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ID1301605500

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    Plenarprotokoll 13/16 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 16. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Januar 1995 Inhalt: Tagesordnungspunkt 14 f: Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 1 zu Petitionen (Drucksache 13/250) 1007 B Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Halo Saibold, Albert Schmidt (Hitzhofen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens und einer Umweltverträglichkeitsprüfung für das im Bau befindliche Atomkraftwerk Temelin in der Republik Tschechien unter rechtserheblicher Beteiligung bundesdeutscher Bürgerinnen und Bürger (Drucksache 13/ 106) Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Ursula Schönberger, Helmut Lippelt und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nichtbewilligung des EBRD-Kredites für den Weiterbau des Atomkraftwerks Mochovce/Slowakei (Drucksache 13/309) Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Fraktion der SPD: Durchführung von Sicherheits- und Umweltverträglichkeitsprüfungen für die im Bau befindlichen Atomkraftwerke Temelin in der Republik Tschechien und Mochovce in der Slowakischen Republik (Drucksache 13/310) Halo Saibold BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1007D Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 1008D Dr. Jürgen Rochlitz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1009 D Halo Saibold BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1010D, 1015A Wolfgang Behrendt SPD 1011C Dr. Rainer Ortleb F.D.P 1013 B Kurt-Dieter Grill CDU/CSU 1014 D Horst Kubatschka SPD 1018 A Dr. Rainer Ortleb F.D.P 1018D Michael Müller (Düsseldorf, SPD 1019B Kurt-Dieter Grill CDU/CSU 1019 C Ursula Schönberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1021 B Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung des Tourismus (Drucksache 12/7895) Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 1022 C Susanne Kastner SPD 1024 B Dr. Rolf Olderog CDU/CSU 1027 B Halo Saibold BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1029A Klaus Brähmig CDU/CSU 1031 A Dr. Olaf Feldmann F.D.P. 1032 B Jann-Peter Janssen SPD 1034 B Dr. Gerd Müller CDU/CSU 1036A II Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1995 Tagesordnungspunkt 12: a) Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Steffen Tippach und der weiteren Abgeordneten der PDS: Unbefristeter Abschiebestopp für Kurdinnen und Kurden (Drucksache 13/211) b) Antrag der Abgeordneten Cern Özdemir, Christa Nickels und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Abschiebestopp für Kurdinnen und Kurden (Drucksache 13/217) c) Antrag der Fraktion der SPD: Abschiebestopp für Kurdinnen und Kurden (Drucksache 13/311) 1038A Nächste Sitzung 1038 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1039* A Anlage 2 Amtliche Mitteilung 1039* D Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1995 1007 16. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Januar 1995 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Austermann, Dietrich CDU/CSU 27. 01. 95 Bachmaier, Hermann SPD 27. 01. 95 Beck (Bremen), BÜNDNIS 27. 01. 95 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Berninger, Matthias BÜNDNIS 27. 01. 95 90/DIE GRÜNEN Beucher, Friedhelm Julius SPD 27. 01. 95 Börnsen (Ritterhude), SPD 27. 01. 95 Arne Braun (Auerbach), Rudolf CDU/CSU 27. 01. 95 Burchardt, Ulla SPD 27. 01. 95 Ferner, Elke SPD 27. 01. 95 Formanski, Norbert SPD 27. 01. 95 Dr. Gerhardt, Wolfgang F.D.P. 27. 01. 95 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 27. 01. 95 Großmann, Achim SPD 27. 01. 95 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 27. 01. 95 Hilsberg, Stephan SPD 27. 01. 95 Dr. Hirsch, Burkhard F.D.P. 27. 01. 95 Höfken-Deipenbrock, BÜNDNIS 27. 01. 95 Ulrike 90/DIE GRÜNEN Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 27. 01. 95 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 27. 01. 95 Kanther, Manfred CDU/CSU 27. 01. 95 Knoche, Monika BÜNDNIS 27. 01. 95 90/DIE GRÜNEN Kraus, Rudolf CDU/CSU 27. 01. 95 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 27. 01.95 Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 27. 01. 95 90/DIE GRÜNEN Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Leonhard, Elke SPD 27. 01. 95 Neumann (Bramsche), SPD 27. 01. 95 Volker Onur, Leyla SPD 27. 01. 95 Poß, Joachim SPD 27. 01.95 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 27. 01. 95 Hermann Rehbock-Zureich, Karin SPD 27. 01. 95 Dr. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 27. 01. 95 Scheffler, Siegfried Willy SPD 27. 01. 95 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 27. 01. 95 Hans Peter Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 27. 01. 95 90/DIE GRÜNEN Schulz (Leipzig), CDU/CSU 27. 01. 95 Gerhard Schumann, Ilse SPD 27. 01. 95 Dr. Stadtler, Max F.D.P. 27. 01. 95 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 27. 01. 95 Vergin, Siegfried SPD 27. 01. 95 Dr. Vollmer, Antje BÜNDNIS 27. 01. 95 90/DIE GRÜNEN Vosen, Josef SPD 27. 01. 95 Wallow, Hans SPD 27. 01. 95 Weißgerber, Gunter SPD 27. 01. 95 Welt, Jochen SPD 27. 01.95 Wettig-Danielmeier, SPD 27. 01. 95 Inge Anlage 2 Amtliche Mitteilung Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 27. Januar 1995 mitgeteilt, daß sie ihren Antrag Entwurf einer Bioethik-Konvention des Europarates - Drucksache 13/243 - zurückzieht.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich L. Kolb


