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ID1220602400

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    Plenarprotokoll 12/206 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 206. Sitzung Bonn, Freitag, den 21. Januar 1994 Inhalt: Tagesordnungspunkt 13: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr.-Ing. Dietmar Kansy, Jürgen Sikora, Werner Dörflinger, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU sowie den Abgeordneten Dr. Walter Hitschler, Jörg Ganschow, Lisa Peters, Hans Schuster und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung des Wohnungsbaues (Wohnungsbauförderungsgesetz 1994) (Drucksache 12/6616) Jürgen Sikora CDU/CSU 17811B Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste . . . 17813B, 17822D, 17827 A Achim Großmann SPD 17813D Dr. Walter Hitschler F D P 17816B Christina Schenk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17818B Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste . . . . 17820B Hans Raidel CDU/CSU 17822A Norbert Formanski SPD 17823 D Jörg Ganschow F D P 17825 D Peter Götz CDU/CSU 17826 D Walter Schöler SPD . . . . 17827B, 17828A Dr. Walter Hitschler F.D.P. . 17827D, 17831A Ilse Brusis, Ministerin des Landes Nordrhein-Westfalen 17829 D Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . 17831 D Dr. Irmgard Schwaetzer, Bundesministerin BMBau 17833 D Werner Dörflinger CDU/CSU 17835A Achim Großmann SPD 17836C Dr. Rudolf Karl Krause (Bonese) fraktionslos 17837A Tagesordnungspunkt 14: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes (Drucksachen 12/6349, 12/6622) Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 17837 D Dr. Franz-Josef Mertens (Bottrop) SPD 17838C Gerhard Schüßler F D P 17840 B Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 17841A Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 17841C Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 15. Juni 1990 über die Bestimmung des zuständigen Staates für eine Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten Asylantrags (Dubliner Übereinkommen) (Drucksache 12/6485) II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Januar 1994 Erwin Marschewski CDU/CSU 17843A Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . 17843 D Wolfgang Lüder F.D.P. 17845 C Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 17846C Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17847 B Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 17847D Nächste Sitzung 17849C Berichtigung 17849 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 17851* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 17852* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Januar 1994 17811 206. Sitzung Bonn, den 21. Januar 1994 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 205. Sitzung, Seite VII und Seiten 17807 * und 17808 * : Bei den Anlagen 16 bis 19 ist statt „Parl. Staatssekretärin Michaela Geiger" „Parl. Staatssekretär Bernd Wilz" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 21. 1. 94 Barbe, Angelika SPD 21. 1. 94 Becker-Inglau, Ingrid SPD 21. 1. 94 Berger, Hans SPD 21. 1. 94 Büchler (Hof), Hans SPD 21. 1. 94 Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 21. 1. 94 Peter Harry Clemens, Joachim CDU/CSU 21. 1. 94 Cronenberg (Arnsberg), F.D.P. 21. 1. 94 Dieter-Julius Dr. Däubler-Gmelin, SPD 21. 1. 94 Herta Dr. Dregger, Alfred CDU/CSU 21. 1. 94 Duve, Freimut SPD 21. 1. 94 Eimer (Fürth), Norbert F.D.P. 21. 1. 94 Feilcke, Jochen CDU/CSU 21. 1. 94 Gattermann, Hans H. F.D.P. 21. 1. 94 Dr. Gautier, Fritz SPD 21. 1. 94 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 21. 1. 94 Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 21. 1. 94 Gibtner, Horst CDU/CSU 21. 1. 94 Gleicke, Iris SPD 21. 1. 94 Dr. Glotz, Peter SPD 21. 1. 94 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 21. 