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    Plenarprotokoll 13/11 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 11. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1995 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung (Gesetz zu dem Protokoll Nr. 11 vom 11. Mai 1994 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten; Ausbau und Vertiefung der deutsch-vietnamesischen Beziehungen) Rainer Funke, Parl. Staatssekretär BMJ 605 B Rudolf Bindig SPD 606 A Rainer Funke, Parl. Staatssekretär BMJ 606 A Dieter Schanz SPD 606 B Bernd Schmidbauer, Staatsminister BK 606 B Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . 606 C Dieter Schanz SPD 606 D Bernd Schmidbauer, Staatsminister BK 607 A Volker Neumann (Bramsche) SPD 607 B Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA 607 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 607 C Bernd Schmidbauer, Staatsminister BK 607 D Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA 608 A Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 608 B Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA 608 C Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 608 D Bernd Schmidbauer, Staatsminister BK 608 D Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 609 A Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA 609 B Bernd Schmidbauer, Staatsminister BK 609 B Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. 609 C Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA 609 C Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde — Drucksache 13/213 vom 13. Januar 1995 — Haltung der Bundesrepublik Deutschland beim Treffen der Internationalen Walfangkommission bezüglich der Festsetzung von Strafen für Verstöße gegen IWC-Beschlüsse, wie z. B. Fangobergrenzen und Moratorien MdlAnfr 1 Dietmar Schütz (Oldenburg) SPD Antw PStSekr Wolfgang Gröbl BML 610 C ZusFr Dietmar Schütz (Oldenburg) SPD 610 D Ablehnung der Finanzierung der Behandlung eines Kindes im Petö-Institut in Budapest durch die DAK MdlAnfr 2, 3 Dieter Grasedieck SPD Antw PStSekr'in Dr. Sabine Bergmann-Pohl BMG 611B, 611D ZusFr Dieter Grasedieck SPD 611 C, 612 A Belastungen der Gemeinden im Sozialbereich als Folge der finanziellen Kürzungen der Eingliederungshilfen für Spätaussiedler MdlAnfr 17 Peter Dreßen SPD Antw PStSekr Eduard Lintner BMI 612 B ZusFr Peter Dreßen SPD 612 C Aussagen von PStSekr Eduard Lintner (BMI) zum Flugzeugabsturz des ehemaligen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Dr. Uwe Barschel; Erkenntnisse der Nachrichtendienste über dessen Tod II Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1995 MdlAnfr 18, 19 Jürgen Koppelin F.D.P. Antw PStSekr Eduard Lintner BMI 613 A ZusFr Jürgen Koppelin F.D.P. 613 B Kosten durch die Rücknahmeabkommen für Asylbewerber mit verschiedenen Staaten MdlAnfr 20, 21 Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. Antw PStSekr Eduard Lintner BMI . 614 A, 614 D ZusFr Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. 614 B, 614 D Vernichtung von Akten zum Fall des ehemaligen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Dr. Uwe Barschel durch das Bundesamt für Verfassungsschutz; Erheblichkeit dieser Akten für eine Strafverfolgung MdlAnfr 22, 23 Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. Antw PStSekr Eduard Lintner BMI 615B ZusFr Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. 615B ZusFr Volker Neumann (Bramsche) SPD 616A Abbau des Technischen Hilfswerks im Zuge der Neustrukturierung des Zivil- und Katastrophenschutzes MdlAnfr 24 Horst Kubatschka SPD Antw PStSekr Eduard Lintner BMI 616 A ZusFr Horst Kubatschka SPD 616 B Weitere Rücknahme-Übereinkommen für Asylbewerber; Kosten MdlAnfr 25 Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD Antw PStSekr Eduard Lintner BMI 616 C ZusFr Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD 617 A Häufigkeit der Inanspruchnahme von Sozialhilfe durch Beamte zur Deckung häuslicher und stationärer Pflegekosten in der letzten statistisch erfaßten Jahresperiode; Höhe der Beihilfeleistungen für Bundesbeamte 1993 (insgesamt bzw. nur für Pflegeleistung) MdlAnfr 26, 27 Gerd Andres SPD Antw PStSekr Eduard Lintner BMI 617 B, 617 D ZusFr Gerd Andres SPD 617 C, 617 D ZusFr Rudolf Dreßler SPD 618 B Durchschnittliche finanzielle Belastung der Beamten durch die von ihnen abzuschließende Restkostenversicherung für nicht von der Beihilfe gedeckte Pflegekosten im Verhältnis zu den Beitragszahlungen der gesetzlich Pflegeversicherten MdlAnfr 28 Wolf-Michael Catenhusen SPD Antw PStSekr Eduard Lintner BMI 618 C ZusFr Wolf-Michael Catenhusen SPD 618 D ZusFr Rudolf Dreßler SPD 619 A ZusFr Dr. Peter Struck SPD 619 B Anpassung der Beihilfevorschriften an die Bestimmungen des Pflegeversicherungsgesetzes zum 1. 1. 