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    Plenarprotokoll 12/191 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 191. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Dr. Joachim Grünewald . . . . 16451 A Eintritt des Abgeordneten Dr. Norbert Herr in den Deutschen Bundestag 16451 A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1994 (Haushaltsgesetz 1994) (Drucksachen 12/5500, 12/5870) Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksachen 12/6001, 12/6030) 16451 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 12/ 6002, 12/6030) 16451 C Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 12/6003, 12/ 6030) Einzelplan 08 Bundesministerium der Finanzen (Drucksachen 12/6008, 12/6030) . . . 16451 D in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 12/6025) Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 12/6029) in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 12/ 6020, 12/6030) Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 16452A Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . . 16457A, 16469 D Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 16464B Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . 16467 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16469C Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . 16473 C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16476C Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 16478C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16479B Manfred Hampel SPD 16480 D Arnulf Kriedner CDU/CSU 16484 A Manfred Hampel SPD 16484 D Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . 16486A Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 16486D Einzelplan 31 Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (Drucksachen 12/6024, 12/6030) Doris Odendahl SPD 16487 D Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 16491A Doris Odendahl SPD 16492C Carl-Ludwig Thiele F D P 16493 B Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 16495C Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16496C Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 16497 B Dr. Norbert Lammert, Parl. Staatssekretär BMBW 16498D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 Einzelplan 30 Bundesministerium für Forschung und Technologie (Drucksachen 12/6023, 12/6020) Dr. Emil Schnell SPD 16501 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16505A Dietrich Austermann CDU/CSU 16505 C Werner Zywietz F D P 16508 D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 16510D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 16511D Dr.-Ing. Paul Krüger, Bundesminister BMFT 16512C Jürgen Timm F.D.P. (Erklärung nach § 31 GO) 16515B Einzelplan 10 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 12/6010, 12/6020) Ernst Kastning SPD 16516A Ulrich Heinrich F D P 16519 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU 16520 A Günther Bredehorn F D P 16521 A Ernst Kastning SPD . . . . 16522C, 16525 B Dr. Sigrid Hoth F D P 16523 B Jochen Borchert, Bundesminister BML 16524 C Jan Oostergetelo SPD 16526 C Gottfried Haschke (Großhennersdorf) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) . 16527D Nächste Sitzung 16528 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16529* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I (Haushaltsgesetz 1994) — Einzelplan 10 — Geschäftsbereich Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . . 16529* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 16451 191. Sitzung Bonn, den 23. November 1993 Beginn: 14.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 23. 11. 93 Böhm (Melsungen), CDU/CSU 23. 11. 93* Wilfried Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 23. 11. 93 Clemens, Joachim CDU/CSU 23. 11. 93 Ehrbar, Udo CDU/CSU 23. 11. 93 Ganschow, Jörg F.D.P. 23. 11. 93 Gleicke, Iris SPD 23. 11. 93 Dr. Göhner, Reinhard CDU/CSU 23. 11. 93 Großmann, Achim SPD 23. 11. 93 Günther (Duisburg), CDU/CSU 23. 11. 93 Horst Dr. Herr, Norbert CDU/CSU 23. 11. 93 Heyenn, Günther SPD 23. 11. 93 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 23. 11. 93 Hilsberg, Stephan SPD 23. 