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ID1301605300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/16 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 16. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Januar 1995 Inhalt: Tagesordnungspunkt 14 f: Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 1 zu Petitionen (Drucksache 13/250) 1007 B Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Halo Saibold, Albert Schmidt (Hitzhofen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens und einer Umweltverträglichkeitsprüfung für das im Bau befindliche Atomkraftwerk Temelin in der Republik Tschechien unter rechtserheblicher Beteiligung bundesdeutscher Bürgerinnen und Bürger (Drucksache 13/ 106) Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Ursula Schönberger, Helmut Lippelt und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nichtbewilligung des EBRD-Kredites für den Weiterbau des Atomkraftwerks Mochovce/Slowakei (Drucksache 13/309) Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Fraktion der SPD: Durchführung von Sicherheits- und Umweltverträglichkeitsprüfungen für die im Bau befindlichen Atomkraftwerke Temelin in der Republik Tschechien und Mochovce in der Slowakischen Republik (Drucksache 13/310) Halo Saibold BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1007D Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 1008D Dr. Jürgen Rochlitz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1009 D Halo Saibold BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1010D, 1015A Wolfgang Behrendt SPD 1011C Dr. Rainer Ortleb F.D.P 1013 B Kurt-Dieter Grill CDU/CSU 1014 D Horst Kubatschka SPD 1018 A Dr. Rainer Ortleb F.D.P 1018D Michael Müller (Düsseldorf, SPD 1019B Kurt-Dieter Grill CDU/CSU 1019 C Ursula Schönberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1021 B Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung des Tourismus (Drucksache 12/7895) Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 1022 C Susanne Kastner SPD 1024 B Dr. Rolf Olderog CDU/CSU 1027 B Halo Saibold BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1029A Klaus Brähmig CDU/CSU 1031 A Dr. Olaf Feldmann F.D.P. 1032 B Jann-Peter Janssen SPD 1034 B Dr. Gerd Müller CDU/CSU 1036A II Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1995 Tagesordnungspunkt 12: a) Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Steffen Tippach und der weiteren Abgeordneten der PDS: Unbefristeter Abschiebestopp für Kurdinnen und Kurden (Drucksache 13/211) b) Antrag der Abgeordneten Cern Özdemir, Christa Nickels und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Abschiebestopp für Kurdinnen und Kurden (Drucksache 13/217) c) Antrag der Fraktion der SPD: Abschiebestopp für Kurdinnen und Kurden (Drucksache 13/311) 1038A Nächste Sitzung 1038 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1039* A Anlage 2 Amtliche Mitteilung 1039* D Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1995 1007 16. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Januar 1995 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Austermann, Dietrich CDU/CSU 27. 01. 95 Bachmaier, Hermann SPD 27. 01. 95 Beck (Bremen), BÜNDNIS 27. 01. 95 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Berninger, Matthias BÜNDNIS 27. 01. 95 90/DIE GRÜNEN Beucher, Friedhelm Julius SPD 27. 01. 95 Börnsen (Ritterhude), SPD 27. 01. 95 Arne Braun (Auerbach), Rudolf CDU/CSU 27. 01. 95 Burchardt, Ulla SPD 27. 01. 95 Ferner, Elke SPD 27. 01. 95 Formanski, Norbert SPD 27. 01. 95 Dr. Gerhardt, Wolfgang F.D.P. 27. 01. 95 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 27. 01. 95 Großmann, Achim SPD 27. 01. 95 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 27. 01. 95 Hilsberg, Stephan SPD 27. 01. 95 Dr. Hirsch, Burkhard F.D.P. 27. 01. 95 Höfken-Deipenbrock, BÜNDNIS 27. 01. 95 Ulrike 90/DIE GRÜNEN Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 27. 01. 95 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 27. 01. 95 Kanther, Manfred CDU/CSU 27. 01. 95 Knoche, Monika BÜNDNIS 27. 01. 95 90/DIE GRÜNEN Kraus, Rudolf CDU/CSU 27. 01. 95 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 27. 