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    Plenarprotokoll 12/191 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 191. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Dr. Joachim Grünewald . . . . 16451 A Eintritt des Abgeordneten Dr. Norbert Herr in den Deutschen Bundestag 16451 A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1994 (Haushaltsgesetz 1994) (Drucksachen 12/5500, 12/5870) Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksachen 12/6001, 12/6030) 16451 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 12/ 6002, 12/6030) 16451 C Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 12/6003, 12/ 6030) Einzelplan 08 Bundesministerium der Finanzen (Drucksachen 12/6008, 12/6030) . . . 16451 D in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 12/6025) Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 12/6029) in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 12/ 6020, 12/6030) Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 16452A Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . . 16457A, 16469 D Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 16464B Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . 16467 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16469C Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . 16473 C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16476C Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 16478C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16479B Manfred Hampel SPD 16480 D Arnulf Kriedner CDU/CSU 16484 A Manfred Hampel SPD 16484 D Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . 16486A Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 16486D Einzelplan 31 Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (Drucksachen 12/6024, 12/6030) Doris Odendahl SPD 16487 D Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 16491A Doris Odendahl SPD 16492C Carl-Ludwig Thiele F D P 16493 B Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 16495C Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16496C Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 16497 B Dr. Norbert Lammert, Parl. Staatssekretär BMBW 16498D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 Einzelplan 30 Bundesministerium für Forschung und Technologie (Drucksachen 12/6023, 12/6020) Dr. Emil Schnell SPD 16501 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16505A Dietrich Austermann CDU/CSU 16505 C Werner Zywietz F D P 16508 D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 16510D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 16511D Dr.-Ing. Paul Krüger, Bundesminister BMFT 16512C Jürgen Timm F.D.P. (Erklärung nach § 31 GO) 16515B Einzelplan 10 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 12/6010, 12/6020) Ernst Kastning SPD 16516A Ulrich Heinrich F D P 16519 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU 16520 A Günther Bredehorn F D P 16521 A Ernst Kastning SPD . . . . 16522C, 16525 B Dr. Sigrid Hoth F D P 16523 B Jochen Borchert, Bundesminister BML 16524 C Jan Oostergetelo SPD 16526 C Gottfried Haschke (Großhennersdorf) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) . 16527D Nächste Sitzung 16528 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16529* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I (Haushaltsgesetz 1994) — Einzelplan 10 — Geschäftsbereich Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . . 16529* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 16451 191. Sitzung Bonn, den 23. November 1993 Beginn: 14.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 23. 11. 93 Böhm (Melsungen), CDU/CSU 23. 11. 93* Wilfried Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 23. 11. 93 Clemens, Joachim CDU/CSU 23. 11. 93 Ehrbar, Udo CDU/CSU 23. 11. 93 Ganschow, Jörg F.D.P. 23. 11. 93 Gleicke, Iris SPD 23. 11. 93 Dr. Göhner, Reinhard CDU/CSU 23. 11. 93 Großmann, Achim SPD 23. 11. 93 Günther (Duisburg), CDU/CSU 23. 11. 93 Horst Dr. Herr, Norbert CDU/CSU 23. 11. 93 Heyenn, Günther SPD 23. 11. 93 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 23. 11. 93 Hilsberg, Stephan SPD 23. 11. 93 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 23. 11. 93 Jaunich, Horst SPD 23. 11. 93 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 23. 11. 93 Kastner, Susanne SPD 23. 11. 93 Kiechle, Ignaz CDU/CSU 23. 11. 93 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 23. 11. 93 Kuessner, Hinrich SPD 23. 11. 93 Mascher, Ulrike SPD 23. 11. 93* Matschie, Christoph SPD 23. 11. 93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 23. 11. 93 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 23. 11. 93** Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 23. 11. 93 Poß, Joachim SPD 23. 11. 93 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 23. 11. 93** Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 23. 11. 93 Ingrid Dr. Ruck, Christian CDU/CSU 23. 11. 93 Schmidt (Salzgitter), SPD 23. 11. 93 Wilhelm Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 23. 11. 93 Dr. Soell, Hartmut SPD 23. 11. 93** Spilker, Karl-Heinz CDU/CSU 23. 11. 93 Steiner, Heinz-Alfred SPD 23. 11. 93** Dr. von Teichman, F.D.P. 23. 11. 93 Cornelia Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 23. 11. 93 Wetzel, Kersten CDU/CSU 23. 11. 93 Wohlleben, Verena SPD 23. 11. 93 Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 23. 11. 93 Wollenberger, Vera BÜNDNIS 23. 11. 93 90/DIE GRÜNEN * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I (Haushaltsgesetz 1994) Einzelplan 10 Geschäftsbereich Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Dr. Dietmar Keller (PDS/Linke Liste): Der Rotstift wurde auch beim Agrarhaushalt angesetzt, allerdings so, daß die Agrarbetriebe und Bauern vorerst nicht unmittelbar von den Kürzungen betroffen sind. Hier stellt sich die Frage: Wie lange geht das noch? - zumal an den Fingern abzählbar ist, daß es nicht nur mit dem Haushalt 1994 Probleme geben wird. Unser agrarpolitischer Sprecher, Dr. Fritz Schumann, hat bereits zur ersten Lesung festgestellt, daß die PDS/Linke Liste von der Unausweichlichkeit der mittelfristigen Senkung der Gesamtagrarausgaben - EG-, Bundes- und Landesmittel - ausgeht. Alle gegenteiligen Beteuerungen der Verantwortlichen in Bonn und Brüssel sind Augenauswischerei. Er schlußfolgerte, daß letztlich nur über eine Neuorientierung der Agrarpolitik die erforderlichen Einsparungspotentiale erschließbar sind, und nannte dazu auch die aus Sicht der PDS/Linke Liste erforderlichen Grundbedingungen. Ich will diese hier nicht wiederholen; das gestattet auch mein Zeitfonds nicht. Vielmehr möchte ich einen Gedanken ergänzen. Betrachtet man die Entwicklung der Einkommen der Bauern, der Erzeugerpreise und der Verbraucherpreise im Zusammenhang, wird ein Übel sichtbar, das es bei der Wurzel zu packen gilt: Während sich das verfügbare Einkommen je Haushaltsmitglied der Privathaushalte insgesamt zwischen 1972 und 1992 verdreifachte, haben sich die Einkommen der Bauern - bezogen auf das alte Bundesgebiet - nur gut verdoppelt. Lagen ihre Einkommen je Haushaltsmitglied im Jahre 1972 um 15 Prozent unter dem aller Privathaushalte, betrug der Rückstand 1992 bereits 41 Prozent. Das entsprach immerhin 10 300 DM weniger Einkommen zum Durchschnitt und gar 38 800 DM weniger als pro Kopf in Haushalten anderer Selbständiger. Hinter den Bauern rangierten nur noch die Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger. Eine Erklärung ist das wachsende Mißverhältnis zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen. Dazu wenige Beispiele: 1991 gegenüber 1970 entwickelten sich im Bereich Rindfleisch die Preise für Rindslendenfilet auf 261 Prozent, für Schmorfleisch auf 184 Prozent und für Suppenfleisch auf 167 Prozent. Dagegen stieg der Erzeugerpreis für Lebendvieh Rind lediglich auf 111 Prozent. Das gleiche Bild bei Getreide: Dort ging der Erzeugerpreis leicht zurück - 99 Prozent -, bei Brotweizen sogar auf 96 Prozent. Dagegen stiegen die Verbraucherpreise für Brötchen auf 299 Prozent und für dunkles Mischbrot auf 270 Prozent. Die Frage ist, wo bleibt die Differenz zwischen dem, was die Bauern bekommen, und dem, was die Bevölkerung im Laden bezahlen muß? Klar ist, daß ein Teil der Differenz in die raschere Lohnentwicklung bei Arbeitern und Angestellten ging. Aber damit allein ist die ganze Differenz nicht erklärbar. Immerhin betrug Anfang der 70er Jahre der Anteil der Verkaufserlöse der Landwirtschaft an den Verbraucherausgaben für 16530* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 Nahrungsmittel noch über 50 Prozent; laut Berechnungen des Bauernverbandes waren es im Wirtschaftsjahr 1991/92 gerade mal noch 31 Prozent. Mit meinen Feststellungen sage ich nichts Neues. Sowohl Abgeordnete der Regierungskoalition wie der SPD beklagen gleichermaßen diesen Zustand. Nur ihre Schlußfolgerung ist mir zu einseitig, nämlich daß eigentlich höhere Verbraucherpreise für Nahrungsgüter angemessen wären. Bevor man so etwas ins Auge faßt, sollte man eine saubere Analyse der Gewinnraten in der Kette vom Bauern bis zum Ladentisch unter Einbeziehung des Vorleistungsbereiches in Auftrag geben. Diese Ergänzung zeigt, daß Umverteilungen in der Produktion und Zirkulation selbst tragfähigere Lösungen als Umverteilungen im Haushalt erbringen könnten. Allerdings kollidiert das mit Interessen von offensichtlich einflußreichen Kapitalgruppen, speziell im Bereich der großen Handelsketten. Ein zweites Problem betrifft den Haushaltsvollzug. Fakt ist, daß kein produzierender Bereich in so hohem Maße abhängig von direkten oder indirekten Subventionen ist wie die Landwirtschaft. Mit der EG-Agrarreform hat diese Abhängigkeit eine neue Qualität erreicht. Indem die teilweise drastisch reduzierten Erzeugerpreise produktionsneutral durch umfangreiche Kompensationszahlungen ausgeglichen werden, ist eine neue Abhängigkeit der Bauern und ein gravierendes betriebswirtschaftliches Problem entstanden. Sowohl diese Zahlungen wie auch der soziostrukturelle Einkommensausgleich im Westen bzw. die Anpassungshilfen im Osten und andere öffentliche Mittel kommen erst am Jahresende zur Auszahlung. Der Landwirtschaftsbetrieb hat aber im Herbst ganz konkrete Ausgaben, z. B. für die Herbstbestellung oder für die im September fälligen Pachtzahlungen — was übrigens im Osten ein besonderes Problem ist, da die Pachtquote doppelt so hoch wie im Westen liegt und bei juristischen Personen sogar gen hundert tendiert. Gerade in den letzten Tagen wurde ich bei Veranstaltungen von Thüringen bis Brandenburg sehr massiv mit diesem Problem konfrontiert. Mir wurde geschildert, daß Betriebe teilweise nicht in der Lage sind, Lohn zu zahlen, und die Betroffenen auf Dezember vertrösten, von Betrieben des Vorleistungsbereiches Betriebsmittel und Leistungen gegen spätere Bezahlung einkaufen — und diese Gefälligkeit muß oft zusätzlich bezahlt werden — oder gezwungen sind, Kredite zur Zwischenfinanzierung aufzunehmen. Im Freistaat Sachsen waren zum 30. September 1993 vom korrigierten Plan aller EG-, Bundes- und Landesmittel für den Agrar- und Ernährungsbereich erst 23,6 Prozent auch ausgegeben. Die PDS/Linke Liste hält es deshalb für unerläßlich, daß mit dem Haushalt 1994 die Auszahlung staatlicher Mittel neu geregelt wird. Es ist eine bestimmte Kontinuität nötig, z. B. quartalsweise oder mindestens halbjährliche Auszahlung. Zum Abschluß möchte ich zum wiederholten Male darauf verweisen, daß die Altschuldenregelung nach wie vor unakzeptabel ist. Mir sind aus den genannten Veranstaltungen vor Ort Beispiele bekanntgeworden, daß inzwischen die rechnerisch aufgelaufene Zinslast für Altkredite bereits höher als die erste Rate der Teilentschuldung durch die Treuhandanstalt ist. Auch wenn diese Zinsen nicht unmittelbar fällig werden, müssen sie ja nach der Waigelschen Besserungsscheinregelung — wenn auch mit Zeitverzögerung — aufgebracht werden. Das führt in der Praxis oftmals dazu, daß aus betriebswirtschaftlicher Verantwortung das Risiko gescheut wird, im erforderlichen Umfang neu zu investieren. Abgesehen davon, daß die Banken weiter Zurückhaltung üben. Ich will das hier nicht vertiefen, möchte aber ankündigen, daß unsere Gruppe die Initiative ergreifen wird, die gesamte Altschuldenproblematik erneut zu beleuchten und in die parlamentarische Diskussion zu bringen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hansgeorg Hauser