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Tatsache, daß der Deutsche Bundestag heute erneut eine tourismuspolitische Debatte führt, unterstreicht die Bedeutung, die dem Tourismus und dem Fremdenverkehr in Deutschland zu Recht beigemessen wird. Der Tourismus mit seinen 2 Millionen Beschäftigten und einem Anteil von mehr als 5 % an der Wertschöpfung unseres Landes hat sich auch in der jüngsten wirtschaftlichen Schwächeperiode als stabiler Wirtschaftsfaktor erwiesen. Auch hat der Tourismus die Talsohle der hinter uns liegenden Rezession insgesamt gut überstanden.
    Die Bundesregierung hat mit dem Ihnen vorliegenden Bericht über die Entwicklung des Tourismus eine umfassende Bestandsaufnahme der deutschen Tourismuswirtschaft erstellt und die Ziele und Schwerpunkte ihrer Tourismuspolitik formuliert. Sie lauten: erstens Sicherung der für eine kontinuierliche Entwicklung der Tourismuswirtschaft erforderlichen Rahmenbedingungen, zweitens Steigerung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Tourismuswirtschaft, drittens Verbesserung der Möglichkeiten für die Teilnahme breiter Bevölkerungsschichten am Tourismus und viertens Erhaltung von Umwelt, Natur und Landschaft als Grundlage des Fremdenverkehrs.
    Der Bericht beschreibt die zur Erreichung dieser Ziele erforderlichen Maßnahmen. Lassen Sie mich einige Punkte davon herausstellen: Naturressourcen und Kulturgüter sind die wichtigsten und nur begrenzt reproduzierbaren Grundlagen für touristische Angebote. Dabei gilt es, einen Ausgleich der Interessen von Ökologie und Ökonomie zu schaffen, wobei es im wohlverstandenen Interesse der Tourismuswirtschaft selbst liegt, diese Grundlagen langfristig zu sichern. Das Bundeswirtschaftsministerium wird, zusammen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, einen Bundeswettbewerb für umweltfreundliche Fremdenverkehrsorte ausloben, welcher 1996 erstmals durchgeführt werden soll.
    In den neuen Bundesländern hat die in kürzester Zeit vollzogene Umgestaltung eines planwirtschaftlichen Zuteilungstourismus in einen marktwirtschaftlich orientierten Fremdenverkehr die Basis für einen tourismuswirtschaftlichen Aufschwung geschaffen.



