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ID1300601800

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    Plenarprotokoll 13/6 Deutscher Stenographischer Bericht 6. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. November 1994 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 157 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen (Drucksache 13/ 34) 157A Zusatztagesordnungspunkt 2: Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Einsetzung von Ausschüssen (Drucksache 13/35) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Petra Bläss, Manfred Müller, weiterer Abgeordneter und der PDS: Einsetzung von Ausschüssen (Drucksache 13/33) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einrichtung eines Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (Drucksache 13/ 36) 157B Tagesordnungspunkt: Regierungserklärung des Bundeskanzlers (Fortsetzung der Aussprache) Gerhard Schröder, Ministerpräsident (Niedersachsen) 157 D Michael Glos CDU/CSU 163B Margareta Wolf-Mayer BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 168C Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 170B Dr. Christa Luft PDS 176A Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 177D Rudolf Dreßler SPD 180C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 184A Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 186C Dr. Gisela Babel F D P. 188B Dr. Heidi Knake-Werner PDS 190 D Anke Fuchs (Köln) SPD 192B Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 193A, 195A, 219C Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . 193B, 195B Ernst Hinsken CDU/CSU 194B Dr. Günter Rexrodt F.D.P 196B Otto Schily SPD 197A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 197D Rudolf Dreßler SPD . . . 198C, 199A, 256B Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . 199C Jörg Tauss SPD 200D, 249B, 250A Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 201 D Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 203 A Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/ CSU 204 A Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 206A Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 208D Birgit Homburger F D P 210C Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/ CSU 212A II Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 6. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. November 1994 Jochen Borchert, Bundesminister BML . 213C Horst Sielaff SPD 215A Dr. Gerald Thalheim SPD 215D Egon Susset CDU/CSU 216C Dr. Christa Luft PDS 216D Namentliche Abstimmung 217 C Ergebnis 221 C Ulla Schmidt (Aachen) SPD 217D Waltraud Schoppe BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 218D Michael Glos CDU/CSU 221 A Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 224 A Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 226 C Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . . 228 D Christina Schenk PDS 231 C Maria Eichhorn CDU/CSU 233B Christel Hanewinckel SPD 234 D Walter Link (Diepholz) CDU/CSU . . 237 D Ortrun Schätzle CDU/CSU 238 D Ulla Schmidt (Aachen) SPD 240A Ilse Falk CDU/CSU . . . . . . . . . 241 A Klaus Kirschner SPD 243 A Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 246C Peter Dreßen SPD 247D Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 251A Dr. Dieter Thomae F D P. 252 C Klaus Kirschner SPD 253 C Dr. Ruth Fuchs PDS 254 A Wolfgang Friedrich Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU 255 A Dr. Ruth Fuchs PDS 255 B Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 256 A Nächste Sitzung 257 C Berichtigung 257 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 258* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christina Schenk (PDS) zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache 13/35: Einsetzung von Ausschüssen (Zusatztagesordnungspunkt 2) 258* B Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 6. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. November 1994 157 6. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. November 1994 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung Plenarprotokoll 13/5, Seite 149B, letzter Absatz: In der zweiten Zeile ist statt „ Verführer' " „Verschwörer" zu lesen. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beucher, Friedhelm SPD 24.11.94 Julius Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 24.11.94 Dr. Eid-Simon, Ursula BÜNDNIS 24.11.94 90/DIE GRÜNEN Graf (Friesoythe), Günter SPD 24.11.94 Frhr. von Hammerstein, CDU/CSU 24.11.94 Carl-Detlev Hasenfratz, Klaus SPD 24.11.94 Dr. Höll, Barbara PDS 24.11.94 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 24.11.94 Labsch, Werner SPD 24.11.94 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 24.11.94 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 24.11.94 Erich Meckel, Markus SPD 24.11.94 Neumann (Gotha), SPD 24.11.94 Gerhard Nickels, Christa BÜNDNIS 24.11.94 90/DIE GRÜNEN Saibold, Hannelore BÜNDNIS 24.11.94 90/DIE GRÜNEN Schumann, Ilse SPD 24.11.94 Vergin, Siegfried SPD 24.11.94 Volmer, Ludger BÜNDNIS 24.11.94 90/DIE GRÜNEN Vosen, Josef SPD 24.11.94 Wallow, Hans SPD 24.11.94 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 24.11.94 Wieczorek (Duisburg), SPD 24.11.94 Helmut Dr. Zöpel, Christoph SPD 24.11.94 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christina Schenk (PDS) zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache 13/35: Einsetzung von Ausschüssen (Zusatztagesordnungspunkt 2) Abg. Christina Schenk (PDS): Ich werde gegen den genannten Antrag stimmen, insbesondere weil ich mich gegen die Zusammenlegung der Ausschüsse Frauen und Jugend einerseits und Familie und Senioren andererseits aussprechen möchte. In der Praxis der Bundesrepublik Deutschland ist die Gleichstellung von Frau und Mann trotz der Verankerung des Gleichberechtigungsgrundsatzes im Grundgesetz noch immer nicht verwirklicht. Nach wie vor bestehen hinsichtlich der sozialen Stellung, in bezug auf die soziale Sicherung und hinsichtlich der Chancen von Frauen und Männern im Beruf, im politischen Leben, in Bildung und Ausbildung und in der Familie sowie hinsichtlich der Möglichkeit, zu selbstbestimmten Lebensentwürfen zu kommen und diese auch umzusetzen, gravierende Ungleichheiten. Eine wachsende Frauenerwerbslosigkeit in Ost und West, die deutliche Zunahme von Gewalttaten gegen Frauen und nicht zuletzt die Negierung des Rechts auf selbstbestimmte Schwangerschaft durch das Bundesverfassungsgericht zeigen sogar einen deutlichen Trend zur Verschlechterung der Lage der Frauen. Um die Selbstbestimmung und Gleichstellung der Frauen gegenüber den gefestigten patriarchalen Strukturen unserer Gesellschaft besser durchzusetzen, ist auf Bundesebene eine Politik erforderlich, die die Frage der Gleichstellung oder besser: Chancengleichheit von Frau und Mann in all en Politikfeldern behandelt. Eine solche Politik ist jedoch nur umsetzbar, wenn es in der Regierung und natürlich auch im Parlament eine strukturelle Grundlage dafür gibt. Daher fordert die PDS hier an dieser Stelle die Einsetzung eines Ausschusses des Bundestages für die Gleichstellung der Geschlechter. Dieser Ausschuß sollte, wie bereits angedeutet, im Querschnitt zu allen anderen Ausschüssen des Bundestages tätig werden und deshalb auch in die Arbeit aller anderen Ausschüsse einbezogen werden und in diesen Mitspracherecht haben. Die Einordnung der Gleichstellungsproblematik in die Fragen, die die Situation von Kindern, Jugendlichen und Senioren betreffen, wird weder ihrer Komplexität noch ihrem Umfang gerecht. Ich werde daher die vorgeschlagene Zusammenlegung der Ausschüsse ablehnen, und ich verbinde das mit der Bitte um Zustimmung zu unserem Antrag auf Einrichtung eines Ausschusses für Gleichstellungsfragen auf Drucksache 13/33.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Christa Luft