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Kollege Weng, ich nehme das sehr gern zur Kenntnis, aber ich habe in diesem neuen Antrag, der hier auf den Tisch gelegt wurde, auch gelesen, daß man beispielsweise bei der wehrtechnischen Forschung und Entwicklung kürzen möchte, daß man also genau das Gegenteil dessen macht, wofür andere auf die Straße gehen und demonstrieren, weil ihre Arbeitsplätze verlorengehen, weil beispielsweise Erprobungsstellen der Bundeswehr Entlassungen vornehmen müssen, da sie die finanziellen Mittel nicht mehr haben. Das ist die Konsequenz, die die SPD mit ihrer doppelten Moral zutage legt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, daß Sie mit mehr Steuern die Mehrausgaben finanzieren wollen, haben Sie auf Ihrem letzten Parteitag wieder deutlich gezeigt. Sie haben bereits in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung eindeutig bewiesen, daß Sie in der Weltrangliste absolut die unangefochtene Nr. 1 im Schuldenmachen sind, indem Sie in den 13 Jahren von 1969 bis 1983 die Bundesschuld versiebenfacht haben — versiebenfacht, meine Damen und Herren! Es ist auch darauf hinzuweisen, daß Deutschland im internationalen Vergleich, ebenso wie England beispielsweise, weit von einer Verschuldenskrise entfernt ist. Auch darauf ist in dem Artikel in der „Wirtschaftswoche", auf den ich mich bezogen habe, zutreffend hingewiesen worden.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Lassen Sie sich doch selbst einmal etwas einfallen!)

