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    Plenarprotokoll 12/191 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 191. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Dr. Joachim Grünewald . . . . 16451 A Eintritt des Abgeordneten Dr. Norbert Herr in den Deutschen Bundestag 16451 A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1994 (Haushaltsgesetz 1994) (Drucksachen 12/5500, 12/5870) Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksachen 12/6001, 12/6030) 16451 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 12/ 6002, 12/6030) 16451 C Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 12/6003, 12/ 6030) Einzelplan 08 Bundesministerium der Finanzen (Drucksachen 12/6008, 12/6030) . . . 16451 D in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 12/6025) Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 12/6029) in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 12/ 6020, 12/6030) Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 16452A Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . . 16457A, 16469 D Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 16464B Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . 16467 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16469C Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . 16473 C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16476C Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 16478C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16479B Manfred Hampel SPD 16480 D Arnulf Kriedner CDU/CSU 16484 A Manfred Hampel SPD 16484 D Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . 16486A Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 16486D Einzelplan 31 Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (Drucksachen 12/6024, 12/6030) Doris Odendahl SPD 16487 D Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 16491A Doris Odendahl SPD 16492C Carl-Ludwig Thiele F D P 16493 B Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 16495C Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16496C Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 16497 B Dr. Norbert Lammert, Parl. Staatssekretär BMBW 16498D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 Einzelplan 30 Bundesministerium für Forschung und Technologie (Drucksachen 12/6023, 12/6020) Dr. Emil Schnell SPD 16501 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16505A Dietrich Austermann CDU/CSU 16505 C Werner Zywietz F D P 16508 D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 16510D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 16511D Dr.-Ing. Paul Krüger, Bundesminister BMFT 16512C Jürgen Timm F.D.P. (Erklärung nach § 31 GO) 16515B Einzelplan 10 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 12/6010, 12/6020) Ernst Kastning SPD 16516A Ulrich Heinrich F D P 16519 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU 16520 A Günther Bredehorn F D P 16521 A Ernst Kastning SPD . . . . 16522C, 16525 B Dr. Sigrid Hoth F D P 16523 B Jochen Borchert, Bundesminister BML 16524 C Jan Oostergetelo SPD 16526 C Gottfried Haschke (Großhennersdorf) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) . 16527D Nächste Sitzung 16528 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16529* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I (Haushaltsgesetz 1994) — Einzelplan 10 — Geschäftsbereich Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . . 16529* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 16451 191. Sitzung Bonn, den 23. November 1993 Beginn: 14.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 23. 11. 93 Böhm (Melsungen), CDU/CSU 23. 11. 93* Wilfried Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 23. 11. 93 Clemens, Joachim CDU/CSU 23. 11. 93 Ehrbar, Udo CDU/CSU 23. 11. 93 Ganschow, Jörg F.D.P. 23. 11. 93 Gleicke, Iris SPD 23. 11. 93 Dr. Göhner, Reinhard CDU/CSU 23. 11. 93 Großmann, Achim SPD 23. 11. 93 Günther (Duisburg), CDU/CSU 23. 11. 93 Horst Dr. Herr, Norbert CDU/CSU 23. 11. 93 Heyenn, Günther SPD 23. 11. 93 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 23. 11. 93 Hilsberg, Stephan SPD 23. 11. 93 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 23. 11. 93 Jaunich, Horst SPD 23. 11. 93 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 23. 11. 93 Kastner, Susanne SPD 23. 11. 93 Kiechle, Ignaz CDU/CSU 23. 11. 93 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 23. 11. 93 Kuessner, Hinrich SPD 23. 11. 93 Mascher, Ulrike SPD 23. 11. 93* Matschie, Christoph SPD 23. 11. 93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 23. 11. 93 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 23. 11. 93** Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 23. 11. 93 Poß, Joachim SPD 23. 11. 93 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 23. 11. 93** Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 23. 11. 93 Ingrid Dr. Ruck, Christian CDU/CSU 23. 11. 93 Schmidt (Salzgitter), SPD 23. 11. 