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    Plenarprotokoll 12/242 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 242. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 7. September 1994 Inhalt: Erinnerung an die erste Sitzung des Deutschen Bundestages 21409A Begrüßung der Präsidentin des Südtiroler Landtages, Frau Dr. Kasslatter-Mur, und ihrer Delegation 21409B Erweiterung der Tagesordnung 21486B Tagesordnungspunkt 2: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1995 (Haushaltsgesetz 1995) (Drucksache 12/8000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1994 bis 1998 (Drucksache 12/8001) Hans-Ulrich Klose SPD 21409 D Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . 21417 D Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. 21422 C Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . . 21426A Joseph Fischer, Staatsminister (Hessen) . 21429C Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . . 21434 B Rudolf Scharping, Ministerpräsident (Rheinland-Pfalz) 21442C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . 21450D Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . . 21460 A Renate Schmidt (Nürnberg) SPD . . . . 21465A Michael Glos CDU/CSU 21465A Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU . . . . 21466A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 21470A Wolfgang Mischnick F.D.P. . . . . . . . 21471 D Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . . 21473 C Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21475B Dr. Bernhard Vogel, Ministerpräsident (Thüringen) 21477 A Brigitte Schulte (Hameln) SPD . . . 21478B Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 21480D, 21524B Ingrid Matthäus-Maier SPD 21481 D, 21489C, 21512 D Dr. Eberhard Brecht SPD 21482B Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 21483 C Dr. Rudolf Karl Krause (Bonese) fraktionslos 21485A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 21487 A Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste . . . 21488C Ottmar Schreiner SPD 21491 D Julius Louven CDU/CSU . . . . . . 21492 C Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU . . . 21493 A Hans-Gerd Strube CDU/CSU 21495B Dr. Bruno Menzel F D P 21497 B Petra Bläss PDS/Linke Liste 21499B Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21500 D Heinz-Adolf Hörsken CDU/CSU . . . 21502D Günther Heyenn SPD 21505 C Dieter-Julius Cronenberg (Arnsberg) F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 21507 A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1994 Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 21510B Klaus Riegert CDU/CSU 21514A Ingrid Matthäus-Maier SPD 21514 D Dr. Christine Bergmann, Senatorin (Berlin) 21515A Anke Fuchs (Köln) SPD . . . 21519B, 21524A Dr. Bruno Menzel F D P 21522C Hannelore Rönsch , (Wiesbaden) CDU/ CSU 21523D Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste . . 21526B Christina Schenk fraktionslos 21528B Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 21529B Dr. Peter Struck (zur GO) . . . 21530C, 21531D Joachim Hörster CDU/CSU (zur GO) . . 21530D, 21532 A Dr. Bruno Menzel F.D.P. (zur GO) . . . . 21531B Zusatztagesordnungspunkt 15: a) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wohngeldsondergesetzes und des Wohngeldgesetzes (Drucksachen 12/8408, 12/8454, 12/8457) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Behandlung von Lebensmitteln mit ionisierenden Strahlen (Drucksachen 12/7574, 12/8439) Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste (Erklärung nach § 31 GO) 21486 C Nächste Sitzung 21532 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 21533* C Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 2 (Haushaltsgesetz 1995) Volker Rühe, Bundesminister BMVg . . . 21533* C Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 21535* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 21537* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1994 21409 242. Sitzung Bonn, den 7. September 1994 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adam, Ulrich CDU/CSU 7. 9. 94 Augustin, Anneliese CDU/CSU 7. 9. 94 Dr. Blank, CDU/CSU 7. 9. 94 Joseph-Theodor Böhm (Melsungen), CDU/CSU 7. 9. 94 Wilfried Erler (Waldbrunn), CDU/CSU 7. 9. 94 Wolfgang Francke (Hamburg), CDU/CSU 7. 9. 94 Klaus Dr. Holtz, Uwe SPD 7. 9. 94 * Dr. Hornhues, Karl-Heinz CDU/CSU 7. 9. 94 Dr. Hoth, Sigrid F.D.P. 7. 9. 94 Huonker, Gunter SPD 7. 9. 94 Jelpke, Ulla PDS/Linke 7. 9. 94 Liste Kittelmann, Peter CDU/CSU 7. 9. 94 * Koppelin, Jürgen F.D.P. 7. 9. 94 Koschnick, Hans SPD 7. 9. 94 Kretkowski, Volkmar SPD 7. 9. 94 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 7. 9. 94 Dr. Kübler, Klaus SPD 7. 9. 94 Lehne, Klaus-Heiner CDU/CSU 7. 9. 94 Lowack, Ort-win fraktionslos 7. 9. 94 Dr. Matterne, Dietmar SPD 7. 9. 94 Meckel, Markus SPD 7. 9. 94 Dr. Meyer zu Bentrup, CDU/CSU 7. 9. 94 * Reinhard Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 7. 9. 94 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 7. 9. 94 * Müller (Wadern), CDU/CSU 7. 9. 94 Hans-Werner Müller (Zittau), Christian SPD 7. 9. 94 Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 7. 9. 94 Priebus, Rosemarie CDU/CSU 7. 9. 94 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 7. 9. 94 * Reschke, Otto SPD 7. 9. 94 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 7. 9. 94 Ingrid Schmidt (Aachen), Ursula SPD 7. 9. 94 Schmidt (Spiesen), Trudi CDU/CSU 7. 9. 94 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 7. 9. 94 Hans Peter Schwanitz, Rolf SPD 7. 9. 94 Seibel, Wilfried CDU/CSU 7. 9. 94 Dr. Soell, Hartmut SPD 7. 9. 94 * Dr. von Teichman, F.D.P. 7. 9. 94 * Cornelia Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 7. 9. 94 Dr. Ullmann, Wolfgang BÜNDNIS 7. 9. 94 90/DIE GRÜNEN Vergin, Siegfried SPD 7. 9. 94 Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 7. 9. 94 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Vosen, Josef SPD 7. 9. 94 Welt, Jochen SPD 7. 9. 94 Wolfgramm (Göttingen), F.D.P. 7. 9. 94 Torsten * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 2 (Haushaltsgesetz 1995) Volker Rühe, Bundesminister der Verteidigung: Der Verteidigungshaushalt 1995 und der 28. Finanzplan sind eine Trendwende für die Bundeswehr. Nach der Reduzierung der Verteidigungsausgaben um fünf Milliarden DM in den letzten Jahren steigt er erstmals wieder an. Mit 47,9 Milliarden DM und der Verstetigung in den nächsten Jahren haben wir eine wichtige Stabilisierung erreicht. Ab 1998 soll der Verteidigungsetat auf 48,4 Milliarden DM ansteigen. Damit hat die Bundeswehr eine klare finanzielle Perspektive und eine solide Grundlage für ihre künftige Entwicklung. Unser Haushaltsansatz und die Anstrengungen der Bundeswehr, zu sparen, umzuschichten und zu rationalisieren, schaffen vor allem auch den Spielraum für die dringend notwendigen Investitionen. Wir steigern den auf fast 20 Prozent abgesunkenen investiven Anteil in den nächsten Jahren auf 25 bis 30 Prozent. So können wir die Bundeswehr auf ihre neuen Aufgaben ausrichten, die Soldaten gut ausbilden und modern ausrüsten. Trotz der schwierigen Phase des Umbruchs und der Neuorientierung hat die Bundeswehr bei der Vollendung der innern Einheit Deutschlands eine Vorreiterrolle übernommen. Die Integration der ehemaligen Soldaten der NVA und der Aufbau der Armee der Einheit ist eine der ganz großen menschlichen und organisatorischen Leistungen der Bundeswehr. Seit vier Jahren kommen in der Bundeswehr junge Menschen aus Ost- und Westdeutschland zusammen und dienen unter gleichen Bedingungen einem gemeinsamen Ziel. Mehr als 155 000 Wehrpflichtige aus dem Osten Deutschlands haben bisher in der Bundeswehr gedient. Die allgemeine Wehrpflicht hat damit zusätzliche Bedeutung gewonnen: Die Bürger Ostdeutschlands erleben die Armee in der Demokratie und haben persönlich an ihr teil. Der Aufbau der Infrastruktur im Osten behält Vorrang. Im Jahre 1995 werden wieder über 1 Milliarde DM für die Modernisierung von Kasernen und Unterkünften in den neuen Bundesländern ausgegeben; wir fördern den Wohnungsbau erneut mit 100 Millionen DM. Trotz knapper Kassen werden zahlreiche Dienststellen in die neuen Bundesländer verlegt, auch dann, wenn dies militärisch nicht zwingend 21534* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1994 notwendig ist. Aber es ist notwendig für die Einheit, und daher machen wir es. Noch in diesem Monat wird die Schnellbootflottille von Flensburg nach Warnemünde verlegt. Das Militärgeschichtliche Forschungsamt nimmt seine Arbeit in Potsdam auf. Im Oktober wird das Jagdgeschwader 73 der Luftwaffe nach Laage in Mecklenburg-Vorpommern verlegt; dort werden dann MiG-29- und Phantom-Jagdflugzeuge in einem Verband zusammengeführt. Damit die Heeresoffizierschule in Dresden pünktlich 1998 ihren Lehrbetrieb aufnehmen kann, beginnen wir mit diesem Vorhaben noch in diesem Jahr. Die Marinetechnikschule in Stralsund, für die ich vor kurzem den Grundstein gelegt habe, ist für unsere Marine ein bedeutendes Projekt. Denn damit werden acht Schulen im Westen zu einer einzigen im Osten zusammengefaßt. Wir werden in den neuen Ländern viele zentrale Einrichtungen haben, die es nur einmal in Deutschland gibt. Es ist meine feste Überzeugung, daß nur so alle das ganze Deutschland wirklich kennenlernen und die Einheit in den Köpfen und Herzen weiter wächst. Dabei gilt aber auch, daß die Deutschen in Ost und West die unvermeidbaren Belastungen gemeinsam tragen. Die Bundeswehr ist nicht nur ein Wirtschaftsfaktor, sie muß auch üben können. Wir streben eine gerechte Verteilung der Lasten an. Und deshalb ist es unverantwortlich, wenn Ministerpräsident Scharping in dieser oder jener Region den Eindruck erweckt, gerade hier sei ein Übungsplatz oder militärischer Tiefflug nicht notwendig. Als große demokratische Nation müssen wir auch Verantwortung in der Gemeinschaft der Völker übernehmen. Frieden und Freiheit zum Nulltarif gibt es weder heute noch in der Zukunft. Wir brauchen Partner und Freunde, und wir selbst müssen verläßliche und solidarische Partner sein. Morgen verabschieden wir unsere alliierten Freunde aus Berlin. Mehr als vier Jahrzehnte haben sie mit uns zusammen die Last für die Freiheit und Sicherheit der freien Welt getragen, allen voran die amerikanischen, französischen und britischen Truppen in Berlin. Unsere Verbündeten standen mit dem Wertvollsten für unsere Freiheit ein, was eine Nation besitzt — mit ihren Menschen. Millionen verbündeter Soldaten und ihre Familien haben allein in Deutschland Frieden und Freiheit erhalten. Sie haben die deutsche Einheit möglich gemacht. Das werden wir ihnen nie vergessen. Wer selbst dauerhaften Frieden will, muß aktiv dazu beitragen, daß andere in Frieden leben können. So wie unsere Partner uns in den vergangenen Jahrzehnten unterstützt haben, müssen wir uns nun am internationalen Krisenmanagement der Vereinten Nationen, der NATO und der Westeuropäischen Union angemessen beteiligen. Mit den erfolgreichen internationalen Einsätzen in Kambodscha, in Somalia, in Sarajewo hat die Bundeswehr Flagge gezeigt für die Menschlichkeit — Einsätze, die von der großen Mehrheit unserer Bevölkerung unterstützt werden. Unsere Soldaten haben nicht nur hohes militärisches Können, sondern auch großes Einfühlungsvermögen und Hilfsbereitschaft bewiesen. Sie haben tagtäglich Menschen aus Not und Elend geholfen und gezeigt: Die Völkergemeinschaft und vor allem unsere Bündnispartner können sich auf das vereinte Deutschland verlassen. Das Urteil von Karlsruhe hat Klarheit geschaffen — zuallererst für unsere Soldaten. Das Bundesverfassungsgericht hat in allen drei Fällen des Bundeswehreinsatzes im Ausland, Somalia, AWACS und Adria, die Rechtmäßigkeit unseres Handelns festgestellt. Damit ist klar: Kein Soldat mußte je eine Aufgabe erfüllen, die gegen unsere Verfassung verstoßen hätte. Unser ganzes Land ist Gewinner dieser Entscheidung. Deutschlands Glaubwürdigkeit im Nordatlantischen Bündnis und in den Vereinten Nationen ist gewachsen. Deutschland ist jetzt politisch voll handlungsfähig. Besonders wichtig ist, daß wir nun dieselben Aufträge ausführen können wie unsere Bündnispartner. Es gibt keine Sonderrolle mehr für Deutschland. Für unsere Soldaten in der Adria und in der AWACS-Flotte der NATO zur Überwachung des Flugverbots über Bosnien gelten jetzt die gleichen Einsatzregeln wie für ihre NATO-Kameraden. Dies alles hat nichts mit militärischen Planspielen zu tun. Es geht um zutiefst politische Fragen: um unsere Bündnis- und Europafähigkeit. Und es geht darum, daß wir Deutsche die Solidarität zurückgeben können, die wir 40 Jahre lang von unseren Bündnispartnern erhalten haben und der wir Freiheit und Einheit unseres Vaterlandes verdanken. Das Karlsruher Urteil ist kein Marschbefehl für weltweite Einsätze. Für den Einsatz der Bundeswehr gibt es keinerlei Automatismus. In jedem Einzelfall wird über eine Beteiligung Deutschlands unter Abwägung unserer Wertmaßstäbe, unserer Sicherheitsinteressen, der Risiken für die Soldaten und unserer historischen Verantwortung sorgfältig neu zu entscheiden sein. Unsere Hauptverantwortung liegt in Europa und seinem näheren Umfeld. Ein Mandat der Vereinten Nationen ist für jeden Auslandseinsatz unabdingbare Voraussetzung. Wir wollen auch nie allein, sondern immer gemeinsam mit Verbündeten und Partnern handeln. Vorige Woche haben wir die letzten russischen Soldaten aus Deutschland verabschiedet. Das war ein ergreifendes Ereignis — das eigentliche Ende der Nachkriegszeit. Wer erlebt hat, welche Sympathie die russischen Soldaten für unser Land empfinden und welches Vertrauen sie in uns setzen, der weiß: Sie sind nicht mehr die sowjetische Besatzungsmacht von gestern. Die Russen gingen als Partner und Freunde. Sie haben mit großer Disziplin und mit anerkennungswerter Haltung unser Land verlassen. Der Abzug war eine logistische, organisatorische und menschliche Meisterleistung. Der Abschied in Würde war für uns kein politisches Lippenbekenntnis, sondern tägliche Praxis. Mit ihm hat eine neue Phase vertrauensvoller Beziehungen zwischen den russischen und deutschen Streitkräften begonnen, die wir gemeinsam mit unseren Verbündeten in den nächsten Jahren mit Leben füllen. Die Bundeswehr fördert die Zusammenarbeit mit vielen Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1994 21535 * Übungsvorhaben. Dazu gehört die deutsch-russische Marineübung im Juni 1994 ebenso wie die mit dem russischen Verteidigungsminister verabredeten Heeresübungen 1995 in Rußland und 1996 in Deutschland. Die Bundeswehr hat auch eine wichtige Schrittmacherrolle, Polen, Ungarn und die anderen östlichen Nachbarstaaten an die westlichen Institutionen heranzuführen. Nächste Woche sind Soldaten der Bundeswehr erstmals zu einer internationalen Übung in Polen. Dabei werden mein polnischer Kollege und ich die ersten Patenschaften zwischen Verbänden der deutschen Division aus Neubrandenburg und der polnischen Division aus Stettin begründen. Nach allem, was