1995; Dissens zwischen dem Bundesminister des Innern und dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung über die Anpassung des Beihilferechts an das Pflegeversicherungsgesetz MdlAnfr 29, 30 Rudolf Dreßler SPD Antw PStSekr Eduard Lintner BMI 619 C, 620 B ZusFr Rudolf Dreßler SPD 619 D, 620 B ZusFr Gerd Andres SPD 620 A ZusFr Hans-Eberhard Urbaniak SPD 620 D Stufenweise Anpassung der Beihilfevorschriften an das Pflegeversicherungsgesetz; Unterschiede bei der Absicherung der Pflegebedürftigkeit von Beamten und anderen Personen vor Einführung der Pflegeversicherung MdlAnfr 31, 32 Dr. Peter Struck SPD Antw PStSekr Eduard Lintner BMI 620 D, 621 A ZusFr Dr. Peter Struck SPD 621 D ZusFr Peter Dreßen SPD 622 A Ausgestaltung der finanziellen Aufwendungen für Berufspflegekräfte bei ambulanter Pflege in einem neuen Beihilferecht; feststellungsberechtigte Stelle für die Pflegebedürftigkeit von Beihilfeberechtigten (Med. Dienst der Krankenversicherung oder Amts- bzw. Vertrauensarzt) MdlAnfr 33, 34 Ottmar Schreiner SPD Antw PStSekr Eduard Lintner BMI 622 B ZusFr Ottmar Schreiner SPD 622 B Wolf-Michael Catenhusen SPD 622 D Aktuelle Stunde betr. Anpassung der Beihilfevorschriften an die Bestimmungen des Pflegeversicherungsgesetzes Rudolf Dreßler SPD 623 A, 634 A Erwin Marschewski SPD 624 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 624 D Dr. Max Stadler F.D.P. 625 C Petra Bläss PDS 626 B Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 627 B Ulrike Mascher SPD 628 A Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1995 III Karl-Josef Laumann CDU/CSU 628 D Karl-Hermann Haack (Extertal) SPD 629C Otto Regenspurger CDU/CSU 630 C Gerd Andres SPD 630 D Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 632 D Eduard Lintner CDU/CSU 634 C Volker Kauder CDU/CSU 634 D Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer 634 C Nächste Sitzung 635 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 636* A Anlage 2 Folgekosten für die Räumung und Rekultivierung der Bohrstelle beim Kontinentalen Tiefbohrprogramm in Windischeschenbach; forschungsorientierte Weiternutzung der Gebäude MdlAnfr 4 — Drs 13/213 — Simon Wittmann (Tännesberg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Bernd Neumann BMFT 636* C Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1995 605 11. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1995 Beginn: 13.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beucher, Friedhelm SPD 18. 01. 95 Julius Borchert, Jochen CDU/CSU 18. 01. 95 Braun (Auerbach), Rudolf CDU/CSU 18. 01. 95 Häfner, Gerald BÜNDNIS 18. 01. 95 90/DIE GRÜNEN Hilsberg, Stephan SPD 18. 01. 95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 18. 01. 95 Dr. Jacob, Willibald PDS 18. 01. 95 Kanther, Manfred CDU/CSU 18. 01. 95 Knoche, Monika BÜNDNIS 18. 01. 95 90/DIE GRÜNEN Dr. Köster-Loßack, BÜNDNIS 18. 01. 95 Angelika 90/DIE GRÜNEN Kraus, Rudolf CDU/CSU 18. 01. 95 Dr. Leonhard, Elke SPD 18. 01. 95 Dr. Maleuda, Günther PDS 18. 01. 95 Johannes Matthäus-Maier, Ingrid SPD 18. 01. 95 Neuhäuser, Rosel PDS 18. 01. 95 Dr. Protzner, Bernd R. CDU/CSU 18. 01. 95 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 18. 01. 95 90/DIE GRÜNEN Schumann, Ilse SPD 18. 01. 95 Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 18. 01. 95 Vergin, Siegfried SPD 18. 01. 95 Wallow, Hans SPD 18. 01. 95 Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Bernd Neumann auf die Frage des Abgeordneten Simon Wittmann (Tännesberg) (CDU/CSU) (Drucksache 13/213 Frage 4): In welcher Höhe entstehen im einzelnen beim Kontinentalen Tiefbohrprogramm in Windischeschenbach Folgekosten für die Räumung und Rekultivierung der Lokation, und sieht die Bundesregierung die Möglichkeit, diese Finanzmittel für eine forschungsorientierte Weiternutzung der Gebäude umzuwidmen? Nach Abschluß der operativen Phase des Kontinentalen Tiefbohrprogramms der Bundesrepublik Deutschland (KTB) sind insgesamt 9 Millionen DM für die Räumung und Rekultivierung der Bohrlokation im Haushalt des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) eingeplant. Für diese unabweisbar notwendigen Maßnahmen, die auch den Abriß der vorhandenen Gebäude Ende dieses Jahres einschließen, sind 1995 Mittel in Höhe von 2,5 Millionen DM notwendig. Die restlichen 6,5 Millionen DM werden nach Abschluß der Tiefenobservatoriumsphase im Jahr 2000 für die Endverfüllung der Bohrungen sowie den Abbau des Bohrgerüstes anfallen. Haushaltsmittel für die unabweisbaren KTB-Folgekosten sind zweckgebunden. Da das BMBF eine forschungsorientierte Weiternutzung der Gebäude für eigene Zwecke nicht beabsichtigt, wurden dementsprechend keine Mittel für die Folgejahre eingeplant. Sollte sich für die Weiternutzung der Gebäude ein neuer Träger finden, würden die für den Abriß der Gebäude eingestellten Mittel nicht für andere Zwecke zur Verfügung stehen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Max Stadler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Marschewski hat darauf hingewiesen, daß in dieser Legislaturperiode umfassende Reformen des öffentlichen Dienstrechts anstehen.
    Die allgemeine Diskussion hierüber wird in letzter Zeit aber zunehmend mit einem völlig unangebrachten beamtenkritischen bis beamtenfeindlichen Unterton geführt, so daß in der Beamtenschaft bereits eine erhebliche Verunsicherung eingetreten ist. Von diesem Unterton ist auch die heutige Debatte nicht frei.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. — Gerd Andres [SPD]: Der Beamtenkiller war das!)