11. 93 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 23. 11. 93 Jaunich, Horst SPD 23. 11. 93 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 23. 11. 93 Kastner, Susanne SPD 23. 11. 93 Kiechle, Ignaz CDU/CSU 23. 11. 93 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 23. 11. 93 Kuessner, Hinrich SPD 23. 11. 93 Mascher, Ulrike SPD 23. 11. 93* Matschie, Christoph SPD 23. 11. 93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 23. 11. 93 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 23. 11. 93** Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 23. 11. 93 Poß, Joachim SPD 23. 11. 93 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 23. 11. 93** Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 23. 11. 93 Ingrid Dr. Ruck, Christian CDU/CSU 23. 11. 93 Schmidt (Salzgitter), SPD 23. 11. 93 Wilhelm Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 23. 11. 93 Dr. Soell, Hartmut SPD 23. 11. 93** Spilker, Karl-Heinz CDU/CSU 23. 11. 93 Steiner, Heinz-Alfred SPD 23. 11. 93** Dr. von Teichman, F.D.P. 23. 11. 93 Cornelia Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 23. 11. 93 Wetzel, Kersten CDU/CSU 23. 11. 93 Wohlleben, Verena SPD 23. 11. 93 Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 23. 11. 93 Wollenberger, Vera BÜNDNIS 23. 11. 93 90/DIE GRÜNEN * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I (Haushaltsgesetz 1994) Einzelplan 10 Geschäftsbereich Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Dr. Dietmar Keller (PDS/Linke Liste): Der Rotstift wurde auch beim Agrarhaushalt angesetzt, allerdings so, daß die Agrarbetriebe und Bauern vorerst nicht unmittelbar von den Kürzungen betroffen sind. Hier stellt sich die Frage: Wie lange geht das noch? - zumal an den Fingern abzählbar ist, daß es nicht nur mit dem Haushalt 1994 Probleme geben wird. Unser agrarpolitischer Sprecher, Dr. Fritz Schumann, hat bereits zur ersten Lesung festgestellt, daß die PDS/Linke Liste von der Unausweichlichkeit der mittelfristigen Senkung der Gesamtagrarausgaben - EG-, Bundes- und Landesmittel - ausgeht. Alle gegenteiligen Beteuerungen der Verantwortlichen in Bonn und Brüssel sind Augenauswischerei. Er schlußfolgerte, daß letztlich nur über eine Neuorientierung der Agrarpolitik die erforderlichen Einsparungspotentiale erschließbar sind, und nannte dazu auch die aus Sicht der PDS/Linke Liste erforderlichen Grundbedingungen. Ich will diese hier nicht wiederholen; das gestattet auch mein Zeitfonds nicht. Vielmehr möchte ich einen Gedanken ergänzen. Betrachtet man die Entwicklung der Einkommen der Bauern, der Erzeugerpreise und der Verbraucherpreise im Zusammenhang, wird ein Übel sichtbar, das es bei der Wurzel zu packen gilt: Während sich das verfügbare Einkommen je Haushaltsmitglied der Privathaushalte insgesamt zwischen 1972 und 1992 verdreifachte, haben sich die Einkommen der Bauern - bezogen auf das alte Bundesgebiet - nur gut verdoppelt. Lagen ihre Einkommen je Haushaltsmitglied im Jahre 1972 um 15 Prozent unter dem aller Privathaushalte, betrug der Rückstand 1992 bereits 41 Prozent. Das entsprach immerhin 10 300 DM weniger Einkommen zum Durchschnitt und gar 38 800 DM weniger als pro Kopf in Haushalten anderer Selbständiger. Hinter den Bauern rangierten nur noch die Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger. Eine Erklärung ist das wachsende Mißverhältnis zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen. Dazu wenige Beispiele: 1991 gegenüber 1970 entwickelten sich im Bereich Rindfleisch die Preise für Rindslendenfilet auf 261 Prozent, für Schmorfleisch auf 184 Prozent und für Suppenfleisch auf 167 Prozent. Dagegen stieg der Erzeugerpreis für Lebendvieh Rind lediglich auf 111 Prozent. Das gleiche Bild bei Getreide: Dort ging der Erzeugerpreis leicht zurück - 99 Prozent -, bei Brotweizen sogar auf 96 Prozent. Dagegen stiegen die Verbraucherpreise für Brötchen auf 299 Prozent und für dunkles Mischbrot auf 270 Prozent. Die Frage ist, wo bleibt die Differenz zwischen dem, was die Bauern bekommen, und dem, was die Bevölkerung im Laden bezahlen muß? Klar ist, daß ein Teil der Differenz in die