93 Wilhelm Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 23. 11. 93 Dr. Soell, Hartmut SPD 23. 11. 93** Spilker, Karl-Heinz CDU/CSU 23. 11. 93 Steiner, Heinz-Alfred SPD 23. 11. 93** Dr. von Teichman, F.D.P. 23. 11. 93 Cornelia Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 23. 11. 93 Wetzel, Kersten CDU/CSU 23. 11. 93 Wohlleben, Verena SPD 23. 11. 93 Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 23. 11. 93 Wollenberger, Vera BÜNDNIS 23. 11. 93 90/DIE GRÜNEN * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I (Haushaltsgesetz 1994) Einzelplan 10 Geschäftsbereich Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Dr. Dietmar Keller (PDS/Linke Liste): Der Rotstift wurde auch beim Agrarhaushalt angesetzt, allerdings so, daß die Agrarbetriebe und Bauern vorerst nicht unmittelbar von den Kürzungen betroffen sind. Hier stellt sich die Frage: Wie lange geht das noch? - zumal an den Fingern abzählbar ist, daß es nicht nur mit dem Haushalt 1994 Probleme geben wird. Unser agrarpolitischer Sprecher, Dr. Fritz Schumann, hat bereits zur ersten Lesung festgestellt, daß die PDS/Linke Liste von der Unausweichlichkeit der mittelfristigen Senkung der Gesamtagrarausgaben - EG-, Bundes- und Landesmittel - ausgeht. Alle gegenteiligen Beteuerungen der Verantwortlichen in Bonn und Brüssel sind Augenauswischerei. Er schlußfolgerte, daß letztlich nur über eine Neuorientierung der Agrarpolitik die erforderlichen Einsparungspotentiale erschließbar sind, und nannte dazu auch die aus Sicht der PDS/Linke Liste erforderlichen Grundbedingungen. Ich will diese hier nicht wiederholen; das gestattet auch mein Zeitfonds nicht. Vielmehr möchte ich einen Gedanken ergänzen. Betrachtet man die Entwicklung der Einkommen der Bauern, der Erzeugerpreise und der Verbraucherpreise im Zusammenhang, wird ein Übel sichtbar, das es bei der Wurzel zu packen gilt: Während sich das verfügbare Einkommen je Haushaltsmitglied der Privathaushalte insgesamt zwischen 1972 und 1992 verdreifachte, haben sich die Einkommen der Bauern - bezogen auf das alte Bundesgebiet - nur gut verdoppelt. Lagen ihre Einkommen je Haushaltsmitglied im Jahre 1972 um 15 Prozent unter dem aller Privathaushalte, betrug der Rückstand 1992 bereits 41 Prozent. Das entsprach immerhin 10 300 DM weniger Einkommen zum Durchschnitt und gar 38 800 DM weniger als pro Kopf in Haushalten anderer Selbständiger. Hinter den Bauern rangierten nur noch die Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger. Eine Erklärung ist das wachsende Mißverhältnis zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen. Dazu wenige Beispiele: 1991 gegenüber 1970 entwickelten sich im Bereich Rindfleisch die Preise für Rindslendenfilet auf 261 Prozent, für Schmorfleisch auf 184 Prozent und für Suppenfleisch auf 167 Prozent. Dagegen stieg der Erzeugerpreis für Lebendvieh Rind lediglich auf 111 Prozent. Das gleiche Bild bei Getreide: Dort ging der Erzeugerpreis leicht zurück - 99 Prozent -, bei Brotweizen sogar auf 96 Prozent. Dagegen stiegen die Verbraucherpreise für Brötchen auf 299 Prozent und für dunkles Mischbrot auf 270 Prozent. Die Frage ist, wo bleibt die Differenz zwischen dem, was die Bauern bekommen, und dem, was die Bevölkerung im Laden bezahlen muß? Klar ist, daß ein Teil der Differenz in die raschere Lohnentwicklung bei Arbeitern und Angestellten ging. Aber damit allein ist die ganze Differenz nicht erklärbar. Immerhin betrug Anfang der 70er Jahre der Anteil der Verkaufserlöse der Landwirtschaft an den Verbraucherausgaben für 16530* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 Nahrungsmittel noch über 50 Prozent; laut Berechnungen des Bauernverbandes waren es im Wirtschaftsjahr 1991/92 gerade mal noch 31 Prozent. Mit meinen Feststellungen sage ich nichts Neues. Sowohl Abgeordnete der Regierungskoalition wie der SPD beklagen gleichermaßen diesen Zustand. Nur ihre Schlußfolgerung ist mir zu einseitig, nämlich daß eigentlich höhere Verbraucherpreise für Nahrungsgüter angemessen wären. Bevor man so etwas ins Auge faßt, sollte man eine saubere Analyse der Gewinnraten in der Kette vom Bauern bis zum Ladentisch unter Einbeziehung des Vorleistungsbereiches in Auftrag geben. Diese Ergänzung zeigt, daß Umverteilungen in der Produktion und Zirkulation selbst tragfähigere Lösungen als Umverteilungen im Haushalt erbringen könnten. Allerdings kollidiert das mit Interessen von offensichtlich einflußreichen Kapitalgruppen, speziell im Bereich der großen Handelsketten. Ein zweites Problem betrifft den Haushaltsvollzug. Fakt ist, daß kein produzierender Bereich in so hohem Maße abhängig von direkten oder indirekten Subventionen ist wie die Landwirtschaft. Mit der EG-Agrarreform hat diese Abhängigkeit eine neue Qualität erreicht. Indem die teilweise drastisch reduzierten Erzeugerpreise produktionsneutral durch umfangreiche Kompensationszahlungen ausgeglichen werden, ist eine neue Abhängigkeit der Bauern und ein gravierendes betriebswirtschaftliches Problem