    Meine Damen und Herren, die Bewältigung der Schuldenkrise kann bei der Bewältigung der Altlasten sehr hart werden. Es heißt hier:
    So reichten jahrelang die Primärüberschüsse in der Konsolidierungsphase der 80er Jahre gerade aus, den weiteren Anstieg der Schuldenquote zu verhindern.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Steuergeschenke haben Sie gemacht!)

    — Herr Wieczorek, hören Sie doch zu! Ihre Argumente werden auch durch die Lautstärke nicht besser. Hören Sie mal gut zu!

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ohne die Schuldenpolitik der SPD hätten wir in den 80er Jahren sogar den absoluten Schuldenstand abbauen können.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Warum haben Sie es denn nicht getan?)

    — Sehen Sie, das kommt davon, daß Sie nicht zugehört haben. Ich darf Ihnen den Satz noch einmal vorlesen: Ohne die Schuldenpolitik der SPD hätten wir in den 80er Jahren sogar den absoluten Schulden-



    Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach)

    stand abbauen können. Wenn Sie dann fragen: Warum haben Sie es nicht getan?, so ist das der Beweis dafür, daß Sie nicht zuhören können.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Ach was, den hätten Sie auch so abbauen können, ohne die dumme Steuerreform! — Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Die Gnade des partiellen Hörens!)