raschere Lohnentwicklung bei Arbeitern und Angestellten ging. Aber damit allein ist die ganze Differenz nicht erklärbar. Immerhin betrug Anfang der 70er Jahre der Anteil der Verkaufserlöse der Landwirtschaft an den Verbraucherausgaben für 16530* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 Nahrungsmittel noch über 50 Prozent; laut Berechnungen des Bauernverbandes waren es im Wirtschaftsjahr 1991/92 gerade mal noch 31 Prozent. Mit meinen Feststellungen sage ich nichts Neues. Sowohl Abgeordnete der Regierungskoalition wie der SPD beklagen gleichermaßen diesen Zustand. Nur ihre Schlußfolgerung ist mir zu einseitig, nämlich daß eigentlich höhere Verbraucherpreise für Nahrungsgüter angemessen wären. Bevor man so etwas ins Auge faßt, sollte man eine saubere Analyse der Gewinnraten in der Kette vom Bauern bis zum Ladentisch unter Einbeziehung des Vorleistungsbereiches in Auftrag geben. Diese Ergänzung zeigt, daß Umverteilungen in der Produktion und Zirkulation selbst tragfähigere Lösungen als Umverteilungen im Haushalt erbringen könnten. Allerdings kollidiert das mit Interessen von offensichtlich einflußreichen Kapitalgruppen, speziell im Bereich der großen Handelsketten. Ein zweites Problem betrifft den Haushaltsvollzug. Fakt ist, daß kein produzierender Bereich in so hohem Maße abhängig von direkten oder indirekten Subventionen ist wie die Landwirtschaft. Mit der EG-Agrarreform hat diese Abhängigkeit eine neue Qualität erreicht. Indem die teilweise drastisch reduzierten Erzeugerpreise produktionsneutral durch umfangreiche Kompensationszahlungen ausgeglichen werden, ist eine neue Abhängigkeit der Bauern und ein gravierendes betriebswirtschaftliches Problem entstanden. Sowohl diese Zahlungen wie auch der soziostrukturelle Einkommensausgleich im Westen bzw. die Anpassungshilfen im Osten und andere öffentliche Mittel kommen erst am Jahresende zur Auszahlung. Der Landwirtschaftsbetrieb hat aber im Herbst ganz konkrete Ausgaben, z. B. für die Herbstbestellung oder für die im September fälligen Pachtzahlungen — was übrigens im Osten ein besonderes Problem ist, da die Pachtquote doppelt so hoch wie im Westen liegt und bei juristischen Personen sogar gen hundert tendiert. Gerade in den letzten Tagen wurde ich bei Veranstaltungen von Thüringen bis Brandenburg sehr massiv mit diesem Problem konfrontiert. Mir wurde geschildert, daß Betriebe teilweise nicht in der Lage sind, Lohn zu zahlen, und die Betroffenen auf Dezember vertrösten, von Betrieben des Vorleistungsbereiches Betriebsmittel und Leistungen gegen spätere Bezahlung einkaufen — und diese Gefälligkeit muß oft zusätzlich bezahlt werden — oder gezwungen sind, Kredite zur Zwischenfinanzierung aufzunehmen. Im Freistaat Sachsen waren zum 30. September 1993 vom korrigierten Plan aller EG-, Bundes- und Landesmittel für den Agrar- und Ernährungsbereich erst 23,6 Prozent auch ausgegeben. Die PDS/Linke Liste hält es deshalb für unerläßlich, daß mit dem Haushalt 1994 die Auszahlung staatlicher Mittel neu geregelt wird. Es ist eine bestimmte Kontinuität nötig, z. B. quartalsweise oder mindestens halbjährliche Auszahlung. Zum Abschluß möchte ich zum wiederholten Male darauf verweisen, daß die Altschuldenregelung nach wie vor unakzeptabel ist. Mir sind aus den genannten Veranstaltungen vor Ort Beispiele bekanntgeworden, daß inzwischen die rechnerisch aufgelaufene Zinslast für Altkredite bereits höher als die erste Rate der Teilentschuldung durch die Treuhandanstalt ist. Auch wenn diese Zinsen nicht unmittelbar fällig werden, müssen sie ja nach der Waigelschen Besserungsscheinregelung — wenn auch mit Zeitverzögerung — aufgebracht werden. Das führt in der Praxis oftmals dazu, daß aus betriebswirtschaftlicher Verantwortung das Risiko gescheut wird, im erforderlichen Umfang neu zu investieren. Abgesehen davon, daß die Banken weiter Zurückhaltung üben. Ich will das hier nicht vertiefen, möchte aber ankündigen, daß unsere Gruppe die Initiative ergreifen wird, die gesamte Altschuldenproblematik erneut zu beleuchten und in die parlamentarische Diskussion zu bringen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Weng