vor 50 Jahren deutsche Truppen Polen an Leid zugefügt haben, ist es von besonderem Wert für die Versöhnung der Völker, daß gerade deutsche und polnische Soldaten heute so eng und kameradschaftlich zusammenarbeiten. Insgesamt haben wir mit Polen ein Kooperationsprogramm, das dichter ist als mit allen anderen östlichen Nachbarstaaten. Allein für das Jahr 1995 sind 70 Vorhaben geplant — vor allem auf den Feldern Ausbildung und Übungen. Für mich sind weder die Europäische Union noch die WEU noch die NATO ohne Polen denkbar. Nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes geht es heute darum, die Bundeswehr auf die neuen Herausforderungen einzustellen. Die Koalition hat sich auf die Eckwerte für eine neue Bundeswehrstruktur geeinigt: Erstens. Der Friedensumfang der Bundeswehr wird künftig in einer Größenordnung von 340 000 Soldaten liegen — davon 50 000 Mann in den Krisenreaktionskräften. Die Strukturen der Streitkräfte ermöglichen es, in Krisen die international vereinbarte Höchstgrenze von 370 000 einzunehmen, beispielsweise durch Aufruf der Verfügungsbereitschaft und zusätzliche Wehrübungen, ohne damit die Rüstungskontrollbeschränkungen zu verletzen. Zweitens. Die Wehrpflicht bleibt als legitimes Kind der Demokratie Wesensmerkmal unserer Streitkräfte. Die unterschiedlichen Aufträge der Hauptverteidigungskräfte und der militärischen Grundorganisation einerseits sowie der Krisenreaktionskräfte andererseits erlauben allerdings, die Ausgestaltung der Wehrpflicht flexibel zu handhaben. Jeder Wehrpflichtige muß mindestens zehn Monate dienen — daran schließt sich eine Verfügungsbereitschaft von zwei Monaten an. In den Krisenreaktionskräften dienen Wehrpflichtige, die freiwillig mindestens zwölf Monate Dienst leisten. Drittens. Um den jungen Männern zusätzliche Flexibilität für ihre Lebensplanung zu geben, bieten wir ihnen an, freiwillig bei höherem Wehrsold länger zu dienen. Damit ergibt sich eine Spanne der Wehrdienstdauer zwischen mindestens 10 und maximal 23 Monaten. Viertens. Als Konsequenz der Verringerung des militärischen Personals kann auch der Umfang des Zivilpersonals entsprechend zurückgeführt werden —entgegen der bisherigen Zielgröße von 151 300 im Jahre 2000 auf unter 140 000 in der neuen Zielstruktur. Ich habe den Generalinspekteur der Bundeswehr beauftragt, diese Eckwerte in eine detaillierte Planung umzusetzen. Erste Grobplanungen werden mir im November vorgelegt und dann auch hier im Deutschen Bundestag diskutiert. Die Bundeswehr hat rechtliche, finanzielle und konzeptionelle Klarheit. Die Soldaten und zivilen Mitarbeiter wissen, wohin der Weg geht. Sie brauchen die breite politische Unterstützung von Parlament und Bevölkerung auf ihrem Weg in die Zukunft. Unsere Soldaten und zivilen Mitarbeiter verdienen Lob und Anerkennung für das, was sie klaglos hingenommen haben, und für das, was sie Tag für Tag im Einsatz leisten: beim Umbau der Bundeswehr, beim Aufbau der Armee der Einheit und bei ihren Hilfseinsätzen draußen in der Welt. Die Verteidigungspolitik dieser Bundesregierung erhält unsere Bündnisfähigkeit. Wir sind ein verläßlicher und wichtiger Partner für den Aufbau und die Sicherheit Europas. Und wir stellen uns der Verantwortung in der Völkergemeinschaft. Carl-Dieter Spranger, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit: Erstens. Die Förderung von wirtschaftlicher Zusammenarbeit und Entwicklung erfährt nach dem Ende des sog. Ost-West-Konflikts und der Schaffung der deutschen Einheit eine neue Bedeutung. Sie hat angesichts der zunehmenden globalen Herausforderungen und der gewachsenen Verantwortung Deutschlands an Eigenständigkeit und Gewicht zugelegt. Wenn auch der Etat des BMZ 1995 das bisher erreichte Niveau hält, so verhehle ich doch nicht, daß angesichts dieser neuen Ausgangslage deutliche Erhöhungen erforderlich und wünschenswert sind. Der Bankrott der sozialistisch/kommunistischen Parteidiktaturen im Osten und die daraus entstandene Belastung des Bundeshaushalts fordern zur Zeit zwar noch von allen Ressorts Opfer. Andererseits ist unser Bruttosozialprodukt mit der Einheit gestiegen. Dies muß sich in den nächsten Jahren auch in einer Anhebung des Entwicklungsetats niederschlagen. Entwicklungspolitik ist wesentlicher Bestandteil einer Politik der Zukunftssicherung. Dazu bedarf es ausreichender Mittel. Zweitens. Zum Jammern besteht allerdings kein Grund. Nach dem jüngsten Bericht des Entwicklungshilfeausschusses der OECD erreichten die Kapitalströme aus den Industrieländern in die Entwicklungsländer 1993 mit 160 Milliarden Dollar einen Rekordstand. Geringe Rückschritte bei der staatlichen Entwicklungshilfe wurden durch erhöhte private Kapitalflüsse mehr als wettgemacht. Hinter dieser Zahl verbirgt sich eine entwicklungspolitische Erfolgsbilanz. Sie zeigt, daß entscheidend für diese Fortschritte die internen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind. Marktwirtschaftliche Reformen, Deregulierung und Privatisierung — alles Bereiche, die das BMZ verstärkt fördert — bewirken mehr als permanente Subventionen. Sie zeigt weiter, daß die wirtschaftliche Gesundung in vielen Partnerländern Fortschritte gemacht hat. Die 21536* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1994 Länder Südostasiens und Lateinamerikas können ihren Investitionsbedarf zunehmend über den Kapitalmarkt decken. Sie sind auf dem besten Weg zu einem sich selbst tragenden Aufschwung. Der Entwicklungspolitik stellen sich somit weltweit, differenziert nach Ländern und Regionen, unterschiedliche und neue Aufgaben. In sogenannten Schwellenländern treten neben den traditionellen Vorhaben der Armutsbekämpfung und des Umweltschutzes solche des Technologietransfers und der Beratung bei politischen, wirtschaftlichen und sozialen Reformen. Bei der Förderung bietet sich an, öffentliche Mittel und Kapitalmarktmittel im Verbund einzusetzen. In Osteuropa und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion sind für den gesellschaftlichen und politischen Umbau sowie die Integration in die Weltwirtschaft Transformationshilfen gefragt. Hier ist das BMZ das Ressort mit den meisten Erfahrungen und dem geeigneten organisatorischen Unterbau. In Afrika schließlich, der Region, in der sich die Suche nach gesellschaftlicher und staatlicher Identität noch am schwierigsten gestaltet, dürfen Schreckensmeldungen nicht den Blick auf hoffnungsvolle Neuansätze und Erfolge verstellen. Die Entwicklung in der Südafrikanischen Republik, die wir in den nächsten Jahren verstärkt fördern wollen, ist dafür ein Beispiel, aber auch die Strukturanpassung in Ghana, Mali und Burkina Faso, die wir in der Entwicklungszusammenarbeit honorieren werden. Das BMZ ist nicht nur das Entwicklungsministerium. Es ist auch das Ressort für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Diese ist heute in vielen Teilen der Welt wichtiger geworden als die Entwicklungshilfe alter Prägung. Die weltpolitischen Veränderungen und entwicklungspolitischen Erfolge haben nicht zu einer Entlastung der Entwicklungspolitik geführt, sondern ihre Bandbreite und Bedeutung vergrößert. In der kommenden Legislaturperiode müssen die Weichen dafür gestellt werden, daß wir das volle Mandat, das wir in unserem Namen führen, erfüllen können. Drittens. In der vergangenen Legislaturperiode haben wir unsere Hausaufgaben gemacht. Deutsche Entwicklungspolitik genießt in ihrer Konzeption, ihren Inhalten und in ihren Wirkungen international hohes Ansehen. In unseren Partnerländern tragen deutsche Leistungen ein besonderes Gütesiegel. Mit ihrem Beitrag zu Stabilität, Frieden und menschlichem Fortschritt leistet unsere Entwicklungspolitik ebenso einen Beitrag zur Zukunftssicherung wie bei der Bekämpfung globaler Risiken wie Armut, Umweltzerstörung, Fluchtbewegungen und Übervölkerung. Auf der in dieser Woche stattfindenden Weltbevölkerungskonferenz in Kairo wird gewürdigt, daß Deutschland seine Leistungen für Familienplanung und Bevölkerungspolitik in dieser Legislaturperiode deutlich erhöht hat. Allein in diesem Jahr werden wir für Familienplanung und bevölkerungspolitisch relevante Maßnahmen in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Frauenförderung rund 350 Millionen DM aufwenden. In Zukunft geht es darum, der Entwicklungspolitik innerhalb der Gesamtpolitik ein größeres Gewicht zu verleihen. Der Öffentlichkeit, aber auch vielen Politikern, muß deutlich werden, daß sich Entwicklungszusammenarbeit nicht nur der Armen in der Welt annimmt. Sie greift vielmehr die zentralen Herausforderungen für das Überleben der Menschheit insgesamt auf und bereitet darüber hinaus auch in wirtschaftlicher Hinsicht das Terrain, auf dem Deutschland als Wirtschafts- und Handelsnation seinen Wohlstand und sozialen Fortschritt sichern muß. Das Ausmaß, in dem Entwicklungspolitik die Wahrnehmung auch unserer eigenen Interessen beinhaltet, gebietet es, ihr innenpolitisch einen höheren Stellenwert einzuräumen. Vor diesem Hintergrund ist der SPD-Vorschlag, das Entwicklungsministerium aufzulösen, eine Demonstration der Unfähigkeit, entwicklungspolitische Verantwortung wirksam wahrzunehmen. Deshalb steht auch nicht die Auflösung des BMZ an, sondern — im Gegenteil — die Bündelung von Zukunftsaufgaben mit einer weltweiten Dimension in diesem Ressort, das dazu bereits über die richtige Konzeption, die administrative Erfahrung, die geeigneten Durchführungsorganisationen und hervorragende Mitarbeiter und Experten verfügt. Die Entwicklungspolitik muß auch deshalb als eigenständiger Politikbereich erhalten bleiben, weil sie Handlungsmöglichkeiten eröffnet, wo die klassischen Instrumente der Außenpolitik nicht mehr greifen. Der Vorschlag der SPD setzt ein falsches Signal. Die Welt und gerade die ärmsten Entwicklungsländer erwarten, daß das vereinte Deutschland mehr Verantwortung übernimmt. Die Vorstellungen der SPD sind auch innenpolitisch bedenklich, da sie den Konsens zwischen der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit und den privaten und kirchlichen Initiativen gefährden. Sie sind ein Affront für alle Menschen, die Entwicklungspolitik zu ihrer Herzenssache gemacht haben — und dazu gehören auch die tüchtigen Mitarbeiter des BMZ und der Durchführungsorganisationen genauso wie die Tausende, die sich in Nichtregierungsorganisationen für die Menschen in den Entwicklungsländern einsetzen. Viertens. Noch ein Wort zu Ruanda: Die deutsche humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit haben zweifellos einen großen Beitrag zur Linderung der unvorstellbaren Not vieler tausend Menschen geleistet. Mit der Zahl von 245 Millionen DM, die bisher aufgewendet wurden, wird dies nur unvollkommen wiedergegeben. Am Beispiel Ruanda ist aber — wie schon vorher in Somalia — von neuem deutlich geworden, daß derartige Herausforderungen nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung der internationalen Staatengemeinschaft bewältigt werden können. Ein effizientes, gut koordiniertes Zusammenwirken ist dabei das vorrangige Gebot. Wir haben die Möglichkeiten der deutschen Präsidentschaft in der Europäischen Union genutzt und unter der Leitung des Parlamentarischen Staatssekretärs Repnik eine hochrangige Delegation des Rates und der Kornmission der EG in die Krisenregion entsandt, um politisches Vertrauen zu schaffen und eine umfangreiche internationale Wiederaufbauhilfe in die Wege zu leiten. Dies ist gelungen. Ich möchte daher diese Gelegenheit nutzen, um den Kollegen Repnik zum Erfolg seiner Mission zu beglückwünschen. Fünftens. Abschließend danke ich allen Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen für ihre konstruktive Unterstützung während der gesamten Legislaturperiode. In den Dank möchte ich auch die Teile der Opposition einschließen, mit denen ein zielorientiertes Zusammenwirken möglich war. Es gibt keine sinnvolle Alternative zur Entwicklungspolitik dieser Bundesregierung. Wir werden deshalb auch in den nächsten vier Jahren unseren erfolgreichen Kurs fortsetzen. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 672. Sitzung am 8. Juli 1994 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: 1. Gesetz zur abschließenden Erfüllung der verbliebenen Aufgaben der Treuhandanstalt 2. Ausführungsgesetz zu dem Basler Übereinkommen vom 22. März 1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen und ihrer Entsorgung (Ausführungsgesetz zum Basler Übereinkommen) 3. Drittes Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften (Drittes Durchführungsgesetz/EWG zum VAG) 4. Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte 5. Gesetz über den Bau und die Finanzierung von Bundesfemstraßen durch Private (Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz - FStrPrivFinG) 6. Beschäftigungsförderungsgesetz 1994 (BeschfG 1994) 7. Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und zur Änderung anderer Gesetze 8. Ausführungsgesetz zu dem Übereinkommen vom 13. Januar 1993 über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen (Ausführungsgesetz zum Chemiewaffenübereinkommen - CWÜAG) 9. Gesetz über die Errichtung einer Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung und zur Änderung von Vorschriften auf den Gebieten der Land- und Ernährungswirtschaft 10. Gesetz zur Änderung des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG) 11. Gesetz zur Beibehaltung der Mitbestimmung beim Austausch von Anteilen und der Einbringung von Unternehmensanteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten der Europäischen Union betreffen (Mitbestimmungs-Beibehaltungsgesetz - MitbestBeiG) 12. Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts 13. Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes und anderer Gesetze 14. Gesetz zur Anpassung des Apothekenrechts und berufsrechtlicher Vorschriften an das Europäische Gemeinschaftsrecht 15. Gesetz über Medizinprodukte (Medizinproduktegesetz - MPG) 16. Gesetz über das Ausländerzentralregister (AZR-Gesetz) 17. Gesetz zur Änderung des Ölschadengesetzes 18. Gesetz zur Änderung des Patentgebührengesetzes und anderer Gesetze 19. Gesetz zur Änderung der Zugabeverordnung 20. Gesetz zur Änderung schuldrechtlicher Bestimmungen im Beitrittsgebiet (Schuldrechtsänderungsgesetz - SchuldRÄndG) 21. Gesetz zur Änderung des Schornsteinfegergesetzes 22. Achtes Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes 23. Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1995 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1995) 24. Gesetz zu dem Übereinkommen vom 15. Dezember 1992 über Vergleichs- und Schiedsverfahren innerhalb der KSZE 25. Gesetz zum Umweltschutzprotokoll vom 4. Oktober 1991 zum Antarktis-Vertrag 26. Gesetz zur Ausführung des Umweltschutzprotokolls vom 4. Oktober 1991 zum Antarktis-Vertrag (Umweltschutzprotokoll-Ausführungsgesetz) 27. Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom 6. November 1990 über die allgemeine Gleichwertigkeit der Studienzeiten an Universitäten 28. Gesetz zu dem Übereinkommen vom 15. Juli 1993 über den Rechtsstatus des Internationalen Suchdienstes in Arolsen 29. Gesetz zu dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (Vertragsgesetz Seerechtsübereinkommen) 30. Gesetz zu dem Abkommen vom 2. Dezember 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Namibia zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen 31. Gesetz zu den Protokollen vom 27. November 1992 zur Änderung des Internationalen Übereinkommens von 1969 über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden und zur Änderung des Internationalen Übereinkommens von 1971 über die Errichtung eines Internationalen Fonds zur Entschädigung für Ülverschmutzungsschäden 32. Gesetz zu dem Übereinkommen vom 7. November 1991 zum Schutz der Alpen (Alpenkonvention) 33. Gesetz zu dem Übereinkommen vom 17. März 1992 zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen (Gesetz zu den Übereinkommen zum Schutz grenzüberschreitender Wasserläufe) 34. Gesetz zu internationalen Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebietes und des Nordostatlantiks 35. Gesetz zu dem Protokoll vom 19. November 1991 zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend die Bekämplung von Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen oder ihres grenzüberschreitenden Flusses 36. Gesetz zu dem Übereinkommen vom 9. Februar 1994 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Straßen mit schweren Nutzfahrzeugen 37. Gesetz zu dem Abkommen vom 18. Juni 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kuba über den Luftverkehr 38. Gesetz zu dem Abkommen vom 5. April 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Lettland über den Luftverkehr 39. Gesetz zu dem Europa-Abkommen vom 8. März 1993 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten und der Republik Bulgarien 40. Gesetz zu dem Europa-Abkommen vom 1. Februar 1993 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten und Rumänien 41. Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom 2. Oktober 1992 über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen 42. Gesetz zu dem Übereinkommen vom 15. April 1994 zur Errichtung der Welthandelsorganisation und zur Änderung anderer Gesetze 43. Gesetz zur Änderung sachenrechtlicher Bestimmungen (Sachenrechtsänderungsgesetz - SachenRÄndG) 44. Gesetz zur Änderung der Verordnung über die Gewährung von Vorruhestandsgeld 45. Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI ÄndG) 46. Gesetz zur Regelung der finanziellen Voraussetzungen für die Neugliederung der Lander Berlin und Brandenburg 47. Zweites Gesetz zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (2. StUÄndG) 48. Gesetz zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes, des Soldatenversorgungsgesetzes sowie sonstiger versorgungsrechtlicher Vorschriften (BeamtVGÄndG 1993) 49. Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG-Änderungsgesetz - UWGÄndG) 50. Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme der Beamten und Arbeitnehmer der Bundesanstalt für Flugsicherung 51. Gesetz zu dem Europa-Abkommen vom 4. Oktober 1993 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten und der Slowakischen Republik 52. Insolvenzordnung (InsG) 53. Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung (EGInsO) 54. Gesetz zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfällen 55. Gesetz über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften (Zweites Finanzmarktförderungsgesetz) 56. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen und anderer Vorschriften über Kreditinstitute 57. Gesetz zur Änderung von Vorschriften der Lehrerbesoldung 58. Gesetz zur Änderung des D-Markbilanzgesetzes und anderer handelsrechtlicher Bestimmungen 59. Gesetz zu dem Abkommen vom 18. März 1993 zur Änderung des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut und zu weiteren Übereinkünften 60. Gesetz zu dem Vertrag vom 24./25. Juni 1994 über den Beitritt des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zur Europäischen Union 61. Fünftes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes 62. a) Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes b) Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation (Postneuordnungsgesetz - PTNeuOG) 63. Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1994 (Bundesbesoldungsund -versorgungsanpassungsgesetz 1994 - BBVAnpG 94) 64. Gesetz zu dem Europa-Abkommen vom 4. Oktober 1993 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten und der Tschechischen Republik Zu den unter Nr. 51 bis 64 aufgeführten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: Zu Nr. 51: Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zu dem EuropaAbkommen vom 4. Oktober 1993 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten und der Slowakischen Republik: Der Bundesrat stellt nochmals fest, daß das Europa-Abkommen mit der Slowakischen Republik gemäß der „Lindauer Vereinbarung" erst ratifiziert werden kann, wenn sämtliche Länder ihr Einverständnis erklärt haben. Zu Nr. 52 und Nr. 53: Entschließung des Bundesrates zur Insolvenzordnung (InsG) und zum Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung (EGInsO): Der Bundesrat hält eine Novellierung des geltenden Konkursrechts zwar für wünschenswert, da dieses den Bedürfnissen der Wirtschaft und der Verbraucher nicht mehr gerecht wird. Die Umsetzung der verabschiedeten Fassung der Insolvenzrechtsreform erfordert von den Ländern jedoch zusätzliches Personal in einer Größenordnung, die ohne flankierende Hilfen nicht zu realisieren ist. Der Bundesrat bedauert es deshalb, daß die von ihm geforderte Koppelung des Inkraftsetzens der Reform an die gleichzeitige Verabschiedung von Entlastungsgesetzen im Vermittlungsausschuß abgelehnt worden ist und daß nicht einmal die Notwendigkeit tiefgreifender Entlastungsmaßnahmen im Vermittlungsergebnis zum Ausdruck kommt. Allein die Verschiebung des Inkrafttretens um zwei Jahre versetzt die Länder noch nicht in die Lage, die Reform erfolgreich umzusetzen. Wegen der mittelfristig absehbaren Finanzlage der Länder wird es auch bis 1999 ausgeschlossen sein, die Personalhaushalte der Justiz in der für diese Reform erforderlichen Größenordnung auszuweiten. Der Bundesrat hält es daher weiterhin für unverzichtbar, daß der Deutsche Bundestag rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung im Justizbereich Entlastungsmaßnahmen in einem Umfang verabschiedet, der dem durch die Reform verursachten Mehrbedarf entspricht. Andernfalls müßte die Reform 1999 zu Lasten des in anderen Rechtsbereichen eingesetzten Personals umgesetzt werden. Dann ständen z. B. für Zivil- und Strafverfahren noch weniger Richter und z. B. in Grundbuchsachen noch weniger Rechtspfleger als bisher zur Verfügung. Bei einem Scheitern der Reform, insbesondere der Verbraucherentschuldung, müßten die Erwartungen und Hoffnungen zahlreicher Schuldner enttäuscht werden. Zu Nr. 54: Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfällen: Das Gesetz zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfällen wird für die Länder nur unter der Voraussetzung praktisch vollziehbar sein, daß zahlreiche Verordnungsermächtigungen dieses Gesetzes rechtzeitig ausgefüllt werden. So ist die vorgesehene Zielhierarchie des Gesetzes und die Produktverantwortung sowie die Überwachung der Abfallentsorgung wesentlich von einer Konkretisierung und Ausgestaltung durch Rechtsverordnungen abhängig. Auch für die Wirtschaft ist es nicht zumutbar, über einen längeren Zeitraum über die künftigen Rahmenbedingungen der Abfallvermeidung, -verwertung und -beseitigung im Ungewissen zu bleiben. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, innerhalb der nächsten drei Monate einen Maßnahmenplan vorzulegen, aus dem hervorgeht, nach welchem Zeitplan bis zum Inkrafttreten des genannten Gesetzes in zwei Jahren die erforderlichen Rechtsverordnungen vorgelegt werden sollen. Zu Nr. 55: Entschließung des Bundesrates zum Gesetz über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften (Zweites Finanzmarktförderungsgesetz): 1. Der Bundesrat stellt mit Befriedigung fest, daß es im Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz gelungen ist, die auch der Zielsetzung der Länder entsprechende Erweiterung des Anlegerschutzes und die ordnungspolitische Absicherung der Funktionsfähigkeit der deutschen Wertpapierbörsen mit breiter Mehrheit der Beteiligten umzusetzen. Dies gilt auch für die Eröffnung eines Handelsverbundes unter den deutschen Börsen. Der Bundesrat hält einen funktionierenden Handelsverbund für das geeignete Instrument, Anlegerinteressen nachzukommen und die Position der regionalen Finanzplätze und damit den Finanzplatz Deutschland im Wettbewerb zu stärken. Der Handelsverbund vermag seine liquiditätsfördernde und wettbewerbsbelebende Wirkung jedoch in vollem Umfang nur zu entfalten, wenn alle Börsenplätze eingebunden sind. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1994 21539* Der Bundesrat geht dementsprechend davon aus, daß jede Börse einen funktionierenden Handelsverbund einrichtet und alle skontroführenden Makler sich beteiligen. 2. Der Bundesrat stellt fest, daß die Länder ermächtigt sind, die Kosten der Börsenaufsicht durch Landesgesetze zu regeln, in denen die Kosten der Aufsicht den zu beaufsichtigenden Börsen und Maklern auferlegt werden können. Die Kostenfrage ist im Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz bewußt nicht geregelt worden, um die Länderkompetenz zur Schaffung einer Kostenregelung nicht zu beschränken. Der Bundesrat teilt insoweit die von der Bundesregierung und dem Finanzausschuß des Deutschen Bundestages geäußerte Rechtsauffassung und verweist auf Parallelregelungen wie etwa § 101 VAG. Zu Nr. 56: Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen und anderer Vorschriften über Kreditinstitute: Der Bundesrat stellt mit Sorge eine Tendenz fest, daß materielle Regelungsinhalte von Gesetzen zunehmend über entsprechende Verordnungsermächtigungen in Rechtsverordnungen geregelt werden, bei denen eine förmliche Mitwirkung des Bundesrates insbesondere dann nicht vorgesehen ist, wenn das zugrundeliegende Gesetz nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Bundesregierung und Bundestag sind dem Wunsch des Bundesrates im Rahmen der KWG-Novelle nicht gefolgt, bei Erlaß der Rechtsverordnung nach § 22 KWG (neu) „die nach Landesrecht zuständigen obersten Landesbehörden" anzuhören, wobei das Gesetz die Anhörung der Spitzenverbände der Kreditwirtschaft vorsieht. Da in dieser Rechtsverordnung nach § 22 KWG (neu) künftig auch solche materiell-rechtlichen Fragen geregelt werden, die derzeit im KWG selbst enthalten sind, geht der Bundesrat bei seinem Beschluß, zu der KWG-Novelle den Vermittlungsausschuß nicht anzurufen, davon aus, daß das Bundesministerium der Finanzen (bzw. das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, soweit ihm die Kompetenz, die Rechtsverordnung zu erlassen, übertragen wurde) grundsätzlich die nach Landesrecht zuständigen obersten Landesbehörden bei Erlaß der Rechtsverordnung anhört, dies unabhängig von der Frage, ob bei einzelnen Regelungen die Interessen der Länder berührt sind. Zu Nr. 57: Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung von Vorschriften der Lehrerbesoldung: Der Bundesrat hält daran fest, daß die Lehrerbesoldung durch Bundesgesetz zu regeln ist. Ein Verzicht auf eine bundeseigene Regelung ist nur vertretbar, weil es sich um Übergangsrecht für auslaufende Ämter von Landesbeamten handelt, die aufgrund einer Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen DDR ausschließlich in den neuen Ländern verliehen werden können. Der Bundesrat verzichtet auch deshalb darauf, die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu verlangen, weil nur so der überwiegenden Auffassung der neuen Länder zu dieser sie ausschließlich selbst betreffenden Frage Rechnung getragen werden kann. Der Bundesrat geht davon aus, daß die Überführung der landesrechtlich geregelten Ämter für die Lehrkräfte mit einer Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen DDR in die Ämter der Bundesbesoldungsordnung A laufbahnrechtlich zu regeln und gemäß § 13 Beamtenrechtsrahmengesetz abzustimmen ist. Durch dieses Verfahren kann gesichert werden, daß sowohl eine schnelle Regelung der Besoldung der Lehrkräfte in den neuen Ländern erreicht wird, als auch die bundeseinheitliche Anerkennung von Lehrbefähigungen durch laufbahnrechtliche Regelungen sichergestellt wird. Die Einheitlichkeit der Besoldung in Bund und Ländern kann so gewahrt bleiben. Zu Nr. 58: Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung des D-Markbilanzgesetzes und anderer handelsrechtlicher Bestimmungen: Der Bundesrat bittet die Bundesregierung klarzustellen, daß die Regelung in Artikel 1 Nr. 4 des Gesetzes, wonach die in der Eröffnungsbilanz angesetzten Werte in Folgebilanzen nicht überschritten werden dürfen, nicht als Änderung allgemein gültiger handelsrechtlicher Bilanzierungsgrundsätze zu verstehen ist. Sowohl der Wortlaut des neu eingefügten § 6 Abs. 2 Satz 3 DMBilG als auch die in BR-Drucks. 113/94 enthaltene Begründung und die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates geben Anlaß zu Mißverständnissen. Bei wörtlicher Auslegung von § 6 Abs. 2 Satz 3 DMBilG könnte die Auffassung vertreten werden, daß im Geltungsbereich des D-Markbilanzgesetzes Wertzuschreibungen, die zu einer Überschreitung der Werte laut Eröffnungsbilanz führen, in den Folgebilanzen stets unzulässig sind. Dies würde aber in Widerspruch zu allgemein gültigen handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätzen stehen. So ist kennzeichnendes Merkmal der sog. equity-Methode, daß in Folgebilanzen Wertzuschreibungen zum bisherigen Buchwert auch dann zulässig und erforderlich werden können, wenn dadurch die Anschaffungskosten bzw. der erstmalige Ansatz in einer früheren Bilanz überschritten werden (§ 312 Abs. 4 HGB). Nach allgemeinen handelsrechtlichen Grundsätzen führen aber auch zum Beispiel nachträgliche Herstellungskosten aufgrund der Erweiterung eines Gebäudes dazu, daß Wertzuschreibungen zum bisherigen Bilanzansatz erforderlich sind, durch die die ursprünglichen Herstellungskosten überschritten werden. Zu Nr. 59: Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zu dem Abkommen vom 18. März 1993 zur Änderung des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut und zu weiteren Übereinkünften: 1. Der Bundesrat stellt fest, daß die Änderung des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut und die Vereinbarung für die Nutzung verschiedener militärischer Einrichtungen zu erheblichen Verbesserungen in dem Rechtsverhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland, den Ländern und den westlichen Verbündeten führen. Der Bundesrat begrüßt, daß weitgehend deutsches Recht gilt, Sonderrechte der Alliierten abgebaut wurden und eine Gleichstellung mit der Bundeswehr erfolgt ist. Doch dennoch blieben die Ergebnisse der Überprüfungsverhandlungen der Zusatzvereinbarungen zum NATO-Truppenstatut in einigen Bereichen unbefriedigend. Unbefriedigend sind insbesondere die Regelungen betreffend die Beseitigung von Umweltschäden und Altlasten, da den Entsendestaaten insoweit in Artikel 41 des Änderungsabkommens ein Haushaltsvorbehalt eingeräumt wird. Dieser Vorbehalt stellt die Stringenz ihrer Verpflichtungen insgesamt in Frage. Zudem können nach Artikel 2 Nr. 5 des Gesetzes alle bestehenden Einrichtungen der Stationierungskräfte weiterbetrieben werden, auch wenn sie deutschen Rechtsvorschriften nicht genügen. Unzureichend sind auch die vereinbarten Verbesserungen im Bereich der Mitbestimmung. Nach wie vor fehlt es hier an der aus Sicht des Bundesrates unverzichtbaren Gleichstellung der bei den Stationierungskräften Beschäftigten mit den anderen Arbeitnehmern. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung deshalb auf, in den kommenden Verhandlungen mit Nachdruck bei den Entsendestaaten auf eine Revision dieser Rechtslage hinzuwirken. 2. Bei den vom Truppenabbau betroffenen Zivilbeschäftigten verhindert die derzeit praktizierte Auslegung des § 128 AFG in vielen Fällen sinnvolle Lösungen. Die Erstattungsregelung des § 128 AFG bei vorzeitiger Ruhestandsversetzung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird von der Arbeitsverwaltung nicht den jeweiligen örtlichen und fallspezifischen Gegebenheiten entsprechend flexibel gehandhabt. Den Interessen sowohl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber Rechnung tragende Vereinbarungen über einen sozialverträglich gestalteten Personalabbau drohen zu scheitern, solange nach § 128 AFG nur Konditionen zugelassen werden, die seitens der Arbeitgeberseite nicht akzeptiert werden. Damit werden sozial abgefederte Vorruhestandsregelungen für ältere Zivilbeschäftigte behindert. Dies führt wiederum zu mehr Arbeitslosigkeit bei jüngeren Beschäftigten. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, für eine problemgerechte Anwendung des § 128 AFG zu sorgen. 21540* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1994 Zu Nr. 60: Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zu dem Vertrag vom 24./25. Juni 1994 über den Beitritt des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zur Europäischen Union: 1. Der Bundesrat begrüßt den erfolgreichen Abschluß der Erweiterungsverhandlungen der Europäischen Union (EU) mit Schweden, Finnland, Norwegen und Österreich. Das Verhandlungsergebnis trägt den Anliegen, die der Bundesrat in seiner Entschließung zur Erweiterung der Europäischen Union vom 17. Dezember 1993 — Drucksache 841/93 (Beschluß) — geäußert hat, Rechnung. 2. Der Wunsch der Beitrittsstaaten nach Mitgliedschaft in einer nicht nur wirtschaftlichen, sondern auch politischen Union bestätigt die hohe Attraktivität der Europäischen Union und ihrer im Unionsvertrag eingeschlagenen Richtung. Dies beweist auch die große Zustimmung der österreichischen Bevölkerung zum EU-Beitritt am 12. Juni 1994. Der Bundesrat würde es begrüßen, wenn die Referenden in den nordischen Staaten einen ähnlich erfolgreichen Ausgang haben würden. 3. Der Bundesrat begrüßt, daß mit den Beitrittsländern Staaten der Europäischen Union beitreten, die eng mit den mittel- und osteuropäischen Staaten zusammenarbeiten und einer Öffnung der Europäischen Union nach Osten ebenso wie Deutschland aufgeschlossen gegenüberstehen. Unabdingbare Voraussetzung für jede zusätzliche Erweiterung der Europäischen Union ist jedoch die Reform nicht nur ihrer Institutionen, sondern auch ihrer Politik, vor allem der Agrar- und der Regionalpolitik. 4. Die anstehende Erweiterung der Europäischen Union um die Beitrittsstaaten gibt dem europäischen Einigungsprozeß eine neue Dynamik. Sie muß genutzt werden für eine Vertiefung, die die Voraussetzung dafür ist, daß die Europäische Union das vereinte Europa schaffen kann ohne handlungsunfähig zu werden. Zu Nr. 61: Entschließung des Bundesrates zum Fünften Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes: Die Bundesregierung wird aufgefordert, zu Beginn der kommenden Legislaturperiode Vorschläge zur Weiterentwicklung des Arzneimittelhaftungsrechtes vorzulegen. Diese sollen insbesondere zugunsten des unmittelbar oder mittelbar Geschädigten die erforderlichen Nachweiserleichterungen im Bereich der Kausalität der Arzneimittelanwendung für die Schadensentstehung enthalten, damit der Geschädigte effektiv in die Lage versetzt wird, seinen Schadensersatzanspruch mit Aussicht auf Erfolg durchzusetzen. In die Nachweiserleichterung soll auch die Probandenversicherung im Rahmen der klinischen Prüfung einbezogen werden. Die Bundesregierung soll ebenso Vorschläge erarbeiten, auf welchem Weg — etwa durch Schaffung eines Haftungsfonds — bei Fällen alternativer Kausalität oder fehlender Deckungsvorsorge eine zügige Entschädigung sichergestellt werden kann. Die Bundesregierung wird darüber hinaus aufgefordert sicherzustellen, daß durch ein Schmerzensgeld auch im Bereich der Arzneimittelgefährdungshaftung dem Geschädigten wenigstens ein gewisser Ausgleich für immaterielle Schäden gewährt wird. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die Vorschläge zu den hier angeführten Themenbereichen in einer Bund-Länder-Kommission vorzustellen. Zu Nr. 62a und b: Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes und zum Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation (Postneuordnungsgesetz — PTNeuOG): 1. Der Bundesrat bestätigt seine Auffassung, daß dem Ausbau einer leistungsfähigen Post- und Telekommunikationsstruktur eine überragende Bedeutung zukommt. Die Sicherstellung eines flächendekkenden, modernen und preisgünstigen Angebots von Dienstleistungen ist somit vorrangiges Ziel bei der künftigen Gestaltung des Postwesens und der Telekommunikation. Der Bundesrat begrüßt, daß die Verpflichtung des Bundes, durch hoheitliche oder sonstige Maßnahmen die Infrastruktur im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation zu sichern, nunmehr im Grundgesetz ausdrücklich festgeschrieben ist. 2. Der Bundesrat sieht auf absehbare Zeit in den DBP-Nachfolgeuntemehmen die wesentlichen Träger der Erfüllung des Infrastrukturauftrages. Er erwartet daher, daß — der Bund die Ausübung seiner Eigentümerrechte daran ausrichtet, daß die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen nachhaltig gestärkt wird; dazu gehört insbesondere, daß der Bund seine Erlöse aus Dividenden und Aktienverkäufen den Unternehmen oder den bei den Unternehmen einzurichtenden Unterstützungskassen zuführt; — der Bund unbeschadet der im Gesetz vorgesehenen Mindestgrenzen und -fristen seine Kapitalbeteiligung und damit seinen Einfluß auf die Unternehmen nur in dem Maß zurückführt, in dem sich Markt- und Wettbewerbsstrukturen entwikkeln, die die Erfüllung des Infrastrukturauftrages auch ohne eine Sonderrolle der DBP-Nachfolgeunternehmen sichert. 3. Für die flächendeckende Sicherung der postalischen Grundversorgung kommt dem untemehmenseigenen Poststellennetz besondere Bedeutung zu. Seine weitgehende Erhaltung hängt entscheidend von einem effizienten Vertriebsverbund zwischen Deutsche Post AG und Deutsche Postbank AG ab. Der Bundesrat bezweifelt, daß die zwischen diesen beiden Unternehmen geschlossene Rahmenvereinbarung diesen Schalterverbund in der gebotenen Weise sichert. Um die notwendige Kooperation und die Koordinierung einer gemeinsamen Geschäftspolitik im Schalterbereich dauerhaft und nachhaltig zu sichern, sollte der Deutsche Post AG die Möglichkeit gegeben werden, eine qualifizierte Kapitalbeteiligung an der Deutsche Postbank AG zu erwerben. 4. Die technologischen, ordnungs- und wettbewerbspolitischen Entwicklungen im nationalen und internationalen Post- und Telekommunikationswesen machen eine künftige Anpassung des ordnungspolitischen Rahmens erforderlich. Dem ist durch die Befristung des Femmeldeanlagengesetzes, des Postgesetzes und des Regulierungsgesetzes Rechnung getragen worden. Im Hinblick auf die Mitverantwortung der Länder bei der Verwirklichung des Sozialstaatsgebotes des Grundgesetzes und bei der Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet sind die Länder frühzeitig an den notwendigen Entscheidungen und Gesetzesvorhaben zu beteiligen. Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, — möglichst rasch Eckwerte für die bei der Regulierung vorgesehenen Rechtsverordnungen und -entscheidungen vorzulegen; — darzulegen, mit welchen Instrumenten der Bund bei liberalisierten Märkten seinem Infrastrukturauftrag nachkommen und die daraus entstehenden Verpflichtungen finanzieren will. Zu Nr. 62b: Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation (Postneuordnungsgesetz — PTNeuOG): Der Bundesrat stellt fest, daß die Postunternehmen im Jahr 1995 nicht den gleichen Steuerpflichten unterliegen wie jedes andere Privatunternehmen. Bei Aufrechterhaltung der Abführung an den Bund in 1995 in Höhe von ca. 4,4 Mrd. DM gehen den Ländern dadurch rd. 1,3 Mrd. DM und den Kommunen rd. 1,6 Mrd. DM verloren. Rechtlich bedenklich erscheint die fehlende Regelung über die Erhebung eines Entgelts für die Sondernutzung öffentlicher Verkehrswege in Form von Konzessionsabgaben. Zu Nr. 63: Entschließung des Bundesrates zum Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1994 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1994 — BBVAnpG 94): Der Bundesrat bedauert, daß der Bundestag zum wiederholten Male ein Besoldungsanpassungsgesetz mit strukturellen Änderungen befrachtet, die erhebliche Auswirkungen auf die Länder haben. Er ist der Auffassung, daß strukturelle Änderungen des Bundesbesoldungsgesetzes möglichst in einem eigenen Gesetz geregelt werden sollten. Zumindest ist es aber erforderlich, dem Bundesrat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben. Der Bundesrat verzichtet nur deshalb darauf, den Vermittlungsausschuß hinsichtlich der Anhebung von Eingangsämtern im mittleren Dienst und der Erweiterung der Ämterreichweite beim Verwendungsaufstieg in den höheren Dienst anzurufen, weil er eine Verzögerung der Beschlußfassung über die Besoldungsanpassung um mehrere Monate vermeiden will. Er fordert den Bundestag aber nachdrücklich auf, Änderungen der Besoldungsstruktur in Zukunft nicht mehr ohne Stellungnahme des Bundesrates zu beschließen. Zu Nr. 64: Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zu dem EuropaAbkommen vom 4. Oktober 1993 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten und der Tschechischen Republik: 1. Der Bundesrat stellt nochmals fest, daß das Europa-Abkommen mit der Tschechischen Republik gemäß der „Lindauer Vereinbarung" erst ratifiziert werden kann, wenn sämtliche Länder ihr Einverständnis erklärt haben. 2. Anläßlich der Beschlußfassung über die Gesetze zu dem EuropaAbkommen mit der Tschechischen Republik und zu anderen vergleichbaren Abkommen mit osteuropäischen Staaten weist der Bundesrat auf Artikel 42 hin, in dem geregelt ist, daß die EU-Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung ihrer Arbeitsmarktlage und vorbehaltlich ihrer Rechtsvorschriften die bestehenden Erleichterungen für den Zugang zur Beschäftigung für Arbeitnehmer, die die Mitgliedstaaten im Rahmen bilateraler Abkommen gewähren, beibehalten und nach Möglichkeit verbessern. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang erneut auf seine Entscheidung vom 18. Dezember 1992 zur Beschäftigung osteuropäischer Arbeitnehmer in der Bauwirtschaft auf der Grundlage von Werkverträgen - Drucksache 650/92 (Beschluß) -, in der der Abbau der Werkvertragsarbeitnehmer-Kontingente und die Einführung eines modifizierten Gastarbeitnehmerstatus gefordert wird. Mit der Umstellung auf Gastarbeitnehmerabkommen sollen die Mißbrauchsmöglichkeiten aus Werkvertragsarbeitnehmerabkommen verhindert und Lohndumping unterbunden werden. Die Bundesregierung wird gebeten, Initiativen zu ergreifen, um Werkvertragsarbeitnehmerabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den osteuropäischen Staaten in Gastarbeitnehmerabkommen umzuwandeln. Der Bundesrat hat in seiner 673. Sitzung am 26. August 1994 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: 65. Fünftes Gesetz zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung 66. Gesetz über die Werbung für Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung (Säuglingsnahrungswerbegesetz - SNWG) 67. Gesetz über die Errichtung einer Bundeskanzler-Willy-BrandtStiftung 68. Siebzehntes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes 69. Gesetz zur Änderung des Zeitgesetzes 70. Gesetz zur Bewertung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes beim Zugewinnausgleich 71. Gesetz zur Änderung von Vorschriften über die Prozeßkostenhilfe (Prozeßkostenhilfeänderungsgesetz - PKHÄndG) 72. Gesetz zur Änderung des Beratungshilfegesetzes und anderer Gesetze 73. Erstes Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsunfallstatistikgesetzes 74. Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom 16. Oktober 1980 über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge 75. Gesetz zu dem Abkommen vom 16. Dezember 1992 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Russischen Föderation über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen 76. Gesetz zu der Vereinbarung vom 24. Juli 1992 über die Errichtung, den Bau und den Betrieb einer Urananreicherungsanlage in den Vereinigten Staaten von Amerika 77. Gesetz zu dem Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen 78. Gesetz zu dem Abkommen vom 7. September 1993 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung Seiner Majestät des Sultans und Yang Di-Pertuan von Brunei Darussalam über den Luftverkehr 79. Gesetz zu dem Abkommen vom 23. April 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über den Autobahnzusammenschluß im Raum Frankfurt/Oder und Schwetig 80. Gesetz zu dem Abkommen vom 5. April 1993 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Lettland über die Seeschiffahrt 81. Gesetz zu dem Vertrag vom 22. September 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kasachstan über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen 82. Gesetz zu dem Vertrag vom 31. Oktober 1991 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Albanien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Finanzausschuß Drucksache 12/6457 Haushaltsausschuß Drucksache 12/7515 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/7068 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 12/5470 Drucksache 12/6429 Drucksache 12/7199 EG-Ausschuß Drucksache 12/6843 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 12/7293 Nr. 3.1 Drucksache 12/7654 Nr. 3.3 Drucksache 12/7741 Nr. 2.2 Haushaltsausschuß Drucksache 12/8004 Nr. 2.2 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 12/8004 Nr. 2.6 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 12/8234 Nr. 3.11 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 12/7371 Nr. 2.14 Drucksache 12/8234 Nr. 3.12
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Ulrich Klose