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung will laut Koalitionsvereinbarung und laut den Aussagen des Bundeskanzlers am Ziel festhalten, Vollbeschäftigung zu erreichen. Dies läßt erwartungsvoll aufhorchen, dies ist sehr bemerkenswert, haben doch bis vor kurzem nicht wenige Politiker Vollbeschäftigung als anachronistisch bezeichnet, sie als Relikt der Planwirtschaft verpönt.
    Wir tragen einen solchen Vollbeschäftigungsanspruch selbstverständlich mit. Er entspricht unseren Vorstellungen von einem zivilisierten Gemeinwesen, in dem alle Arbeitswilligen und alle Arbeitsfähigen die Möglichkeit haben, ihren Lebensunterhalt durch Erwerbsarbeit zu bestreiten und nicht von Alimenten leben müssen. Erwerbsarbeit ist die entscheidende Grundlage, damit der einzelne an Eigentumsbildung teilhaben kann, also an der Grundlage, auf der das marktwirtschaftliche System beruht.
    Wenn Sie nun aber, meine Damen und Herren von der Koalition, ehrlich am Erreichen des Vollbeschäftigungsziels arbeiten wollen, weshalb lehnen Sie dann die Aufnahme eines Rechts auf Arbeit als Staatsziel in die Verfassung ab?
    Während der gesamten Amtszeit dieser Koalitionsregierung war die Massenarbeitslosigkeit ein Alltagsproblem, eine Alltagserfahrung. Das Phänomen Massenarbeitslosigkeit können Sie jedenfalls nicht auf die deutsche Einheit und auf das Hinzukommen des maroden Ostens schieben, wie Sie das so gern bezeichnen.
    Womit gedenkt denn nun die neue/alte Regierungsmannschaft das deklarierte Vollbeschäftigungsziel anzusteuern? Die einzigen, die in Ihrer Beschäftigungspolitik wirklich ins Kraut schießen sollen, sind die privaten Haushalte, die Sie verstärkt für den regulären Arbeitsmarkt und für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gewinnen wollen. Also stellen Männer ihre eigenen Partnerinnen ein oder umgekehrt. Besserverdienende engagieren Dienstmädchen und nutzen die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten. Uns steht nicht der Ausbau einer Dienstleistungsgesellschaft ins Haus, die Herr Glos vorhin gefordert hat, sondern es erscheint der Ausbau einer Dienstbotengesellschaft am Horizont.