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident, wenn Sie mir freundlicherweise noch eine Minute einräumen. Ich habe noch Zeit in Reserve. Vielen Dank.
    Ich fordere die Bundesregierung deshalb auf, trotz der vielen Wahlen des kommenden Jahres den Weg politischen Muts neu zu beschreiten und den Bürgern wie nach 1982 klare Vorgaben für die Zukunft zu vermitteln. Dann lösen wir unsere Haushaltsprobleme, die ein Spiegel der allgemeinen wirtschaftlichen Probleme sind. Die F.D.P.-Fraktion im Deutschen Bundestag will hierbei weiterhin treibende Kraft bleiben.
    Wir werden dem Haushalt 1994 in zweiter Lesung zustimmen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, nächste Rednerin ist unsere Frau Kollegin Dr. Barbara Höll.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Barbara Höll


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundeshaushalt 1994 muß im Zusammenhang mit dem sogenannten Solidarpakt, dem Standortsicherungsgesetz und dem Sparpaket gesehen werden. Nur so erhält man ein zusammenhängendes Bild von dem unerhörten Anschlag, den diese Bundesregierung auf die Lebenshaltung der abhängig Beschäftigten, der ökonomisch und sozial Ausgegrenzten und Deklassierten unternimmt.
    Die Bundesregierung spricht zwar von Konsolidierung und vom Erhalt des sozialen Netzes, sie gibt vor, an der Behebung sozialer Notstände ein Interesse zu haben. In der Praxis läuft aber alles auf eine ungeheure Ausplünderung der abhängig Beschäftigten, der Arbeitslosen und der Sozialhilfeempfänger hinaus, während gleichzeitig den Unternehmern ungeheure Steuervorteile verschafft werden, und das konsequent, wenn man allein die letzten drei Jahre betrachtet.
    Im Mittelpunkt der Wirtschafts- und Sozialpolitik der Bundesregierung steht der Abbau der Löhne und Gehälter, der unter dem Stichwort Deregulierung geführt wird. Löhne und Gehälter sollen gesenkt werden, um über sinkende Lohnnebenkosten das Preisgebäude für Waren und Dienstleistungen ins Wanken zu bringen.
    Es ist schlicht und einfach Unsinn, wenn behauptet wird, daß niedrige Löhne und Gehälter niedrigere Preise im Gefolge haben oder daß eine Senkung der Löhne und Gehälter zum Preisabbau führt. Löhne und Preise werden von ganz verschiedenen Faktoren bedingt, wenngleich bei beiden das Gesetz von Angebot und Nachfrage gilt.
    Der von der Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen proklamierte Abbau der Löhne und Gehälter, der leider immer mehr von großen Teilen der SPD und auch des DGB akzeptiert wird, führt keineswegs etwa zur Belebung der Konjunktur und zum Aufschwung, sondern im Gegenteil zu ihrer Schwächung und damit zur Steigerung der Absatzkrise.
    Meine Damen und Herren, diese Politik erinnert an Heinrich Brüning. Herr Waigel, ich erinnere da gerne an einige Details in Ihrem Sparpaket, die auf eine fatale Geschichte zurückblicken können: Auch Herr Brüning nahm für sich in Anspruch, sich in sozialer Gesinnung von niemandem übertreffen zu lassen.



