Rede von
Klaus
Riegert
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Aktuelle Stunde ist überflüssig.
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, glauben offensichtlich, mit der schwierigen Materie des Kindergeldzuschlags ein Thema gefunden zu haben, das sich trefflich für Wahlkampfzwecke mißbrauchen läßt.
Wenn Sie, Frau Matthäus-Maier, behaupten, die Bundesregierung habe es versäumt, den Kindergeldzuschlag an die geänderte Regelung über das steuerliche Existenzminimum anzupassen, die Bundesregierung stopfe so Haushaltslöcher auf Kosten der Familien mit kleinen Einkommen, dann nehmen Sie es mit der Wahrheit nicht so genau.
Sie verunsichern mit Halbwahrheiten die Familien und tragen so weiter zur Politikverdrossenheit bei.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, durch die geltende Regelung zum Kindergeldzuschlag wird kein Gebot des Verfassungsgerichts verletzt.
Keine Familie erhält zur Zeit weniger Geld als vorher, und niemand bekommt weniger, als ihm zusteht. Im Gegenteil: Vielen Familien kommt die höhere Besteuerungsgrenze von 21 000 DM für Paare und 10 500 DM für Alleinerziehende zugute. Jetzt zahlt keine Familie mehr Steuern für ihr Existenzminimum. Viele Familien haben weniger Steuern zu zahlen, als dies früher der Fall war. Forderungen nach einem Rücktritt von Familienministerin Hannelore Rönsch sind billige Wahlkampfpolemik, zudem gehe ich davon aus, daß sie gar keine Hüte trägt. Dies sind Schnellschüsse, die von Unkenntnis der wahren Sachlage zeugen.
Sie, meine Damen und Herren Sozialdemokraten, bauen mit dieser Aktuellen Stunde einen Popanz auf. Sie wollen davon ablenken, daß Sie selber nicht wissen, was Sie wollen.
Der eine fordert Verbesserungen beim Kindergeldzuschlag, die andere will die Kinderfreibeträge und den Zuschlag abschaffen. Ein Einheitskindergeld in gleicher Höhe vom Sozialhilfeempfänger bis zum
Millionär soll her. Andere Stimmen in der SPD locken mit einer Kinderkasse. Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, Sie bekämpfen den dualen Familienlastenausgleich, und dies mit untauglichen Mitteln. Ein Einheitskindergeld von 250 DM erfordert einen zusätzlichen Finanzbedarf von rund 32 Milliarden DM. Selbst wenn man Einsparungen in Höhe von 18,2 Milliarden DM gegenrechnet und berücksichtigt, bleibt eine Finanzierungslücke von rund 14 Milliarden DM. Diese Lücke können Sie auch mit der Kappung des Ehegattensplittings nicht schließen. Wollen Sie die Bürger mit noch mehr Abgaben und Steuern belasten? Oskar Lafontaine redet draußen vor Wirtschaftsvertretern davon, die steuerlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Seinen Genossen empfiehlt er, keine neuen milliardenschweren Forderungen aufzustellen, und appelliert an die eigenen Reihen: Nichts versprechen, was nicht einzuhalten ist; es gibt nichts zu verteilen.
Meine Damen und Herren, mir persönlich fällt es schwer, mit Blick auf den wirtschaftlichen Niedergang des Saarlands Ministerpräsident Oskar Lafontaine große wirtschaftliche Kompetenz zu unterstellen.
Doch recht hat er, wenn er die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen anregt und vor weiteren finanziellen Belastungen warnt.
Wenn ich mir aber den Vorschlag einer Einrichtung einer Kinderkasse anschaue, dann hat der Präsident des BDI, Tyll Necker, recht: Noch immer überwiegen in der SPD ineffektive Umverteilungsstrategien. Sie wollen für die Kinderkasse den Bürgern erst 5 % ihres Einkommens aus der linken Tasche ziehen, um ihnen dann unter Abzug eines Disagios für Verwaltungsbürokratie wieder 600 DM pro Kind in die rechte Tasche zu stecken. Nein, meine Damen und Herren, wir wollen dem Bürger das Einkommen belassen und nicht Wegsteuern. Das duale System hat sich bewährt. Wir werden es weiter ausbauen.
Wir arbeiten an einem Gesamtkonzept zum Umbau der Familienförderung. Mehr soziale Gerechtigkeit vor allem für Familien mit niedrigem Einkommen ist Kernstück dieser Überlegungen. Die Familienministerin strebt u. a. an, den komplizierten Kindergeldzuschlag zu streichen und statt dessen das Kindergeld gerade für einkommensschwächere Familien spürbar anzuheben. Ich bin mir sicher, daß unsere Bürgerinnen und Bürger unsere seriöse Arbeit sehr wohl von Ihrer vordergründigen Wahlkampfpolemik unterscheiden können.