    (Beifall bei der PDS)

    Eine solche Gesellschaft frei von Tarifen, frei von gewerkschaftlicher Interessenvertretung und ohne Einfluß von Personal- oder Betriebsräten würde das Gesicht dieser Republik tatsächlich verändern, aber nicht das, was Sie uns ständig unterschieben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Heiße Luft!)

    Diese Dienstbotengesellschaft wird vorrangig weiblich, jugendlich und ostdeutsch sein. Das sind schöne
    Aussichten — ein weiterer Abbau von Sozialstandards, ganz auf die kalte Tour. Woher wollen Sie übrigens all die vielen zahlungsfähigen privaten Haushalte nehmen, die die Menschen einstellen sollen, die durch den entstehenden Kostendruck bei Privatisierung im Gesundheitswesen, bei Privatisierung von kommunalen Dienstleistungsunternehmen freigesetzt werden?
    Forschungsergebnisse sollen schneller in verkauf-bare Produkte umgesetzt werden, damit Güter und Leistungen verkauft werden können. Bravo, kann ich nur sagen. Aber haben Sie auch nur einen einzigen Gedanken darauf verwendet, wie viele Patente von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, von Forschern und Ingenieuren der früheren DDR bis heute ungenutzt brachliegen? Per 3. Oktober 1990 waren 138 000 Erfindungen aus Ostdeutschland beim Deutschen Patentamt angemeldet. Davon waren zu jenem Zeitpunkt zwei Drittel noch nicht in Produkte umgesetzt, Inzwischen werden monatlich 1 000 Patente gelöscht — künftig sollen es sogar 3 000 in jedem Monat sein —, weil sich die Autoren und Erfinder ihre Aufrechterhaltung finanziell nicht leisten können.
    Wer eigentlich kann es verantworten, daß wertvolle Ideen in einem solchen Ausmaß sehenden Auges versickern? Warum tun Sie nicht endlich etwas zur Rettung und Ausschöpfung dieses Kreativitätspotentials? Der Markt allein, Herr Rexrodt, wird es eben nicht richten. Warum haben Sie nicht längst eine Einkaufsoffensive Ost für diesen Bereich initiiert? Zum Schaden für den Wirtschaftsstandort Deutschland und für den Ausbau wertschöpfender Produktionen wäre das gewiß nicht. Gerade Umbruchprozesse, in denen sich Ostdeutschland gegenwärtig befindet, bedürfen eines Geburtshelfers, bedürfen eines Mitwirkens der öffentlichen Hand.
    Kein Wort findet sich in Ihrer Koalitionsvereinbarung dazu, wie Sie das arbeitsplatzschaffende Innovationsklima in Deutschland prinzipiell verbessern wollen. Sie sehen zu, wie große Konzerne weiter ihr Kapital in Finanzanlagen stecken und an der New Yorker Börse spekulieren, statt langfristige Innovationsrisiken zu wagen. Ohne das Finanzkapital zu entprivilegieren, wird es einen innovativen Nachfrageschub nicht geben können.
    Ein angemessenes Signal für eine wirksame arbeitsmarktpolitische Offensive könnten Sie angesichts dessen, daß auch der Sachverständigenrat für die nächste Zeit keine Entlastung auf dem Arbeitsmarkt angekündigt hat, setzen, indem Sie sich endlich zum Aufbau eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors bekennen. Soziale Dienste, Umweltschutz, Jugendarbeit, Stadt- sowie Landschaftsgestaltung und -sanierung könnten dafür Schwerpunkte sein. Das sind Bereiche, die nicht im internationalen Wettbewerb stehen.
    Ein solcher Sektor, gemischt finanziert aus Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit, aus Lohnkostenzuschüssen, Sachkostenzuschüssen und Selbstbeteiligung privater Unternehmen, kann von vornherein mit Merkmalen des ersten Arbeitsmarktes gestaltet werden, also mit tariflicher Entlohnung, ohne zeitliche Limitierung der Arbeitsverhältnisse à la ABM, mit Wettbewerb verschiedener Anbieter, mit individuel-