    Dr. Barbara Höll
    Auch Brüning erklärte, er werde keinen Abbau sozialer Leistungen zulassen.
    Teil von Brünings sogenanntem Reform- und Sanierungsprogramm war jedoch der als Selbständigmachen der Arbeitslosenversicherung bezeichnete Abbau der sozialen Fürsorge. Durch Kürzung der Erwerbslosen- und Krisenunterstützung wuchsen die Ausgaben der Kommunen für Wohlfahrtslasten. Ferner beabsichtigte Brüning, das Reich, die Länder und die Gemeinden per Gesetz zu zwingen, die Ausgaben drei Jahre lang nicht zu erhöhen und alle höheren Einnahmen zur Senkung der Besitzsteuern zu verwenden.
    Zwar sah bereits das Arbeitslosenversicherungsgesetz von 1927 für arbeitslose Jugendliche sowie für Empfänger von Wohlfahrts- und Krisenunterstützung die Pflicht zu gemeinnützigen Arbeiten vor, aber das reichte Herrn Brüning nicht, der im September 1930 für Arbeitslose einen verstärkten Arbeitszwang ankündigte, den die regierungsnahe und konservative Presse natürlich als ersten Schritt zur allgemeinen Arbeitspflicht begrüßte.
    Wir haben in der vergangenen Sitzungswoche im Rahmen der Haushaltsbegleitgesetze ebenfalls diese Arbeitspflicht hier im Haus mit der Mehrheit der Koalition verabschiedet. Man muß bitte auch einmal zur Kenntnis nehmen: Es gibt nur die Pflicht zur Arbeit. Aber wenn z. B. ein Sozialhilfeempfänger nicht arbeiten kann, weil ihm die Kommune keinen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt, hat er als solcher auch in dieser Beziehung nicht die Möglichkeit, ein Recht auf Arbeit einzuklagen. Sie sind hier nur für Pflichten und Zwang.
    Der Bundeshaushalt 1994 ist konservativ und zugleich destruktiv. Bundesregierung und Koalitionsfraktionen halten stur an der alten Entwicklungsrichtung fest. Gerade dort werden notwendige Handlungsspielräume beschnitten, wo ein Kurswechsel dringend erforderlich wäre. Ich nenne hier als Beispiele die Arbeitsmarkt-, die Sozial-, die Umwelt- und die Forschungspolitik.
    Der Zuschnitt dieser Haushalts- und Finanzpolitik tritt durch den Haushaltsplan 1994 deutlich hervor. Eine liberale Kapitalförderung paart sich mit einem rigiden Sparkurs im Sozialbereich und einem durch Beschneidung arbeitsmarktpolitischer Instrumente verschärften Arbeitsplatzabbau. Der Bund trägt seine Schulden nicht ab, sondern häuft mittelfristig einen riesigen Schuldenberg an. Niemand kann jedoch gleichzeitig Haushaltssanierung im Stile der Bundesregierung und wirkliche Problemlösung betreiben.
    Die PDS/Linke Liste sieht sich mit ihren Vorschlägen und Forderungen in vollständiger Opposition zur Koalition und zur SPD. Die SPD kokettiert verbal mit Alternativen. Doch CDU/CSU, F.D.P. und SPD kapitulieren vor den Altlasten ihres Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells.