    Meine Damen und Herren, wenn hier von angeblichen Vorteilen der Beamten im Bereich der Pflege gesprochen wird — wobei man bei manchen Beiträgen nicht ganz genau erkennen konnte, ob uns nun vorgeworfen wird, daß den Beamten Vorteile oder Nachteile erwachsen —, dann werden hier doch völlig unterschiedliche Sicherungssysteme verglichen. Dieser Vergleich führt zu unzutreffenden Schlußfolgerungen.
    Die F.D.P. will, daß auch die Beamten voll in das System der Absicherung gegen das Pflegerisiko eingebunden sind. Die Koalitionsvereinbarung vom 27. Mai 1993 hat deswegen vorgesehen, erstens die Beamten zum Abschluß einer privaten Pflegeversicherung zu verpflichten und zweitens die Leistungen der Beihilfe den Leistungen der Pflegeversicherung anzupassen. Beides ist geschehen. Die Beamtenschaft ist voll in die Finanzierung der Pflegeaufwendungen einbezogen.
    Es ist schon gesagt worden: Für den Bund betragen die Aufwendungen für Pflegeleistungen im Rahmen der Beihilfe 91 Millionen DM. Die Kompensation durch den Wegfall eines Feiertages hat für den Bund rechnerisch einen finanziellen Wert von 103 Millionen DM. Sie geht also sogar darüber hinaus.
    Die Beamten tragen die Aufwendungen für ihre Pflegeversicherung selbst. Sie müssen dabei — auch das ist schon erwähnt worden — vielfach höhere monatliche Prämien aufbringen als in der gesetzlichen Pflegeversicherung, weil die privaten Versicherungen das Prinzip der Familienversicherung nicht kennen, sondern jede Person des Familienverbandes einzeln zu versichern ist. So gesehen kann also von Vorteilen keine Rede sein.
    Die F.D.P. spricht sich nachhaltig dafür aus, daß auch in Zukunft die sogenannten Hospizkosten der stationären Pflege beihilfefähig bleiben. Seit langem verfügt das Beihilfewesen in Bund und Ländern über eine Absicherung der Beamtenschaft vor dem Pflege-



