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    Plenarprotokoll 12/191 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 191. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Dr. Joachim Grünewald . . . . 16451 A Eintritt des Abgeordneten Dr. Norbert Herr in den Deutschen Bundestag 16451 A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1994 (Haushaltsgesetz 1994) (Drucksachen 12/5500, 12/5870) Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksachen 12/6001, 12/6030) 16451 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 12/ 6002, 12/6030) 16451 C Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 12/6003, 12/ 6030) Einzelplan 08 Bundesministerium der Finanzen (Drucksachen 12/6008, 12/6030) . . . 16451 D in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 12/6025) Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 12/6029) in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 12/ 6020, 12/6030) Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 16452A Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . . 16457A, 16469 D Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 16464B Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . 16467 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16469C Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . 16473 C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16476C Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 16478C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16479B Manfred Hampel SPD 16480 D Arnulf Kriedner CDU/CSU 16484 A Manfred Hampel SPD 16484 D Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . 16486A Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 16486D Einzelplan 31 Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (Drucksachen 12/6024, 12/6030) Doris Odendahl SPD 16487 D Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 16491A Doris Odendahl SPD 16492C Carl-Ludwig Thiele F D P 16493 B Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 16495C Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16496C Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 16497 B Dr. Norbert Lammert, Parl. Staatssekretär BMBW 16498D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 Einzelplan 30 Bundesministerium für Forschung und Technologie (Drucksachen 12/6023, 12/6020) Dr. Emil Schnell SPD 16501 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16505A Dietrich Austermann CDU/CSU 16505 C Werner Zywietz F D P 16508 D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 16510D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 16511D Dr.-Ing. Paul Krüger, Bundesminister BMFT 16512C Jürgen Timm F.D.P. (Erklärung nach § 31 GO) 16515B Einzelplan 10 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 12/6010, 12/6020) Ernst Kastning SPD 16516A Ulrich Heinrich F D P 16519 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU 16520 A Günther Bredehorn F D P 16521 A Ernst Kastning SPD . . . . 16522C, 16525 B Dr. Sigrid Hoth F D P 16523 B Jochen Borchert, Bundesminister BML 16524 C Jan Oostergetelo SPD 16526 C Gottfried Haschke (Großhennersdorf) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) . 16527D Nächste Sitzung 16528 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16529* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I (Haushaltsgesetz 1994) — Einzelplan 10 — Geschäftsbereich Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . . 16529* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 16451 191. Sitzung Bonn, den 23. November 1993 Beginn: 14.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 23. 11. 93 Böhm (Melsungen), CDU/CSU 23. 11. 93* Wilfried Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 23. 11. 93 Clemens, Joachim CDU/CSU 23. 11. 93 Ehrbar, Udo CDU/CSU 23. 11. 93 Ganschow, Jörg F.D.P. 23. 11. 93 Gleicke, Iris SPD 23. 11. 93 Dr. Göhner, Reinhard CDU/CSU 23. 11. 93 Großmann, Achim SPD 23. 11. 93 Günther (Duisburg), CDU/CSU 23. 11. 93 Horst Dr. Herr, Norbert CDU/CSU 23. 11. 93 Heyenn, Günther SPD 23. 11. 93 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 23. 11. 93 Hilsberg, Stephan SPD 23. 11. 93 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 23. 11. 93 Jaunich, Horst SPD 23. 11. 93 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 23. 11. 93 Kastner, Susanne SPD 23. 11. 93 Kiechle, Ignaz CDU/CSU 23. 11. 93 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 23. 11. 93 Kuessner, Hinrich SPD 23. 11. 93 Mascher, Ulrike SPD 23. 11. 93* Matschie, Christoph SPD 23. 11. 93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 23. 11. 93 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 23. 11. 93** Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 23. 11. 93 Poß, Joachim SPD 23. 11. 93 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 23. 11. 93** Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 23. 11. 93 Ingrid Dr. Ruck, Christian CDU/CSU 23. 11. 93 Schmidt (Salzgitter), SPD 23. 11. 93 Wilhelm Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 23. 11. 93 Dr. Soell, Hartmut SPD 23. 11. 93** Spilker, Karl-Heinz CDU/CSU 23. 11. 93 Steiner, Heinz-Alfred SPD 23. 11. 93** Dr. von Teichman, F.D.P. 23. 11. 93 Cornelia Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 23. 11. 93 Wetzel, Kersten CDU/CSU 23. 11. 93 Wohlleben, Verena SPD 23. 11. 93 Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 23. 11. 93 Wollenberger, Vera BÜNDNIS 23. 11. 