    Parl. Staatssekretär Dr. Heinrich Kolb
    Es wurden unternehmerische Energien freigesetzt, die teilweise zu zweistelligen Zuwachsraten in diesem Bereich führten. Der verbreitete Mangel an Eigenkapital bei den Existenzgründern in den neuen Ländern und der damit verbundene Liquiditätsengpaß im investiven Bereich, aber auch der Mangel an unternehmerischen Erfahrungen konnten durch umfangreiche Förderprogramme von Bund und Ländern gemildert werden. Die Bundesregierung wird diese erfolgreichen Maßnahmen fortsetzen, damit die vorhandenen Wachstumspotentiale in ihrer ganzen Breite ausgeschöpft werden können.
    Meine Damen und Herren, was die Entwicklung des Reiseverkehrs aus dem Ausland nach Deutschland anbelangt, gibt es nichts zu beschönigen. Der Incoming-Tourismus ist in den letzten drei Jahren spürbar zurückgegangen. Die Gründe hierfür sind sicherlich vielschichtiger Natur. So mag die derzeit starke Bewertung der D-Mark als Folge der erfolgreichen Stabilitätspolitik der Bundesregierung einen Urlaub im Vergleich zu anderen europäischen Ländern teuer erscheinen lassen. Aber es stellt sich auch die Frage nach der Attraktivität Deutschlands als nationales und internationales Urlaubsziel, nach der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Angebots im internationalen Vergleich. Ich sage ganz deutlich: Hier ist in erster Linie die deutsche Fremdenverkehrswirtschaft gefordert. Sie muß die Ursachen dieser Entwicklung analysieren und ihre Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit steigern.
    Die Deutsche Zentrale für Tourismus, die zum weitaus größten Teil aus Bundesmitteln finanziert wird, wird ihre Schlagkraft als Instrument des Auslandsmarketings weiter steigern. Die Umstrukturierung der DZT mit den Zielen einer Straffung der Hauptverwaltung und einer Stärkung des operativen Bereichs ist inzwischen weitgehend abgeschlossen.

    (Susanne Kastner [SPD]: Lieber Gott! Jetzt geht der Unsinn schon wieder los!)

    Eine Anpassung an die veränderten zukünftigen Marketinganforderungen ist erreicht. Das Auslandsmarketing - auch das will ich deutlich sagen - darf aber nicht allein der DZT überlassen werden. Eine stärkere finanzielle Beteiligung der Wirtschaft, speziell der Tourismuswirtschaft, ist unverzichtbar.
    Meine Damen und Herren, Werbung im Ausland, aber auch das Inlandsmarketing für das, wie ich glaube, durchaus attraktive Reiseland Deutschland mit seinen reizvollen Landschaften, mit historischen Orten benötigen ein geeignetes Instrumentarium. Hier müssen die vorrangig für den Fremdenverkehr zuständigen Bundesländer, die Regionen und Kommunen zu einem stärkeren gemeinsamen Handeln finden.
    Ich denke hier in erster Linie an den dringend notwendigen Aufbau eines einheitlichen, möglichst flächendeckenden und auch vom Ausland her zugänglichen nationalen Informations- und Reservierungssystems für touristische Dienstleistungen, welches einen wichtigen Beitrag zur Absatzsteigerung des deutschen Angebots leisten könnte. Dieses System kann seine Wirkung nur dann erfolgreich entfalten,
    wenn es durch begleitende Marketinganstrengungen unterstützt wird. Dann kann es auch gelingen, das weitere Öffnen der Schere der bundesdeutschen Reisedevisenbilanz zu stoppen. Sie wissen, wir geben im Ausland 62 Milliarden DM für Reisen aus, während wir in Deutschland gleichzeitig nur 17 Milliarden DM aus dem Ausland vereinnahmen können.

    (Susanne Kastner [SPD]: Wie kommt das wohl?)

