Rede von
Dr.
Gerhard
Friedrich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Kollege, das Instrument der freiwilligen Vereinbarung oder der Zusage wird ja immer wieder kritisiert. Ich glaube, gerade bei FCKW können wir nachweisen, daß Zusagen unserer Industrie in vorbildlicher Weise eingehalten werden.
Schließlich können wir nicht übersehen, daß der Ausstieg bei FCKW fast ein Jahr früher stattgefunden hat, als nach unseren ordnungsrechtlichen Vorgaben, d. h. nach der Verordnung, vorgesehen.
Ich muß Ihnen ehrlich gestehen, daß ich Vereinbarungen über die Zulässigkeit von Reimporten nicht kenne. Ich werde mich informieren und Ihnen dann schriftlich Antwort geben. - Es ist jetzt schlecht möglich, daß der Kollege Töpfer dazu Stellung nimmt.
Meine Damen und Herren, es ist heute schon in der Diskussion erwähnt worden, daß die CO2-Emissionen in Deutschland bis zum Jahr 1993 um insgesamt 15 % gesunken sind. Uns ist natürlich bewußt, daß dies fast ausschließlich dem rückläufigen Energieverbrauch und der Änderung der Energieversorgungsstrukturen in den neuen Bundesländern zu verdanken ist. Man kann natürlich darüber streiten, ob dies überwiegend das Ergebnis bewußter politischer Entscheidungen ist oder ob wir dabei auch - vielleicht sogar vor allem, wie manche meinen - unverdient vom Zusammenbruch der Wirtschaft in den neuen Bundesländern profitiert haben. Wahrscheinlich ist beides der Fall. Ich halte das aber in bezug auf die Entwicklung unserer eigenen CO2-Maßnahmen gar nicht für entscheidend.
Entscheidend für unseren Zeitplan bei der Umsetzung des nationalen CO2-Minderungsprogramms waren nicht die Ursachen für den Einbruch der Produktion im Beitrittsgebiet, sondern die Folgen für die alten Bundesländer. Der Wegfall industrieller Arbeitsplätze bedeutet ja nicht nur weniger Energieverbrauch, sondern auch Arbeitslosigkeit, hohe Kosten für Beschäftigungsmaßnahmen und die Notwendigkeit, neue Investitionen mit erheblichen Mitteln zu fördern.
Unternehmer und Arbeitnehmer in den alten Bundesländern wurden dafür in den letzten Jahren ganz erheblich durch zusätzliche höhere Steuern und Sozialabgaben zur Kasse gebeten. Man muß ehrlich sagen - das müßten auch Sie einsehen -, daß wir sie nicht gleichzeitig mit zusätzlichen, beliebig hohen Kosten bei der Umsetzung eines anspruchsvollen CO2-Maßnahmenpaketes belasten konnten.
Insofern hat eine wenigstens umweltpolitisch erfreuliche Entwicklung in den neuen Bundesländern unsere Möglichkeiten, auch in den alten Bundesländern mehr für den Klimaschutz zu tun, eingeschränkt.
Dr. Gerhard Friedrich
Wir sind uns aber einig, daß wir in der Klimapolitik nicht länger von der Sonderentwicklung in den neuen Bundesländern leben können. Nachdem die Produktion dort erfreulicherweise wieder steigt, sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich.
Dem Antrag der SPD-Fraktion kann ich einige sinnvolle Vorschläge, die man umsetzen kann, ferner einige Vorschläge, die ich in die Kategorie „wünschenswert, aber zumindest jetzt nicht finanzierbar" einordnen möchte, aber auch einige Vorschläge, die ich für schlicht falsch halte, entnehmen.
Wir sind uns darüber einig, daß wirksamer Klimaschutz tief in gewachsene Strukturen und Verhaltensweisen eingreifen muß. Die weitere Umstellung unserer Wirtschaft auf eine umweltgerechte Produktionsweise bedeutet auch ein Stück Modernisierung unserer Wirtschaft. Es ist schon erwähnt worden, daß sich damit für uns ökonomisch die Chance eröffnet, den guten und hohen Anteil an Umwelttechnologien, den wir uns auf dem Weltmarkt erobert haben - es sind zur Zeit über 20 % -, zu erhalten und auszubauen.