1. 94 ** Grünbeck, Josef F.D.P. 21. 1. 94 Dr. Gysi, Gregor PDS/LL 21. 1. 94 Dr. Hauchler, Ingomar SPD 21. 1. 94 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 21. 1. 94 Heyenn, Günther SPD 21. 1. 94 Dr. Höll, Barbara PDS/LL 21. 1. 94 Hollerith, Josef CDU/CSU 21. 1. 94 Ibrügger, Lothar SPD 21. 1. 94 **' Junghanns, Ulrich CDU/CSU 21. 1. 94 Kampeter, Steffen CDU/CSU 21. 1. 94 Kauder, Volker CDU/CSU 21. 1. 94 Kiechle, Ignaz CDU/CSU 21. 1. 94 Klein (München), Hans CDU/CSU 21. 1. 94 Kolbe, Manfred CDU/CSU 21. 1. 94 Koppelin, Jürgen F.D.P. 21. 1. 94 Kossendey, Thomas CDU/CSU 21. 1. 94 Krause (Dessau), CDU/CSU 21. 1. 94 Wolfgang Kretkowski, Volkmar SPD 21. 1. 94 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 21. 1. 94 Kubatschka, Horst SPD 21. 1. 94 Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 21. 1. 94 Karl-Hans Lederer, Andrea PDS/LL 21. 1. 94 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lowack, Ortwin fraktionslos 21. 1. 94 Dr. Matterne, Dietmar SPD 21. 1. 94 Mehl, Ulricke SPD 21. 1. 94 Dr. Menzel, Bruno F.D.P. 21. 1. 94 Michels, Meinolf CDU/CSU 21. 1. 94 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 21. 1. 94 Molnar, Thomas CDU/CSU 21. 1. 94 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 21. 1. 94 * Müller (Pleisweiler), SPD 21. 1. 94 Albrecht Müller (Wadern), CDU/CSU 21. 1. 94 Hans-Werner Müller (Zittau), Christian SPD 21. 1. 94 Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 21. 1. 94 Neumann (Bramsche), SPD 21. 1. 94 Volker Neumann (Gotha), SPD 21. 1. 94 Gerhard Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 21. 1. 94 Otto (Frankfurt), F.D.P. 21. 1. 94 Hans-Joachim Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 21. 1. 94 Dr. Pick, Eckhart SPD 21. 1. 94 Poß, Joachim SPD 21. 1. 94 Priebus, Rosemarie CDU/CSU 21. 1. 94 Reichenbach, Klaus CDU/CSU 21. 1. 94 Reimann, Manfred SPD 21. 1. 94 Reuschenbach, Peter W. SPD 21. 1. 94 Reuter, Bernd SPD 21. 1. 94 Ringkamp, Werner CDU/CSU 21. 1. 94 Rode (Wietzen), Helmut CDU/CSU 21. 1. 94 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 21. 1. 94 Ingrid Roth (Gießen), Adolf CDU/CSU 21. 1. 94 Scheffler, Siegfried SPD 21. 1. 94 Schmidt (Dresden), Arno F.D.P. 21. 1. 94 Schmidt (Mülheim), CDU/CSU 21. 1. 94 Andreas von Schmude, Michael CDU/CSU 21. 1. 94 Dr. Schnell, Emil SPD 21. 1. 94 Dr. Scholz, Rupert CDU/CSU 21. 1. 94 Schuster, Hans F.D.P. 21. 1. 94 Seesing, Heinrich CDU/CSU 21. 1. 94 Seibel, Wilfried CDU/CSU 21. 1. 94 Skowron, Werner H. CDU/CSU 21. 1. 94 Dr. Stoltenberg, Gerhard CDU/CSU 21. 1. 94 Stübgen, Michael CDU/CSU 21. 1. 94 Dr. von Teichman, F.D.P. 21. 1. 94 Cornelia Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 21. 1. 94 Titze-Stecher, Uta SPD 21. 1. 94 Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 21. 1. 94 Vosen, Josef SPD 21. 1. 94 Wetzel, Kersten CDU/CSU 21. 1. 94 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 21. 1. 94 Dr. Wieczorek CDU/CSU 21. 1. 94 (Auerberg), Bertram Wieczorek-Zeul, SPD 21.1.94 Heidemarie Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 21. 1. 94 Wittich, Berthold SPD 21. 1. 94 Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 21. 1. 94 Wolfgramm (Göttingen), F.D.P. 21. 1. 94 Torsten Zierer, Benno CDU/CSU 21. 1. 94 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Innenausschuß Drucksache 12/248 Drucksache 12/4051 Drucksache 12/4052 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/51 Drucksache 12/4058 Drucksache 12/4978 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Innenausschuß Drucksache 12/2101 Nr. 3.2 Drucksache 12/5056 Nr. 2.2 Finanzausschuß Drucksache 12/6155 Nrn. 3.2-3.5 Ausschuß für Verkehr Drucksache 12/4191 Nr. 2.21 Drucksache 12/5190 Nr. 2.12 Drucksache 12/5827 Nr. 2.15
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    Rede von Norbert Formanski


