daß Sie gesagt hätten, was denn Ihre vielen Vorschläge - Sie sprachen von lächerlichen Beträgen - insgesamt ergeben hätten.
Ich muß sagen: Wir haben in der Tat, was den Einzelplan 09, d. h. das Bundesministerium für Wirtschaft anbelangt, eine sehr erfolgreiche Arbeit im Haushaltsausschuß und bereits davor in der Berichterstattung vorzuweisen.
An dieser Stelle darf ich ein Wort des Dankes an die Damen und Herren Mitberichterstatter, an die Damen und Herren des Finanzministeriums und des Wirtschaftsministeriums und auch an die Führung der beiden Häuser sagen, die hier sehr konstruktiv in einem sehr schwierigen Bereich mitgearbeitet haben, und zwar an einem Einzelplan, der schon von Haus aus, bereits im Regierungsentwurf, harte Einsparungen hinnehmen mußte.
In unserem Aufgabengebiet stand es, weitere Einsparungen vorzunehmen. Das ist nicht leicht, Herr Kollege Hampel. Sie haben ja einige Punkte aufgezeigt. Da sagt man natürlich: Sicher, da und dort muß man noch die eine oder andere Maßnahme ergreifen. In manchen Bereichen müßte man vielleicht noch stärker etwas tun. Sicherlich darf man nicht alles unter dem Schirm des Subventionsabbaus sehen.
Natürlich müssen die Subventionen abgebaut werden. Wir müssen auch international dafür Sorge tragen, daß Subventionen überall abgebaut werden, nicht nur bei uns, was ja den Wirtschaftsstandort gefährden müßte.
Auf die Werfthilfe komme ich später noch zu sprechen. Der Bundesregierung darf ich aber bereits jetzt ein herzliches Wort des Dankes sagen; denn auf ganz massives Drängen der Bundesregierung war das OECD-Abkommen für die Werften möglich. Wir haben in diesem Bereich in den vergangenen Jahren einiges zurückgefahren. Daß wir jetzt eine Lösung gefunden haben - zumindest im europäischen Rahmen -, daß ein Stopp der Hilfe für die Schiffbauindustrie international durchgesetzt werden konnte - und ich hoffe, es wird auch eingehalten; sonst muß man Instrumentarien finden, daß dies auch eingehalten wird -, ist ein wesentliches Verdienst dieser Bundesregierung.
Es stünde der Oppositon gut an, das auch einmal anzuerkennen und hier die Regierung zu loben. Ich weiß zwar, daß die Opposition immer meint, andere Aufgaben, als die Regierung zu loben, fielen in ihren Bereich - das mag ja durchaus sein -, aber man sollte auch die Wahrheit sagen, wenn hier eine Leistung für den gesamten Standort Deutschland, für unsere Haushaltspolitik und für unsere Wirtschaftspolitik erbracht wurde.
Gerade bei den Werften ist das in ganz wesentlichem Maße gelungen.
Ich habe es bereits gesagt: Die Gesamtausgaben im Einzelplan des Bundesministers für Wirtschaft belaufen sich nach den Haushaltsberatungen auf 12,4 Milliarden DM. Das sind 12 % weniger als die Ist-Ausgaben des Jahres 1994. Damit wird meines Erachtens ein wesentlicher Beitrag zur Konsolidierung des Gesamthaushalts geleistet.
Natürlich verkennen wir nicht, daß auch in Zukunft weitere Förderungen notwendig sind, daß der wirtschaftliche Aufbau insbesondere in den neuen Bundesländern unterstützt werden muß, daß das bisherige hohe Niveau beibehalten werden soll. Dies gilt für die Investitionszuschüsse im Rahmen der regionalen Wirtschaftsförderung ebenso wie für die Förderung der wirtschaftsnahen Forschung, und das gilt natürlich auch für das Eigenkapitalhilfeprogramm. Ich bin froh, daß es uns im vergangenen Jahr gelungen ist, trotz knapper Haushaltsmittel das Eigenkapitalhilfeprogramm auf die gesamte Bundesrepublik Deutschland auszudehnen.