    Dr. Christa Luft
    len Initiativen und mit effizienter, unbürokratischer Organisation. Öffentliche Förderung, meine Damen und Herren, und unternehmerisches Engagement können doch verbunden werden, wenn wir alle uns von ideologischen Dogmen trennen.
    Die Förderung der Wirtschaft in den neuen Bundesländern soll fortentwickelt werden, der erfolgreich begonnene wirtschaftliche Aufbau fortgesetzt werden, ist eine These der Regierung. Was geht nun jemandem, der aus dem Osten kommt, durch den Kopf, wenn er solches hört? Es trifft zu: Wir haben inzwischen ein buntes, vielfältiges Warenangebot, wir haben neue Straßen, wir haben schönere Häuserfassaden, wir haben bessere Telefonnetze. Dies alles wird geschätzt, und das möchte auch niemand mehr missen. Aber das allein kann doch nicht für den wirtschaftlichen Aufschwung stehen!
    Herr Rexrodt, es nützt auch nichts, wenn Sie für den Osten beeindruckende Zuwachsraten nennen, ohne zu sagen, von welchem Ausgangsniveau das geschehen ist.

    (Beifall bei der PDS)

    Ich erinnere mich bei solchen Aussagen immer an einen Satz meines Statistikprofessors, der sagte: Im Durchschnitt war der Bach 80 cm tief, und trotzdem ist die Kuh ersoffen.
    Wir sind in Ostdeutschland Zeuge der größten Vernichtung von Industrie- und Forschungspotentialen, die es in Friedenszeiten und in so kurzer Zeit je gegeben hat. Meine Damen und Herren, das müssen wir doch festhalten. Ein selbsttragender Aufschwung ist nicht in Sicht. Nach wie vor fließen siebenmal mehr Güter und Leistungen aus den alten Bundesländern in die neuen Länder, als umgekehrt von Ost nach West gehen.
    In der Landwirtschaft sind 80 % der Arbeitsplätze abgebaut worden. In Mecklenburg-Vorpommern — um nur ein Beispiel zu sagen blieb von ehemals sechs Arbeitsplätzen auf dem Lande noch ein einziger übrig.

    (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

    Besonders die Frauen sind von dieser negativen Entwicklung betroffen.
    Sie versündigen sich, meine Damen und Herren, am west- wie am ostdeutschen Steuerzahler, wenn Sie die wahrlich beeindruckenden Finanztransfers nicht endlich in Beschäftigungswirkungen umsetzen.

    (Beifall bei der PDS)

    Dazu gehört erstens, die Qualifikationspotentiale im Osten für einen selbsttragenden Aufschwung nutzbar zu machen, zweitens, die traditionellen Beziehungen ostdeutscher Unternehmen mit mittelosteuropäischen Ländern wieder in Gang zu bringen. Das Instrument der Hermes-Bürgschaft, das auf den Osten ausgedehnt wurde, war natürlich unverzichtbar; aber es war unverantwortlich, daß nicht neue Instrumente, die für die Bewältigung dieses Umbruchprozesses im Außenhandel notwendig gewesen wären, genutzt worden sind.
    Ich erinnere daran, daß private Konsortien sich inzwischen mit einem Clearinghandel beschäftigen, was die Bundesregierung für ihre Ebene von Anfang an abgelehnt hat.
    Drittens ist ein Bekenntnis zur industriellen Wiederaufforstung der neuen Länder notwendig. Das ist die entscheidende Grundlage, um auch industriellen Mittelstand zu befördern. Herr Rexrodt, Sie haben hier wiederum beeindruckende Zahlen der entstandenen mittelständischen Firmen genannt, aber Sie dürfen den Bürgerinnen und Bürgern, die diese Debatte verfolgen, doch nicht verschweigen, was das für Firmen sind. Es sind doch im allergeringsten Maße Firmen aus dem industriellen Bereich. Es sind überwiegend Würstchenbuden, Versicherungsmakler, Erotikshops.