Ich möchte aber davor warnen, den Eindruck zu erwecken, daß umfassender Umweltschutz, umfassender Klimaschutz automatisch immer auch mehr Beschäftigung in Deutschland bedeuten. Ich glaube, Sie machen es sich zu einfach. Natürlich kennen auch wir die Gutachten, die uns mitteilen: In Deutschland sind zur Zeit etwa 680 000 Menschen im Umweltschutz beschäftigt, bis zum Jahre 2000 werden es voraussichtlich 1,1 Millionen Menschen sein.
Dazu stellt aber sogar Ernst Ulrich von Weizsäcker in seinem Buch „Umweltstandort Deutschland" fest, man müsse sich darüber im klaren sein, daß „die bisherige Art von nachsorgendem Umweltschutz prinzipiell ein Kostenfaktor bleibt, auch wenn die Kosten irgendwo Arbeitsplätze schaffen. Man fügt einer produktiven Anlage oder Maschine eine Filteranlage hinzu, die nichts produziert, was sich verkaufen ließe. Die zusätzlichen Kosten muß also der Betreiber oder Käufer bezahlen."
Weder Herr von Weizsäcker noch ich ziehen daraus die Konsequenz, daß wir im Umweltschutz eine Pause fordern. Es geht ausschließlich darum, bei der Umsetzung unserer Klimaschutzprogramme gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge zu berücksichtigen.
Unser neuer Forschungsminister hat zwar die Absicht, den produktionsintegrierten Umweltschutz jetzt noch intensiver zu fördern. Wir sollten aber nicht glauben, daß dieser kurzfristig den nachsorgenden Umweltschutz, die End-of-the-pipe-Technologie ablösen wird.
Beim Lesen des SPD-Antrags bin ich zwölfmal auf das Stichwort „fördern" gestoßen. Da dies nach allgemeinem Sprachgebrauch bedeutet, daß zusätzliche Haushaltsmittel bereitgestellt werden müssen, verstehe ich eigentlich nicht, daß Ihre Haushalts-
und Finanzpolitiker, die ständig über zu hohe Steuer- und Abgabenlasten der Bürger klagen, diesen Antrag unterschrieben haben.
Nur solange Sie sich in der Opposition befinden, können Sie sich den Luxus erlauben, Konflikte zwischen der Steuer- und Finanzpolitik, der Sozial- und Umweltpolitik schlicht zu ignorieren. Sie leisten sich den Luxus, daß jede Arbeitsgruppe bei Ihnen in einer anderen Woche ihre fachlichen Vorschläge in Antragsform in den Bundestag einbringt. Eine Abstimmung zwischen den Gruppen scheint es bei Ihnen offensichtlich nicht zu geben.
So verhält sich nicht eine Regierung von morgen, so verhält sich eine Regierung von überübermorgen, Frau Kollegin Fuchs.
Im übrigen macht die SPD einige Vorschläge zur Fortentwicklung des Ordnungsrechts, über die man sicher auch diskutieren kann und muß. Damit müssen wir uns im Ausschuß noch einmal befassen. Sie sprechen sich sonst mehr für Abgabenlösungen aus.
Ich muß Ihnen hier sagen, daß ich für den zweiten Vorschlag persönlich oft mehr Sympathien habe als für die Fortentwicklung des Ordnungsrechts. Wenn ich mir überlege, wie wir zur Zeit über die Bürokratie, über zuviel Bürokratie diskutieren, Arbeitsgruppen bilden, um Verfahren zu beschleunigen, dann komme ich zu dem Schluß: Wir sollten doch gemeinsam feststellen, daß der Weg in immer mehr Ordnungsrecht hinein in eine Sackgasse führt.