    Dr. Max Stadler
    risiko, die von verantwortlichen Sozialpolitikern des Deutschen Bundestages immer als vorbildlich bezeichnet worden ist. Dazu gehört die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung bis zum niedrigsten Satz in Anstalten und Heimen.
    Diese Regelungen basieren auf Strukturprinzipien des Lebenszeitbeamtenrechts, der Alimentationspflicht des Staates, ergänzt durch die Fürsorgepflicht.
    Meine Damen und Herren, Anpassung der Beihilfe an die Pflegeversicherung heißt für uns nicht wortwörtliche Übertragung, sondern systemkonforme Übertragung. Das ist der entscheidende Punkt.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Es kann daher nicht die Rede davon sein, daß der Innenminister seine Verpflichtungen nicht erfüllt hätte. Wir sehen Ihre diesbezüglichen Vorhaltungen als bloße Polemik an. Ich meine überhaupt: Wir sollten uns nicht an dem Versuch beteiligen, die Gesellschaft in Beamte und Nichtbeamte zu spalten.

    (Zuruf von der SPD: Das tun wir doch gar nicht! — Rudolf Dreßler [SPD]: Ihr wart ja schon immer dafür, mehr zu kriegen als andere!)

    In der Sache geht es darum, ob der Staat befugt ist, als Arbeitgeber seinen Beamten eine ihrem Dienstverhältnis entsprechende Absicherung gegen das Pflegerisiko zu gewähren. Keinem Arbeitgeber ist es verwehrt, seinem Arbeitnehmer mehr als den gesetzlichen Mindeststandard zuzubilligen und zusätzliche Leistungen zu zahlen.
    Wenn der Staat seinen Beamten besondere Pflichten abverlangt — wie jetzt bei der anstehenden Modernisierung des öffentlichen Dienstes —, muß er auch zur Gegenleistung bereit sein.

    (Gerd Andres [SPD]: Aha! Jetzt kommen wir der Sache näher!)