entstanden. Sowohl diese Zahlungen wie auch der soziostrukturelle Einkommensausgleich im Westen bzw. die Anpassungshilfen im Osten und andere öffentliche Mittel kommen erst am Jahresende zur Auszahlung. Der Landwirtschaftsbetrieb hat aber im Herbst ganz konkrete Ausgaben, z. B. für die Herbstbestellung oder für die im September fälligen Pachtzahlungen — was übrigens im Osten ein besonderes Problem ist, da die Pachtquote doppelt so hoch wie im Westen liegt und bei juristischen Personen sogar gen hundert tendiert. Gerade in den letzten Tagen wurde ich bei Veranstaltungen von Thüringen bis Brandenburg sehr massiv mit diesem Problem konfrontiert. Mir wurde geschildert, daß Betriebe teilweise nicht in der Lage sind, Lohn zu zahlen, und die Betroffenen auf Dezember vertrösten, von Betrieben des Vorleistungsbereiches Betriebsmittel und Leistungen gegen spätere Bezahlung einkaufen — und diese Gefälligkeit muß oft zusätzlich bezahlt werden — oder gezwungen sind, Kredite zur Zwischenfinanzierung aufzunehmen. Im Freistaat Sachsen waren zum 30. September 1993 vom korrigierten Plan aller EG-, Bundes- und Landesmittel für den Agrar- und Ernährungsbereich erst 23,6 Prozent auch ausgegeben. Die PDS/Linke Liste hält es deshalb für unerläßlich, daß mit dem Haushalt 1994 die Auszahlung staatlicher Mittel neu geregelt wird. Es ist eine bestimmte Kontinuität nötig, z. B. quartalsweise oder mindestens halbjährliche Auszahlung. Zum Abschluß möchte ich zum wiederholten Male darauf verweisen, daß die Altschuldenregelung nach wie vor unakzeptabel ist. Mir sind aus den genannten Veranstaltungen vor Ort Beispiele bekanntgeworden, daß inzwischen die rechnerisch aufgelaufene Zinslast für Altkredite bereits höher als die erste Rate der Teilentschuldung durch die Treuhandanstalt ist. Auch wenn diese Zinsen nicht unmittelbar fällig werden, müssen sie ja nach der Waigelschen Besserungsscheinregelung — wenn auch mit Zeitverzögerung — aufgebracht werden. Das führt in der Praxis oftmals dazu, daß aus betriebswirtschaftlicher Verantwortung das Risiko gescheut wird, im erforderlichen Umfang neu zu investieren. Abgesehen davon, daß die Banken weiter Zurückhaltung üben. Ich will das hier nicht vertiefen, möchte aber ankündigen, daß unsere Gruppe die Initiative ergreifen wird, die gesamte Altschuldenproblematik erneut zu beleuchten und in die parlamentarische Diskussion zu bringen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Ullmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei dem Titel Bildung und Wissenschaft geht es um Investitionen schwerwiegendster und konsequenzenreichster Langfristigkeit. Es ist nur realistisch, wenn wir in der Beratung über den Einzelplan 31 eingedenk sind, daß wir es bei ihm mit Entscheidungen zu tun haben, deren Wirkungen die Generationen im 21. Jahrhundert, also im kommenden Jahrtausend, zu spüren bekommen werden. Dies um so mehr, als wir alle wissen, daß gerade unsere Generation vor der Aufgabe steht, das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft völlig neu zu bestimmen.
    Es geht darum, die Wissenschaft weg von der Sklaverei einer die Wirklichkeit verwüstenden, verbrennenden und zerstörenden, dem militärisch industriellen Komplex verhafteten Technologie hin zu einer Kultur der lebensdienlichen und lebenserhaltenden Technologie zu emanzipieren. Das ist eine Technologie, die das Leben als solches überhaupt voraussetzt und ernst nimmt, statt es auf Mechanik oder Chaotik zu reduzieren.
    Es geht darum, Wissenschaft und Bildung zu regionalisieren, um längst vorhandene Geschichtskontexte zu aktualisieren und zu artikulieren, nachdem sie jahrhundertelang durch fanatisch behauptete Grenzen der Kommunikation beraubt waren, so wie es paradigmatisch die neue Universität in Frankfurt/ Oder versucht.
    Es geht darum, Wissenschaft und Bildung zu europäisieren. Allein europäisch betrieben, kann Wissenschaft ihren unerläßlichen Beitrag dazu leisten, der Gesellschaft Selbstorganisationsspielräume zu eröffnen, die nicht mehr nur durch Vernichtung von Lebensqualität besetzt und erweitert werden können. Gerechtigkeit für alle Formen und Stufen des Lebens, Frieden zwischen dem Menschen und der außermenschlichen Wirklichkeit, Integrität der Schöpfung, d. h. Anerkennung eines eigenständigen, nicht bloß materiellen Seinsranges auch der uns fernsten Wirklichkeit — das alles sind Aufgaben, die nicht weniger, sondern mehr Wissenschaft von uns verlangen.
    Was dokumentiert der Haushaltplan der Bundesregierung angesichts dieser immensen Herausforderungen? Sie will die Zahl der Studierenden senken und gedenkt, das mit den verschiedensten Hebeln zu tun. Über die Griffe in die BAföG-Kasse ist gesprochen worden. Mich haben Nachrichten erreicht, daß man zusieht, wie chinesische Studenten von ihrer eigenen Botschaft mit Rückzahlungsforderungen schikaniert und am Studium gehindert werden. Es erreichen mich Alarmrufe von Institutionen der politischen Bildung, deren Mittel gekürzt werden.