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aus einer Untersuchung der Gesellschaft für erfahrungswissenschaftliche Sozialforschung geht hervor, daß mittlerweile fast jedem zweiten Bundesbürger die Höhe der Wohnungsmiete und auch die Möglichkeit, die Wohnung zu verlieren,



    Norbert Formanski
    große Sorgen bereiten. Das sind andere Zahlen, Herr Raidel.
    Die Bundesbauministerin hat recht mit ihrer Aussage, daß die Wohnungspolitik entscheidenden Einfluß auf den Ausgang der nächsten Bundestagswahl haben wird. Ihre Meinung jedoch, daß durch die Anpassung der Einkommensgrenzen keine einzige Sozialwohnung mehr zur Verfügung steht, ist nur auf den ersten Blick richtig.
    Doch nicht die längst überfällige Anpassung der Einkommensgrenzen ist das Hauptproblem, sondern Tatsache ist, daß immer noch viel zu wenige Sozialwohnungen gebaut werden.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Deshalb mußte sich die Koalition die Frage stellen lassen, warum sie die guten Anträge der SPDBundestagsfraktion zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus immer wieder abgelehnt hatte.

    (Hans Raidel [CDU/CSU]: Weil sie eben nicht gut waren!)

    Mit unserem Antrag zur Erhöhung der Einkommensgrenzen im sozialen Wohnungsbau im Frühjahr letzten Jahres haben wir jedoch Bewegung in die Überlegungen zur Neugestaltung des sozialen Wohnungsbaus gebracht. Mit Freude stellen wir mm fest, daß die Koalition nach der von uns angeregten Anhörung im September 1993 zum Thema „Anhebung der Einkommensgrenzen" die Dringlichkeit von Reformschritten erkannt und nun schließlich einen Gesetzentwurf zur Förderung des Wohnungsbaus vorgelegt hat, in dem auch die Einkommensgrenzen im sozialen Wohnungsbau neu geregelt werden sollen.
    Lassen Sie mich noch einmal die wichtigsten Gründe für die längst überfällige Erhöhung der Einkommensgrenzen im sozialen Wohnungsbau darlegen, wie sie auch in der Anhörung von vielen Wohnungsbauexperten zur Sprache kamen. Von 1980 bis 1992 sind die Bruttoeinkommen um über 50 % gestiegen, während die reale Kaufkraft sich lediglich um weniger als 5 % verbessert hat. Die Einkommensgrenzen sind hingegen in diesem Zeitraum nur einmal, nämlich 1985, geringfügig angehoben worden.

    (Achim Großmann [SPD]: Kosmetik!)

    Es kann davon ausgegangen werden, daß heute gerade einmal 30 % aller Haushalte unter die Einkommensgrenzen fallen.
    In den letzten Jahren hat sich ein Trend zu mehr Ein- und Zweipersonenhaushalten herauskristallisiert. 1972 lebten noch rund sechs Millionen Menschen in den alten Bundesländern in Einpersonenhaushalten, 1990 waren es fast zehn Millionen. Der Anteil der Single-Haushalte stieg von 26,2 auf 35 %; in vielen Großstädten liegen diese Zahlen weit höher. Gab es Anfang der 70er Jahre in den alten Bundesländern 9,6 Millionen Ehepaare mit Kindern, waren es rund 20 Jahre später nur 8,7 Millionen. Während der Anteil der Ehepaare mit Kindern von 57 auf 51 % zurückging, stieg der Anteil der Familien ohne Kinder von 33,8 auf 38,1 % der westdeutschen Bevölkerung.
    Die Haushalte unterer und mittlerer Einkommensschichten sind jedoch bei der Vergabe von öffentlich geförderten Wohnungen stark benachteiligt. In der Anhörung machte der Vertreter von VEBA Wohnen, Herr Große-Wilde, deutlich, daß z. B. für einen alleinstehenden Arbeitnehmer in der chemischen Industrie die Einkommensgrenze heute bei 24 680 DM liege, obwohl die niedrigste Lohngruppe, die Einstiegslohngruppe, bei 31 014 DM angesetzt sei. Für einen vergleichbaren Metallarbeiter sehe es ähnlich aus. Dies führe dazu, daß nahezu kein Arbeitnehmer z. B. dieser beiden Branchen eine Sozialwohnung bekomme.
    Die Anhebung der Einkommensgrenzen wird auch gerechtfertigt durch die sich verschlechternden sozialen Strukturen in den Kommunen, in den Ballungsgebieten mit Sozialwohnungen, die zunehmend mit schwer integrierbaren und einkommensschwachen Haushalten belegt sind. Gerade die Vertreter der Kommunen wiesen in der Anhörung auf die Gefahr der Ghettoisierung durch eine Konzentration auf finanziell schlechter gestellte Haushalte hin.
    Weiterin ist zu bedenken, daß eine Massierung sozial schwacher Haushalte hohe Folgekosten z. B. für Sozialarbeiter oder höhere Instandhaltungskosten nach sich zieht. In den Kommunen entstehen soziale Brennpunkte. Sie müssen durch eine gesunde Durchmischung der Wohnbevölkerung entschärft werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist wahr!)