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gute Übung bei der parlamentarischen Diskussion über den Etat des Bundeskanzleramtes, die Politik der Bundesregierung insgesamt zu bilanzieren. Weil ich diese Bilanz aus der Sicht der Opposition formuliere und weil wir uns wenige Wochen vor der Bundestagswahl befinden, ist der Zusammenhang dieser Debatte mit dem Wahlkampf unübersehbar.
    Ich halte das, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn wir uns ein Mindestmaß an persönlichem Respekt und Fairneß im Verhältnis zueinander bewahren, nicht für einen Nachteil.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Zwar wird es immer mehr Mode, Wahlauseinandersetzungen generell als verlogen, abstoßend oder zumindest unappetitlich darzustellen. Mancher öffentlichen Einlassung folgend kann man Anstand, Intelligenz und wahre politische Größe offenbar nur



    Hans-Ulrich Klose
    beweisen, wenn man sich von Parteiauseinandersetzungen fernhält.

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Herr Klose, und gegen die eigene Partei!)

    Um es sehr deutlich zu sagen, ich halte diesen Dünkel gegenüber Parteipolitik und Wahlauseinandersetzungen für ziemlich hochmütig und ignorant.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P. sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [PDS/ Linke Liste])

    Wahlkämpfe als Kernbestandteil unserer Demokratie belegen immer wieder eine wichtige Erkenntnis, die sich nicht nur Berufspolitiker zu eigen machen sollten. Es gibt in der Politik keine absoluten Wahrheiten, und es sind auch nur Mehrheiten, keine Götter, die über eher richtige oder eher falsche Politik entscheiden.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Das Ringen um politische Mehrheiten für bestimmte Argumente und am Ende für bestimmte politische Entscheidungen mag langwierig und manchmal quälend sein. Wer es aber als lästig oder gar überflüssig empfindet, der sollte wissen, daß eine freiheitliche Demokratie anders nicht zu haben ist.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, eine politische Bilanz markiert Soll und Haben. Wir anerkennen — ich habe das schon mehrfach gesagt —, daß diese Bundesregierung die Chance zur deutschen Einheit ergriffen und die staatliche Vereinigung Deutschlands vollzogen hat. Wir respektieren, daß insbesondere Sie, Herr Bundeskanzler, gegen manchen Widerstand aus den eigenen Reihen dem Kurs zur Bildung der Europäischen Union treu geblieben sind. Wir haben Sie dabei, wie Sie zugeben müssen, unterstützt — nachhaltiger als viele Ihrer Parteifreunde.

    (Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Wir nehmen uns deshalb auch das Recht, schon an diesem Punkt eine aktuelle kritische Bemerkung einzufügen.
    Europa hat nach dem Niedergang des Kommunismus und nach Überwindung der Teilung jetzt die Chance, zu größerer Einheit zusammenzuwachsen. Die Europäische Union ist Magnet für viele, vor allem in Osteuropa: ein Magnet der Hoffnung. Ich finde es ganz und gar abwegig und schädlich, just in dieser Zeit und während der deutschen Präsidentschaft die Einheit der Europäischen Union öffentlich in Frage zu stellen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der F.D.P. und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Ich rede — Sie ahnen es — von dem jüngst vorgestellten europapolitischen Programm der Union, das Sie möglichst schnell wieder aus dem Verkehr ziehen sollten. Dabei weiß ich, daß ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten im Vertrag von
    Maastricht angelegt ist. Wenn nämlich die Voraussetzungen für die europäische Währungsunion, an denen wir unbeirrt festhalten, nicht von allen Mitgliedern der Union zum frühest vorgesehenen Zeitpunkt erfüllt sind, dann gehen die einen voran, und die anderen folgen.
    Wer aber jenseits von Maastricht die Union in ein gutes Kerneuropa und in ein nicht so gutes Resteuropa aufteilt, der spaltet, der liefert den Gegnern Europas in den skandinavischen Ländern Argumente gegen Europa, der gefährdet die Chance zur größeren Einheit.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Daß es ausgerechnet der Vorsitzende der größeren Koalitionspartei ist, der dies betreibt, wundert und irritiert mich stark.

    (Joachim Poß [SPD]: Fraktion, nicht Partei!)

    Glauben Sie denn ernsthaft, Herr Kollege Schäuble, daß Ihre Vorstellungen die Zögernden anspornen und die Hoffenden ermutigen werden? Das Gegenteil ist richtig. Das Mißtrauen wächst, es wächst bedauerlicherweise auch in Frankreich, allenthalben Kopfschütteln und besorgte Fragen. Verantwortliche Politik, Herr Kollege Schäuble, ist das nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Verantwortliche Politik muß die Wirkung einkalkulieren, deutsche Politik ganz besonders. Druck und Drohgebärden bringen Europa nicht voran, sondern stärken, fürchte ich, jene Kräfte, die uns geistigpolitisch ins 19. Jahrhundert zurückführen wollen. Dazu haben Sie — ohne Absicht, unterstelle ich — beigetragen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie, Herr Bundeskanzler, sollten die Diskussion in Ihren Reihen schnellstens beenden und zu jener Klarheit in Sachen Europa zurückkehren, die Sie — ich habe ja mit Lob begonnen — bisher ausgezeichnet hat. Sie haben doch bei der Auswahl des künftigen Kommissionspräsidenten zur Genüge erfahren, wie der Rest Europas auf deutsch-französische Alleingänge reagiert.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Meinen Sie, die Reaktion auf deutsche Alleingänge wäre besser? Nein, die Wirkung ist fatal und für die Folgezeit schädlich. Deshalb sollten Sie das Papier nicht nur verbal zurückstufen als Diskussionspapier aus der Fraktion; Sie sollten es aus dem Verkehr ziehen — je eher, desto besser, am besten heute in dieser Debatte.

    (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Lassen Sie mich eine weitere Bemerkung hinzufügen. Ich habe nichts dagegen — im Gegenteil —, daß die Bundesregierung die Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als Ständiges Mitglied anstrebt. Daß aber dies das herausragende Ziel deutscher Außenpolitik sei, wie uns der Herr Außenminister durch Reden und Tun beinahe jeden Tag zu



    Hans-Ulrich Klose
    demonstrieren versucht, das kann ich nicht akzeptieren.

    (Beifall bei der SPD — Bundesminister Dr. Klaus Kinkel: Wir werden gefordert!)

    Ich bezweifle im übrigen, daß der Rest der Welt auf die Deutschen als Mitglied im Kreis der Großmächte geradezu sehnsüchtig wartet.
    Wer die gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik anstrebt — das tun Sie doch —, der kann meinetwegen den europäischen Sitz im Sicherheitsrat fordern. Er sollte aber nicht übersehen, daß Europa im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen durch Frankreich und Großbritannien sehr stark vertreten ist. Noch ein europäisches Land, das wäre für den Rest der südlichen Welt eher eine Zumutung. Und eine Zumutung für dieses Parlament ist es, wenn uns ständig erzählt wird, niemand habe etwas dagegen, alle seien dafür.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Hans Klein [München] [CDU/CSU]: Außenpolitik ist für Sie nichts, Herr Klose!)

    Im übrigen, Herr Außenminister. das wiedervereinigte Deutschland hat schon heute großen Einfluß. Der Einfluß könnte noch größer sein und konstruktiver genutzt werden, wenn Sie sich auf die anstehenden Probleme konzentrierten und nicht ständig leidend auf Ihre mindere Rolle in der zweiten Reihe der Weltpolitik verweisen würden. Einfluß gewinnt man vor allem durch zielstrebige Arbeit und persönliches Vertrauen, das einem nicht automatisch, sozusagen institutionell zuwächst. Man muß es sich erwerben.
    In diesem Zusammenhang will ich auf der Habenseite Ihrer Politik, Herr Bundeskanzler, durchaus registrieren, daß Sie es geschafft haben, gute, sehr gute Beziehungen zu den Repräsentanten wichtiger Mächte zu entwickeln.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der F.D.P. sowie bei der CDU/CSU)

    Niemand sollte den Wert solcher persönlicher Beziehungen unterschätzen. Bei dem einen oder anderen Freundschaftsbeweis werden Sie uns aber ein Lächeln oder Schmunzeln gestatten. Das wird Ihnen, Herr Bundeskanzler, die Freude am gemeinsamen Saunagang mit Boris Jelzin sicher nicht verderben.

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Nein!)

    So weit, meine Damen und Herren, zur Habenseite. Nun zum Soll, zunächst ganz nüchtern in Zahlen und Stichworten.
    Fast 4 Millionen registrierte, tatsächlich nahezu 5 Millionen Arbeitslose, darunter 1 Million Langzeitarbeitslose, Tendenz steigend. Über 3 Millionen Menschen, die von Sozialhilfe leben müssen, darunter über 1 Million Kinder und Jugendliche. Über 100 000 obdachlose Menschen, darunter auch Kinder. Ein Fehlbestand von gut 2 Millionen Wohnungen. Eine Verschuldung des Bundes allein von 1,4 Billionen DM. Eine Steuer- und Abgabenlast, die gut 10 % höher liegt als jene des Jahres 1982. Eine Einkommensverteilung von unten nach oben, Rückgang des privaten Verbrauchs, Stagnation des Binnenmarktes, eine Modernisierungslücke in Forschung, Entwicklung
    und Hochtechnologie. Eine Umweltbilanz, die einem Luftballon gleicht: viel aufgeblasene Luft. Und schließlich: wachsende Kriminalität. Die Statistik — der Herr Bundesinnenminister wird es zugeben — nennt nur die Zahlen und sagt nichts über die veränderten Qualitäten.
    So weit die Zahlen und Stichworte, meine Damen und Herren. Es geht aber nicht um Zahlen, sondern es geht um Menschen. Es geht um die Hoffnungen, die Chancen und die Schicksale von Millionen Menschen in Deutschland: jungen Menschen, die schon in der Schule befürchten müssen, daß ihr Einstieg ins Arbeitsleben mißlingt, auch wenn sie sich noch so anstrengen, oder denen, die in der Berufsausbildung stehen und wissen, daß die Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis nicht stattfindet. Da sind die Kinder — eine Million mittlerweile —, deren Eltern von Sozialhilfe leben und denen in der Schule auf oft bittere Weise beigebracht wird, daß man auf solche Eltern nicht stolz sein darf.
    Ich nenne die Langzeitarbeitslosen, die öffentlich als Versager gebrandmarkt sind, was ihre Chance, eine Arbeit zu finden, zusätzlich mindert. Da sind die vielen normalen Lohnempfänger, die sich krummlegen und doch nicht die Gewißheit haben, daß es bis zum Monatsende oder für den Urlaub reicht. Da sind die Facharbeiter in der privaten Wirtschaft und im öffentlichen Dienst, denen die Herren Rexrodt und Lambsdorff jede Woche einmal bescheinigen, daß sie keine Leistungsträger sind, und denen die Steuer- und Abgabenprogression jede Belohnung für vermehrte Leistungsanstrengung wieder wegfrißt.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Da sind schließlich die Familien mit mehreren Kindern und normalem Einkommen, die von dieser Regierung im Kinderlastenausgleich benachteiligt werden und die bis heute nicht einmal die steuerliche Behandlung bekommen haben, die das Bundesverfassungsgericht für notwendig hält.

    (Zuruf von der SPD: Verfassungsbruch!)

    Dies, Herr Bundeskanzler, ist die andere Seite Ihrer Bilanz. Wer sich seiner Erfolge rühmt, der muß die Verantwortung für die Mißerfolge übernehmen.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Lasten tragen Sie ja ohnehin nicht; die tragen die Menschen.
    Wie diese Bundesregierung mit Menschen, mit ihren Fähigkeiten und Hoffnungen seit Jahren verfährt, das ist es, was eigentlich die Krise unserer Gesellschaft ausmacht. Wenn die, die etwas leisten wollen, die Chance dazu nie erhalten, wenn die, die als Arbeiter und Angestellte etwas leisten, benachteiligt werden, weil sie nicht als Leistungsträger betrachtet werden, wenn die, die unverschuldet mit dem Schicksal der Arbeitslosigkeit oder des AngewiesenSeins auf Sozialhilfe konfrontiert werden, zu Versagern gestempelt und abgeschrieben werden, wenn die Freude über Kinder durch materielle Belastung in der Familie erstickt wird, wenn man nirgendwo mehr eine Chance sieht für sich selber und jedenfalls für die Kinder, wirklich voranzukommen, wenn das alles so ist oder von vielen so gesehen wird, dann entsteht ein



    Hans-Ulrich Klose
    soziales Klima in unserem Gemeinwesen, das katastrophale Folgen haben könnte und sie in unübersehbaren Ansätzen schon hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Kriminalität und Extremismus — ich weiß es — haben nicht allein materielle Ursachen. Daß aber Not, Bedrückung und Ungerechtigkeit den Nährboden für fortwuchernde Gewalttätigkeit bilden, das ist doch wirklich nicht zu bestreiten.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Menschen in Deutschland sind nicht besser, aber auch nicht schlechter als anderswo.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Eine großartige Erkenntnis!)

    Ich glaube deshalb nicht daran, daß Rücksichtslosigkeit, Neid, Haß und Gewalttätigkeit irgend etwas mit deutschem Charakter zu tun haben, genausowenig wie ich daran glaube, daß wachsende Enttäuschung, Hoffnungslosigkeit oder Resignation vieler Menschen vom Kleinmut der Deutschen zeugt. Nein, es ist die Politik dieser Bundesregierung, die diese Gesellschaft auseinandertreibt und entsolidarisiert.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese Gesellschaft lebt nicht mehr im Frieden mit sich selbst.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Die Zweidrittelgesellschaft, die mein Parteifreund Peter Glotz vor zirka fünfzehn Jahren als bedrohliche Vision diagnostizierte, ist heute Realität. Zwei Dritteln geht es gut und immer besser, und einem Drittel geht es schlecht und immer schlechter.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Dietrich Mahlo [CDU/CSU]: Eine Riesenrede!)

    In einer solchen Gesellschaft gedeihen Rücksichtslosigkeit und schrankenloser Egoismus, gilt die Fähigkeit zur Ellbogenkonkurrenz als Primärtugend, wird Gewalt ein beinahe identitätsstiftendes Mittel der Konfliktlösung. Und das nach 13 Jahren geistigmoralischer Führung und Erneuerung, Herr Bundeskanzler! Sie haben sie versprochen. Welch klägliches, nein, bitteres Resultat!

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Hans Modrow [PDS/Linke Liste])

    Insofern, Herr Bundeskanzler, stimme ich Ihrer Einschätzung durchaus zu. Es handelt sich bei der Bundestagswahl am 16. Oktober in der Tat um eine Richtungsentscheidung — nur anders, als Sie meinen. Es geht darum, ob diese Gesellschaft durch Ungerechtigkeit und Täuschung weiter entsolidarisiert und nach innen friedloser wird oder ob sozialdemokratisch geführte Politik den Menschen in Deutschland wieder das Vertrauen gibt, daß es gerecht zugeht in diesem Lande.

    (Beifall bei der SPD)

    Gerechtigkeit bedeutet nicht Gleichmacherei. Gerechtigkeit bedeutet: Jeder soll eine Chance haben, mit eigener Leistung den Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu verdienen. Gerechtigkeit bedeutet: Wer durch Arbeitslosigkeit, Alter oder Krankheit in
    materielle oder psychische Not gerät, der hat Anspruch darauf, daß die Gemeinschaft ihm hilft, wieder auf die Füße zu kommen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nirgendwo in der Welt!)