Wenn Sie, lieber Herr Kollege Hampel - das muß ich einfach einmal sagen, obwohl wir bei den Ausschußberatungen und auch bei den Berichterstattungen ein hervorragendes Verhältnis hatten -, ADN-Meldungen zitieren, müssen Sie die ganze Wahrheit sagen. Eine halbe Wahrheit ist halt nicht die Wahrheit. Sie müssen auf der anderen Seite nämlich auch die Existenzgründungen berücksichtigen. Wenn die Zahl der Existenzgründungen in die Höhe schießt, ist - sehr vereinfacht ausgedrückt - die Gefahr, daß manche Unternehmen insolvent werden, natürlich größer. Die entscheidende Größe ist die Differenz zwischen der Zahl der Neugründungen und der Zahl der Insolvenzen. Jahr für Jahr nimmt der positive Saldo, also die größere Zahl der Neugründungen, zu.
Ich möchte im Zusammenhang mit den neuen Bundesländern auf die, wie ich finde, sehr sachliche und faire Diskussion im Haushaltsausschuß über die angebliche Verschwendung von Fördermitteln dort eingehen. Es besteht Einvernehmen, daß der weitaus überwiegende Teil der Fördermittel sinnvoll und effi-
Kurt J. Rossmanith
ziept eingesetzt wurde und daß es selbst kurz nach der Wiedervereinigung unseres Vaterlandes nicht in dem Umfang zu Fehlverwendungen gekommen ist, wie sich das in manchen Presseberichten widergespiegelt hat. Das durch die Verschwendungskampagne genährte negative Bild der Wirtschaftsförderung Ost ist unhaltbar. Darüber bestand im gesamten Ausschuß Einigkeit.
Nach langer sozialistischer Mißwirtschaft ist in den neuen Bundesländern - das muß man immer wieder betonen - durch die staatliche Wirtschaftsförderung und durch aktives unternehmerisches Handeln sowie durch unternehmerischen Mut ein erfolgreicher Neuaufbau eingeleitet worden. Die wirtschaftliche Dynamik, so finde ich - und nicht nur ich -, stellt alles in den Schatten, was in den ehemaligen Comecon-Ländern an Aufbauleistung möglich war.
Allerdings ist auch richtig, daß man noch nicht von einem sich selbst tragenden Wachstumsprozeß sprechen kann. Würden wir die Wirtschaftsförderung für die neuen Bundesländer zu früh abbrechen, bestünde natürlich die Gefahr, daß die Bundesländer zu Dauersubventionsempfängern werden, wie das beispielsweise beim Saarland der Fall ist, das nur noch vom Bund lebt. Wenn es um Vorschläge zur Förderung und um Finanzmittel des Bundes geht, steht die Regierung des Saarlandes immer an vorderster Stelle. Ich will nicht alle Bürgerinnen und Bürger des Saarlandes in dieser Beziehung in die Pflicht nehmen, aber sie haben nun einmal diese Regierung und diesen Ministerpräsidenten.
Wenn man das Beispiel des Saarlandes auf die neuen Bundesländer übertragen würde, nähme ganz Deutschland Schaden. Das wollen wir nicht. Deshalb wollen wir die Förderung auch fortsetzen. Für die künftige Ausgestaltung dieser Hilfen müssen natürlich Kontrollmechanismen eingebaut werden.
Die in der Diskussion angeschnittenen Themen müssen von der Bundesregierung ernst genommen werden. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob wir das Gebiet der neuen Bundesländer weiterhin in toto mit einem Förderteppich überziehen oder ob wir, wie es der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Herr Biedenkopf, bereits angeregt hat, verstärkt eine regionale Wirtschaftsförderung durchsetzen. Ich bin der Meinung, so könnten wir Mittel des einen oder anderen Bereichs sinnvoller einsetzen.
Trotz des Rückgangs der Gesamtausgaben um 12 % - ich habe das eingangs erwähnt; wir sollten das nie vergessen - setzt auch der Haushalt des Wirtschaftsministeriums richtungsweisende Akzente zur Nutzung moderner Technologien und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Das ist das Thema schlechthin, das über allem steht: Wirtschaft ist sicherlich nicht alles, aber ohne Wirtschaft wäre alles nichts. Jede soziale Leistung, jede Hilfe und jede Subvention hängt davon ab, daß der Wirtschaftsstandort Deutschland funktioniert.
Diese modernen Zukunftstechnologien schließen natürlich auch die Förderung erneuerbarer Energien ein. Auch das ist meines Erachtens wichtig für die Zukunft unseres Wirtschaftsstandortes. Für Solarkollektoren, Wasserkraft- und Windkraftanlagen, aber auch für andere Formen erneuerbarer Energien wie Photovoltaik, Umweltwärme und Biomasse haben wir im Haushalt 1995 30 Millionen DM vorgesehen. Weitere 70 Millionen DM werden in den folgenden Jahren als Investitionskostenzuschüsse gewährt. Ich glaube, damit haben wir ein wichtiges und positives Zeichen für die Energiekonsensgespräche gesetzt. Alle, die daran beteiligt sind, sollten dies bitte zur Kenntnis nehmen und Widerstand in dem einen oder anderen Bereich, den sie bisher aus ideologischen Gründen leisten - er begründet sich ja nicht aus der Sache, das ist reine Ideologie -, einmal überdenken.