01.95 Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 27. 01. 95 90/DIE GRÜNEN Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Leonhard, Elke SPD 27. 01. 95 Neumann (Bramsche), SPD 27. 01. 95 Volker Onur, Leyla SPD 27. 01. 95 Poß, Joachim SPD 27. 01.95 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 27. 01. 95 Hermann Rehbock-Zureich, Karin SPD 27. 01. 95 Dr. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 27. 01. 95 Scheffler, Siegfried Willy SPD 27. 01. 95 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 27. 01. 95 Hans Peter Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 27. 01. 95 90/DIE GRÜNEN Schulz (Leipzig), CDU/CSU 27. 01. 95 Gerhard Schumann, Ilse SPD 27. 01. 95 Dr. Stadtler, Max F.D.P. 27. 01. 95 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 27. 01. 95 Vergin, Siegfried SPD 27. 01. 95 Dr. Vollmer, Antje BÜNDNIS 27. 01. 95 90/DIE GRÜNEN Vosen, Josef SPD 27. 01. 95 Wallow, Hans SPD 27. 01. 95 Weißgerber, Gunter SPD 27. 01. 95 Welt, Jochen SPD 27. 01.95 Wettig-Danielmeier, SPD 27. 01. 95 Inge Anlage 2 Amtliche Mitteilung Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 27. Januar 1995 mitgeteilt, daß sie ihren Antrag Entwurf einer Bioethik-Konvention des Europarates - Drucksache 13/243 - zurückzieht.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ursula Schönberger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Merkel, Sie haben auf Lubmin bei Greifswald hingewiesen. Damals hat man auf die Nachrüstung russischer Reaktoren mit westlicher Steuerungstechnik verzichtet, auch aus Sicherheitsgründen. Spielen Sie das doch nicht herunter! Es war eine vernünftige Entscheidung der Bundesregierung.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Jetzt soll genau dieses Experiment in Mochovce in der Slowakei durchgeführt werden. Finanziert werden soll dieses Projekt, das mehr als 1,3 Milliarden DM kosten würde, über eine EURATOM-Anleihe und über einen Kredit der Europäischen Entwicklungsbank. Um diesen Kredit geht es hier.
    Hier in der Bundesrepublik können Sie neue Atomkraftwerke nicht mehr gegen den Willen der Bevölkerung durchsetzen. Denn die Menschen hier sind nicht mehr bereit, das Risiko der Atomenergie zu tragen. Allen anderen Bekundungen zum Trotz ist auch die Energiewirtschaft längst nicht mehr bereit, in neue Atomkraftwerke zu investieren, zumindest dann nicht, wenn sie den Neubau selbst bezahlen muß und nicht vom Staat subventioniert bekommt.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Dann ist es ja auch kein Wunder, wenn die Reaktorbauindustrie - sprich: Siemens - in Deutschland für sich keine Perspektive sieht. Herr Hüttel von der Firma Siemens hat das jedenfalls am letzten Dienstag bei der Wintertagung des Deutschen Atomforums ziemlich eindeutig so gesehen und beklagt.
    Verstehen kann ich es natürlich schon, daß man, wenn man in dieser Situation ist, nach neuen Märkten greift. Aber verantwortbar ist es nicht.
    Da soll ein altes Kraftwerk russischer Bauart - dessen Materialien schlecht und verrostet sind, das keine zweite Sicherheitshülle hat, das nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert ist, obwohl nebenan ein Militärflughafen ist, das in einer Erdbebenzone steht, ohne erdbebensicher zu sein, und und und - über einen Kredit der Europäischen Entwicklungsbank mit Steuerungssystemen ausgestattet werden, u. a. von Siemens.
    Das ist schon schlimm genug, Frau Merkel. Aber die Vorstellungen, wie die Refinanzierung erfolgen soll, ist dann absolut skrupellos. Die Kredite sollen über Stromlieferungen an den Westen abbezahlt werden. Ein Gutteil des Stroms, der in Mochovce produziert wird, dient gar nicht der Stromversorgung der Slowakei, sondern wird in den Westen, auch in die Bundesrepublik, geliefert. Stromlieferungen zu Dumpingpreisen, Strom, für den der Westen gerade einmal halb so viel bezahlt, wie er hier für die Produktion. des Stroms selbst aufwenden müßte. Da können Sie doch nicht sagen: „Wir machen nicht die Energiepolitik in der Slowakei. " Genau damit machen wir sie. Ich fordere Sie auf: Machen Sie bei diesem skrupellosen Geschäft nicht mit, das die Slowakei zu unserer Atomstromkolonie macht!