    Wir müssen von der hohen Staatsquote von 52 % in 1994, der hohen Abgabenquote von 44,5 % und der Steuerquote von 25 % wieder herunter.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Wer regiert hier eigentlich?)

    — Ich habe gerade schon gemerkt, daß Sie die wichtigsten Passagen verpassen, Herr Wieczorek, wenn Sie immer hineinbrüllen. Deswegen sollten Sie einmal zuhören. Hinterher können wir uns vielleicht bei einem Bier darüber unterhalten, was Sie damit meinen.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Regieren Sie endlich!)

    Immerhin haben wir trotz der historisch einmaligen Aufgabe bei der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands bisher noch nicht den historischen Höchststand der Steuerquote in den 70er Jahren erreicht.
    Meine Damen und Herren, mir ist es unbegreiflich, wie die SPD permanent die Substanzbesteuerungen nach wie vor nicht abschaffen will. Die Gewerbekapitalsteuer ist ein Hindernis erster Ordnung bei der Unternehmensbesteuerung. Sie sollten zur Kenntnis nehmen, daß wir das endlich abschaffen müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Trotz der Sparmaßnahmen, die wir getroffen haben, gibt es eine ganze Reihe von Risiken auf der Ausgabenseite. Ich möchte einige Beispiele nennen, die besonders kostenträchtig sind: Die Bundesanstalt für Arbeit ist bereits angesprochen worden, die uns gegenüber den ersten Planungen für 1993 um zusätzliche 25 Milliarden DM belastet hat

    (Dr. Barbara Höll [PDS/Linke Liste]: Schaffen Sie doch Arbeitsplätze!)

    und für die wir jetzt 1994 den Bundeszuschuß wieder auf 18 Milliarden DM aufstocken mußten. Weitere Erhöhungen sind je nach Entwicklung der konjunkturellen Lage nicht ausgeschlossen. Ich denke an die Bahnreform. Herr Weng, ich kann Ihre Ausführungen zum größten Teil unterstreichen. Auch hier darf es nicht sein, daß wir zusätzliche Belastungen bekommen. Die Möglichkeiten des Bundes sind ausgereizt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Vor allem darf es nicht zu einer verfassungsrechtlichen Beteiligung der Länder an der Mineralölsteuer im Sinne einer zweiten flexiblen Gemeinschaftssteuer kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Der Bund muß insoweit den Handlungsspielraum
    behalten. Ich denke an das Entschädigungsgesetz,
    das uns wahrscheinlich etliche Milliarden DM mehr
    kostet, und an das Vermögenszuordnungsgesetz, mit dem die Länder und Gemeinden den Bund zu einer Schuldenübernahme in einer Größenordnung von 10 Milliarden DM veranlassen wollen.
    Letztlich möchte ich auch auf die finanziellen Risiken des Berlin-Umzuges hinweisen, den wir uns in den nächsten Jahren kaum leisten können. Die Lösung liegt hier nur in einer vernünftigen Zeitachse.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Diese zusätzlichen Haushaltsrisiken muß man vor dem Hintergrund der bereits beschlossenen Steuererhöhungen für 1994 und 1995 sehen, die sämtlich schon in der Finanzplanung — ich sage das einmal etwas salopp — verfrühstückt worden sind. Die konjunkturellen Auswirkungen auf das Wachstum können wir noch nicht abschätzen. Klar muß aber für Bürger und Unternehmen jetzt schon sein: Es kann und darf über die bereits beschlossenen Steuererhöhungen hinaus keine zusätzlichen Belastungen geben.
    In der Steuerpolitik können wir sinnvolle und notwendige Förderungsmaßnahmen, wie z. B. bei den Forschungsausgaben, nur ermöglichen, wenn wir umschichten und an anderen Stellen Erhaltungssubventionen abbauen. Auch in der Steuerpolitik gilt das Moratorium: Keine zusätzliche Förderung ohne Gegenfinanzierung.
    Mit dem Mißbrauchsbekämpfungsgesetz haben wir konsequent unsere bisherige Politik des Abbaus von Steuersubventionen fortgesetzt und damit auch auf diesem Gebiet zur Haushaltskonsolidierung beigetragen.
    Meine Damen und Herren, das Beispiel der letzten zehn Jahre hat gezeigt, daß wir durch Steuersenkungen sehr wohl Wachstumspolitik betreiben können. Dazu müssen wir wieder zurückkehren.
    Ich glaube, daß man der gegenwärtigen angespannten Haushaltslage aber auch positive Elemente abgewinnen kann, wenn dies dazu führt, daß überkommene Subventionstöpfe abgebaut, die Staatsausgaben auf ihren notwendigen Kern zurückgeführt und verkrustete Strukturen aufgebrochen werden. Nicht umverteilen ist gefragt, sondern Konsolidierung durch Einsparen und neue Leistungsanreize für Bürger und Unternehmen.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Aber ihr verteilt doch um!)