    Gerechtigkeit bedeutet: Der Staat hat durch seine Steuerpolitik nicht dafür zu sorgen, daß immer mehr Geld dorthin fließt, wo ohnehin schon reichlich vorhanden ist, sondern dorthin, wo die Menschen es nötig brauchen, weil sonst nichts da ist, was ihnen helfen könnte.

    (Beifall bei der SPD)

    Gerechtigkeit heißt schließlich, Verhältnisse zu schaffen, die es nicht nur den Privilegierten erlauben, für sich und ihre Kinder an einer besseren, glücklicheren Zukunft zu arbeiten.
    Um diese Richtungsentscheidung geht es am 16. Oktober: ob wir wieder zu einer Gesellschaft zurückfinden, die sich gleichsam selbst im Spiegel anschauen kann, ohne sich schämen zu müssen,

    (Beifall bei der SPD)

    oder ob es so weitergeht mit der Ungerechtigkeit, mit der Chancenlosigkeit für viele, mit sozialer Kälte für die einen und geschützten Privilegien für die anderen. Um diese Richtungsentscheidung geht es in der Tat 13 Jahre nach der geistig-moralischen Wende.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir kennen Ihre Argumente, Herr Bundeskanzler, und auch die des Bundesfinanzministers, daß nämlich die — gar nicht zu bestreitenden — Belastungen alle samt und sonders mit der deutschen Einheit zusammenhängen, eine Argumentation, die buchhalterisch nicht völlig falsch, die politisch gleichwohl irritierend ist, weil sie die Einheit zur Belastung erklärt und geradezu mit dem Finger auf die Menschen im Osten zeigt: Seht hin, die sind schuld!

    (Beifall bei der SPD — Adolf Roth [Gießen] [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)

    Die deutsche Einheit, meine Damen und Herren, ist ein Glücksfall, über den ich mich auch freuen würde, wenn das alles noch viel mehr Geld kosten würde.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. — Zuruf von der CDU/CSU: Aha! — Jochen Feilcke [CDU/CSU]: Wissen das Ihre Genossen?)

    — Hatten Sie daran bei mir je einen Zweifel? (Zuruf von der F.D.P.: Wenigstens einer!)

    Daß es jetzt aber soviel kostet, hat zum einen mit der Erblast der SED zu tun, was die SED-Nachfolgerin PDS hartnäckig zu verschweigen sucht, zum anderen mit verfehlter Politik dieser Bundesregierung, was wiederum Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, so gern vergessen machen möchten.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie sind verantwortlich für die Treuhandpolitik. Sie haben mit dem Prinzip Rückgabe vor Entschädi-



    Hans-Ulrich Klose
    gung ein Investitionshemmnis erster Ordnung gesetzt.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie haben den Menschen in Ost und West, was die Belastungen und Chancen der Einheit angeht, die Unwahrheit gesagt. Sie haben durch Ungerechtigkeit bei der Finanzierung der deutschen Einheit die Bereitschaft der Deutschen zur Solidarität auf nahezu null reduziert.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Gestaltung der deutschen Einheit ist eine Jahrhundertaufgabe, die mit normaler Haushaltspolitik nicht zu bewältigen ist. Das hätten Sie wissen und den Menschen sagen müssen. Es gab Alternativen.
    Stellen Sie sich einen Moment lang vor, Sie, diese Bundesregierung, hätten noch in Zeiten guter Konjunktur und damit noch in Zeiten, als die westdeutsche Bevölkerung durchaus opferbereit war, neben notwendigen Steuererhöhungen auch eine Vermögensabgabe gefordert, eine Art Lastenausgleich, von dem öffentlich z. B. der damalige Bundespräsident, meine Kollegin Ingrid Matthäus-Maier und Wolfgang Thierse gesprochen haben. Vergegenwärtigen Sie sich, daß eine solche Maßnahme, zum richtigen Zeitpunkt eingeführt, entscheidend dazu beigetragen hätte, das gigantische Ausmaß der jetzigen Staatsverschuldung zu vermeiden!

    (Beifall bei der SPD)

    Es wäre damit zugleich die Hochzinspolitik der Bundesbank vermieden worden. Die Preissteigerungen wären niedriger gewesen. Durch einen Zinssatz auf „normalem" Niveau wäre ein günstigeres Investitionsklima entstanden, was sich unmittelbar auf die Arbeitsmarktbilanz ausgewirkt hätte. Deutschland wäre bei weitem nicht in dem Maße kapitalimportierendes Land geworden, wie es das seit einigen Jahren ist. Selbst die europäischen Verstimmungen, insbesondere mit Frankreich, wären unterblieben, weil keiner unserer europäischen Nachbarn den Eindruck gewonnen hätte, gezwungenermaßen über ebenfalls hohe Zinssätze und deren konjunkturdrosselnde Effekte faktisch die deutsche Einheit mitfinanzieren zu müssen.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Von welchem Land reden Sie?)

    Ich weiß, nicht allen Schwierigkeiten wären wir entgangen; aber wir würden heute bedeutend besser dastehen, wenn die Bundesregierung offen und ehrlich gesagt hätte, was Sache ist.
    Die Solidarität der Deutschen, ihre Opferbereitschaft, war jedenfalls nach dem Fall der Mauer groß. Das ist heute anders, weil viele Menschen in Ost und West sich getäuscht sahen und sehen und weil sie das Gefühl haben, ungerecht behandelt zu werden. Das ist doch auch so: Die große Mehrheit der Durchschnittsverdiener, die beitragzahlenden Arbeitnehmer tragen eine größere Last als die anderen. Nicht die starken Schultern tragen stärker, sondern die schwachen. Das ist ungerecht. Die Leute wissen das, und wir sagen das.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn wir es sagen, dann hören wir von Ihnen, von seiten der Koalition, immer wieder die gleiche Litanei: Wir, die Sozialdemokraten, neideten den Eliten ihre Stellung, ihren Einfluß, ihr Geld oder ihr Vermögen. Nein, wir neiden den Eliten nichts. Wir haben auch gar keinen Grund dazu, denn viele davon gehören ja zu uns.
    Ganz abgesehen davon, daß ökonomisch und handwerklich eben eine ganze Menge dafür gesprochen hätte, eine wirkliche Gemeinschaftsanstrengung aller Deutschen zur Bewältigung der deutschen Einheit einzufordern, ging und geht es auch um den Konsens und den Gemeinsinn in dieser Gesellschaft.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wie soll denn gemeinsame Verantwortung, ein identitätsstiftendes, gemeinsames Engagement für dieses große politische Projekt deutsche Einheit entstehen, wenn nicht alle gleichermaßen angesprochen und gefordert sind?
    Ist es glaubhaft, daß ausgerechnet die Eliten geschont werden müssen, weil sie sonst die politische Gefolgschaft aufkündigen? Glauben Sie ernsthaft, die Eliten, denen es doch leichter fällt, Schwierigkeiten der Politik zu überblicken, würden sich überfordert oder gar in ihrer Leistungsbereitschaft gehemmt sehen, wenn sie tragen müßten, was sie ohne Risiko tragen könnten?
    Nein, es gibt für diese Politik der Bundesregierung im Grunde nur eine einzige Erklärung: Es ist so schön einfach, sich an die zu halten, die sich nicht ganz so gut wehren können wie die Stärkeren und Einflußreichen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist die Erklärung, Herr Bundeskanzler. Sie haben es sich einfach gemacht. Sie haben an sich und die Regierung nicht einmal den Anspruch gestellt, einen großen gesellschaftlichen Konsens und eine gemeinsam geschulterte Verantwortung herbeizuführen. Im Ergebnis fehlt jede Aufbruchstimmung, es mangelt an Phantasie. Das Gefühl, daß wir gemeinsam wirklich an etwas Großem, an etwas Historischem arbeiten, stellt sich nicht mehr ein; ich fürchte, es ist auf Dauer verloren.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Um es insoweit zusammenzufassen: Die Stimmung ist mies, die Opferbereitschaft weg;

    (Lachen bei der CDU/CSU und der. F.D.P.)

    aus der Freude über den Glücksfall der Geschichte wurde ein Belastungsdiskurs. Mittlerweile kommen sogar einige Leute im Westen auf die Stammtischidee, politisches Wohlverhalten im Osten einzufordern, solange man aus dem Westen Transferzahlungen leistet. Die PDS wird für diese Art Wahlkampfhilfe dankbar sein. Es ist ein Elend.

    (Beifall bei der SPD)

    Daß wir trotz dieses Elends die deutsche Einheit am Ende zum Erfolg führen, wir, die Deutschen, davon bleibe ich fest überzeugt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wo denn?)




    Hans-Ulrich Klose
    Aber es wird wegen der vielen Fehler, für die diese Regierung verantwortlich ist, länger dauern, mehr kosten und mit größeren Schmerzen verbunden sein, als nötig gewesen wäre.

    (Beifall bei der SPD)

    Die bisweilen laut, häufiger leise geäußerte Sorge, daß wir heute weiter als noch vor drei oder vier Jahren davon entfernt sind, ein Volk zu sein, reflektiert eine Entwicklung, die sich um Gottes willen nicht fortsetzen darf.
    Meine Damen und Herren, daß etwas nicht in Ordnung ist in unserer Gesellschaft, registrieren nicht nur wir Sozialdemokraten. Die Kirchen denken darüber nach, dringliche Mahnungen gibt es aus dem Bereich der Wissenschaft.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die werden falsch zitiert!)

    Aber auch in der Union beklagt z. B. der Kollege Schäuble die gesellschaftlichen Identitätsverluste und das Schwinden des Wir-Gefühls. Er sucht nach einer neuen — wie er sagt — „Bindekraft".
    Daß Sie, Herr Kollege Schäuble, bei Ihrem Nachdenken die Verantwortung konservativer Politik für die von Ihnen beklagte Entwicklung erkennen und bekennen, das wäre gewiß zuviel verlangt. Da will ich Sie nicht überfordern. Daß Sie aber ausgerechnet das Nationale als „Bindekraft" für eine konfliktive Gesellschaft wählen — „gemeinsame Werte", „nationale Zusammengehörigkeit" , „Rückbesinnung auf unsere nationale Identität" sind Ihre Worte —, das finde ich problematisch, um es sehr milde zu formulieren.

    (Beifall bei der SPD)

    Damit es, Herr Kollege Schäuble, kein Mißverständnis zwischen Ihnen und mir gibt: Ich gehöre nicht zu denen, die Sie wegen dieser Auffassung für einen überzeugten oder gar extremen Nationalisten halten.

    (Jochen Feilcke [CDU/CSU]: Das ist ja gnädig!)

    Mit Verlaub, ich halte Sie jedenfalls für viel zu klug, um auf nationalistische Leimruten zu kriechen. Was Sie betreiben, könnte man jedoch als „taktischen" Nationalismus bezeichnen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Sie wollen die Anrufung des Nationalei instrumentalisieren, um die verlorengegangenen Wertbindungen in der Gesellschaft zu ersetzen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Das Nationale gewissermaßen als Surrogat für verlorengegangenen Gesellschaftskitt!
    Ihnen, Herr Schäuble, und allen anderen, die in ähnliche Richtungen denken und argumentieren, rate ich mit großem Ernst, aufzuhören mit diesem Spiel. Es ist ein Spiel mit dem Feuer!

    (Beifall bei der SPD)

    Für Nachahmer mit ganz anderen Absichten, als Sie sie haben, setzen Sie ein verdammt schlechtes Zeichen. Dazu drei Argumente. Noch argumentieren wir ja; wir versuchen es mindestens.
    Erstens. Es ist ein Irrtum zu glauben, das Nationale könne man anrufen, um instabile gesellschaftliche Verhältnisse durch kollektive Sinnstiftung zu beruhigen. Werden die Verhältnisse dann wirklich instabil, entgleitet der Nationalismus dem rationalen Diskurs und gewinnt explosive Zerstörungskraft durch die Dynamik eines verselbständigten politischen Prozesses.

    (Beifall bei der SPD)

    Wer an einen angeblich gesunden Nationalismus glaubt und ihn predigt, der nimmt letztlich in Kauf, daß unkontrollierbarer, explosiver Chauvinismus daraus erwächst.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Es ist — finde ich — irritierend, daß man das im Jahre 1994 in Deutschland betonen muß.

    (Beifall bei der SPD)

    Zweitens. Die Anrufung des Nationalen ist so überflüssig wie ein Kropf. Mit den Worten von Hans Barbier von der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" — ich zitiere —:
    Die Bundesrepublik hat ihren Platz in der Welt 40 Jahre lang gefunden, ohne das Nationale auch nur zu vermissen. Wer es heute — mit allen Risiken, die diese Chiffre in Deutschland nun einmal hat — in den politischen Prozeß einführt, der ist begründungspflichtig. Wozu ist das gut, wird das gebraucht, wem schadet das?
    Es ist nicht gut, sage ich; es funktioniert nicht; und es wird auch nicht gebraucht.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Die gesellschaftlichen Konflikte können wir rational lösen, durch bessere Politik, ohne auf ontologische Sinnstiftung zu verweisen, die letztlich einem totalitären Anspruch verpflichtet ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Zudem weiß doch hier jeder — fast jeder -, daß die Anrufung des Nationalen uns im Verhältnis zu unseren Partnern schadet. Die Betonung des Nationalen wird unweigerlich zu einem Verlust an Berechenbarkeit führen. Das über lange Zeit aufgebaute Vertrauen in die Verläßlichkeit deutscher Politik wäre tangiert. Sie sehen doch, Herr Kollege Schäuble, wie irritiert die europäischen Regierungen auf Ihre jüngsten Europavorschläge reagieren!

    (Beifall bei der SPD)

    Drittens. Auch „taktischer" Nationalismus ist — ich wiederhole es — ein schlechtes Zeichen. Es ist jedenfalls schwer, nationalistisch gefärbten Haß, Gewalt und Ausländerfeindlichkeit zu bekämpfen, und zwar mit jener Entschlossenheit, die ich bei der Bundesregierung ohnehin vermisse, wenn ich dem Nationalen in einem anderen Zusammenhang eine Weihestätte einrichte.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Wer tut denn das? — Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Wer hat denn das getan?)




    Hans-Ulrich Klose
    Wie viele, frage ich mich, frage ich Sie, werden in der Lage sein, das eine von dem anderen zu unterscheiden?

    (Beifall bei der SPD)

    Noch einmal, meine Damen und Herren: Ich rate Ihnen, ja ich bitte Sie, diesen Geist nicht aus der Flasche zu lassen.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Oh Gott!)

    Die Nation geht uns nicht verloren und der Patriotismus auch nicht. Genügt es nicht, daß wir unser Land lieben und daß wir an die Menschen glauben, um Zuversicht zu stiften? Ich denke: ja.

    (Beifall bei der SPD)

    Sicher bin ich jedenfalls, daß wir Ersatzreligionen — das ist nicht Ihr Wort —, insbesondere solche mit einem stark infizierenden Charakter, nicht brauchen.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, auch der Antikommunismus ist als Bindekraft in einer auseinanderdriftenden Gesellschaft höchst ungeeignet;

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aha!)

    denn zum einen liegt glücklicherweise die Zeit des Kalten Krieges hinter uns, und zum anderen ist der Kommunismus — Gerhard Schröder hat es gestern so formuliert — mausetot.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU — Dr. Kurt Faltlhauser [CDU/CSU]: Ist putzmunter!)

    Wir werden es wahrscheinlich alle noch erleben, daß auch die letzten kommunistischen Bastionen, größere und kleinere, in absehbarer Zukunft implodieren.
    Der Kommunismus ist tot, der Antikommunismus freilich lebt.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Gott sei Dank!)