    Dr. Wolfgang Ullmann
    Meine Damen und Herren, muß man da nicht fragen: Denkt die Bundesregierung etwa, an die Stelle der angesichts der Eruptionen rechtsextremistischer Barbarei gerade jetzt unerläßlichen Arbeit an Aufklärung und wissenschaftlicher Bildung jene schon geraume Zeit inhalts-, ziel- und uferlos schweifende Wertediskussion treten zu lassen? Das, denke ich, wird uns in dieser dramatischen Situation keinen Schritt weiterbringen. Oder meint sie, die wissenschaftsfeindliche, aber rückschrittsfreundliche Losung „Berufsausbildung statt Studium" werde es verhindern, daß der Standort Deutschland zu einem Stagnationsort Deutschland wird?
    Wenigstens die höchst bescheidenen Forderungen in der Bundesratsstellungnahme zur beruflichen Bildung und zu Investitonszuschüssen, die SPD-Anträge zu Hochschulneubau und -ausbau sowie zu Forschung und Technologie und auch unser eigener bescheidener Antrag zur Friedens- und Konfliktforschung sollten Berücksichtigung finden.
    Die hier geforderte Neuorientierung der Wissenschaftspolitik wird mit so bescheidenen Aufstockungen freilich niemals zu leisten sein. Eines aber steht fest: Der Zusammenbruch der kommunistischen Regime ist auch dadurch bewirkt worden, daß sie den Kontakt zur Praxis der fortschrittlichen Wissenschaft verloren hatten. Die Bundesrepublik Deutschland wird der Frage nicht ausweichen können, ob sie bereit ist, diese Warnung auch in ihrer Haushaltspolitik zu beherzigen.
    Danke.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und bei der PDS/Linke Liste)