93 90/DIE GRÜNEN * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I (Haushaltsgesetz 1994) Einzelplan 10 Geschäftsbereich Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Dr. Dietmar Keller (PDS/Linke Liste): Der Rotstift wurde auch beim Agrarhaushalt angesetzt, allerdings so, daß die Agrarbetriebe und Bauern vorerst nicht unmittelbar von den Kürzungen betroffen sind. Hier stellt sich die Frage: Wie lange geht das noch? - zumal an den Fingern abzählbar ist, daß es nicht nur mit dem Haushalt 1994 Probleme geben wird. Unser agrarpolitischer Sprecher, Dr. Fritz Schumann, hat bereits zur ersten Lesung festgestellt, daß die PDS/Linke Liste von der Unausweichlichkeit der mittelfristigen Senkung der Gesamtagrarausgaben - EG-, Bundes- und Landesmittel - ausgeht. Alle gegenteiligen Beteuerungen der Verantwortlichen in Bonn und Brüssel sind Augenauswischerei. Er schlußfolgerte, daß letztlich nur über eine Neuorientierung der Agrarpolitik die erforderlichen Einsparungspotentiale erschließbar sind, und nannte dazu auch die aus Sicht der PDS/Linke Liste erforderlichen Grundbedingungen. Ich will diese hier nicht wiederholen; das gestattet auch mein Zeitfonds nicht. Vielmehr möchte ich einen Gedanken ergänzen. Betrachtet man die Entwicklung der Einkommen der Bauern, der Erzeugerpreise und der Verbraucherpreise im Zusammenhang, wird ein Übel sichtbar, das es bei der Wurzel zu packen gilt: Während sich das verfügbare Einkommen je Haushaltsmitglied der Privathaushalte insgesamt zwischen 1972 und 1992 verdreifachte, haben sich die Einkommen der Bauern - bezogen auf das alte Bundesgebiet - nur gut verdoppelt. Lagen ihre Einkommen je Haushaltsmitglied im Jahre 1972 um 15 Prozent unter dem aller Privathaushalte, betrug der Rückstand 1992 bereits 41 Prozent. Das entsprach immerhin 10 300 DM weniger Einkommen zum Durchschnitt und gar 38 800 DM weniger als pro Kopf in Haushalten anderer Selbständiger. Hinter den Bauern rangierten nur noch die Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger. Eine Erklärung ist das wachsende Mißverhältnis zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen. Dazu wenige Beispiele: 1991 gegenüber 1970 entwickelten sich im Bereich Rindfleisch die Preise für Rindslendenfilet auf 261 Prozent, für Schmorfleisch auf 184 Prozent und für Suppenfleisch auf 167 Prozent. Dagegen stieg der Erzeugerpreis für Lebendvieh Rind lediglich auf 111 Prozent. Das gleiche Bild bei Getreide: Dort ging der Erzeugerpreis leicht zurück - 99 Prozent -, bei Brotweizen sogar auf 96 Prozent. Dagegen stiegen die Verbraucherpreise für Brötchen auf 299 Prozent und für dunkles Mischbrot auf 270 Prozent. Die Frage ist, wo bleibt die Differenz zwischen dem, was die Bauern bekommen, und dem, was die Bevölkerung im Laden bezahlen muß? Klar ist, daß ein Teil der Differenz in die raschere Lohnentwicklung bei Arbeitern und Angestellten ging. Aber damit allein ist die ganze Differenz nicht erklärbar. Immerhin betrug Anfang der 70er Jahre der Anteil der Verkaufserlöse der Landwirtschaft an den Verbraucherausgaben für 16530* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 Nahrungsmittel noch über 50 Prozent; laut Berechnungen des Bauernverbandes waren es im Wirtschaftsjahr 1991/92 gerade mal noch 31 Prozent. Mit meinen Feststellungen sage ich nichts Neues. Sowohl Abgeordnete der Regierungskoalition wie der SPD beklagen gleichermaßen diesen Zustand. Nur ihre Schlußfolgerung ist mir zu einseitig, nämlich daß eigentlich höhere Verbraucherpreise für Nahrungsgüter angemessen wären. Bevor man so etwas ins Auge faßt, sollte man eine saubere Analyse der Gewinnraten in der Kette vom Bauern bis zum Ladentisch unter Einbeziehung des Vorleistungsbereiches in Auftrag geben. Diese Ergänzung zeigt, daß Umverteilungen in der Produktion und Zirkulation selbst tragfähigere Lösungen als Umverteilungen im Haushalt erbringen könnten. Allerdings kollidiert das mit Interessen von offensichtlich einflußreichen Kapitalgruppen, speziell im Bereich der großen Handelsketten. Ein zweites Problem betrifft den Haushaltsvollzug. Fakt ist, daß kein produzierender Bereich in so hohem Maße abhängig von direkten oder indirekten Subventionen ist wie die Landwirtschaft. Mit der EG-Agrarreform hat diese Abhängigkeit eine neue Qualität erreicht. Indem die teilweise drastisch reduzierten Erzeugerpreise produktionsneutral durch umfangreiche Kompensationszahlungen ausgeglichen werden, ist eine neue Abhängigkeit der Bauern und ein gravierendes betriebswirtschaftliches Problem entstanden. Sowohl diese Zahlungen wie auch der soziostrukturelle Einkommensausgleich im Westen bzw. die Anpassungshilfen im Osten und andere öffentliche Mittel kommen erst am Jahresende zur Auszahlung. Der Landwirtschaftsbetrieb hat aber im Herbst ganz konkrete Ausgaben, z. B. für die Herbstbestellung oder für die im September fälligen Pachtzahlungen — was übrigens im Osten ein besonderes Problem ist, da die Pachtquote doppelt so hoch wie im Westen liegt und bei juristischen Personen sogar gen hundert tendiert. Gerade in den letzten Tagen wurde ich bei Veranstaltungen von Thüringen bis Brandenburg sehr massiv mit diesem Problem konfrontiert. Mir wurde geschildert, daß Betriebe teilweise nicht in der Lage sind, Lohn zu zahlen, und die Betroffenen auf Dezember vertrösten, von Betrieben des Vorleistungsbereiches Betriebsmittel und Leistungen gegen spätere Bezahlung einkaufen — und diese Gefälligkeit muß oft zusätzlich bezahlt werden — oder gezwungen sind, Kredite zur Zwischenfinanzierung aufzunehmen. Im Freistaat Sachsen waren zum 30. September 1993 vom korrigierten Plan aller EG-, Bundes- und Landesmittel für den Agrar- und Ernährungsbereich erst 23,6 Prozent auch ausgegeben. Die PDS/Linke Liste hält es deshalb für unerläßlich, daß mit dem Haushalt 1994 die Auszahlung staatlicher Mittel neu geregelt wird. Es ist eine bestimmte Kontinuität nötig, z. B. quartalsweise oder mindestens halbjährliche Auszahlung. Zum Abschluß möchte ich zum wiederholten Male darauf verweisen, daß die Altschuldenregelung nach wie vor unakzeptabel ist. Mir sind aus den genannten Veranstaltungen vor Ort Beispiele bekanntgeworden, daß inzwischen die rechnerisch aufgelaufene Zinslast für Altkredite bereits höher als die erste Rate der Teilentschuldung durch die Treuhandanstalt ist. Auch wenn diese Zinsen nicht unmittelbar fällig werden, müssen sie ja nach der Waigelschen Besserungsscheinregelung — wenn auch mit Zeitverzögerung — aufgebracht werden. Das führt in der Praxis oftmals dazu, daß aus betriebswirtschaftlicher Verantwortung das Risiko gescheut wird, im erforderlichen Umfang neu zu investieren. Abgesehen davon, daß die Banken weiter Zurückhaltung üben. Ich will das hier nicht vertiefen, möchte aber ankündigen, daß unsere Gruppe die Initiative ergreifen wird, die gesamte Altschuldenproblematik erneut zu beleuchten und in die parlamentarische Diskussion zu bringen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Helmuth Becker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Bitte, Herr Kollege Dr. Weng.