    „Taktischer Antikommunismus" ist wahrscheinlich die richtigere Bezeichnung.

    (Dr. Kurt Faltlhauser [CDU/CSU]: Gysi ist quicklebendig!)

    Denn es ging und geht den taktischen Antikommunisten in Wahrheit nur um eines: Mit der Kritik am Kommunismus soll die Sozialdemokratie gejagt und getroffen werden.

    (Beifall bei der SPD — Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Am meisten von den Blockflöten! — Zurufe von der CDU/CSU)

    Es ist schon komisch, wenn es nicht so bitter wäre: Während der Kommunismus seit seinem Bestehen die Sozialdemokratie zu seinem vornehmsten Feind erklärte — „Sozialdemokratismus" —,

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    versuchen die taktischen Antikommunisten unentwegt zu suggerieren, Sozialdemokratie und Kommunismus seien zwei Seiten einer Medaille. „Alle Wege
    des Sozialismus führen nach Moskau", „Volksfront"
    — und jetzt „rote Socken".

    (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU: Magdeburg! — Glocke der Präsidentin)

    — Frau Präsidentin, mich irritiert das alles relativ wenig. Ich muß Ihnen nämlich ein kleines persönliches Geheimnis erzählen: Ich habe seit vier Wochen Ohrenprobleme, höre relativ schlecht, mit dem rechten noch schlechter als mit dem linken Ohr. Sie können deshalb rufen, was Sie wollen, ich höre es eh nicht. Das hat manchmal Vorteile.

    (Beifall und Heiterkeit bei der SPD — Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Ein bißchen blind sind Sie auch!)

    Meine Damen und Herren, ich will nicht allzuweit in die Vergangenheit zurückgehen. Vergangenheitsbewältigung ist eine schwierige Sache, und Politiker, zumal in Wahlkampfzeiten, haben ganz offensichtlich Schwierigkeiten im Umgang mit der Wahrheit.
    Aber vielleicht erinnern sich einige auf der rechten Seite dieses Hauses noch daran, wie von ihnen damals versucht worden ist, mit dem Schüren von Kommunistenangst die GRÜNEN zu bekämpfen und die tatsächliche oder vermeintliche Zusammenarbeit mit Sozialdemokraten zu denunzieren. Das war doch so; es gibt dafür zahlreiche Belege in den Protokollen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Das hat sich durch Zeitablauf inzwischen erledigt. Heute gibt es sowohl bei Konservativen wie bei GRÜNEN — jenen, die man die Wertkonservativen nennt — Überlegungen, ob nicht auch Schwarz-Grün ginge. Und ich sage Ihnen: Es wird sehr spannend, dies weiter zu verfolgen.
    Die GRÜNEN jedenfalls sind als Gespenst nicht mehr brauchbar. Glücklicherweise gibt es ein neues Gespenst, die PDS. Ob die PDS eine kommunistische Partei ist, ist zwar nicht eindeutig belegt, aber die PDS — —

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    — So ist das halt mit der Argumentation und der Wahrheitsfindung. Ich verstehe auch Sie nicht, Herr Schäuble; es tut mir wahnsinnig leid. Sie müssen es mir hinterher sagen.
    Aber — das füge ich dem ersten Satz hinzu — die PDS ist die Nachfolgepartei der SED. Sie duldet in ihren Reihen eine „kommunistische Plattform", und sie verweigert bis zum heutigen Tage eine Klärung ihres ideologischen Standorts.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Es gibt also, wie ich zugebe, Klärungsbedarf. (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Ja!)

    Aber um Aufklärung geht es der Union und dem Herrn Bundeskanzler gar nicht. Ihn interessiert auch weniger die PDS als vielmehr die Macht. Um der Macht willen wird die PDS instrumentalisiert, um einmal mehr die SPD zu diffamieren;

    (Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU — Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Magdeburg!)




    Hans-Ulrich Klose
    eine ziemlich absurde Kampagne, die im Osten kaum jemand versteht, die mehr zur Spaltung als zur Einheit beiträgt und die erkennbar zu nichts Gutem führen kann.
    Vollends absurd wird diese Situation, wenn man sich vergegenwärtigt, daß es gerade die Politik dieser Bundesregierung ist, die entscheidenden Anteil daran hat, daß die PDS in den sogenannten neuen Ländern bei Wahlen so stark geworden ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Haben Ihnen, Herr Bundeskanzler, Ihre Parteifreunde im Osten Deutschlands noch nicht gesagt, warum die Menschen dort PDS wählen? Haben sie Ihnen noch nicht gesagt, was in den Köpfen und Herzen von Menschen geschieht, die, nachdem sie die Freiheit endlich erlangt haben, von geldgierigen Raubrittern betrogen, wegen einer idiotischen Restitutionsregelung um ihr bißchen Eigentum gebracht, wegen sogenannter Staatsnähe pauschal mit der Kappung ihrer Rentenbezüge bestraft werden und die ihr Selbstwertgefühl verloren haben, weil ihr Leben, ihre Existenz von heute auf morgen nichts mehr wert sein soll?

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Genau diese Argumentation ist mies! — Weitere anhaltende Zurufe von der CDU/ CSU und der F.D.P.)

    Ist das noch nicht zu Ihnen vorgedrungen, Herr Bundeskanzler? Wird Ihnen nur der organisierte Jubel vorgeführt,

    (Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Ja!)

    und haben Sie die ohnmächtige Wut, die hilflose Enttäuschung und das Gefühl, unablässig betrogen zu werden, ohne sich wehren zu können, noch nie wirklich wahrgenommen? Dann schauen Sie sich endlich einmal die wahren Keimzellen der PDS-Erfolge im Osten Deutschlands an: die Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit als Resultat verfehlter Politik, Ihrer Politik, Herr Bundeskanzler!

    (Beifall bei der SPD — Dr. Kurt Faltlhauser [CDU/CSU]: Ihr macht sie hoffähig!)

    Um jeden Zweifel zu zerstreuen, sage ich mit aller Deutlichkeit: Wer immer in der letzten Zeit meinte, den Rat geben zu müssen, die SPD dürfe in ihrer Behandlung der PDS die historische Spaltung der Arbeiterbewegung nicht wiederholen, der irrt fundamental.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Na, na!)

    Einmal ganz abgesehen davon, daß ich nicht anzugeben wüßte, was „Arbeiterbewegung" heute konkret und real bedeuten könnte, scheint mir das eher ein übriggebliebenes ideologisches Konstrukt zu sein.

    (Peter Hintze [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Aber entscheidender ist: Die Spaltung der Arbeiterbewegung war historisch unvermeidlich und notwendig, und sie ist nicht rückgängig zu machen. Denn es war die Spaltung zwischen freiheitlicher und demokratischer Bewegung hier und unfreier, am Ende totalitärer Bewegung dort.

    (Beifall bei der SPD)

    Freiheit und Unfreiheit, Demokratie und Unterdrükkung können keine politischen Brüder oder Schwestern sein, und sie dürfen es auch niemals werden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Von dieser geschichtlichen Erfahrung wird die deutsche Sozialdemokratie niemals auch nur einen Millimeter abweichen.

    (Jochen Feilcke [CDU/CSU]: Siehe SachsenAnhalt!)

    Weil das aber unsere mehr als ein Jahrhundert dauernde Geschichte und Tradition ist — und unsere ist besser als Ihre —,

    (Beifall bei der SPD)

    brauchen wir uns von den Koalitionsparteien Belehrungen in Sachen Demokratie nicht anzuhören.

    (Beifall bei der SPD)

    Die PDS ist unser politischer Gegner, und zwar vor, in und nach Wahlen.

    (Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir werden aber, mögen die taktischen Antikommunisten noch so heulen und johlen, nicht den Fehler machen, die Wähler der PDS zu stigmatisieren.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Lachen und Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Die wählen zu einem nicht unerheblichen Teil die PDS, weil sie sich bereits ausgegrenzt fühlen. Was soll denn das, den Schaden zu verdoppeln, statt zumindest ein bißchen Gespür für die verzweifelte Situation vieler Menschen aufzubringen? Ich hoffe doch sehr, daß CDU und CSU nicht dem Irrtum unterliegen, sie könnten ihre selbstgeschaffenen Probleme vergessen machen, indem sie die PDS-Wähler ausgrenzen und die SPD diffamieren.
    Radikalisierten Protest kann man ignorieren; das ist wohl wahr. Über kurz oder lang aber werden Sie mit dieser Taktik gegen die Wand laufen; dann jedenfalls ist es für das Weglaufen zu spät.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, in meiner ersten Rede als Fraktionsvorsitzender habe ich den englischen Schriftsteller John le Carré zitiert. Ich zitiere ihn heute, am Ende der Legislaturperiode, erneut: Der Kommunismus habe zwar verloren, aber ob der Kapitalismus gewonnen habe, sei noch nicht entschieden. Ich wiederhole dies, um heute wie damals deutlich zu machen, daß die westliche Welt vor gigantischen Herausforderungen steht. Bis heute ist höchst fraglich, ob wir diese Herausforderungen bewältigen werden. Es ist nicht einmal klar, ob wir es wollen, ob wir überhaupt ernsthaft den Versuch machen, die Probleme zu lösen.
    Dabei waren noch nie in der Geschichte der Menschheit die Gefahren für ihr Überleben wissenschaftlich so genau vermessen und prognostiziert. Es herrscht eigentlich kein Mangel an plausiblen und zumeist pragmatischen Lösungsmöglichkeiten.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Jetzt zitieren Sie Schäuble!)

    Aber es passiert fast nichts, jedenfalls zu wenig.



    Hans-Ulrich Klose
    „Wir Wissenschaftler", schreibt Hans Joachim Schellenhuber, „sind wie Lotsen auf einem Vergnügungsdampfer, die genau wissen, daß wir auf einen Eisberg stoßen, wenn wir so weitermachen. Dem Kapitän zu sagen, er solle den Kurs ändern, ist zwecklos, weil sich die Gesellschaft gerade so schön vergnügt. Deshalb berechnen wir, wie lange es noch bis zum Aufprall dauert und wie wir die Leute in die Boote bringen."
    Das Bild stimmt, meine Damen und Herren, abgesehen davon, daß ich Zweifel habe, ob es dann die Rettungsboote noch geben wird.
    Es sind ja keine Katastrophengemälde; es ist ausrechenbare Zukunft, daß bestimmte bedrohliche oder besorgniserregende Entwicklungen auf unserer Welt mit exponentieller Geschwindigkeit wachsen.

    (Dr. Kurt Faltlhauser [CDU/CSU]: Das ist ein Katastrophengemälde! Unglaublich!)

    „Exponentiell" will sagen: Nach langen Phasen von Ruhe und Stabilität, in denen sich nichts zu verändern scheint, treten katastrophale Konsequenzen überfallartig hervor und treffen die Menschen nicht nur unerwartet und unvorbereitet, sondern auch bar jeder Handlungsmöglichkeit.
    Zu den gegenwärtigen exponentiellen Entwicklungen,
    sagt Dieter Lutz,
    gehören zum Beispiel das Bevölkerungswachstum, die Konzentration der sogenannten Treibhausgase und die Gefährdung der Ozonschicht, die Luftverschmutzung und die Klimaveränderungen, das Artensterben und die Vernichtungswirkung von Waffen.
    Ich füge meinerseits hinzu: das beinahe epidemische Anwachsen von Irrationalität, religiös verbrämtem politischen Fundamentalismus und terroristischer Gewalt.
    Noch ein, zwei oder drei Menschenleben werden wir, jedenfalls hier in Westeuropa, vielleicht oder hoffentlich leben können, ohne daß wir uns durch diese Entwicklungen sonderlich beeinträchtigt fühlen. Aber jeder weiß doch: Wenn wir diese Zeit, in der uns scheinbar kaum etwas fehlt oder uns nichts geschieht, nicht nutzen, um die beschriebenen Entwicklungen zu stoppen, werden sie uns am Point of no return überrollen. Das ist die Herausforderung.
    Damit sich keiner täuscht, welchen Weg wir bis zu diesem Point of no return bereits zurückgelegt haben: Diese Herausforderung ist der Politik in aller Welt seit mindestens 20 Jahren bekannt. Jurek Becker hat die Situation exakt beschrieben:
    Wir sitzen in einem Zug mit allem Komfort, mit Klimaanlage und Speisewagen. Die Fenster sind geschlossen, alles funktioniert. Wir merken nur nicht, daß die Strecke ständig bergab geht.
    Meine Damen und Herren, es ist doch wahr: Zu lange treibt unser Land ohne echten Sinn für gemeinsame Ziele und Verantwortlichkeiten dahin.

    (Beifall bei der SPD)

    Zu viele Menschen sind schon zu lange arbeitslos oder leben im sozialen Abseits. Zu groß sind die Schäden an der Natur, die wir zukünftigen Generationen zumuten. Zu wenig werden die Chancen genutzt, die unsere Techniker entwickeln könnten und die in unserer Wirtschaft liegen, um zu mehr Beschäftigung und zu einer umweltverträglichen Entwicklung zu gelangen.
    Wir Sozialdemokraten wollen und werden die Orientierungskrise und die Unsicherheit vieler Menschen überwinden. Die Kluft zwischen unserem Wissen über die sozialen und ökologischen Gefährdungen und den praktischen Konsequenzen darf nicht noch tiefer werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir werden die Regierungspolitik der folgenlosen Ankündigungen beenden, weil um Gottes willen aus enttäuschten Hoffnungen und Verdrossenheit keine Abkehr von unserer Demokratie erwachsen darf. Wir nehmen die Sorgen der Menschen ernst, aber wir wollen ihnen zugleich Mut machen, sich wie in den 70er Jahren mit uns für Demokratie und Reformen zu engagieren.

    (Beifall bei der SPD)

    Ziel unserer Politik ist es, daß jeder Bürger eine verläßliche Existenzgrundlage und die gerechte Chance auf sozialen Aufstieg hat. Dies erfordert eine intelligente, im Dialog entwickelte, marktkonforme und pragmatische Industriepolitik mit ehrgeiziger ökologischer Zielsetzung.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Deshalb steht der von uns allen getragene soziale und ökologische Umbau unserer Volkswirtschaft an erster Stelle einer sozialdemokratischen Reformpolitik. Dies ist unser eigentliches Reformprojekt.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, es geht um eine Richtungsentscheidung. Es hat keinen Sinn, darum herumzureden. Am 16. Oktober steht die Alternative zur Wahl, sich weiter so durchzuwursteln oder einen neuen politischen Anfang zu wagen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir wollen eine bessere und gerechtere Politik. Das sind wir unserem Land und unseren Kindern schuldig.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächster spricht der Kollege Michael Glos.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Michael Glos


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sich mich ein paar Worte zum Kollegen Klose sagen. Erstens. Die Mahnung hinsichtlich der leisen Töne hätten Sie gestern an Herrn Lafontaine und Herrn Schröder richten sollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Zweitens. Wenn Sie von mieser Stimmung gesprochen haben, dann können Sie nur die Stimmung in der SPD gemeint haben. Wenn Sie von fehlenden gemein-



    Michael Glos
    sauren Zielen in unserem Land gesprochen haben, dann haben Sie wieder nur von Ihrer Partei gesprochen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Hör' auf mit dem Quatsch!)