    Die Finanzpolitik der Koalition ist mit dem Bundeshaushalt 1994 insoweit auf dem richtigen Weg.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, nächster Redner ist unser Kollege Manfred Hampel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Manfred Hampel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe der Einbringungsrede von Herrn Waigel sehr aufmerksam gelauscht, weil ich erwartet hatte, irgend etwas zu hören, worauf ich reagieren müßte. Außer einer unpassenden Bemerkung über eine launige Rede, die



    Manfred Hampel
    übrigens um Längen besser war als das, was Sie heute abgeliefert haben, habe ich nichts gehört, worauf es sich lohnte einzugehen. Für eines ist diese Rede aber doch symptomatisch für den derzeitigen Zustand dieser Bundesregierung: kraftlos, nichtssagend.
    Ich möchte an den Anfang meiner Rede zwei Zitate stellen, ein erstes Zitat aus dem Monatsbericht für Oktober des Arbeitsamtes Dessau:
    Die neuesten Arbeitsmarktzahlen vom Oktober weisen erneut einen leichten Anstieg des Arbeitslosenbestandes im Amtsbezirk Dessau aus. Mit 25 949 Arbeitslosen sind das 180 oder 0,7 % Arbeitslose mehr als im September. Im Vergleich zum Vorjahr sind es sogar 28 % oder 5 682 Arbeitslose mehr.
    Die Arbeitslosenquote, auf der Basis aller abhängigen zivilen Erwerbspersonen berechnet, stieg von 21,1 % im September auf 21,2 %. Vor einem Jahr hat sie bei 14,8 % gelegen.
    Das zweite Zitat ist aus dem Bericht des Bundesrechnungshofs über die Tätigkeit der Treuhandanstalt, Bundestagsdrucksache 12/5650:
    Mehr als die Hälfte der vom Bundesrechnungshof untersuchten Verträge enthielten keine Regelungen oder nur rechtlich nicht bindende Absichtserklärungen des Käufers zu Investitionen und Arbeitsplätzen. Verträgen mit rechtlich bindenden Investitions- und Arbeitsplatzzusagen fehlte häufig eine Präzisierung hinsichtlich des Verbleibs der Invesitionen im Unternehmen oder der Zahl der zu beschäftigenden Arbeitnehmer auf den zugesagten Arbeitsplätzen. Vertragsstrafen für den Fall der Nichterfüllung der Zusagen waren häufig ohne nachvollziehbare Begründung nicht vereinbart.

    (Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

    Im übrigen empfehle ich diese Bundestagsdrucksache dringend zur Lektüre. Sie macht klar, welchen Anteil die Bundesregierung an dem wirtschaftlichen Niedergang in den neuen Ländern hat.
    Meine Damen und Herren, die Zitate aus dem Bericht des Arbeitsamtes Dessau und des Bundesrechnungshofes sollten Sie zum Nachdenken anregen.

    (Beifall bei der SPD — Gunnar Uldall [CDU/ CSU]: Das ist doch nicht Folge der Wiedervereinigung!)

    Ich stelle es Ihnen anheim, diese beiden Zitate in einen Zusammenhang zu bringen.

    (Gunnar Uldall [CDU/CSU]: Das ist ganz gefährlich, was er da macht!)

    Im vierten Jahr nach dem Beitritt der ehemaligen DDR schwankt die Stimmung über die wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland zwischen Bangen und Hoffen. Das mit der Einführung der D-Mark erhoffte dynamische Wachstum durch die Kräfte des Marktes hat sich als Illusion erwiesen. Von einer kurzfristigen Anpassungskrise trauen sich inzwischen selbst die Strategen der reinen Lehre des Marktes nicht mehr zu reden.
    Gefragt ist wirtschaftspolitisches Handeln. Seitens der Bundesregierung bleibt dies jedoch noch immer aus. Zaudern, Zögern und eine erschreckende Tatenlosigkeit lassen die Entindustrialisierung im Osten immer weitergehen.

    (Gunnar Uldall [CDU/CSU]: Eine gefährliche Argumentation!)

    Von ursprünglich 9 000 568 Beschäftigten im ersten Quartal 1990 sind wir im Osten inzwischen bei 6 100 000 Beschäftigten im dritten Quartal 1993 angekommen. Das sind rund 3,5 Millionen Personen, die aus dem Erwerbsleben auf die verschiedensten Arten ausgeschieden sind. Die offizielle Arbeitslosenzahl von 1 157 000 nimmt sich dagegen vergleichsweise lächerlich aus.
    Im industriellen Bereich im engeren Sinne, also im Bergbau und im verarbeitenden Gewerbe, ist die Beschäftigtenzahl auf ca. 1 460 000 abgesunken und damit auf unter 24 % des ostdeutschen Unternehmenssektors. Gemessen am tatsächlich realisierten Umsatz, bedeutet selbst dieser Wert noch einen Beschäftigungsüberhang. Die Investitionstätigkeit ist trotz erheblicher Förderinstrumente und Förderquoten von bis zu 50 % quantitativ und qualitativ nicht ausreichend.
    Im Jahre 1992 wurden pro Erwerbstätigen nur ca. 75 % des westdeutschen Niveaus investiert, davon im verarbeitenden Gewerbe nur ca. ein Fünftel. Die Steigerungsrate für Anlageinvestitionen bei Ausrüstungen ist rückläufig und liegt derzeit bei 6,1 %. Das Potential für Forschungs- und Entwicklungsaufgaben wurde zum größten Teil abgebaut. Von ursprünglich 75 000 in der Industrie beschäftigten Wissenschaftlern waren bis zum dritten Quartal 1993 nur noch 10 000 in regulärer Arbeit.