    (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

    In der Gründungscharta der Europäischen Entwicklungsbank, die diesen Kredit geben soll, steht, daß sie eine umweltverträgliche und nachhaltige Entwicklung im Osten fördern soll. Deswegen fordern wir die Bundesregierung auf: Weisen Sie den deutschen Direktor in der Entwicklungsbank an, gegen den Kredit für Mochovce zu stimmen! Sie kön-



    Ursula Schönberger
    nen das tun. Ob der Kredit bewilligt wird, hängt doch nicht zuletzt davon ab, ob sich Deutschland ebenso wie Österreich und die USA gegen diesen Kredit ausspricht.
    Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD, auch Sie haben zu diesem Thema einen Antrag vorgelegt. Sie fordern eine Anhörung. Das ist nicht abzulehnen. Aber wir meinen, hier geht es nicht um Anhörungen, hier geht es nicht um fehlendes Wissen. Das Wissen ist da, die Fakten liegen auf der Hand. Es geht um die Bereitschaft, von den ganz klaren und offenen Alternativen die richtige zu unterstützen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Merkel, die Alternative ist nicht Mochovce oder Bohunice, die Alternative heißt doch: Energieeinsparpotentiale nutzen. Die Energieeinsparpotentiale in der Slowakei sind enorm. Geben Sie Investitionshilfen doch dafür! Geben Sie doch Investitionshilfen für die Nutzung umweltverträglicherer und im übrigen auch kostengünstigerer Energieversorgung in der Slowakei!

    (Birgit Homburger [F.D.P.]: Dann geht das Kraftwerk ohne Nachbesserung ans Netz! Ist das besser?)

    Die Slowakei wird nicht in der Lage sein, dieses Kraftwerk aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Dazu braucht sie diesen Kredit. Wenn er nicht dafür, sondern für andere Investitionen gegeben wird, dann wird sie dieses Kraftwerk nicht in Betrieb nehmen.
    Noch etwas zu Bohunice. Es gibt keinen festen Vertrag, das Bohunice abgeschaltet wird, wenn Mochovce ans Netz geht. Ich möchte Sie hören, wenn im Jahr 2000 Bohunice weiterläuft. Sie rechtfertigen das dann auch noch.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Lassen Sie uns nicht das wiederholen, was in der Entwicklungspolitik lange genug gemacht worden ist: aus ökonomischem Eigennutz anderen Ländern die Zukunft verbauen, in diesem Fall der Slowakei.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 13/106, 13/309 und 13/310 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:
Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung des Tourismus
- Drucksache 12/7895 -
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Fremdenverkehr und Tourismus (federführend)

Ausschuß für Wirtschaft
Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für Gesundheit
Ausschuß für Verkehr
Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Stunde vorgesehen. - Ich sehe keinen Widerspruch.
Ich eröffne die Aussprache. Als erster spricht Staatssekretär Kolb.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich L. Kolb


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Tatsache, daß der Deutsche Bundestag heute erneut eine tourismuspolitische Debatte führt, unterstreicht die Bedeutung, die dem Tourismus und dem Fremdenverkehr in Deutschland zu Recht beigemessen wird. Der Tourismus mit seinen 2 Millionen Beschäftigten und einem Anteil von mehr als 5 % an der Wertschöpfung unseres Landes hat sich auch in der jüngsten wirtschaftlichen Schwächeperiode als stabiler Wirtschaftsfaktor erwiesen. Auch hat der Tourismus die Talsohle der hinter uns liegenden Rezession insgesamt gut überstanden.
    Die Bundesregierung hat mit dem Ihnen vorliegenden Bericht über die Entwicklung des Tourismus eine umfassende Bestandsaufnahme der deutschen Tourismuswirtschaft erstellt und die Ziele und Schwerpunkte ihrer Tourismuspolitik formuliert. Sie lauten: erstens Sicherung der für eine kontinuierliche Entwicklung der Tourismuswirtschaft erforderlichen Rahmenbedingungen, zweitens Steigerung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Tourismuswirtschaft, drittens Verbesserung der Möglichkeiten für die Teilnahme breiter Bevölkerungsschichten am Tourismus und viertens Erhaltung von Umwelt, Natur und Landschaft als Grundlage des Fremdenverkehrs.
    Der Bericht beschreibt die zur Erreichung dieser Ziele erforderlichen Maßnahmen. Lassen Sie mich einige Punkte davon herausstellen: Naturressourcen und Kulturgüter sind die wichtigsten und nur begrenzt reproduzierbaren Grundlagen für touristische Angebote. Dabei gilt es, einen Ausgleich der Interessen von Ökologie und Ökonomie zu schaffen, wobei es im wohlverstandenen Interesse der Tourismuswirtschaft selbst liegt, diese Grundlagen langfristig zu sichern. Das Bundeswirtschaftsministerium wird, zusammen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, einen Bundeswettbewerb für umweltfreundliche Fremdenverkehrsorte ausloben, welcher 1996 erstmals durchgeführt werden soll.
    In den neuen Bundesländern hat die in kürzester Zeit vollzogene Umgestaltung eines planwirtschaftlichen Zuteilungstourismus in einen marktwirtschaftlich orientierten Fremdenverkehr die Basis für einen tourismuswirtschaftlichen Aufschwung geschaffen.