    Sie versuchen, durch Gleichmacherei die Grundsätze des Berufsbeamtentums auszuhöhlen und die Attraktivität des Beamtenstatus zu mindern. Dem werden wir uns widersetzen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU — Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wie heißt das Krokodil denn, das da gerade Tränen vergossen hat?)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Petra Bläss.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist schon jetzt klar, daß die Pflegeversicherung auch in dieser Legislaturperiode eine Art parlamentarischer Dauerbrenner sein wird. Die Tatsache, daß Beamte nicht in die gesetzlichen Pflegekassen zahlen müssen, ist für mich nur ein erstes, allerdings sehr symbolträchtiges Signal dafür.
    Wir haben uns als PDS in der vergangenen Legislaturperiode ganz explizit für eine Gleichbehandlung aller bei der Pflege eingesetzt. Unsere Forderung war, ein steuerfinanziertes Pflegeleistungsgesetz einzuführen. Ein Grundanliegen von uns bestand und besteht auch weiterhin darin, eine Gleichbehandlung in Sachen Pflege für alle Bürgerinnen und Bürger dieses Landes anzustreben.
    Mit der gegenwärtigen Gesetzeslage wird nicht nur gegen das ursprüngliche Anliegen der Pflegeversicherung, nämlich die Gleichbehandlung aller, verstoßen, sondern auch die Chance verpaßt, zum erstenmal die Beamten an der Solidargemeinschaft teilhaben zu lassen, was ja von Ihnen — auch in der Bundesregierung — immer wieder betont wird.
    Kanthers Beschluß reiht sich ein in die Kette der regelmäßig wiederkehrenden Äußerungen der Arbeitgeberseite, aber auch vieler Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsparteien, die alle in eine Richtung zielen, nämlich das Gesetz, das wir im übrigen damals abgelehnt haben, zu kippen. Wir wissen alle — insofern ist das heute für mich auch ein bißchen eine Ersatzdebatte —, daß die eigentliche Gretchenfrage nach wie vor die Streitfrage um die Kompensation der Kosten der Arbeitgeberseite ist. Schon allein dieser Begriff — Kompensation der Kosten der Arbeitgeberseite — deutet die soziale Schieflage in diesem Lande an.
    Nicht umsonst haben wir im Rahmen der Beratungen über die Pflegeversicherung davon gesprochen, daß dies ein sehr geschickt und getarnt vorgenommener Einstieg in den Ausstieg aus dem Sozialstaat ist.
    Die Pflegeversicherung, gerade in der Form, wie sie sich jetzt darstellt, ist für mich zuallererst eine Form des gegenwärtig groß angelegten gesellschaftlichen Strukturwandels — nicht nur in der Sozialpolitik — in Richtung Deregulierung und Privatisierung. Ich denke da vor allem an die vorgenommenen Eingriffe in die Tarifautonomie, an die leidige Diskussion über die Feiertagsregelung und an die Karenztage.
    Vonnöten ist meiner Meinung nach — insofern hoffe ich, daß die heutige Debatte Anlaß dazu ist —, die Gesamtdebatte auf die Leistungen zu orientieren, die diese Pflegeversicherung uns bietet. Ich möchte die wenigen Minuten Redezeit auch dazu nutzen, deutlich zu machen, wo ich — auch nach vielen Gesprächen mit den Betroffenen — Ansatzpunkte für Neuregelungen sehe. Im Moment sehe ich vor allem da eine Lücke, was die Ausführungsbestimmungen ganz konkret betrifft.
    Für problematisch halte ich den Ausgangspunkt, von dem aus gegenwärtig diskutiert wird. Ich bin der festen Überzeugung, daß wir ein anderes Bild der Selbstbestimmung behinderter Menschen bekommen müssen. Die gegenwärtigen Regelungen im Rahmen der Pflegeversicherung scheinen mir sehr einseitig auf ältere Menschen bezogen zu sein, die pflegebedürftig sind. Ich bin der Ansicht, daß wir einfach ein anderes Menschenbild einbringen müssen.

    (Julius Louven [CDU/CSU]: Zum Beispiel?)

    — Selbstbestimmtes Behindertenleben heißt z. B. auch, daß Behinderte — und das sind eben auch junge Menschen — einen Anspruch auf Pflegeleistungen im Sinne von Selbstbestimmung haben müßten, daß sie



    Petra Bläss
    selber entscheiden dürfen, was mit dem Geld, das sie bekommen, tatsächlich gemacht werden kann.

    (Julius Louven [CDU/CSU]: Können Sie doch! — Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Steht im Gesetz!)

    Da sind die Defizite ziemlich erheblich.
    Was die Ausführungsbestimmungen betrifft — darauf wurde auch in der Debatte schon verwiesen —, gibt es ja gegenwärtig Widersprüche hinsichtlich einiger Regelungen, die schon bekannt geworden sind. Ich denke z. B. an die Eingangsbedingungen bei der Pflegestufe I. Im Gesetz war folgende Regelung: eine Stunde Pflegebedürftigkeit bei häuslicher Pflege. Jetzt gibt es eine Richtlinie, die besagt: anderthalb Stunden Pflegebedürftigkeit.

    (Zuruf von der SPD: Genau!)

    Da, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, sollten Sie sich durchaus an Ihre eigenen ursprünglichen Beschlüsse halten.
    Ich komme zum Schluß. Ich möchte darum bitten, daß wir die Debatte über die Pflegeversicherung stärker aus der Sicht der unmittelbar Betroffenen führen. Ich glaube, die Defizite sind hier unheimlich groß.

    (Beifall bei der PDS und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)