    Meine Damen und Herren, der Wirtschaftsstandort Deutschland unterliegt einem ständigen Strukturwandel. Wir begleiten ihn durch eine aktive Mittelstandspolitik, welche die Innovations- und Leistungsfähigkeit der mittelständischen Unternehmen stärkt, die Finanzierung von Unternehmenswachstum ermöglicht und damit auch die notwendigen Anpassungsprozesse erleichtert.
    Es ist unverkennbar, daß sich auch im Reisemarkt die Konzentrationstendenzen verstärkt haben. Diese Entwicklung wird sich sowohl bei den Reisebüros als auch bei den Veranstaltern fortsetzen. Es ist verständlich, daß Verschärfung des Wettbewerbs und Konzentrationstendenzen vor allem den mittelständischen Unternehmen gewisse Sorgen bereiten. Ich bin jedoch der Auffassung, daß mittelständische Unternehmen auf Grund ihrer spezifischen Vorteile auch in Zukunft gute Entwicklungschancen haben werden.
    Allerdings verlangt der sich weltweit verschärfende Wettbewerb um den Touristen von der deutschen Tourismuswirtschaft eine Steigerung ihrer Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit. Auch in der Reisebranche können durch höhere Flexibilität und durch Anpassung an veränderte Marktstrukturen größenordnungsbedingte Nachteile ausgeglichen werden.
    Meine Damen und Herren, solange und soweit sich die Strukturveränderungen im Wettbewerb vollziehen und das geltende Wettbewerbsrecht beachtet wird, besteht für ein Eingreifen des Staates kein Anlaß. Die Bundesregierung kann und darf keine Schutzzäune um überholte Strukturen errichten.
    Die Aufhebung der Vertriebsbindung seitens der größeren Reiseveranstalter wird zu mehr Marktwirtschaft führen. Es muß im eigenen Interesse der Reisevermittler liegen, daß wettbewerbsfähige Angebote kleiner und mittlerer Veranstalter auch künftig ihren Weg zum Kunden finden.
    Meine Damen und Herren, die Sicherung des Tourismusstandorts Deutschland kann nicht allein Aufgabe der Bundesregierung sein. An dieser Aufgabe müssen alle mitwirken: die Länder, die Gemeinden, die Tarifpartner und alle gesellschaftlichen Gruppen. Sie alle müssen den Mut haben, hierbei auch neue Wege zu beschreiten.
    Die öffentlichen Gebietskörperschaften sollten überlegen, wo sie sich zugunsten eines stärkeren privatwirtschaftlichen Engagements zurückziehen können. Privatwirtschaftliche, am Gewinn orientierte



    Parl. Staatssekretär Dr. Heinrich L. Kolb
    Fremdenverkehrsorganisationen sind in puncto Leistungsfähigkeit und Flexibilität den kommunalen Einrichtungen häufig überlegen. Sie kosten auch weniger Steuergelder.
    Ein letzter Punkt: In Fragen 'der europäischen Zusammenarbeit bleibt die Bundesregierung bei ihrem Standpunkt der strikten Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und einer Befürwortung von Gemeinschaftsaktionen in Bereichen, die ein gemeinschaftliches Handeln erfordern. Tourismus lebt aus dem Wettbewerb der Regionen. Für eine Gemeinschaftskompetenz der Europäischen Union für Tourismuspolitik besteht aus unserer Sicht nach wie vor kein Bedarf.
    Die Änderungen des Reisevertragsrechts auf Grund der EG-Pauschalreise-Richtlinie sind bei uns inzwischen gesetzlich geregelt. Ich glaube, insgesamt konnte hierbei ein fairer Interessenausgleich zwischen den berechtigten Verbraucherinteressen und denen der Reiseveranstalter gefunden werden.

    (Dr. Olaf Feldmann [F.D.P.]: Das war ja auch schwierig genug!)

    Zusammenfassend stelle ich fest: Die deutsche Tourismuswirtschaft kann sicherlich optimistisch in die Zukunft blicken. Sie muß aber große Anstrengungen unternehmen, um in dem sich weltweit verschärfenden Kampf um den Touristen als Kunden bestehen zu können.
    Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächste spricht die Kollegin Susanne Kastner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Susanne Kastner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Eine Tourismusdebatte am Freitagmorgen zu Beginn der 13. Legislaturperiode und dann auch noch um 10 Uhr zeigt,

    (Dr. Olaf Feldmann [F.D.P.]: Was gibt es Schöneres? Zuruf von der SPD: Es ist 10.30 Uhr!)