    (Zuruf von der CDU/CSU: 13 000!)

    — 10 000, 5 000 sind in AB-Maßnahmen und sonstigen Programmen.
    Regionale Disparitäten haben sich weiter verschärft. Einzelne Regionen wurden durch die Krise ihrer Branchen vollständig deindustrialisiert.
    Der Industriebesatz, also die Industriebeschäftigten pro 1 000 Einwohner, ist von 195 im Jahre 1989 auf 48 Beschäftigte im dritten Quartal dieses Jahres gesunken. Das noch vorhandene Industriepotential Ostdeutschlands ist für sich genommen nicht mehr in der Lage, einen selbsttragenden Aufschwung in Gang zu setzen.

    (Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)

    Die produktive Basis der ostdeutschen Wirtschaft ist mit nur noch ca. 24 % so weit unterhöhlt, daß nachgelagerte unternehmensbezogene Dienstleistungen keine ausreichende Basis mehr haben. Lediglich im Bausektor und in den baunahen Dienstleistungen ist ein Aufwärtstrend zu verzeichnen. Diese Sektoren der ostdeutschen Wirtschaft hängen aber nach wie vor am Finanztransfer von Ost nach West, da vor allem die öffentliche Hand Auftraggeber ist.
    Die Selbstbeschränkung der Wirtschaftspolitik auf eine einzelwirtschaftliche Effektivierung und die Übertragung dieser Aufgaben an die Treuhandanstalt



    Manfred Hampel
    hat zu einer weitgehenden Zerrüttung der ökonomischen und sozialen Strukturen geführt.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Entwicklung darf nicht länger hingenommen werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist höchste Zeit zum Handeln. Der Markt ist als Selbstregulativ unfähig, diese Umwandlungsaufgabe zu bewältigen. Der Staat muß die Grundlagen erst entwickeln und gestalten. Nur so wird es möglich sein, die weitere Entindustrialisierung zu stoppen. Die Zentren industrieller Produktion — sprich: die Erhaltung, Sanierung und Modernisierung industrieller Kerne mit Ausstrahlung in den tertiären Sektor — müssen im Osten Deutschlands wiederhergestellt werden. Dafür werden wir uns einsetzen.

    (Beifall bei der SPD)

    Die im Bestand der Treuhandanstalt verbliebenen größeren Industriebetriebe können dafür die Grundlage bilden. Das allein wird jedoch nicht ausreichen. Die Stützung und Entwicklung des bereits privatisierten und reprivatisierten Sektors ist von gleicher Bedeutung.
    Aus der Sicht der Sozialdemokratie kann sich die Diskussion um die Treuhandnachfolgeorganisation daher nicht auf eine Auseinandersetzung über eine optimale Verwaltungslösung beschränken. Sie kann sich auch nicht auf die Frage beschränken, ob und wie die verbliebenen Aufgaben privatrechtlich am besten zu organisieren sind.
    Wir betrachten es als eine vorrangige Aufgabe, mit dem noch vorhandenen Potential Aufbauarbeit im und für den Osten zu leisten. Einige große Unternehmen wie Buna, Leuna, die Chemie AG, die Deutsche Waggonbau AG, die Betriebe der Landtechnik, die Laubag und Mibrag, die SKET und die VEAG — um nur einige zu nennen — sind Beispiele von Großbetrieben, die zu industriellen Zentren mit entsprechender Ausstrahlung in den Dienstleitungssektor und die Zuliefererindustrie entwickelt werden können.
    Daneben wird es eine Anzahl von noch ca. 100 mittleren und kleineren Unternehmen geben, die nach Ende des operativen Geschäfts im Besitz der Treuhand sein werden. Auch diese Unternehmen sind zu entwickeln und die Standorte zu erhalten.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Eine weitere wichtige Frage ist die Situation der bereits privaten Betriebe, also die Situation der privatisierten und reprivatisierten Betriebe. Unsere Betriebe kranken in einem großen Umfang an fehlendem Eigenkapital, das aus eigener Kraft nicht aufgebracht werden kann, betrachtet man den Umfang der Investitionen, der notwendig ist. Hier wäre es dringend notwendig, seitens des Landes und der Bundesregierung Bürgschaften zum Aufbau in den neuen Bundesländern zu übernehmen.
    Mit der Privatisierung und Reprivatisierung ist nämlich keinesfalls eine Überlebensgarantie erreicht. Die Treuhand weigert sich vehement, Unternehmen zurückzunehmen. Lediglich im Fall der Niederlassung Halle ist es gelungen, die Treuhand zur Rücknahme von Unternehmen zu bewegen, zu deren Verkauf es auf Grund betrügerischer Manipulationen gekommen war.
    Wenn dieser Handlungsgrundsatz Rücknahme bei Eingehungsbetrug bzw. betrügerischen Tatbeständen zwischenzeitlich akzeptiert ist, bleibt ein weiterer Faktor noch immer Schlupfloch für die Treuhandanstalt. Es muß einen Sinn machen, diese Unternehmen zurückzunehmen. Mit anderen Worten: Wenn ein Betrüger so viel Zeit und Muße hatte, ein Unternehmen so weit auszuweiten, daß eine Sanierung nur noch mit hohem Kapitaleinsatz zu bewerkstelligen wäre, macht es nach Auffassung der Treuhand keinen Sinn, diese Unternehmen zurückzunehmen. Beispiele dafür sind die Thüringische Faser Schwarzer und das Faserwerk Pirna, welche an eine indische Investorengruppe veräußert werden, wobei man sicher das Wort Investorengruppe in Anführungsstriche setzen müßte.