In der Luftfahrtindustrie werden wir in den Jahren von 1995 bis 1998 ressortübergreifend 600 Millionen DM einsetzen. - Für mich ist dies ein ganz wichtiger, zukunftsweisender Technologiezweig, in dem wir unseren Standort halten und die Bedingungen verbessern müssen. - Wir haben das getan, um der zivilen Luftfahrt zum Durchbruch zu verhelfen. Ich kann nur in Richtung der beiden Ressorts der Bundesregierung, die die Gelder verteilen - das Forschungsministerium und das Wirtschaftsministerium -, sagen: Es genügt nicht, wenn Haushaltsausschuß und Parlament Mittel bewilligen. Vielmehr muß in diesen Häusern auch der Wille vorhanden sein, diese Beschlüsse entsprechend umzusetzen; bürokratische Hürden dürfen einfach nicht aufgebaut werden. Diese Mittel müssen sinnvoll und rasch eingesetzt werden.
Zur Werftindustrie: Natürlich hätten wir insgesamt - wer wünschte sich das nicht? - gerne mehr Mittel eingesetzt. Darin waren wir uns alle einig. Nur, auch hier gilt das Argument, daß wir eine Industrie nicht mit zusätzlichen Schulden am Leben erhalten können. Wir müssen das Notwendige tun und das ist eben nicht immer das Wünschenswerte. An diesem Punkt müssen wir uns orientieren.
Lieber Kollege Hampel, für das Wettbewerbshilfeprogramm haben wir 580 Millionen DM bereitgestellt; zwei Drittel haben die Länder, ein Drittel hat der Bund eingesetzt. Wir werden mit diesen Mitteln und dem OECD-Abkommen unsere Werften, unsere Schiffbauindustrie mit Sicherheit in eine vernünftige Zukunft führen, in der sie bestehen kann. Weil ich das Lamentieren der Länder über ihre Zweidrittelbeteiligung langsam satt habe, weise ich darauf hin: Die Zinszuschüsse trägt allein der Bund. Wir haben dafür bisher 2,5 Milliarden DM eingesetzt. Das ist ein
Kurt J. Rossmanith
Betrag, der sich durchaus sehen lassen kann und hinter dem wir uns nicht verstecken müssen. Wir müssen uns deswegen auch nicht Beschimpfungen seitens der Länder anhören.
Natürlich war der Spielraum für weitere Kürzungen gering. 190 Millionen DM - ich habe es schon einmal gesagt - haben wir dennoch aus diesem knapp bemessenen Haushaltsentwurf herausgeschnitten. Ich bin froh, daß wir bei der Außenwirtschaftsförderung die Stärkung der Außenhandelskammern vorgenommen haben, gerade in den Wachstumsmärkten Naher Osten und Südostasien. Diese Außenhandelskammern sind in erster Linie für den mittelständischen Bereich gedacht. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Lassen Sie mich einen zweiten Punkt nennen: Was wir verändern und wozu wir in der zweiten Lesung noch einmal Änderungsanträge eingebracht haben, ist die Hilfe für die Lehrlingsausbildung. Die Wirtschaft, insbesondere das Handwerk, hat zugesagt, die Lehrlingszahlen um noch einmal rund 10 % anzuheben. Natürlich mußten wir dementsprechend handeln und haben nochmals 25 Millionen DM umgesetzt, damit auch überbetriebliche Lehrlingsunterweisungen vorgenommen werden können.
Auch bei der Kokskohlenhilfe - dazu mein letzter Satz - werden wir einen Änderungsantrag in der zweiten Lesung einbringen. Ich finde, es ist ein großes Entgegenkommen seitens der Koalition, daß sie sich, nachdem wir im Haushaltsausschuß schon die 50 : 50- %-Regelung beschlossen hatten, dazu durchgerungen hat, den Bund 60 % übernehmen zu lassen. Somit verkürzt sich der Beitrag der Länder auf 40 %. Diese Regelung darf jetzt allerdings nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag gelten.
Wenn ich einmal das Beispiel Kokskohle nehme, müssen wir uns folgendes überlegen: Zu 100 % führen wir Eisenerz ein.