    (Brigitte Baumeister [CDU/CSU]: Und was machen Sie?)

    Natürlich sind wir uns von der PDS/Linke Liste darüber im klaren — dazu komme ich jetzt —,

    (Arnulf Kriedner [CDU/CSU]: Die haben keine Altlasten!)

    daß der in Jahrzehnten angehäufte Berg von wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Problemen und Fehlentscheidungen nur durch einen grundlegenden politischen Kurswechsel in Angriff genommen und abgetragen werden kann. Diese Fehler haben wir in Ost- und Westdeutschland, sicher auch durch verschiedene Systeme bedingt. Aber die Fehler sind auf beiden Seiten da. Die Rechnung erhalten wir jetzt.
    Es liegt uns im Unterschied zu allen anderen Parteien allerdings fern, die Wirtschaftskrise je nach parteipolitischem Standpunkt auf ein Versagen irgendeiner Landes- oder Bundesregierung zurückzuführen. Das hieße die bundesdeutsche Gesellschaft nach dem Motto heiligzusprechen: Die Verhältnisse sind goldrichtig, wir brauchen nur die richtigen Politiker. Das zu behaupten wäre eine Verharmlosung.
    Die Wirtschaftskrise, die alle Länder der kapitalistischen Welt erschüttert, dauert an. Selbst die berufsmäßigen Wetterpropheten des Kapitalismus sind bis heute nicht in der Lage, auch nur einen Silberstreifen am Horizont zu entdecken, der die ganze kapitalistische Welt überschattet. Ich betone und unterstreiche: Keiner von ihnen kann bis jetzt auch nur ein positives Anzeichen nennen, das auf eine baldige Besserung hindeuten würde.
    Die steigende Arbeitslosigkeit kennzeichnet die Entwicklung aller Industriestaaten. Wenn es richtig ist, daß für diese Entwicklung weitgehend unwichtig ist, ob eine der Sozialdemokratie verwandte oder eine konservative Regierung amtiert, dann ist daraus zu folgern, daß beide Varianten politischer Herrschaft unfähig sind, die Massenarbeitslosigkeit zu beseitigen. Denn dieses ökonomische System funktioniert unabhängig von der jeweiligen Regierungsvariante, so daß in der gegenwärtigen Phase die Arbeitslosigkeit überall zunimmt. Wäre es da nicht richtig und nur konsequent, danach zu fragen, ob dieses System und seine Produktionsverhältnisse, wenn man die Arbeitslosigkeit nicht nur mildern, sondern beseitigen will, grundsätzlich verändert werden müssen?

    (Arnulf Kriedner [CDU/CSU]: Es lebe Karl Marx!)

    Alle Altparteien und leider auch GRÜNE und BÜNDNIS 90 verweigern sich in ihrem Bekenntnis zur Marktwirtschaft diesen Gedanken.

    (Dr. Nils Diederich [Berlin] [SPD]: Zurück zum realen Sozialismus!)

    — Darum geht es nicht. Es geht darum, bessere Lösungen zu finden. Daß es in der DDR nicht funktioniert hat, wissen wir. Aber das hier ist auch nicht die beste aller möglichen Welten. Man darf sicher nicht allein die Massenarbeitslosigkeit von 4 Millionen in Deutschland sehen, man muß auch einen Blick auf Europa und die Welt insgesamt richten. Ich glaube, die Situation zeigt eindeutig, daß auch dieses System nicht in der Lage ist, Massenarbeitslosigkeit, Massenobdachlosigkeit, Hunger und Sterben zu beseitigen.



    Dr. Barbara Höll
    Konzepte zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit, die die gegenwärtige Diskussion bestimmen, bestehen vorrangig darin, daß der auftretende Mangel verteilt wird und eine Überwindung der Arbeitslosigkeit nur als Beschneidung der Konsummöglichkeiten und als Abbau des Lebensstandards der arbeitenden Unterprivilegierten in dieser Gesellschaft vorstellbar erscheint.
    Die PDS/Linke Liste ergreift in diesen Abwehrkämpfen gegen die Wirtschaftskrise eindeutig Partei. Wir führen den Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit und gegen Lohnverzicht und Lohndiktat.

    (Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann [F.D.P.]: Wie denn?)