    (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Verschenken für 1 DM!)

    Um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: Ich will nicht für eine generelle Rücknahmeverpflichtung eintreten. Dies wäre gesamtwirtschaftlich nicht vertretbar.
    Allerdings ist die derzeitige starre Haltung der Treuhandanstalt gegen die Rücknahme von Unternehmen bei gescheiterter Privatisierung auch nicht der Weisheit letzter Schluß, zumal Mißmanagement in der Treuhandanstalt als Preis der schnellen Privatisierung für das Scheitern von Betrieben wesentlich mit verantwortlich ist.
    In ihrer Gegenäußerung zum Bundesrechnungshofbericht stellt die Treuhandanstalt fest: Die Zulässigkeit unvollkommenen Arbeitens sei die Existenz- und Erfolgsgrundlage der Treuhandanstalt schlechthin.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Ich hoffe, Sie haben diesen Satz richtig verstanden.

    (Rudi Walther [Zierenberg] [SPD]: Noch einmal vorlesen!)

    Ich lese ihn gern noch einmal vor — er ist in dem von mir erwähnten Bundesrechnungshofbericht nachzulesen —: Die Zulässigkeit unvollkommenen Arbeitens sei die Existenz- und Erfolgsgrundlage der Treuhandanstalt schlechthin.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Damit kann man viel erklären!)

    Angesichts dieses Grundsatzes, über den jetzt nicht zu streiten ist, muß aber verlangt werden, daß schädliche Folgen dieses unvollkommenen Arbeitens nicht zu Lasten der betroffenen Unternehmen und letztlich zu Lasten der Beschäftigten gehen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Offensichtlich weigern sich Treuhand und Bundesregierung, die Verantwortung für Folgeschäden einer zu schnellen Privatisierung und einer verfehlten Wirtschaftspolitik zu übernehmen. Statt dessen wird eine Erblastenlegende aufgebaut, mit der diese verfehlte



    Manfred Hampel
    Politik kaschiert werden soll. Damit muß endlich aufgehört werden.

    (Rudi Walther [Zierenberg] [SPD]: Sehr gut!)

    Es ist allerhöchste Zeit, traditionelle Denkmodelle auf den Müll zu werfen und sich den zu lösenden Aufgaben vorurteilsfrei und ohne parteipolitischem Taktieren zu stellen.

    (Zuruf von der SPD: Das können die nicht!)

    Wirtschaftliche Entwicklungsstrategien zugunsten der neuen Länder müssen in einem Konzept der gleichzeitigen Bewältigung der in den alten Ländern anstehenden Strukturprobleme eingebunden sein. Wenn es nicht gelingt, die langfristigen Strukturprobleme Westdeutschlands zu bewältigen, wird auch die Integration Ostdeutschlands allein aus Mangel an Ressourcen schleppend vorankommen. Die Mark kann eben nur einmal ausgegeben werden. Das ist eine Binsenweisheit.
    Je langsamer im Osten der Aufschwung geht, um so länger wird er dauern, und um so länger wird er von Transferleistungen aus dem Westen abhängig sein —mit all den negativen Auswirkungen auf das Zusammenleben von Ost- und Westdeutschen, deren Tendenz schon jetzt deutlich sichtbar ist.
    Die Menschen im Osten wollen sich ihre Lebensgrundlage selbst erarbeiten. Man muß ihnen nur die Möglichkeit dazu geben. Mit unserem wirtschaftspolitischen Konzept werden wir dafür die Voraussetzungen schaffen.

    (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wie sieht das konkret aus?)

    — Sie können es nachlesen.

    (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie haben vorhin gesagt, Sie bieten Alternativen! Ich warte seit zehn Minuten!)