    Niedrige Einkommensgrenzen hemmen den Werkswohnungsbau, da Arbeitgeber sich nicht finanziell engagieren, wenn ihre Arbeitnehmer nicht zu dem Kreis der Berechtigten gehören. Arbeit und Wohnen gehören zusammen. Wer Arbeitsplätze schafft, muß auch für Wohnraum sorgen, nicht nur für Autostellplätze, wie es schon Pflicht ist.
    Der Werkswohnungsbau sollte eine Gemeinschaftsaufgabe von Unternehmen und öffentlicher Hand unter der Einbeziehung leistungsfähiger Bauträger sein. Öffentliche Förderung, gepaart mit finanzieller Beteiligung der Unternehmen, bei den Einstiegsmieten und Bindungen, könnte den Werkswohnungsbau beleben. Ebenso sollte das genossenschaftliche Bauen gefördert werden. In den letzten Jahren hat die Zögerlichkeit bei der Anpassung der Einkommensgrenzen die Investitionen im Werkswohnungsbau und im genossenschaftlichen Wohnungsbau entschieden gehemmt.

    (Zuruf von der SPD: Jawohl!)

    Anhand dieser Tatbestände stimmt die Aussage von Frau Schwaetzer und, wie auch heute hier zu hören war, von weiteren Kolleginnen und Kollegen nicht, daß durch die Anpassung der Einkommensgrenzen keine einzige Sozialwohnung zusätzlich zur Verfügung stehe. Ich behaupte, daß einige tausend Wohnungen gebaut worden wären und uns heute zur Verfügung stehen würden, wenn die Einkommensgrenzen rechtzeitig erhöht worden wären.

    (Beifall bei der SPD)

    Mehrere Wohnungsbauexperten machten in der Anhörung deutlich, daß im werksverbundenen Wohnungsbau ein großer Bedarf vorhanden ist. Um wei-



    Norbert Formanski
    tere Aktionen im Werkswohnungsbau wie z. B. in Nordrhein-Westfalen im ganzen Bundesgebiet zu ermöglichen, sind wir gefordert, endlich die überholten Richtzahlen anzupassen.
    Auch die Wohnungseigentumsförderung im sogenannten Schwellenbereich ist von den bestehenden Einkommensgrenzen negativ tangiert. Durch das Festhalten an den Einkommensgrenzen bei gleichzeitig massiven Baupreissteigerungen wurde die Gruppe der Bau- oder Kaufwilligen mittlerer Einkommensschichten immer kleiner. Die Erhöhung der Einkommensgrenzen, noch besser kombiniert mit einer sozial gerechteren steuerlichen Förderung, würde wieder zu besseren Verhältnissen bei der Eigentumsbildung für weite Kreise führen.
    Auf Grund dieser Argumente hatten wir in unserem Antrag gefordert, die Einkommensgrenzen an den verfügbaren Einkommen zu orientieren, d. h. von den Jahreseinkommen jeweils 10 % für Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung und Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sowie die zu zahlenden Steuern abzuziehen.
    Die Erweiterung des Kreises der Sozialwohnungsberechtigten durch die Anhebung der Einkommensgrenzen macht aber auch die Schaffung neuen Wohnraums notwendig: mindestens 200 000 neue Sozialwohnungen im Jahr. In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Sozialwohnungen ständig dadurch reduziert, daß Wohnungen aus der Bindung herausgefallen sind. Mein Kollege Achim Großmann nannte heute morgen bereits die Zahlen.
    In dem Koalitionsentwurf wird unter anderem der Personenkreis der Wohnungsberechtigten neu definiert. Der Einkommensbegriff und die Einkommensermittlung in der Wohnungsbauförderung und bei der Fehlbelegung werden vereinheitlicht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ist doch gut so!)