    daß die Bedeutung, die der Tourismus in den letzten Jahren gewonnen hat, zugenommen hat.
    Mir ist klar, daß dies nicht allen Kollegen und Kolleginnen in dem Hohen Hause so bewußt ist. Um so mehr freue ich mich, daß heute doch relativ viele Kollegen und Kolleginnen dieser Debatte zuhören.
    Es ist nämlich so, daß die Zahl der Beschäftigten in der Tourismusbranche inzwischen bei über 2 Millionen liegt. Sie rangiert damit vor der Beschäftigtenzahl in der Land- und Forstwirtschaft oder der Chemieindustrie. Deshalb begrüße ich es ausdrücklich, daß hier ein sichtbares Zeichen gesetzt wird. Die Tourismusbranche wird dies aufmerksam zur Kenntnis nehmen. Aus diesem Grund will ich zu Beginn einige Grundsätze darlegen.
    Es ist so, daß der Bereich Tourismus und Fremdenverkehr unsere Bürgerinnen und Bürger ganz unmittelbar betrifft. Man darf den Fremdenverkehr nicht allein auf Zahlen reduzieren; denn Erholung, Entspannung, Freizeitgestaltung und Urlaub spielen eine der wichtigsten Rollen im Leben der Menschen. Das wird in diesem Hause niemand bestreiten, es sei denn, man stimmt der Vorstellung des Bundeskanzlers vom Freizeitpark Deutschland zu. Aber das werden wir ja wohl nicht tun.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    In einer rein freien Marktwirtschaft, wie einige Kollegen auch hier im Hause sie propagieren, wird man geneigt sein, die Entwicklung im Fremdenverkehr dem freien Spiel der Kräfte zu überlassen. Politisches Ziel für eine dauerhafte Entwicklung des Tourismus ist aber, die Grundbedürfnisse der Gegenwart zu befriedigen, ohne die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen zu gefährden. Eine attraktive Region und begehrte touristische Ziele können dieses freie Spiel der Kräfte durchaus erfolgreich tragen. Aber eine zukunftsorientierte und damit erfolgreiche Fremdenverkehrspolitik ist mehr als nur die Organisation des Gästebetriebs und die Lenkung des Fremdenverkehrs. Sie muß um ein Gleichgewicht zwischen Ökonomie und Ökologie bemüht sein.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.)

    In kaum einem anderen Politikbereich ist der sensible Gestaltungswille so sehr die Grundlage eines erfolgreichen Wirtschaftens. Herr Staatssekretär, ich hätte mir eigentlich gewünscht, daß Sie in Ihrer Einführungsrede etwas dezidierter darauf eingegangen wären.

    (Zuruf von der SPD: Wie immer Fehlanzeige!)

    Der Tourismus handelt mit einem Gut, welches sich nicht beliebig dem Wertewandel in der Gesellschaft unterordnen läßt. Wer dies begriffen hat, wird sich in der Tourismuspolitik von einer rein marktwirtschaftlichen Lehre schnell verabschieden müssen.

    (Klaus Lennartz [SPD]: So ist das!)

    Der Stellenwert, den wir auch im Deutschen Bundestag dem Tourismus daher einräumen, gestaltet das Bild von Deutschland maßgeblich mit. Es bedarf einer Gesamtkonzeption für einen sozial verantwortlichen, umweltverträglichen und langfristig wirtschaftlich tragfähigen Tourismus. Wenn allein Geld und Umsatz im Vordergrund stehen, dann werden die Regionen ihren individuellen Reiz zwangsläufig verlieren; denn mit steigender Reiseintensität sind hohe Umweltbelastungen und oftmals negative Auswirkungen auf die Kultur und das soziale Umfeld der einheimischen Bevölkerung sowie unattraktive Arbeitsbedingungen verbunden. Gerade bei der Erstellung von Ferienzentren und Freizeitparks muß es zu einer Einbindung in die umliegende, oft ökologisch wertvolle Landschaft kommen.
    Das Interesse an einer ausgeglichenen Zielsetzung im Fremdenverkehr läßt in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit deutlich nach. Das ist ein Fehler. Für uns gibt es deshalb zwei unverrückbare Eckpunkte:



    Susanne Kastner
    Erstens. Der Ausgleich mit der Natur ist die Lebensgrundlage für eine ertragreiche Zukunft.
    Zweitens. Eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik beweist sich nicht nur in den sogenannten Schlüsselindustrien.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Der Bereich Tourismus und Fremdenverkehr bildet für viele Regionen eine große Chance, Arbeitslosigkeit abzubauen. Dabei wird aber wie in keinem anderen Industriezweig von den betroffenen Menschen eine hohe Flexibilität verlangt. Auf diese Situation, liebe Kollegen und Kolleginnen, wird mein Kollege Jann-Peter Janssen anschließend genauer eingehen. Lassen Sie mich deshalb zu dem Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung des Tourismus kommen, den wir heute diskutieren.
    Ein erschreckendes Defizit zeigt der Bericht der Bundesregierung bei der Risikobereitschaft zur Finanzierung von Tourismuseinrichtungen. Dies gilt in besonderem Maße für die neuen Bundesländer. Wir haben am Mittwoch die tourismuspolitischen Haushaltsansätze im Ausschuß diskutiert. Sie wollen, Herr Staatssekretär, vom Wirtschaftsministerium gesteuert, das Eigenkapitalhilfeprogramm ersatzlos zum Ende dieses Jahres auslaufen lassen,

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Das kann doch wohl nicht wahr sein! Klaus Lennartz [SPD]: Das weiß er noch nicht einmal!)

    obwohl Sie wissen, daß durch die verschleppte Privatisierung viele interessierte Investoren aus dem Osten erst in den nächsten Jahren investieren können und dieses Programm gerade dann besonders notwendig ist.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Das führt dann zu einer Entwicklung, die mein Kollege Eberhard Brecht in exakt dieser Ausschußberatung wie folgt beschrieben hat: Die Arbeitgeber kommen aus dem Westen, die Arbeitnehmer aus dem Osten.
    Dabei hätte die Bundesregierung bei der Angleichung der Lebensbedingungen in den neuen Landern an unsere westdeutsche Realität eine einmalige Chance gehabt, nämlich dem Fremdenverkehr eine ihm gebührende Stellung in dein Spannungsfeld zwischen intakter Umwelt und sicheren Arbeitsplätzen zu geben.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sehr wahr! Stimmt!)

    Daß Ihre Treuhandpolitik in dieser Frage völlig falsch war, ist wohl unumstritten. Ihre Devise war die Privatisierung um jeden Preis. Dies hat sich als eklatanter Fehler herausgestellt.

    (Beifall bei der SPD)

    Das gibt die Bundesregierung in ihrem Bericht denn auch zu, wenn sie davon spricht - ich zitiere -, „daß die Klärung der Restitutionsansprüche und die Suche nach geeigneten Interessenten sowie die Erarbeitung einheitlicher Standardpunkte einen schnellen Verwertungsprozeß behindert haben".

    (Zurufe von der CDU/CSU: Wir sind doch im Jahre 1995! Das bringt doch nichts!)

    Sich dabei mit dem Verkauf von 28 Interhotels oder der erfolgreichen Privatisierung der „Travel"-Hotelkette zu brüsten ist für mich persönlich mehr als mager. Wer sich einmal intensiv mit den Problemen z. B. der Ostseebäder in Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt hat - unsere Arbeitsgruppe hat das bei Besuchen gemacht -, mit ihren Problemen, trotz großer Nachfrage ganze Gebäudekomplexe Leerstehen zu haben, weil die Eigentumsfrage immer noch nicht geklärt ist, der weiß, wovon ich rede.