    — Hören Sie zu, dann werden Sie dazu noch etwas erfahren.
    Diese Haushaltsdebatte ist eine Gespensterdiskussion, weil der Finanzminister um einen zweiten Nachtragshaushalt 1993 nicht herumkommen wird und auch die für 1994 erwartete Neuverschuldung wesentlich höher ausfallen wird, als Herr Waigel bisher zugibt. Die PDS/Linke Liste hegt gegen die im Haushaltsentwurf 1994 eingestellte globale Minderausgabe haushaltsrechtliche Bedenken. Der Haushaltsausschuß hat damit die Regierung zu Einsparungen in einer Größenordnung von 5 Milliarden DM ermächtigt und ihr auferlegt, ausgerechnet 10 % der Zuschüsse für laufende Zwecke an soziale und ähnliche Einrichtungen zu sperren. Die PDS/Linke Liste erhebt gegen diese Verwischung der Verantwortlichkeiten zwischen Parlament und Regierung verfassungsrechtliche Bedenken.
    Was im kommenden Frühjahr auf uns zukommen wird, wird alles in den Schatten stellen, was Theo Waigel vor noch nicht allzu langer Zeit unbegründete Schreckensszenarien der Opposition genannt hat. Die Haushalts- und Finanzpolitik dieser Bundesregierung ist auf Treibsand gebaut. Weder im Zusammenhang mit dem Haushalt des Bundes noch im Zusammenhang mit allgemeinen Fragen der Haushalts- und Finanzpolitik der Bundesregierung führt eine abstrakte Verschuldungsdebatte weiter. Wir fordern hier schon seit langem, daß der Bundestag endlich über Ziele, Politikschwerpunkte und über deren zeitliche und finanzielle Dimensionen diskutiert und entscheidet.
    Trotz der realen ökonomischen, ökologischen und sozialen Probleme, die in der größer gewordenen Bundesrepublik buchstäblich auf der Straße liegen, wird die Diskussion in diesem Hause zu oft auf die Frage nach dem besseren Regierungspersonal reduziert.
    Die Bundesregierung behauptet, die Rentabilität von Kapitalanlagen oder Investitionen in Deutschland, auf die die bundesdeutsche Wirtschaft in erheblichem Umfang angewiesen sei, sei gefährdet. Deshalb — so ihre Logik — müssen die Unternehmenssteuern gesenkt und Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerlich entlastet werden.
    Doch trotz des im Sommer 1992 beratenen Zinsabschlaggesetzes betrug die Summe ausländischer Kapitalanlagen in der Bundesrepublik im vergangenen Jahr 160 Milliarden DM. Das bedeutete eine Steigerung um 128 %, bezogen auf 1991.
    Bundesdeutsche langfristige Kapitalanlagen im Ausland erhöhten sich von 1991 auf 1992 um rund 21,3 % auf 114 Milliarden DM. Von einer Kapitalflucht konnte und kann also keine Rede sein.
    Das vom Bundestag vor kurzem gegen die Stimmen der PDS/Linke Liste verabschiedete Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz leistet keinen Beitrag zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung und des Mißbrauchs von Steuervergünstigungen, die nach einer Schätzung der Deutschen SteuerGewerkschaft Steuerausfälle in Höhe von rund 130 Milliarden DM pro Jahr bedeuten. Da jedoch jährlich 2 000 Beschäftigte aus der Finanzverwaltung in die Privatwirtschaft wechseln, ist noch nicht einmal eine ordentliche Betriebsprüfung der Großunternehmen möglich. Vor allem durch massive Sozialkürzungen will die Bundesregierung 1994 im Bundeshaushalt über 20 Milliarden DM einsparen. Nur 1,4 Milliarden DM soll der Abbau von Subventionen und Steuermißbrauchsmöglichkeiten erbringen. Diese Einnahmenverbesserungen des Bundes bestehen jedoch zu einem großen Teil aus lauter Luftbuchungen.
    Ich möchte an dieser Stelle noch einmal auf unsere Vorschläge hinweisen, deren Umsetzung zusätzliche Steuereinnahmen in Milliardenhöhe erbringen würde.
    Wir haben der Bundesregierung wiederholt Vorschläge zum Abbau der ungerechtfertigten und unsozialen Steuervorteile vorgetragen. Allein die Streichung folgender zweier Steuervergünstigungen könnte über 3,6 Milliarden DM zusätzlich in die öffentlichen Kassen bringen: Der mit dem Solidarpakt beschlossene Bewertungsabschlag von 25 % beim Betriebsvermögen sollte ebenso zurückgenommen werden wie die Berücksichtigung des Ansatzes der Steuerbilanzwerte der Vermögen- und Gewerbekapitalsteuer.
    Die Vorteile aus dem Ehegattensplitting, das eindeutig höheren Einkommen zugute kommt, werden allein in diesem Jahr zu Steuerausfällen in Höhe von 40 Milliarden DM führen.
    Die Verwirklichung unserer steuerpolitischen Vorschläge würde dem Staat jährlich Mehreinnahmen in Höhe von bis zu 55 Milliarden DM bescheren und wäre sozial gerecht. Wenn jetzt noch die aus dem Solidaritätszuschlag und aus der Einführung einer Arbeitsmarktabgabe zu erwartenden Einnahmen von mindestens 33 Milliarden DM hinzukämen, könnte der Staat 1994 über 88 Milliarden DM zusätzlich verfügen.
    Die jüngsten Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzung haben bewiesen, was die PDS/Linke Liste immer wieder behauptet hat, nämlich: Dieser Bundesregierung ist die Haushalts- und Finanzpolitik aus dem Ruder gelaufen. Wir hatten bereits für März dieses Jahres eine Neuverschuldung des Bundes von 70 Milliarden DM erwartet. Herr Waigel hatte anfangs mit 55 Milliarden DM gerechnet und war gezwungen, durch einen Nachtragshaushalt die Neuverschuldung auf über 67 Milliarden DM hochzuschrauben. Ein