    Mit der geplanten Anhebung der Einkommensgrenzen im sozialen Wohnungsbau folgt die Koalition leider nur zum Teil den Forderungen aus der SPD und der Wohnungswirtschaft. Die von uns geforderte lineare zehnprozentige Anhebung, die insbesondere für kleine Haushalte zu einer verbesserten Zugangsmöglichkeit zu Sozialwohnungen führen sollte, ist im Gesetzentwurf nicht enthalten.
    Durch die Neuregelung nehmen der Anteil der Einpersonenhaushalte und der Anteil der Zweipersonenhaushalte nur um jeweils 7 %, der Anteil der Drei- und Vierpersonenhaushalte jedoch um jeweils 11 % zu. Gerade aber die Ein- und Zweipersonenhaushalte müßten verstärkt wieder die Zugangsmöglichkeiten zu den Sozialwohnungen bekommen. Die von mir eingangs genannten Zahlenbeispiele müssen doch jedem einleuchten.
    Die geplante Anhebung entspricht weder unseren Forderungen noch denen aus Kommunen und Wohnungswirtschaft. Die kleinen Haushalte bleiben weiterhin benachteiligt. Bei der Ermittlung des Jahreseinkommens werden elf Leistungen als Einkommensbestandteile angerechnet, was zu einem erheblichen Anstieg des Einkommens führt. Dadurch wird die geplante Anhebung der Einkommensgrenzen zum großen Teil wieder kompensiert.
    Besonders hart trifft das alleinstehende Personen, die durch Nacht- oder Wochenendarbeit Zulagen erhalten, wie z. B. Krankenschwestern und -pfleger oder Polizisten, da dieser Ausgleich für die besonders belastenden Arbeitszeiten nun zum Einkommen hinzugerechnet werden soll.

    (Dr. Walter Hitschler [F.D.P.]: Ist das kein Einkommen?)

    Sogar die Berufsausbildungsbeihilfen für Kinder, die in der Ausbildung stehen, ihr sogenanntes erstes selbstverdientes Geld, sollen, wie noch weitere Leistungen, nunmehr angerechnet werden.

    (Dr. Walter Hitschler [F.D.P.]: Ist das kein Einkommen?)

    Gut, daß das Taschengeld von der Oma nicht auch noch herangezogen werden kann. Auch das wäre aus Ihrer Sicht, Herr Hitschler, wahrscheinlich noch Einkommen.

    (Zuruf von der F.D.P.: Woher kommt denn das Taschengeld von der Oma?)

    Für viele werden somit die von den Koalitionsfraktionen vorgeschlagenen Erhöhungen der Einkommensgrenzen und die gleichzeitige Anrechnung von zusätzlichen Leistungen wahrscheinlich zum Nullsummenspiel; das ist also in der Tat eine Milchmädchenrechnung.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der PDS/Linke Liste — Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: „Milchmädchenrechnung"? Das ist sexistisch!)

    Für junge Ehepaare, die bisher fünf Jahre lang 8 400 DM anrechnen konnten, verschlechtert sich die Situation sogar noch. Ihnen wird nur noch ein Freibetrag von jährlich 8 000 DM — und das nur für drei Jahre — gewährt.
    Der eingeschlagene Weg zum Thema Erhöhung der Einkommensgrenzen im sozialen Wohnungsbau im vorliegenden Gesetzentwurf ist zwar richtig, aber leider — wie so oft — halbherzig. Bleiben Sie nicht auf der halben Strecke stehen,

    (Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Nein, das versprechen wir Ihnen!)

    folgen Sie unseren Vorschlägen. Schönen Dank.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Renate Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Nun spricht der Kollege Jörg Ganschow.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jörg Wolfgang Ganschow


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir haben es heute wieder einmal mit einem Beispiel sozialdemokratischer Unlogik zu tun. Sie werfen uns vor, daß wir handeln. Prangerartig wird immer wieder auf die Inflexibilität der jetzigen, heute noch gültigen Regelungen verwiesen.

    (Achim Großmann [SPD]: Auf diese Rede habe ich lange gewartet!)




    Jörg Ganschow
    — Herr Großmann, was Sie immer wieder fordern, steht ganz genau im Gesetzentwurf.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig! — Achim Großmann [SPD]: Wir fordern etwas mehr!)