Rede von Dr. Wolfgang Weng
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Kollege Hauser, ich muß Ihnen eine Mitteilung machen, in Frageform natürlich: Würden Sie freundlicherweise zur Kenntnis nehmen, daß die Kollegen der SPD nach meiner Rede jetzt hier einen Antrag auf massive Kürzungen im Verteidigungsbereich vorgelegt haben, der zur Finanzierung der anderen von ihnen
eingebrachten Anträge dienen soll? Das heißt, meine Äußerungen haben sie offensichtlich angeregt, nun doch noch mit Kürzungsvorschlägen nachzufassen.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Reden Sie doch nicht solchen Quark! Quarkpolitischer Sprecher)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hansgeorg Hauser


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Kollege Weng, ich nehme das sehr gern zur Kenntnis, aber ich habe in diesem neuen Antrag, der hier auf den Tisch gelegt wurde, auch gelesen, daß man beispielsweise bei der wehrtechnischen Forschung und Entwicklung kürzen möchte, daß man also genau das Gegenteil dessen macht, wofür andere auf die Straße gehen und demonstrieren, weil ihre Arbeitsplätze verlorengehen, weil beispielsweise Erprobungsstellen der Bundeswehr Entlassungen vornehmen müssen, da sie die finanziellen Mittel nicht mehr haben. Das ist die Konsequenz, die die SPD mit ihrer doppelten Moral zutage legt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, daß Sie mit mehr Steuern die Mehrausgaben finanzieren wollen, haben Sie auf Ihrem letzten Parteitag wieder deutlich gezeigt. Sie haben bereits in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung eindeutig bewiesen, daß Sie in der Weltrangliste absolut die unangefochtene Nr. 1 im Schuldenmachen sind, indem Sie in den 13 Jahren von 1969 bis 1983 die Bundesschuld versiebenfacht haben — versiebenfacht, meine Damen und Herren! Es ist auch darauf hinzuweisen, daß Deutschland im internationalen Vergleich, ebenso wie England beispielsweise, weit von einer Verschuldenskrise entfernt ist. Auch darauf ist in dem Artikel in der „Wirtschaftswoche", auf den ich mich bezogen habe, zutreffend hingewiesen worden.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Lassen Sie sich doch selbst einmal etwas einfallen!)