    Drittens. Ihre heutige Distanzierung von Herrn Scharping, der der Architekt der Koalition in Magdeburg war, war sehr interessant. Es ist ja auch bekannt, daß Sie diese Koalition nicht eingefädelt hätten. Insofern finde ich diese Klarstellung sehr gut.
    Sie haben gesagt: Um der Machterhaltung willen wird die PDS instrumentalisiert. Ich frage: Wer hat denn die PDS instrumentalisiert, indem man sich mit den Stimmen aus der PDS zum Ministerpräsidenten hat wählen lassen?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Joachim Poß [SPD]: Sie!)

    Das von Ihnen angesprochene „no return" muß doch für den Kommunismus in diesem Land gelten.
    Viertens und letztens. Sie haben heute gezeigt, Herr Kollege Klose, daß man auch mit leisen Tönen unverschämt sein kann, wenn ich Ihre Ausführungen in bezug auf Herrn Schäuble nehme.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Das ist wahr!)

    Wir verabschieden morgen die letzten alliierten Soldaten aus Berlin. Ich möchte an dieser Stelle den Amerikanern, Briten und Franzosen für ihren Schutz und ihre Opfer für die Freiheit unserer Hauptstadt danken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ohne diese großartige Hilfe unserer westlichen Partner und unserer europäischen Freunde wäre es nicht gelungen, das Joch des Kommunismus abzuschütteln.
    Wir möchten, daß dieses Europa weiter ausgebaut wird, daß es da, wo es möglich ist, vertieft wird, daß es kein Closed Shop für die jetzt zu ihm gehörenden Länder bleibt, sondern daß es sich auch für andere Länder öffnet. Darüber diskutieren wir, und darüber denken wir nach. Bei uns gibt es kein Denkverbot. Genau das steht in dem von Herrn Schäuble, mir und anderen vorgelegten Papier.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Vor einer Woche haben wir feierlich die letzten russischen Soldaten als Freunde von deutschem Boden verabschiedet — ein großer und historischer Tag deutscher Geschichte. Es ist der Politik von CDU und CSU, der Politik von Konrad Adenauer und Franz Josef Strauß und ihrer Nachfolger Helmut Kohl und Theo Waigel zu verdanken, daß dies so Früchte trägt.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    In ganz Deutschland herrschen Freiheit und Rechtsstaatlichkeit, aber auch wirtschaftlicher Aufschwung und soziale Sicherheit, und der Arbeitsmarkt hat sich
    schneller gewendet, als wir es alle zu hoffen gewagt haben.

    (Zuruf von der SPD: Wo denn?)

    Die Zahl der Arbeitslosen ist erstmals wieder rückläufig, und die der Kurzarbeiter ist sehr deutlich zurückgegangen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    In- und ausländische Investoren haben wieder Vertrauen zu Deutschland. Die D-Mark ist heute stabiler und härter denn je, sie ist eine internationale Ankerwährung und genießt weltweit hohes Vertrauen. Die Inflationsrate sinkt weiter. Das ist die sozialste Politik für breite Bevölkerungsschichten, die man machen kann.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die neuen Bundesländer sind die Wachstumsregion Nummer eins in Europa, mit höheren Wachstumsraten als die Wachstumsregionen Südostasiens.
    Die Sozialleistungen in Deutschland sind weiterhin, auch international gesehen, auf dem allerhöchsten Stand. Das ist Politik für die Menschen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Vieles, ja das allermeiste von dem, was wir durchgesetzt haben, gerade in puncto Haushaltskonsolidierung, in puncto wirtschaftlicher Weichenstellung, mußte gegen die Verweigerungshaltung und gegen die Destruktion der Sozialdemokraten durchgesetzt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. — Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Leider wahr!)

    In einer historisch wichtigen Phase deutscher Geschichte gefährden SPD und GRÜNE mit ihrer Politik der Sonderwege unsere auf Frieden und Freiheit, auf Vertrauen und Stabilität ausgerichtete Außenpolitik, aber sie gefährden auch durch eine auf Verweigerung und Aussteigermentalität gegründete Wirtschafts- und Energiepolitik die wirtschaftlichen und finanziellen Fundamente unseres Landes. Deutschlands Zukunft wäre auf das höchste gefährdet, wenn eine Front aus GRÜNEN, SPD und der kommunistischen PDS die Verantwortung für unser Land bekäme.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Die SPD — Herr Scharping kann es ja korrigieren—ist in allen zentralen Fragen tief gespalten, unglaubwürdig und nicht regierungsfähig.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Die Zweifel an den Fähigkeiten von Herrn Scharping wachsen mittlerweile doch insbesondere in den Reihen der SPD. Selbst bei Ihnen traut ihm niemand mehr viel zu,

    (Detlev von Larcher [SPD]: Das möchten Sie gern!)




    Michael Glos
    seit man weiß, daß er brutto nicht von netto unterscheiden kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Deswegen erleben wir ja auch eine Uraufführung im deutschen Oppositionstheater: Die SPD tritt mit einem Team von Kanzlerkandidaten an, einer Troika, frei nach Karl Valentin: Der eine soll morgens, der andere an geraden Tagen und der Dritte nur montags und freitags regieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Schlimmer ist der Kanzlerkandidat einer Partei vor der Wahl noch nie demontiert worden; nach der Wahl hat die SPD ihre Kandidaten allemal demontiert.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Im krassen Gegensatz zum russischen Pferdeschlitten — das ist ja die klassische Troika — zieht bei der SPD-Troika jeder in eine andere Richtung.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Ein Dreier ohne Steuermann!)

    Vor allen Dingen ist das Niedersachsen-Roß schon nach Hause getrabt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Die Einbindung von Herrn Schröder in diese Troika hat doch nur bedeutet: Es darf nach der Wahl keine strahlenden Verlierer geben, sondern alle müssen mit in den Sog des Niedergangs hineingezogen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Aus diesem Grunde gab es auch das Werben um diesen Niedersachsen-Schimmel.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Wir haben doch noch gar nicht Karneval!)

    Ich möchte gern etwas zu Ihrer Regierungsmannschaft sagen, Herr Scharping; nicht zu allen, weil es sich nicht lohnt, aber einen Teil der Leute möchte ich doch kurz streifen. Interessant ist z. B. der Schattenaußenminister Verheugen, der warnte, der Plutoniumschmuggel sei von der Bundesregierung inszeniert. Ich kann nur sagen: Der amoklaufenden SPD ist in ihrem Verzweiflungskampf jedes Mittel zur Verleumdung der Bundesregierung recht.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Sehr wahr!)

    Da Herr Verheugen ohnedies nur Platzhalter für Joschka Fischer ist — er ist schon anwesend —, der künftig Vizekanzler und Außenminister werden soll, lohnt es sicher nicht, sich weiter mit ihm auseinanderzusetzen.
    Herr Klose hat vorhin — in unnachahmlich larmoyanter Weise — die Probleme der Dritten Welt beschrieben. Ich nehme das sehr ernst. Aber dann sorgen Sie, Herr Klose, dafür, daß man nicht einfach das Entwicklungsministerium, das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, streicht und es künftig bei Herrn Joschka Fischer ins Außenministerium eingliedert. Das ist doch unglaublich, das ist doch ein Schlag gegen die Dritte Welt!

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Das Landwirtschaftsministerium — und die Bauern werden es Ihnen danken — soll ein Wurmfortsatz des Umweltministeriums der Greenpeace-Aktivistin Monika Griefahn werden.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    Damit werden die Landwirte von der SPD als ökologischer Störfall eingestuft.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Wenn Frau Griefahn künftig die Agrarpreise und die Konditionen für deutsche Bauern in Brüssel aushandeln muß, dann tritt ein Zustand ein, der dazu führt, daß sie die Bauern anschließend auf ihre „rote Artenschutzliste" setzen kann, denn dann sind sie vom Aussterben bedroht.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Wer die deutsche Landwirtschaft zum Anhängsel einer ökomarxistischen Steinzeitpolitik machen will, macht sich der Vernichtung Zigtausender Familienbetriebe schuldig.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Dies zeigt, daß die SPD die Landwirtschaft abgeschrieben hat.

    (Peter Conradi [SPD]: Als Kabarettist ist der nicht gut genug!)

    — Weil Sie gerade den Zuruf „Kabarettist" machen: Daran können auch die kabarettistischen Bierzeltnummern, die von Renate Schmidt in Bayern zur Verwirrung der Landwirtschaft veranstaltet werden, nichts ändern, meine sehr verehrten Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Auftritte erinnern sowieso mehr an eine Operette von Lehär

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: An welche denn?)

    als an solide und seriöse politische Alternativen zur bayerischen Staatsregierung.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Sehr wahr!)

    Obwohl sich Herr Schröder wieder in sein Land zurückgezogen hat, möchte ich ihm doch noch ein paar Worte widmen. Seine wirtschaftspolitische Visitenkarte, sein Empfehlungsschreiben: 10,2 % Arbeitslosigkeit. Mit dem Saarland von Herrn Lafontaine liefert sich Herr Schröder einen Wettlauf bei den Negativbilanzen. Dort liegt die Arbeitslosenquote bei 12 %. Der Freistaat Bayern hingegen hat trotz erheblicher Strukturprobleme im Durchschnitt eine Arbeitslosenquote von 6,5 %.



    Michael Glos
    Nirgendwo sind Personalausgaben und Neuverschuldung in den Jahren 1990 bis 1993 stärker gestiegen als in Niedersachsen.

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Reden Sie nicht so falsch daher!)

    Auch andere Länder hatten die Finanzierung der Wiedervereinigung zu verkraften. Allein die Ministerialbürokratie — und das ist entlarvend — wurde um 20 % aufgebläht.

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Lächerlich!) Wie glaubhaft ist demnach Herr Schröder?


    (Detlev von Larcher [SPD]: Das sehen Sie am Wahlergebnis!)

    Er ist da so wenig glaubhaft wie in der Energiepolitik, in der er sich nicht hatte durchsetzen können. Frau Simonis hat vor Ausstiegsbeschlüssen von SPD und GRÜNEN gewarnt: „Wir dürfen die Menschen nicht belügen." Ich kann mich ihr nur anschließen. Wer vorgibt, die deutschen Kernkraftwerke abschalten zu können, der gefährdet den Wirtschafts- und Industriestandort Deutschland und unsere Umwelt in eklatanter Weise.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Nun zum Finanzjongleur und Steuerhinterzieherfreund — Sie haben ja Johannes Zwick Asyl gewährt —, dem Schulden-Oskar aus dem Saarland: Herr Lafontaine, Sie haben hier gestern eine demagogische, eine schäbige Vorstellung gegeben.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: War sehr gut!)

    Vor allen Dingen haben Sie durch Ihre fälschenden Darstellungen, was die Verschuldung des Bundes in den letzten Jahren betrifft, gezeigt, daß Sie die deutsche Einheit immer noch ablehnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Herrn Lafontaine, dem Schulden-Oskar von der Saar, die Verantwortung für die deutschen Finanzen zu übertragen, hieße doch, den Bock zum Gärtner zu machen. Wer dies tut, handelt genauso töricht wie der Trägerverein eines Lyzeums, der einen Rotlichtbaron zum Präfekt beruft.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich gehe eine Wette ein, daß in diesem Fall die Keuschheit der jungen Damen trotzdem weniger gefährdet wäre als im umgekehrten Fall die Stabilität der D-Mark bei einem Finanzminister Lafontaine.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Lafontaine und Schröder sind, obwohl von der SPD groß herausgestellt — auch das geht in der Öffentlichkeit unter —, in Wirklichkeit doch nur zweite Wahl, da sich Edzard Reuter und Karl-Otto Pöhl für Scharpings Verliererteam zu schade gewesen sind. Oder liegt es etwa an der Bezahlung? Beide Herren sind ja auch dafür bekannt, daß sie nur für sehr viel Geld tätig werden.

    (Freimut Duve [SPD]: Tolle programmatische Erklärung!)

    Ich möchte mich jetzt ein bißchen mit einer neuen Institution befassen, die auf uns zukommen soll, nämlich den sogenannten Beratern. Frau Steilmann will ihre Zweitstimme der CDU und Helmut Kohl geben. Das war das Vernünftigste, was ich bisher von ihr gehört habe.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Jens Reich hat laut „Bild"-Zeitung vom 5. September angekündigt: Ich wähle BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.
    Dann gibt es noch die Talk-Show-Ministerin Regine Hildebrandt. Ich bin überzeugt, Herr Scharping, die wird Sie mehr nerven als Ihnen nutzen; Ihnen wird es gehen wie den deutschen Fernsehzuschauern.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Außerdem ist von ihr der Ausspruch bekannt — ich zitiere —: In der SED-Nachfolgepartei PDS gibt es „eine Menge guter Leute, mit denen wir zusammenarbeiten können" .
    Dann haben Sie ja auch noch Herrn Goeudevert berufen. Er war früher einmal mal bei Ford; dann ist er in den Vorstand von VW übergewechselt; dann hat Herr Schröder als Großaktionär von VW dafür gesorgt, daß er rausgeworfen worden ist, weil man ihm die Sanierung dieses Konzerns nicht zugetraut hat, und so ist er nun frei, Berater für Sie zu sein.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich kann nur sagen: Mit dieser Mannschaft und diesen persönlichen Beratern ist bei Gott kein Staat zu machen. Was Herr Scharping hier der staunenden Öffentlichkeit aufgetischt hat, ist weniger ein Dream-Team als vielmehr ein Panikorchester, das letzte Aufgebot trauriger Schatten. Wenn es eines Beweises bedurft hätte, die SPD hat ihn damit geliefert. Sie ist nicht regierungsfähig, weil sie auch personell keine überzeugenden Alternativen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Das Scharping-Panikorchester mit grünen Trommlern und PDS-Einbläsern steht für Stillstand und Niedergang, für Ungewißheit und instabile Verhältnisse.

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Lauter dumme Sprüche! Ein primitives Niveau! Ein Schwätzer sind Sie! Nur noch dumme Sprüche! Weitere Zurufe von der SPD)

    — Nun hören Sie doch mal zu; jetzt lese ich aus der Tageszeitung „Die Welt" vor; jetzt spitzen Sie einmal einen Moment Ihre Ohren. Die „Welt" vom 5. September, also vor drei Tagen, schreibt über die Folgen eines rot-grünen Bündnisses:
    Die Folgen eines solchen Bündnisses wären unabsehbar: Mit gewaltigen Kursstürzen der Aktienmärkte auf breiter Front müßte man schon am 17. Oktober rechnen. So sicher wie das Amen in der Kirche ist bei einer Regierungsbeteiligung der Grünen ... auch eine beispiellose Welle der Kapitalflucht ... Der vorsichtige wirtschaftliche Aufschwung erlitte eine Vollbremsung. Die For-



    Michael Glos
    schungsabteilungen der Großkonzerne würden ins Ausland verlegt.

    (Zurufe von der SPD)

    — Ich weiß, das wollen Sie alles nicht hören.
    Die Arbeitslosigkeit würde steigen. Das internationale Gewicht Deutschlands würde von einem Tag auf den anderen in den freien Fall übergehen. Die internationale Konstante Helmut Kohl fiele weg.
    Ein Schreckensszenario!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Detlev von Larcher [SPD]: So schürt man Politikverdrossenheit! — Werner Schulz [Berlin] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Münchner Lachund Schießgesellschaft ist das! — Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)