    Darin steht die Reform des sozialen Wohnungsbaus. Das ist genau der erste Schritt dafür. Die Neuorientierung ist deshalb notwendig, weil der Förderaufwand je Wohnung so hoch ist und weil damit das ganze System an die Grenzen seiner Finanzierbarkeit gestoßen ist.

    (Achim Großmann [SPD]: Sie reformieren dauernd die Zahlen!)

    Es ist doch wohl nicht von der Hand zu weisen, daß diese Grenzen erreicht sind. Die Wohnungsbauförderung wird sich nämlich in Zukunft an der individuellen Bedürftigkeit orientieren. Das ist der richtige Weg.
    Zur Erhöhung der Einkommensgrenzen: Ich kann mich erinnern, daß in den letzten Monaten dieser Antrag im Bauausschuß immer wieder vorlag, allerdings nach dem Major-Tom-Prinzip, nämlich völlig losgelöst von allen anderen Rahmenbedingungen.
    Jetzt sagen Sie: So geht es nicht. — Es ist irgendwo merkwürdig, daß die erste Reaktion auf diesen Gesetzentwurf die totale Ablehnung auf der ganzen Linie ist.

    (Achim Großmann [SPD]: Lesen Sie die Reden noch einmal nach! — Weiterer Zuruf von der SPD: Sie haben nicht zugehört!)

    Ich muß sagen, bei Ihrer Forderung nach der Erhöhung der Einkommensgrenzen müßten Sie demnächst auch einmal aufpassen, daß Sie nicht mit einer anderen Dead-Line, einer anderen Glaubensgrenze, kollidieren, nämlich der der Besserverdienenden bei 60 000 DM. Wenn Sie so die Erhöhung der Einkommensgrenzen fordern — —

    (Norbert Formanski [SPD]: 60 000 DM für Ledige, 120 000 DM für Verheiratete! Davon sind wir noch weit entfernt!)

    — Ja sicher, aber Sie müssen bei beiden irgendwann aufpassen, daß Sie damit nicht kollidieren.
    Herr Großmann, in Ihrer Presseerklärung vom 17. Januar behaupten Sie und auch Frau Brusis, daß wegen der Mittel, die dann die Länder bereitstellen müssen, der Wohnungsbau zukünftig unkalkulierbar wird.

    (Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Ja, das befürchtet auch der Finanzminister! Da müssen wir noch einen Weg finden! — Klaus Beckmann [F.D.P.]: Das ist sowieso eine merkwürdige Presseerklärung!)

    Ich muß sagen, das ist nicht von besonderem Vertrauen zu den Bauministern der Länder gekennzeichnet. Besser wäre vielleicht das Nachdenken über die Standards im sozialen Wohnungsbau.
    Frau Schenk, ich will nicht weiter auf das eingehen, was Sie verlangen. Denn das ist die Wiederholung der staatlichen Wohnungswirtschaft der DDR. Die Folgen sind überall zu besichtigen.

    (Christina Schenk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es nicht verstanden!)

    Herr Seifert, das so überaus erfolgreiche Wohnungsbauprogramm der SED und seine Folgen, das ist eines der größten Probleme, mit denen wir es heute zu tun haben.

    (Christina Schenk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immer noch besser als die Obdachlosigkeit! — Dr. Ilja Seifert [PDS/Linke Liste]: Ja, dann lösen wir es doch gemeinsam!)

    Es ist doch augenfällig, daß Sie immer wieder und immer stärker versuchen, für das ganze SED-Erbe andere verantwortlich zu machen, nach dem Prinzip: Haltet den Dieb, er hat mein Messer im Rücken!

    (Zuruf des Abg. Ilja Seifert [PDS/Linke Liste])

    Sie touren durch das Land und sagen: Jeder, der hier sitzt — außer Ihnen selbstverständlich —, will die bezahlbare Wohnung völlig unmöglich machen und alle Leute unter die Brücken treiben. Glücklicherweise haben wir die in PDS umbenannte SED, die sich immer wieder als Ostinteressenvertreter zeigt. — Ich muß Ihnen sagen: Der Mangel an Wohnungen in Deutschland ist eine Herausforderung und sollte nicht ein Schlachtfeld für Blockaden sein. Durch die Ablehnung dieses Gesetzentwurfs entsteht nicht eine einzige Wohnung mehr.
    Danke.

    (Beifall bei der F.D.P.)