    Meine Damen und Herren, die Bewältigung der Schuldenkrise kann bei der Bewältigung der Altlasten sehr hart werden. Es heißt hier:
    So reichten jahrelang die Primärüberschüsse in der Konsolidierungsphase der 80er Jahre gerade aus, den weiteren Anstieg der Schuldenquote zu verhindern.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Steuergeschenke haben Sie gemacht!)

    — Herr Wieczorek, hören Sie doch zu! Ihre Argumente werden auch durch die Lautstärke nicht besser. Hören Sie mal gut zu!

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ohne die Schuldenpolitik der SPD hätten wir in den 80er Jahren sogar den absoluten Schuldenstand abbauen können.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Warum haben Sie es denn nicht getan?)

    — Sehen Sie, das kommt davon, daß Sie nicht zugehört haben. Ich darf Ihnen den Satz noch einmal vorlesen: Ohne die Schuldenpolitik der SPD hätten wir in den 80er Jahren sogar den absoluten Schulden-



    Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach)

    stand abbauen können. Wenn Sie dann fragen: Warum haben Sie es nicht getan?, so ist das der Beweis dafür, daß Sie nicht zuhören können.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Ach was, den hätten Sie auch so abbauen können, ohne die dumme Steuerreform! — Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Die Gnade des partiellen Hörens!)

    Wir müssen von der hohen Staatsquote von 52 % in 1994, der hohen Abgabenquote von 44,5 % und der Steuerquote von 25 % wieder herunter.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Wer regiert hier eigentlich?)

    — Ich habe gerade schon gemerkt, daß Sie die wichtigsten Passagen verpassen, Herr Wieczorek, wenn Sie immer hineinbrüllen. Deswegen sollten Sie einmal zuhören. Hinterher können wir uns vielleicht bei einem Bier darüber unterhalten, was Sie damit meinen.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Regieren Sie endlich!)

