Rede von
Renate
Schmidt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Da zu dieser Frage keine weiteren Zusatzfragen vorliegen, kommen wir zur Frage 6 der Kollegin Marion Caspers-Merk:
Wie ist die Haftung im Schadensfall beim Transport gefährlicher Güter und insbesondere von hochgiftigen und in der Bundesrepublik Deutschland nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln geregelt, und strebt die Bundesregierung für diesen Fall die Gründung eines Haftungsfonds analog dem Haftungsfonds für die Entsorgung von Giftmüll an?
Dr. Franz-Josef Feiter, Staatssekretär: Frau Abgeordnete, in der Regel besteht, falls deutsches Recht anwendbar ist, für Schäden an Körper, Gesundheit oder Eigentum, die bei einem Gefahrguttransport entstanden sind, nach §§ 823 ff. BGB eine der Höhe nach unbegrenzte Haftung des Verursachers, soweit die rechtswidrige Schädigung schuldhaft, also vorsätzlich oder fahrlässig, verursacht worden ist. Im Bereich der Seeschiffahrt haftet zudem der Reeder, ohne sich nach § 831 BGB entlasten zu können, gemäß § 485 HGB für den Schaden, den eine Person der Schiffsbesatzung oder ein an Bord tätiger Lotse einem Dritten in Ausführung von Dienstverrichtungen schuldhaft zufügt. Allerdings ist nach Maßgabe der §§ 486f. HGB die seerechtliche Haftung der Höhe nach beschränkt.
Daneben hat sich in großen Bereichen der außervertraglichen Transporthaftung eine Gefährdungshaftung entwickelt, die einen Verschuldensvorwurf nicht erfordert. Beispielsweise besteht für Schäden, die beim Betrieb von Kraftfahrzeugen verursacht werden, eine Gefährdungshaftung nach den §§ 7 ff. des Straßenverkehrsgesetzes, die allerdings der Höhe nach begrenzt ist. Für den Schienenverkehr sieht das Haftpflichtgesetz ebenfalls eine verschuldensunabhängige, aber der Höhe nach begrenzte Haftung vor. Letztlich ist darauf hinzuweisen, daß bei Gewässerverschmutzungen der § 22 des Wasserhaushaltsgesetzes eine der Höhe nach nicht begrenzte Gefährdungshaftung vorsieht, die sich auch auf die Küstengewässer bezieht.
Nichtsdestoweniger verdeutlicht der durch das französische Containerschiff Sherbro ausgelöste Schadensfall, daß eine befriedigende Lösung der Haftungs- und Entschädigungsfrage nicht allein durch die nationale Gesetzgebung, sondern vor allem durch internationale Regelungen herbeizuführen ist. Internationale Instrumente bestehen bislang nur im Bereich des Mineralöltransports in Form des Internationalen Übereinkommens über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden und des Internationalen Übereinkommens über die Errichtung eines internationalen Fonds zur Entschädigung von Ölverschmutzungsschäden.
Die Verkehrsminister von Belgien, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich haben bei ihrem Treffen am 26. Januar 1994 ihre Entschlossenheit bekräftigt, auf die Fertigstellung eines internationalen Übereinkommens über die zivilrechtliche Haftung für Schäden beim Transport von Gefahrgut auf See bis zum Jahre 1996 zu drängen. Sie haben weiter erklärt, daß bei einem Scheitern dieser Bemühungen als Dringlichkeitsmaßnahme die Einrichtung eines regionalen Entschädigungsfonds ins Auge gefaßt werden müsse.