    (Beifall bei der PDS)

    Viertens geht es um die Ingangsetzung neuer Wirtschaftskreisläufe im ländlichen Raum und um die Gewährleistung der Chancengleichheit aller Formen landwirtschaftlicher Produzenten.
    Das ganze Deutschland — nicht nur Ostdeutschland — wird ärmer, wenn sein östlicher Teil lediglich als Altlast entsorgt wird, statt als ökonomisches Potential begriffen zu werden. Und das kann selbst ein schlanker Staat leisten, meine ich, dieses ökonomische Potential mit seinen vielen qualifizierten Menschen im Osten zu nutzen und die Weichen zu stellen, damit sie sich an der Zukunftsentwicklung in diesem Lande beteiligen können.
    Danke schön.

    (Beifall bei der PDS)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr. Paul Krüger.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Paul Krüger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer von uns hätte vor fünf Jahren gedacht, daß wir am Ende dieses Jahrhunderts die Chance haben werden, die Zukunft in Frieden, Freiheit und Freundschaft mit all unseren Nachbarn zu gestalten? Wer hätte noch vor einigen Jahren gedacht, daß wir den Kalten Krieg schnell und endgültig friedlich überwinden werden? Wer hätte es für möglich gehalten, daß im Deutschen Bundestag Debatten über die Entwicklung im wiedervereinigten Deutschland stattfinden, so, als ob die Teilung schon weit hinter uns läge?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dabei bleibt, meine Damen und Herren, bezüglich der Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen West und Ost in der Tat noch viel zu tun. Es ist gut, sich in diesem Zusammenhang gelegentlich zu vergegenwärtigen, wie es vor fünf Jahren im Ostteil Deutschlands aussah und welche Zustände zum Zusammenbruch des alten Systems führten. Meine Vorrednerin erinnert mich an diese Zustände.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Denken Sie, meine Damen und Herren, an verfallene Häuser, an bröckelnde Häuserfassaden, an menschenunwürdige Wohnungen dahinter! Denken Sie an schlechte und löchrige Straßen! Denken Sie an



    Dr.-Ing. Paul Krüger
    völlig unzureichende Telefonnetze, wobei — das haben wir täglich gespürt — die Gespräche ohnehin mitgehört werden konnten!
    Denken Sie an die maroden und nicht wettbewerbsfähigen Industriestrukturen! Sozialismus, meine Damen und Herren, heißt Vernichtung von Wirtschaft und Wirtschaftskraft.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Denken Sie dabei ganz besonders an das praktisch vollständige Vernichten eines Mittelstandes, der, soweit noch vorhanden, mit einem Steuerhöchstsatz — das sage ich allen Kollegen dieses Hauses — von 97 % belastet wurde!
    Denken Sie an eine an vielen Stellen zerstörte oder verseuchte oder vergiftete Umwelt!
    Denken Sie an die fehlende Freizügigkeit der Menschen, und denken Sie an die permanente staatliche Gängelung allenthalben! Denn wir wurden nicht in Ruhe gelassen.
    Denken Sie an die Präsenz des Staates durch die Stasi bis hinein in die intimsten Bereiche!
    Denken Sie an die willkürliche Beugung des Rechts durch die Schergen des Staates!
    Denken Sie nicht zuletzt an Menschen mit irreparablen Lebensperspektiven! Wir haben an diese Menschen zu denken.
    Es war und bleibt eine Aufgabe für Ost- und Westdeutsche, gemeinsam die Folgen der 40jährigen SED-Diktatur zu überwinden. Wir sollten dabei allerdings nicht zu schnell vergessen, wer für diesen Unrechtsstaat verantwortlich war und welche Errungenschaft Demokratie und Freiheit für die Menschen im Osten tatsächlich bedeuten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, denken Sie auch daran, wohin real existierender Sozialismus führt!
    Vieles ist in den letzten fünf Jahren seit dem Mauerfall erreicht worden. Es ist mir wichtig, an dieser Stelle all diejenigen hervorzuheben, die mit ihrem Engagement und ihrer Tatkraft dazu beigetragen haben, daß sich die Lebensverhältnisse in den neuen Bundesländern entscheidend verbessern konnten.
    Die Veränderung beginnt immer und begann auch vor fünf Jahren nicht mit Opposition. Sie begann bereits damals mit dem Anpacken der Probleme. Die Veränderung begann damit, daß viele, die vor der Wende der Politik aus guten Gründen fernstanden, bereit waren, auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene Verantwortung zu übernehmen und am Aufbau mitzuwirken. Dafür möchte ich allen Beteiligten auch von dieser Stelle ganz herzlich danken:

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    all denen, die damals die Ärmel hochgekrempelt haben, um den Wiederaufbau zu beginnen; all denen, die unternehmerische Initiative und Risikobereitschaft gezeigt und Arbeitsplätze im Osten geschaffen haben; all denen, die bereit waren, uneigennützige Hilfe zu leisten; und nicht zuletzt all denen, die durch Solidarbeiträge, auch durch Sozialversicherungsbeiträge, einen Finanztransfer von West nach Ost geleistet haben, der in der Geschichte — zumindest Deutschlands — einmalig ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Vollendung der Einheit ist eine Aufgabe, die die CDU/CSU, die Koalition und die von ihr getragene Regierung voll annehmen. „Aufbau Ost vor Ausbau West" — hinter diesem Schlagwort verbirgt sich doch die Erkenntnis, daß wir in den alten und den neuen Bundesländern fundamental unterschiedliche Lebensbedingungen hatten und trotz der bisherigen Aufbauleistung zum Teil noch haben.
    Die neuen Länder sind heute — auch dank der Anstrengung der Bundesregierung — die wirtschaftlich dynamischste Region Europas, die Wachstumsregion Europas. Die Einkommen der Beschäftigten und insbesondere der Rentner sind beträchtlich gestiegen. Der Arbeitsplatzabbau ist gestoppt, und die Beschäftigung beginnt wieder zuzunehmen. Doch von einer Angleichung der Lebensverhältnisse kann noch lange nicht die Rede sein. Dies müssen wir bei allem, was wir tun, klarmachen.
    Viele schwierige Aufgaben liegen vor uns. Hierbei ist es gut, die Sensibilität und die spezifischen Erfahrungen der Ostdeutschen zu nutzen, um die Lage in den neuen Bundesländern bei allen politischen Entscheidungen angemessen berücksichtigen zu können.
    Gleichzeitig geht es darum, den notwendigen Prozeß der schrittweisen Anpassung der Lebensbedingungen nicht einseitig zu vollziehen. Vielmehr sind Erkenntnisse und Erfahrungen der Menschen und des Aufbauprozesses im Osten in die Gestaltung unseres gemeinsamen Vaterlandes einzubeziehen.
    Dies haben wir in der vergangenen Legislaturperiode bereits mit Entscheidungen dieses Hauses wie dem Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz oder dem Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz erfolgreich praktiziert.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Bei der Privatisierung öffentlicher Aufgaben z. B. im Abwasserbereich sind die neuen Bundesländer mittlerweile Spitzenreiter.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Im Vergleich zu westlichen Bundesländern vorbildlich sind auch die Bildungssysteme, die von den CDU-geführten Landesregierungen in Mecklenburg-Vorpommern, in Thüringen, in Sachsen-Anhalt und auch in Sachsen eingebracht wurden, etwa hinsichtlich der Schuldauer, der Begabtenförderung und auch der Rechtsstellung von Schulen in freier Trägerschaft.

    (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Können Sie jetzt einmal klatschen, Herr Thierse? — Wolfgang Thierse [SPD]: Nein!)

    Meine Damen und Herren, es gibt — ich sprach gerade mit einem Kollegen darüber — hervorragende Erfahrungen bei der Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Investitionsprojekte werden in den neuen Bundesländern fast täglich mit einer Genehmi-