    Immerhin haben wir trotz der historisch einmaligen Aufgabe bei der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands bisher noch nicht den historischen Höchststand der Steuerquote in den 70er Jahren erreicht.
    Meine Damen und Herren, mir ist es unbegreiflich, wie die SPD permanent die Substanzbesteuerungen nach wie vor nicht abschaffen will. Die Gewerbekapitalsteuer ist ein Hindernis erster Ordnung bei der Unternehmensbesteuerung. Sie sollten zur Kenntnis nehmen, daß wir das endlich abschaffen müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Trotz der Sparmaßnahmen, die wir getroffen haben, gibt es eine ganze Reihe von Risiken auf der Ausgabenseite. Ich möchte einige Beispiele nennen, die besonders kostenträchtig sind: Die Bundesanstalt für Arbeit ist bereits angesprochen worden, die uns gegenüber den ersten Planungen für 1993 um zusätzliche 25 Milliarden DM belastet hat

    (Dr. Barbara Höll [PDS/Linke Liste]: Schaffen Sie doch Arbeitsplätze!)

    und für die wir jetzt 1994 den Bundeszuschuß wieder auf 18 Milliarden DM aufstocken mußten. Weitere Erhöhungen sind je nach Entwicklung der konjunkturellen Lage nicht ausgeschlossen. Ich denke an die Bahnreform. Herr Weng, ich kann Ihre Ausführungen zum größten Teil unterstreichen. Auch hier darf es nicht sein, daß wir zusätzliche Belastungen bekommen. Die Möglichkeiten des Bundes sind ausgereizt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Vor allem darf es nicht zu einer verfassungsrechtlichen Beteiligung der Länder an der Mineralölsteuer im Sinne einer zweiten flexiblen Gemeinschaftssteuer kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Der Bund muß insoweit den Handlungsspielraum
    behalten. Ich denke an das Entschädigungsgesetz,
    das uns wahrscheinlich etliche Milliarden DM mehr
    kostet, und an das Vermögenszuordnungsgesetz, mit dem die Länder und Gemeinden den Bund zu einer Schuldenübernahme in einer Größenordnung von 10 Milliarden DM veranlassen wollen.
    Letztlich möchte ich auch auf die finanziellen Risiken des Berlin-Umzuges hinweisen, den wir uns in den nächsten Jahren kaum leisten können. Die Lösung liegt hier nur in einer vernünftigen Zeitachse.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Diese zusätzlichen Haushaltsrisiken muß man vor dem Hintergrund der bereits beschlossenen Steuererhöhungen für 1994 und 1995 sehen, die sämtlich schon in der Finanzplanung — ich sage das einmal etwas salopp — verfrühstückt worden sind. Die konjunkturellen Auswirkungen auf das Wachstum können wir noch nicht abschätzen. Klar muß aber für Bürger und Unternehmen jetzt schon sein: Es kann und darf über die bereits beschlossenen Steuererhöhungen hinaus keine zusätzlichen Belastungen geben.
    In der Steuerpolitik können wir sinnvolle und notwendige Förderungsmaßnahmen, wie z. B. bei den Forschungsausgaben, nur ermöglichen, wenn wir umschichten und an anderen Stellen Erhaltungssubventionen abbauen. Auch in der Steuerpolitik gilt das Moratorium: Keine zusätzliche Förderung ohne Gegenfinanzierung.
    Mit dem Mißbrauchsbekämpfungsgesetz haben wir konsequent unsere bisherige Politik des Abbaus von Steuersubventionen fortgesetzt und damit auch auf diesem Gebiet zur Haushaltskonsolidierung beigetragen.
    Meine Damen und Herren, das Beispiel der letzten zehn Jahre hat gezeigt, daß wir durch Steuersenkungen sehr wohl Wachstumspolitik betreiben können. Dazu müssen wir wieder zurückkehren.
    Ich glaube, daß man der gegenwärtigen angespannten Haushaltslage aber auch positive Elemente abgewinnen kann, wenn dies dazu führt, daß überkommene Subventionstöpfe abgebaut, die Staatsausgaben auf ihren notwendigen Kern zurückgeführt und verkrustete Strukturen aufgebrochen werden. Nicht umverteilen ist gefragt, sondern Konsolidierung durch Einsparen und neue Leistungsanreize für Bürger und Unternehmen.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Aber ihr verteilt doch um!)

    Die Finanzpolitik der Koalition ist mit dem Bundeshaushalt 1994 insoweit auf dem richtigen Weg.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)