    Parl. Staatssekretär Dr. Heinrich Kolb
    Es wurden unternehmerische Energien freigesetzt, die teilweise zu zweistelligen Zuwachsraten in diesem Bereich führten. Der verbreitete Mangel an Eigenkapital bei den Existenzgründern in den neuen Ländern und der damit verbundene Liquiditätsengpaß im investiven Bereich, aber auch der Mangel an unternehmerischen Erfahrungen konnten durch umfangreiche Förderprogramme von Bund und Ländern gemildert werden. Die Bundesregierung wird diese erfolgreichen Maßnahmen fortsetzen, damit die vorhandenen Wachstumspotentiale in ihrer ganzen Breite ausgeschöpft werden können.
    Meine Damen und Herren, was die Entwicklung des Reiseverkehrs aus dem Ausland nach Deutschland anbelangt, gibt es nichts zu beschönigen. Der Incoming-Tourismus ist in den letzten drei Jahren spürbar zurückgegangen. Die Gründe hierfür sind sicherlich vielschichtiger Natur. So mag die derzeit starke Bewertung der D-Mark als Folge der erfolgreichen Stabilitätspolitik der Bundesregierung einen Urlaub im Vergleich zu anderen europäischen Ländern teuer erscheinen lassen. Aber es stellt sich auch die Frage nach der Attraktivität Deutschlands als nationales und internationales Urlaubsziel, nach der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Angebots im internationalen Vergleich. Ich sage ganz deutlich: Hier ist in erster Linie die deutsche Fremdenverkehrswirtschaft gefordert. Sie muß die Ursachen dieser Entwicklung analysieren und ihre Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit steigern.
    Die Deutsche Zentrale für Tourismus, die zum weitaus größten Teil aus Bundesmitteln finanziert wird, wird ihre Schlagkraft als Instrument des Auslandsmarketings weiter steigern. Die Umstrukturierung der DZT mit den Zielen einer Straffung der Hauptverwaltung und einer Stärkung des operativen Bereichs ist inzwischen weitgehend abgeschlossen.

    (Susanne Kastner [SPD]: Lieber Gott! Jetzt geht der Unsinn schon wieder los!)

    Eine Anpassung an die veränderten zukünftigen Marketinganforderungen ist erreicht. Das Auslandsmarketing - auch das will ich deutlich sagen - darf aber nicht allein der DZT überlassen werden. Eine stärkere finanzielle Beteiligung der Wirtschaft, speziell der Tourismuswirtschaft, ist unverzichtbar.
    Meine Damen und Herren, Werbung im Ausland, aber auch das Inlandsmarketing für das, wie ich glaube, durchaus attraktive Reiseland Deutschland mit seinen reizvollen Landschaften, mit historischen Orten benötigen ein geeignetes Instrumentarium. Hier müssen die vorrangig für den Fremdenverkehr zuständigen Bundesländer, die Regionen und Kommunen zu einem stärkeren gemeinsamen Handeln finden.
    Ich denke hier in erster Linie an den dringend notwendigen Aufbau eines einheitlichen, möglichst flächendeckenden und auch vom Ausland her zugänglichen nationalen Informations- und Reservierungssystems für touristische Dienstleistungen, welches einen wichtigen Beitrag zur Absatzsteigerung des deutschen Angebots leisten könnte. Dieses System kann seine Wirkung nur dann erfolgreich entfalten,
    wenn es durch begleitende Marketinganstrengungen unterstützt wird. Dann kann es auch gelingen, das weitere Öffnen der Schere der bundesdeutschen Reisedevisenbilanz zu stoppen. Sie wissen, wir geben im Ausland 62 Milliarden DM für Reisen aus, während wir in Deutschland gleichzeitig nur 17 Milliarden DM aus dem Ausland vereinnahmen können.