    (Beifall bei der SPD)

    Die SPD hat deshalb im Februar 1993 ihre Zielsetzung für eine aktive Tourismuspolitik in den neuen Ländern vorgelegt. Wir wollten ein langfristiges Zukunftsinvestitionsprogramm und eine ökologische Modernisierung für den Infrastrukturaufbau durchsetzen, statt Arbeitslosigkeit hinzunehmen. Dieses hätte in den Förderkriterien festgeschrieben werden müssen. Als das wichtigste Instrument haben wir damals die Wiedereinführung der Investitionspauschale gefordert, die den Kommunen den nötigen Handlungsspielraum gegeben hätte, umfassende Infrastruktureinrichtungen für den Fremdenverkehr zu schaffen.
    Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Regierung, haben es sich da viel zu leicht gemacht. Sie haben sich an dem Fleiß der Menschen, an ihrem Interesse für die eigene Region und auch an ihrem Stolz versündigt. Hier liegt eine der Ursachen für die Verständnislosigkeit von Ost und West, dir wir so oft beklagen. Die Menschen im Osten haben nämlich von der Bundesregierung leidvoll erfahren, daß ihre Heimat allein unter dem Vermarktungsaspekt bewertet wurde.

    (Beifall bei der SPD Zuruf von der CDU/ CSU: Das ist doch nicht wahr!)

    Nun reden Sie in Ihrem Bericht davon, daß es Aufgabe wäre, das touristische Angebot insgesamt gegenüber westlichen und internationalen Angeboten konkurrenzfähiger zu machen, und zweitens reden Sie davon, die Marktstellung der ostdeutschen Existenzgründer nach der Phase der Privatisierung zu festigen, und drittens davon, die Lebensqualität der einheimischen Bevölkerung zu steigern, um damit auch einen Beitrag zur Stabilität der Arbeitsmärkte zu leisten. Wenn man dagegen Ihre mehr als dürftigen Haushaltsansätze bzw. Ihre politischen Entscheidungen hier im Deutschen Bundestag gegen die Stärkung der Inlandskaufkraft sieht, dann kann ich



    Susanne Kastner
    nur feststellen: Die Botschaft les' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Zuruf von der F.D.P.: Das darf doch nicht wahr sein! Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Sie gehen immer an die Kasse der anderen!)

    Einen Punkt möchte ich noch ansprechen: Ich begrüße es ausdrücklich, daß die Bundesregierung in ihrem Bericht

    (Dr. Olaf Feldmann [F.D.P.]: Erst muß es erarbeitet werden!)

    - nun lobe ich einmal die Bundesregierung, Herr Feldmann; hören Sie doch einmal zu -

    (Dr. Olaf Feldmann [F.D.P.]: Das tue ich doch!)

    die Erhaltung von Umwelt, Natur und Landschaft als Grundlage des Tourismus herausstellt.

    (Dr. Olaf Feldmann [F.D.P.]: Extralob für die Bundesregierung!)

    Wir stehen nun einmal gerade im Fremdenverkehr vor dem Dilemma, daß die Erschließung und Nutzung der Natur die Natur selbst zerstören kann. Die Grenzen der Erschließung müssen deshalb in der politischen Debatte sehr deutlich formuliert werden. Wir müssen gemeinsam das Bewußtsein dafür stärken, daß im Bereich des Tourismus der Stellenwert der Natur den wirtschaftlichen Zielen vorangestellt wird. Wir alle kennen genügend Beispiele dafür, daß die reinen Wirtschaftsinteressen den Tourismus geschädigt haben, und dafür brauchen wir überhaupt nicht nach Spanien oder Italien zu schauen.
    Herr Staatssekretär, nun hätte ich als Leserin Ihres Berichtes erwartet, etwas darüber zu lesen, wie Sie die vorzunehmenden Verschiebungen in der Fremdenverkehrspolitik zugunsten der Umweltverträglichkeit denn umsetzen wollen, welche Schwerpunktkriterien die Bundesregierung in dieser Frage überhaupt aufstellt.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Keine!)

    Dies müßte sich doch z. B. auch in Ihren Haushaltsansätzen niederschlagen. Sie konnten mir aber bei den ersten Beratungen keine Antwort darauf geben, wie diese von Ihnen so nett formulierten Ziele bei der Mittelvergabe z. B. der Gemeinschaftsaufgabe der regionalen Wirtschaftsförderung Berücksichtigung finden sollten.