    Dr.-Ing. Paul Krüger
    gungspraxis beschleunigt realisiert, von der sich, mit Verlaub gesagt, die alten Bundesländer — das sage ich besonders in Richtung der Länderbank — eine große Scheibe abschneiden können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Bundesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen haben in der Koalitionsvereinbarung der Entwicklung in den neuen Ländern einen großen Raum gewidmet. Viele der dort genannten Schwerpunkte beziehen sich darauf, die Lebensverhältnisse der Menschen in den neuen Bundesländern nachhaltig zu verbessern und die deutsche Einheit zu vollenden. Dabei gehen wir von dem Grundsatz aus, daß eine gute und umweltverträgliche Wirtschaftspolitik die beste Voraussetzung für eine gute Sozialpolitik ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Notwendige Bedingung dafür ist der weitere Ausbau einer wirtschaftsfreundlichen Infrastruktur. Wir benötigen darüber hinaus die Entwicklung und Markteinführung innovativer Produkte und Dienstleistungen — von Innovationen, wie wir sie heute nennen. Wir brauchen noch mehr unternehmerische Initiativen, und wir brauchen mehr staatliche und vor allem privatwirtschaftliche Investitionen in den neuen Bundesländern.
    Ich darf an dieser Stelle daran erinnern, daß die Investitionen in den letzten Jahren eine Erfolgsstory waren. Ich darf auch daran erinnern, daß wir allein im staatlichen Bereich 350 Milliarden DM für Infrastrukturmaßnahmen eingesetzt haben und daß wir im privaten Sektor 500 Milliarden DM für Investitionen in den neuen Bundesländern mobilisieren konnten. Ich meine, das ist eine beispiellose Bilanz. Schlagworte hierbei sind: Infrastruktur, Innovation, Initiative und Investition — wir nennen das manchmal spaßeshalber die vier I —, die ganz wichtig für die Entwicklung im wirtschaftlichen Sektor sind.
    Hier ist wirklich viel erreicht worden. Ich spreche auch von dem Neu- und Ausbau von 7 000 km Straßen und 3 000 km Schienen, umfangreichen Ausbaumaßnahmen im Bereich der Häfen und der Flugplätze. Man könnte diese Erfolgsstory beliebig fortsetzen.
    Ich sage mit allem Nachdruck: Diese Entwicklung in den neuen Bundesländern gilt es weiterhin erfolgreich fortzusetzen. Deshalb begrüße ich es, daß die Koalitionsvereinbarung auf breitem Raum festhält, was wir in den nächsten vier Jahren fortführen und weiter verstärken wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Vollendung der Verkehrsprojekte deutsche Einheit bleibt eine erstrangige Aufgabe. Ich nenne hier beispielhaft die für die Erschließung des Nordens ganz entscheidende Küstenautobahn A 20. Ich nenne außerdem die von der Basis gegen die Pläne einer rot-grünen Landesregierung durchgesetzte SüdharzAutobahn.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich nenne natürlich auch den Transrapid, dessen Bau
    nicht nur modernste umweltfreundliche Technik in
    die neuen Bundesländer bringt, sondern auch Tausende von Arbeitsplätzen im produzierenden Bereich entstehen lassen wird.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Die Mittelstandsförderung als wichtigste Komponente des Wirtschaftsaufbaus in den neuen Bundesländern wird fortgesetzt. Wichtigster Schwerpunkt dabei bleibt die Verbesserung der Eigenkapitalsituation der Unternehmen in den neuen Ländern, z. B. als notwendige Voraussetzung für Innovationen.
    Ich darf Sie daran erinnern, daß wir dieses Problem wirklich ganz ernst nehmen müssen. Wir hatten in den neuen Bundesländern nicht die Voraussetzung der Vermögensbildung, und wir haben immer noch nicht die Einkommensbasen, wie sie in den alten Ländern vorhanden sind. Das Eigenkapitalhilfeprogramm in den neuen Bundesländern wird deshalb zunächst bis 1998 fortgeführt. Ich halte die Verbesserung des Risikokapitalmarktes auch durch Schaffung staatlicher Ausfallbürgschaften in den neuen Bundesländern für besonders wichtig.
    Im Zuge der Deregulierungsoffensive sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren weiterhin vereinfacht und beschleunigt werden. Zudem sollen Initiativen für mehr Existenzgründungen forciert werden. Auch hier haben wir noch Defizite.
    Gerade im Osten kommen wir nicht umhin, auf neue Produkte und Technologien zu setzen. Deshalb werden wir die kontinuierliche Förderung der Industrieforschung in den neuen Bundesländern verstärkt fortsetzen.
    Ich möchte die Gelegenheit nutzen, von dieser Stelle aus den Appell an die Industrie der alten Bundesländer zu richten wie ich es schon häufig getan habe —, die Möglichkeiten, die Potenzen, die bei den Forschern in den neuen Bundesländern, in den Entwicklungsabteilungen von ForschungsGmbHs und vielen anderen Forschungsinstituten liegen, stärker in Kooperation zu nutzen, d. h. auch zu ihrem eigenen Vorteil.
    All diese Maßnahmen, die ich hier nannte, zur Förderung der Infrastruktur, zur Förderung der Innovation, zur Ankurbelung privater Initiativen und zur Verstärkung privater Investitionen haben letztlich mehr Arbeitsplätze zur Folge. Dies gilt insbesondere für das produzierende Gewerbe und in immer stärkerem Maße auch für den Bereich der Dienstleistungen und des Umweltschutzes.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, gelegentlich wird, auch von Kollegen aus dem Westteil Deutschlands, die Behauptung geäußert, die Menschen in den neuen Bundesländern seien unzufrieden. Ich glaube, daß die Menschen in den neuen Ländern nicht unzufrieden sind. Ich glaube, sie sind eher gelegentlich verunsichert. Wir müssen dafür Verständnis aufbringen.
    Sie sind verunsichert bezüglich des möglichen Verlustes ihrer Arbeitsplätze. Sie sind verunsichert bezüglich einer für sie ungewohnten Kriminalität — die es sicher auch früher gab, aber die heute offener berichtet wird. Sie sind auch bezüglich steigender Mieten verunsichert. Die Mieten müssen aber einfach notwendigerweise steigen, will man im Wohnbereich



