Rede von
Uta
Würfel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Kauder, ich beantworte diese Frage gern. Frau Präsidentin, ich bitte um Verständnis, wenn diese Antwort jetzt ein wenig länger ausfällt, denn das betrifft den Kern des gesamten Geschehens.
Im Laufe der sieben Jahre, in denen ich mich nun mit der Problematik einer ungewollten Schwangerschaft auseinandergesetzt habe, ist mir immer wieder aufgefallen, wie schwer es vielen Menschen fällt, sich vorzustellen, daß die Frau, die in der Lage ist, Leben zu empfangen, auch in der Lage sein soll, im Schwangerschaftskonfliktfall verantwortlich zu entscheiden.
Die Indikationenregelung der Vergangenheit, die die Richter 1976 zugestanden haben, Herr Kauder, zeichnete sich dadurch aus, daß jeweils ein Dritter die Schwere des Konflikts der Frau nachzuvollziehen, zu bewerten, zu beurteilen hatte und damit die Rechtmäßigkeit dieses Abbruchs für sich und für Richter, die zu anderem Ergebnis kommen konnten, festhielt. Das, wovon jetzt abgewichen wird und was die Richter zugestanden haben — und ich meine, das Verfassungsgerichtsurteil gilt für jeden, auch für die Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, von denen Sie jetzt sprechen —, bedeutet nichts anderes, als daß auf der Grundlage einer hockqualifizierten, verpflichtend wahrgenommenen Beratung die Frau innerhalb der Frühphase der Schwangerschaft selbst entscheiden darf und kein Dritter, kein Gericht der Welt im nachhinein, nach einem Schwangerschaftsabbruch, mehr feststellt, ob die Gründe, die die Frau hatte, auch ausgereicht haben. Die Frau soll in die Lage versetzt werden, zu einer Meinungsbildung zu kommen, mit der sie ein Leben lang leben kann, die für sie trägt.
Denn schauen Sie einmal: Es ist doch die Frau, die damit leben muß, wenn sie austrägt. Wenn sie nachher dem Leben mit dem Kind nicht gewachsen ist, dann ist es genauso schwer, als wenn sie die Schwangerschaft beendet. Also kann auch nur sie alleine zu dieser Entscheidung kommen. Das ist der Dreh- und Angelpunkt. Deswegen bin ich Ihnen dankbar, Herr Kauder, für diese Frage.
Es gibt eine Äußerung der evangelischen Kirche von 1978, die lautet: Es ist an der Zeit, daß die Kirchen — und damit ist auch die katholische Kirche gemeint gewesen — damit aufhören, die Frau als verführbar, sündhaft und schwach sowie nicht fähig anzusehen, im Schwangerschaftskonfliktfall eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen.
Die Richter des Verfassungsgerichts haben nun einstimmig gesagt: Die Frau ist dazu in der Lage.