Rede von
Erwin
Marschewski
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Einführung der Pflegeversicherung ist eine Jahrhundertreform. Dafür gebührt insbesondere dem Bundesarbeitsminister ganz herzlicher Dank.
Aber auch Sie von der SPD-Fraktion haben die Pflegeversicherung mitgetragen. Deswegen habe ich eine Frage an Sie: Wollen Sie wirklich durch diese Art von Debatte das großartige Werk Pflegeversicherung kaputtreden, oder wollen Sie Neid gegen gewisse Leute im Bereich des öffentlichen Dienstes schüren?
Ich sage Ihnen: Die Pflegeversicherung ist überhaupt kein Anlaß, über Beamte oder über Reformen im öffentlichen Dienst nachzudenken. Das werden wir, Herr Kollege Dreßler, an anderer Stelle tun.
Deswegen ein paar sachliche Informationen: Erstens. Beamte sind ebenso — das wissen Sie aber auch — wie andere Gruppen der Bevölkerung verpflichtet, eine Pflegeversicherung abzuschließen. Im Gegensatz zu den Arbeitnehmern werden sie nicht Mitglied der gesetzlichen Pflegeversicherung, sondern müssen eine private Pflegeversicherung abschließen.
Diese Pflegeversicherung ist keineswegs billiger, sondern sogar teurer als die gesetzliche Pflegeversicherung. Es ist Ihnen auch bekannt, daß diese Versicherung keine Familienversicherung ist. Nichterwerbstätige Ehepartner der Beamten müssen somit selbständig versichert werden.
Das kann durchaus dazu führen, daß die Beamten im öffentlichen Dienst, wenn es kleine Beamte sind, zeitweise doppelt so hoch belastet werden. Das kann doch nicht Ziel einer Reform sein.
Zweitens. Die Finanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung erfolgt ebenso wie bei anderen Zweigen der Sozialversicherung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte. Die Beihilfeleistungen sind also kein Beamtenprivileg, sondern der dem Beamten wie jedem anderen Arbeitnehmer zustehende Arbeitgeberanteil.
Drittens. Die Beamten tragen durch die Einführung der Pflegeversicherung die Lasten, die entstehen, genauso wie andere Bevölkerungsgruppen. Soweit
sie nicht vom Wegfall eines Feiertags betroffen sind, müssen sie entsprechende Besoldungskürzungen hinnehmen.
Viertens. Es trifft durchaus zu, daß gegenwärtig in begrenztem Umfang auch Kosten für Unterkunft und Verpflegung beihilfefähig sind, aber den betroffenen Beamten werden ihre Versorgungsbezüge auf derartige Beihilfen weitgehendst als Eigenleistung angerechnet. Deshalb werden in einer Vielzahl von Fällen de facto entsprechende Beihilfeleistungen überhaupt nicht erbracht.
Ich gehe davon aus — ich habe das auch bewiesen —: Es gibt keine Vorteile für die Beamten in diesem Bereich. Mit Ihrer Darstellung, Herr Dreßler, stellen Sie die Wirklichkeit buchstäblich auf den Kopf.
Warum haben 14 Bundesländer, 14 Innenminister der Bundesländer, in denen Sie die Mehrheit haben, diesem Vorschlag zugestimmt? Sie haben das akzeptiert, weil es in Ordnung ist, weil es kein ungerechter Vorteil für den öffentlichen Dienst ist, sondern in jeder Hinsicht systemimmanent ist.
Deswegen mein Appell: Kehren Sie auf den Boden der Tatsachen zurück! Lassen Sie, Herr Dreßler, von einer pauschalen Schelte am öffentlichen Dienst ab und arbeiten Sie mit uns gemeinsam an den Reformen im öffentlichen Dienst mit, die woanders notwendig sind!
Herzlichen Dank.