    Dr.-Ing. Paul Krüger
    etwas verändern. Letztlich sind sie bezüglich vieler ungewohnter, sich ständig verändernder Bedingungen verunsichert, mit denen sie fertigwerden müssen.
    Ich finde es unerträglich, wenn Politiker bestimmter Parteien diese Menschen weiter verunsichern und ihnen Angst einjagen. Ich halte das für eine schlimme Sache.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wenngleich es in einer freiheitlichen Demokratie keine absolute Sicherheit geben kann, ist es doch besonders wichtig, die Unsicherheitspotentiale unter den noch instabilen Bedingungen der neuen Bundesländer weiter abzubauen.
    Neben der Stärkung der Wirtschaftskraft, über die ich soeben sprach, gilt es, die bereits laufenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen im notwendigen Umfang fortzuführen. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sind hierbei besonders für ältere Arbeitnehmer anzuwenden. Die Gewährleistung der inneren Sicherheit, die Bekämpfung der Kriminalität und der Schutz der Bürger bei Achtung ihrer Grund- und Freiheitsrechte sind deshalb insbesondere in den neuen Bundesländern politische Schwerpunktaufgaben.
    Die notwendige schrittweise Anpassung der Mieten ist unter Berücksichtigung der Einkommensentwicklung sozialverträglich zu gestalten. Vor allem das Defizit an Wohneigentum ist durch eine Verbesserung der Förderung der Bildung von Wohneigentum, insbesondere durch eine verstärkte Förderung des Eigenheimbaus, abzubauen. Neben der steuerlichen Wohneigentumsförderung und einer verstärkten Bausparförderung soll vor allem mit der geplanten Kostensenkungs- und Wohnbaulandinitiative ein ganz wesentlicher Impuls gegeben werden. Dabei sollen insbesondere Familien mit Kindern begünstigt werden, was ich für völlig richtig halte. Ich weiß, daß das die Zustimmung dieses Hauses, insbesondere meiner Fraktion, findet.
    Meine Damen und Herren, das Spektrum der besonderen Bedingungen in den neuen Bundesländern und der sich daraus ableitenden Notwendigkeit spezieller Maßnahmen ist enorm umfangreich und reicht von der verstärkten Förderung von Großgeräten der Grundlagenforschung bis hin zur Bundesbeteiligung an Kultureinrichtungen der neuen Bundesländer, wie das in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben ist.
    Ich glaube deshalb, daß mit der vorliegenden Koalitionsvereinbarung ganz wesentliche Schwerpunkte für den Aufbau im Ostteil Deutschlands und für die Vollendung der deutschen Einheit gesetzt werden. Auf dieser Basis bleibt die Lösung der vorhandenen Probleme allerdings eine langfristige Aufgabe für uns und für alle Menschen in Deutschland.
    Dabei bedarf nicht nur die Annäherung der Menschen in Ost und West, sondern die menschliche Dimension dieser Aufgabe überhaupt unserer besonderen Aufmerksamkeit. Wir haben dabei besonders darauf zu achten, daß die Menschen in Ost und West trotz unterschiedlicher Entwicklungen, trotz unterschiedlicher Qualifikationen, trotz unterschiedlicher Vermögens- und Einkommensverhältnisse, trotz unterschiedlicher Erfahrungen, trotz unterschiedlicher Biographien — kurz gesagt: trotz einer unterschiedlichen Vergangenheit — gleiche Chancen für die Zukunft bekommen. Das, meine Damen und Herren, ist ein ganz dringlicher Appell, den ich an Sie richten möchte.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Damit ist die Vollendung der inneren Einheit Deutschlands nicht nur eine historische Aufgabe, sondern sie ist auch eine historische Chance für uns Deutsche.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Lassen Sie uns diese Chance weiterhin nutzen! Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)