Rede von Renate Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Nun hat der Kollege von Waldburg-Zeil das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Graf Alois von Waldburg-Zeil


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Könnte es sein, daß wir das letzte Mal in diesem Plenum einen Einzelplan 31 des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft beraten?

    (Eckart Kuhlwein [SPD]: Wenn Sie Ministerposten abbauen, schon!)

    In der Tat, wenn wir im Frühjahr 1994 im Plenum den Vorschlägen der Verfassungskommission folgen und die Bundeskompetenzen nach Art. 72 und Art. 75 Nr. 1 des Grundgesetzes so einschränken, daß in Zukunft ein mecklenburg-vorpommerscher Schneider nach anderen Grundsätzen ausgebildet wird als ein solcher im Saarland, ein Metallfacharbeiter nach anderen Kriterien in Nordrhein-Westfalen als in Baden-Württemberg und im Hochschulwesen viele Bereiche nicht mehr durch Rahmengesetzgebung des Bundes geregelt werden können, wird man sich in der Tat fragen müssen, ob wir noch ein Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft brauchen.

    (Beifall des Abg. Eckart Kuhlwein [SPD])

    Meine Damen und Herren, ich muß noch eines hinzufügen. Das geht natürlich nicht: alle Kompetenzen den Ländern und alle Kosten dem Bund.

    (Dr. Klaus-Dieter Uelhoff [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Mißverstehen Sie mich bitte nicht,

    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Nein, wir verstehen das gut!)

    es hat in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland schon viele Ministerien gegeben, die nicht mehr bestehen. Darum geht es nicht. Ich möchte nur über den Kreis der Bildungspolitiker hinaus zum Nachdenken darüber anregen, ob wir uns auf dem Höhepunkt der Diskussion um den Wirtschaftsstandort Deutschland einen Rückfall in bildungspolitische Kleinstaaterei leisten können.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Meiner Meinung nach wäre das bedauernswert, vor allem deshalb, weil — in dem bildungs- und forschungspolitischen Grundsatzgespräch am 11. November 1993 ist es ja überdeutlich geworden — eine weitgehende Übereinstimmung darüber herrscht, was gegenwärtig an Kurskorrekturen nötig wäre.
    Es geht dabei in keiner Weise um eine Totalrevision des Bildungssystems. Es geht nur um eine vernünftige Weiterentwicklung. Dem trägt dieser Haushalt auch Rechnung. Zunächst einmal müssen Maßnahmen der beruflichen Aus- und Weiterbildung im Vordergrund stehen.
    Wenn heute über Kostenkrise in der Wirtschaft gesprochen wird, muß man immer hinzufügen, daß diese nur dort Platz greift, wo gleiche Arbeiten anderswo billiger geleistet werden können. Wo Spitzenprodukte erstellt werden, die eben nur hier erstellt werden können, sind die Facharbeiter nicht zu teuer. Wir brauchen sie dringend.
    In der Phase der ersten Bildungsreform ist aber unter dem Gesichtspunkt der Begabungsreservenausschöpfung ein gewisser einseitiger Sog in Richtung auf die akademische Bildung erzeugt worden. Man braucht hier gar nicht umzusteuern. Nötig ist aber, die Bedingungen für in der Berufsbildung Stehende und akademisch Auszubildende wieder vergleichbarer zu machen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr!)

    Wir diskutieren hier noch einfach zu ungleichgewichtig.
    Ein Beispiel: die Intensivierung der Begabtenförderung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Es ist mir unverständlich, warum bei Haushaltsberatungen jedesmal von seiten der Opposition gerade hier der Sparhebel angesetzt werden soll. Zugleich betonen Sie ja ebenso wie wir ständig die Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung.
    Natürlich bedeutet stärkere Differenzierung der Berufsbildung auch Nachdenken darüber, was man mit den Bewerbern macht, die sich mit den theoretischen Inhalten schwerer tun. Hier gilt es, die mehr praktisch Begabten durch das Angebot speziell auf sie zugeschnittener Ausbildungsordnungen ebenso zu fördern und zu fordern wie die mehr theoretisch Begabten durch zusätzliche Angebote.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Im Hochschulbereich herrscht weitgehende Übereinstimmung darüber, daß durch zügige Realisierung