    (Beifall bei der SPD)

    Das, was wir in Ihrem Bericht unter Punkt III.5 zur Erhaltung von Umwelt, Natur und Landschaft als Grundlage des Tourismus lesen können, ist nun wirklich außerordentlich dünn. Ein allgemeines Bekenntnis kann das beschriebene Spannnungsfeld überhaupt nicht auflösen. Die Bundesregierung hat weder den Dreiwegekatalysator noch das Bundes-Immissionsschutzgesetz allein für den Tourismusstandort Deutschland eingeführt. Das sind Regelungen, die sicher auch dem Fremdenverkehr zugute kommen, weil sie richtig sind.
    Gleichzeitig verhindert aber gerade das federführende Wirtschaftsministerium nur allzugerne die Verbesserung von Umweltgesetzen, die dem Fremdenverkehr dienlich wären.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Ich nenne als Beispiel die Diskussion um pestizidfreies Trinkwasser oder das Bundesnaturschutzgesetz.
    Deshalb bleiben wir doch bitte alle auf dem Teppich. Das, was sich in einer Statistik als erfolgreiche Wirtschaftspolitik vermarkten läßt, hat die Bundesregierung auch im Rahmen ihrer Kompetenzen im Fremdenverkehr unterstützt. In dem komplizierten Geflecht der Fremdenverkehrspolitik reicht das aber bei weitem nicht mehr aus.
    Sie hätten weitgehende umweltpolitische Ziele und Standards für die Fremdenverkehrszentren setzen müssen und die daraus resultierende höhere Belastung der Wirtschaft flankieren müssen. Sie hätten Existenzgründungen mit zukunftsweisenden neuen Tourismusansätzen gesondert fördern müssen und die Koordination - Herr Feldmann, da gebe ich Ihnen recht, das ist auch eine Aufgabe des Wirtschaftsministeriums - zwischen der Fremdenverkehrspolitik in Bund und Ländern intensivieren müssen.
    Ich könnte gerade an meinem Fachgebiet, dem Gewässerschutz, diese Diskussion gezielt festmachen. Sie schreiben in Ihrem Bericht, daß die Sanierung der Gewässer ein vorrangiges Ziel der Bundesregierung ist, und führen weiter aus, was Sie in den alten Bundesländern an Geld investiert haben.
    Im Hinblick auf die neuen Länder und die sich in diesem Bereich abzeichnenden enormen Gebührenbelastungen für die Bürger schreiben Sie lediglich - jetzt hören Sie zu -, daß es einer nationalen Solidaritätsaktion bedarf. Hier, in der politischen Wirklichkeit des Parlaments, verweigern Sie sich bei allen Gesetzentwürfen gerade diesen nationalen Solidaritätsaktionen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Die Wasser- und Abwassergebühren z. B. belasten das sehr wasserintensive Hotel- und Gaststättengewerbe in ungeheurem Ausmaß. Wo bleiben da bitte Ihre Solidaritätsaktionen? Allein an diesem Beispiel kann man festmachen, wie der Anspruch dieses Berichts und die Wirklichkeit in der täglichen Praxis vor Ort bei Ihnen auseinanderklaffen.
    Für die SPD-Fraktion, die sich im Ausschuß besonders für das barrierefreie Reisen eingesetzt hat, bedanke ich mich für die korrekte Situationsbeschreibung der Reisemöglichkeiten von Behinderten. Nur ein bißchen mehr Engagement, Herr Staatssekretär, hätte ich mir auch da gewünscht.



    Susanne Kastner
    Ich muß Ihnen sagen: Viele Kommunen sind da schon viel weiter als die Bundesregierung in ihrem Bericht. Sie könnten hier unterstützend tätig werden, indem Sie z. B. ein Konzept „barrierefreier Urlaub" in einer Region fördern oder die Sicherstellung des freien Zugangs für mobilitätsbehinderte Menschen zu den in Bundeshand befindlichen Sehenswürdigkeiten, öffentlichen Gebäuden und kulturellen Einrichtungen gewährleisten würden.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)