    — Das wäre jetzt zu umfangreich, und dafür würde jetzt meine Redezeit nicht ausreichen.
    Deutschland steht vor einer Herausforderung, wie sie seit der Gründung der Bundesrepublik nicht mehr gegeben war. Das sind:
    Erstens. Die sprunghaft gestiegene Staatsverschuldung, die den Handlungsspielraum des Staates auf Grund der hohen Zinsbelastung dramatisch einschränkt.
    Zweitens. Die Integrationsaufgabe im Osten mit all ihren wirtschafts- und sozialpolitischen Problemen.
    Drittens. Der hohe Kostenstand und die unzureichende Kapitalbildung vor allem in Ostdeutschland.
    Viertens. Die Folge des Nachwuchsmangels als Ergebnis eines langanhaltenden Geburtenrückgangs und in den neuen Ländern der dramatische Einbruch der Geburtenzahlen nach der Wende.
    Fünftens. Die beginnende Erosion des Ausbildungssystems. In meinem Haushalt, Bildung und Wissenschaft, wurde die Aufstockung um 320 Millionen DM, die ausschließlich investiv für den Aus- und Neubau von Hochschulen genutzt werden sollte, von der Koalition abgelehnt. Ebenso trifft die globale
    Minderausgabe in der Titelgruppe 06 Fördermaßnahmen für den wissenschaftlichen und beruflichen Nachwuchs.
    Sechstens. Die langfristigen Kosten der Alters- und Pflegeversicherung.
    Siebtens. Die Entschädigungsregelung und die Regelung in bezug auf die Vertriebenen. Bei den Vertriebenen geht es um die 4 000 DM-Regelung. Der erste Gesetzentwurf war ja wohl ein vollkommener Flop. Es ist von neuen Belastungen — je nachdem; ich kenne jetzt das genaue Konzept der Koalition nicht — zwischen 11 und 17 bis 18 Millionen DM die Rede. Auf jeden Fall wird es eine zusätzliche Belastung des Bundeshaushalts werden. Das ursprünglich vorgehabte Nullsummenspiel geht wohl nicht auf.
    Diese Summe der Aufgaben kann mit den herkömmlichen Instrumenten nicht bewältigt werden; schon gar nicht mit dem „Weiter so"-Denken dieser Bundesregierung.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Fortsetzung des industriellen Kahlschlags in den neuen Ländern hat nicht nur für die Menschen in den neuen Ländern, sondern auch für die Unternehmen und ihre Beschäftigten in den alten Ländern schwerwiegende Folgen.
    Zum Schluß möchte ich noch auf einige Punkte, die Treuhand betreffend, eingehen. Im Rahmen des Föderalen Konsolidierungsprogramms hatten wir erreicht, daß das Bekenntnis zum Erhalt industrieller Kerne durch Erhöhung des Kreditrahmens der Treuhandanstalt realisiert werden könnte. Ich sage bewußt: könnte; denn nach unserer Auffassung geschieht im Bereich der direkten Investitionen zu wenig.
    Augenscheinlich nimmt die Treuhand diese zweimal 8 Milliarden DM als willkommene Aufstockung ihres Finanzrahmens, ohne damit tatsächlich Substantielles im investiven Bereich für sanierungsfähige Unternehmen zu leisten. Bundesregierung und Treuhand müssen sich endlich zu einer aktiven Industriepolitik bekennen.

    (Beifall bei der SPD)

    Dies ist für den Wiederaufbau der ostdeutschen Wirtschaft von zentraler Bedeutung. Es ist ökonomisch viel besser, bestehende Zentren zu modernisieren, als Betriebe zusammenbrechen zu lassen und zu hoffen, daß auf den Ruinen bald etwas Neues entsteht.
    Die Weiterführung der Unternehmen, die noch nicht privatisiert werden können, in Management-KGs ist ein Schritt in die richtige Richtung. Nur dürfen diese Management-KGs keine kleinen Treuhandanstalten werden. Bisher krankt das Konzept der Management-KGs an ihrer nahtlosen Einbindung in das vorrangige Privatisierungsziel der Treuhandanstalt. Dies kommt auch in den Konstruktionsprinzipien der Management-KGs zum Ausdruck.
    Die anderen verbliebenen Aufgaben der Treuhandanstalt haben ebenfalls nicht unerhebliche gesamtwirtschaftliche Auswirkungen: erstens die Verwaltung und Verwertung der Liegenschaften für gewerbliche und für Wohnzwecke, zweitens die Verwaltung und Verwertung land- und forstwirtschaftlicher Nutz-



    Manfred Hampel
    flächen, drittens das Vertragsmanagement einschließlich der Abwicklung und der Reprivatisierung und viertens die hoheitlichen sowie andere Aufgaben der Treuhandanstalt.
    Dies alles ist so zu organisieren, daß weitere negative Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Entwicklungen in den neuen Ländern verhindert werden. Dafür werden wir uns bei der Gestaltung der Nachfolgestruktur und Organisation der Treuhand einsetzen. Wir werden uns dafür einsetzen, daß endlich eine positivere wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland beginnt und daß die Anpassung der Lebensverhältnisse in Ostdeutschland so schnell wie möglich vollzogen werden kann.
    Schönen Dank.

    (Beifall bei der SPD)