    (Susanne Kastner [SPD]: Wie kommt das wohl?)

    Meine Damen und Herren, der Wirtschaftsstandort Deutschland unterliegt einem ständigen Strukturwandel. Wir begleiten ihn durch eine aktive Mittelstandspolitik, welche die Innovations- und Leistungsfähigkeit der mittelständischen Unternehmen stärkt, die Finanzierung von Unternehmenswachstum ermöglicht und damit auch die notwendigen Anpassungsprozesse erleichtert.
    Es ist unverkennbar, daß sich auch im Reisemarkt die Konzentrationstendenzen verstärkt haben. Diese Entwicklung wird sich sowohl bei den Reisebüros als auch bei den Veranstaltern fortsetzen. Es ist verständlich, daß Verschärfung des Wettbewerbs und Konzentrationstendenzen vor allem den mittelständischen Unternehmen gewisse Sorgen bereiten. Ich bin jedoch der Auffassung, daß mittelständische Unternehmen auf Grund ihrer spezifischen Vorteile auch in Zukunft gute Entwicklungschancen haben werden.
    Allerdings verlangt der sich weltweit verschärfende Wettbewerb um den Touristen von der deutschen Tourismuswirtschaft eine Steigerung ihrer Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit. Auch in der Reisebranche können durch höhere Flexibilität und durch Anpassung an veränderte Marktstrukturen größenordnungsbedingte Nachteile ausgeglichen werden.
    Meine Damen und Herren, solange und soweit sich die Strukturveränderungen im Wettbewerb vollziehen und das geltende Wettbewerbsrecht beachtet wird, besteht für ein Eingreifen des Staates kein Anlaß. Die Bundesregierung kann und darf keine Schutzzäune um überholte Strukturen errichten.
    Die Aufhebung der Vertriebsbindung seitens der größeren Reiseveranstalter wird zu mehr Marktwirtschaft führen. Es muß im eigenen Interesse der Reisevermittler liegen, daß wettbewerbsfähige Angebote kleiner und mittlerer Veranstalter auch künftig ihren Weg zum Kunden finden.
    Meine Damen und Herren, die Sicherung des Tourismusstandorts Deutschland kann nicht allein Aufgabe der Bundesregierung sein. An dieser Aufgabe müssen alle mitwirken: die Länder, die Gemeinden, die Tarifpartner und alle gesellschaftlichen Gruppen. Sie alle müssen den Mut haben, hierbei auch neue Wege zu beschreiten.
    Die öffentlichen Gebietskörperschaften sollten überlegen, wo sie sich zugunsten eines stärkeren privatwirtschaftlichen Engagements zurückziehen können. Privatwirtschaftliche, am Gewinn orientierte



    Parl. Staatssekretär Dr. Heinrich L. Kolb
    Fremdenverkehrsorganisationen sind in puncto Leistungsfähigkeit und Flexibilität den kommunalen Einrichtungen häufig überlegen. Sie kosten auch weniger Steuergelder.
    Ein letzter Punkt: In Fragen 'der europäischen Zusammenarbeit bleibt die Bundesregierung bei ihrem Standpunkt der strikten Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und einer Befürwortung von Gemeinschaftsaktionen in Bereichen, die ein gemeinschaftliches Handeln erfordern. Tourismus lebt aus dem Wettbewerb der Regionen. Für eine Gemeinschaftskompetenz der Europäischen Union für Tourismuspolitik besteht aus unserer Sicht nach wie vor kein Bedarf.
    Die Änderungen des Reisevertragsrechts auf Grund der EG-Pauschalreise-Richtlinie sind bei uns inzwischen gesetzlich geregelt. Ich glaube, insgesamt konnte hierbei ein fairer Interessenausgleich zwischen den berechtigten Verbraucherinteressen und denen der Reiseveranstalter gefunden werden.

    (Dr. Olaf Feldmann [F.D.P.]: Das war ja auch schwierig genug!)

    Zusammenfassend stelle ich fest: Die deutsche Tourismuswirtschaft kann sicherlich optimistisch in die Zukunft blicken. Sie muß aber große Anstrengungen unternehmen, um in dem sich weltweit verschärfenden Kampf um den Touristen als Kunden bestehen zu können.
    Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)