    Alois Graf von Waldburg-Zeil
    der Studienstrukturreform an den Universitäten und nicht zuletzt mit Maßnahmen zur Verbesserung der Lehre die Studienzeiten verkürzt werden sollen.
    Im Gegensatz zum Forschungsbereich fehlen materielle und immaterielle Anreize für gute Leistungen in der Lehre fast völlig. Schlechtere Leistungen werden weder transparent gemacht noch gar sanktioniert. Hier müßte eine Bindung der Mittelvergabe an die Hochschule bzw. den Fachbereich nach lehrleistungsbezogenen Kriterien erfolgen, z. B. nach der Zahl der erfolgreichen Absolventen innerhalb der Regelstudienzeit. Über- bzw. Unterschreitung der durchschnittlichen Studienzeit könnte so bei der Mittelvergabe nach einem Bonus-Malus-System belohnt bzw. sanktioniert werden.
    Schließlich herrscht auch, jedenfalls weitgehend, Übereinstimmung darüber, daß die Einführung von Studiengebühren für diejenigen, die das Prinzip lebenslangen Lernens mit dem einer lebenslangen Universitätszugehörigkeit verwechseln, nicht von vornherein tabuisiert werden darf.
    Es herrscht auch Übereinstimmung darüber, daß der Fachhochschulausbau schneller vorangehen soll als der der Universitäten. Das entspricht sowohl dem Gebot des effektiven Einsatzes überaus knapper Ressourcen als auch der erkennbaren Nachfrage durch Studierende.
    Schließlich ist auch die Prüfung des Ausbaus von Berufsakademien und sonstiger tertiärer Ausbildungsgänge im Verbund mit der Wirtschaft, z. B. durch die Fachhochschulen, endlich Gegenstand intensiver und gleichwohl dringend notwendiger Erörterungen geworden. Natürlich ist es so, daß auch nach den Überlegungen des Wissenschaftsrates die Anforderungen an den Hochschulbaubereich und damit an den Bund höher liegen, als wir in diesem Haushalt festlegen konnten. Ich möchte aber umgekehrt einmal darauf hinweisen dürfen, daß für die Hochschulbauförderung noch im Jahr 1990 1,1 Milliarden DM veranschlagt waren, während es heute immerhin 1,68 Milliarden DM sind.

    (Doris Odendahl [SPD]: Das ist doch nun wirklich kein Verdienst! — Eckart Kuhlwein [SPD]: Wir sind auch ein paar Länder mehr geworden! Wir haben inzwischen auch ein paar Hochschulen mehr! Das war eine „Milchgrafenrechnung" !)

    Aus diesem Grunde werden wir, lieber Herr Kuhlwein, Ihren Antrag, weil keine Deckung vorhanden ist, ablehnen müssen.
    Das enthebt uns nicht weiteren Nachdenkens. Aber eines wird bei der gesamten derzeitigen Bildungsreformdiskussion deutlich: Es geht nicht um eine einfache Gleichung: Je mehr Mittel, desto besser die Bildung, sondern: Welche qualitativen Maßnahmen müssen getroffen werden, um bei begrenzten Staatsfinanzen ein Optimum im Bildungsbereich zu erreichen? Hier bin ich zuversichtlich, daß wir in der vom Bundeskanzler angestoßenen Diskussion um den Wirtschaftsstandort Deutschland, auch was den Bildungsbereich angeht, gemeinsam ein gutes Stück weitergekommen sind, zumindest was die Analyse und die zu treffenden Maßnahmen angeht.
    Lassen Sie mich abschließend noch einen Gedanken anfügen. Wenn der Staat mit seinen Finanzen an Grenzen stößt, muß man versuchen, privates Kapital in Aufgabenbereiche zu lenken, die bisher vom Staat wahrgenommen werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)

    Das gilt nicht nur für den Straßen- und Schienenbau, für die Post und Privatisierungen in den verschiedensten Bereichen. Auch im Bildungsbereich kann man, wie ausländische Vergleiche zeigen, erhebliche private Angebote realisieren.
    Wir brauchen nicht einmal außerhalb unserer Grenzen zu sehen. Die für die Zukunft wichtigste Säule der Bildung, nämlich die Weiterbildung, wird heute in einem Umfang von der Wirtschaft finanziert, der von den Mitteln her die Gesamtausgaben von Bund und Ländern für den Hochschulbereich deutlich übersteigt: 40 Milliarden DM gegenüber 30 Milliarden DM. Private Einrichtungen im Hochschulbereich gibt es zwar, aber nach wie vor zu wenige. Ich meine, daß die hierfür bestehenden gesetzlichen Genehmigungsvoraussetzungen zu eng sind. Wenn etwa vorgeschrieben wird, daß Professoren nicht geringer, aber auch nicht höher besoldet werden dürfen als im staatlichen Hochschulwesen — was soll diese Einengung? Auch bei der Mindestzahl anzubietender Fächer sollte der Grundsatz gelten: ruhig klein, aber dafür gut. Wo private Studienplätze angeboten werden, braucht sie der Staat nicht zu finanzieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Chance von Haushaltsberatungen in besonders finanzknappen Zeiten wäre die, erfinderisch zu werden.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)