    Dr. Barbara Höll
    Haushalt 1994 mit einem schöngerechneten Defizit von 69,1 Milliarden DM, das weit über den investiven Ausgaben von 64,8 Milliarden DM läge, wäre übrigens verfassungswidrig. Ich wundere mich, daß die Bundesregierung Art. 115 des Grundgesetzes nicht ernst nimmt; denn schließlich war es auch der Abgeordnete Dr. Kohl, der vor dem Bundesverfassungsgericht beantragt hatte, den Haushalt 1981 für verfassungswidrig zu erklären, weil die Kredite um rund 1,9 Milliarden DM über den Investitionsausgaben lagen.
    1994 werden die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden um 9,3 Milliarden DM niedriger sein, als sie in der Mai-Schätzung erwartet worden waren. Die westdeutschen Kommunen haben angesichts eines 1994 erwarteten Einnahmeausfalls in Höhe von rund 1,7 Milliarden DM bereits Alarm geschlagen und warnen vor dem Finanznotstand bzw. sehen sich schon am Ende. Dem Bund werden allein im laufenden Haushaltsjahr 1,4 Milliarden DM an Steuereinnahmen fehlen. Hinzu kommt in diesem Jahr noch eine von 18 auf 26 Milliarden DM erhöhte Zuschußforderung der Bundesanstalt für Arbeit an den Bund, die ihre Ursache in den dramatisch gestiegenen Arbeitslosenzahlen hat. Und Sie wollen uns hier noch allen Ernstes weismachen, Sie könnten sich und Ihre Finanzpolitik ohne einen zweiten Nachtragshaushalt über das Jahr retten!
    Der Bundesfinanzminister hat als Konsequenz aus den jüngsten Steuerschätzungen angekündigt, daß sich die finanzpolitischen Grundlinien des Bundes nicht ändern werden. Das heißt: weiter steigende Defizite. Ein konjunktureller Aufschwung ist nicht in Sicht. Und die steigende Arbeitslosigkeit in Kombination mit diesem Sparpaket an Sozialmaßnahmen wird nicht nur die Nachfrage schwächen, sondern zwangsläufig auch zu niedrigeren Steuereinnahmen führen. Nullrunden, Reallohnkürzungen sowie der Verzicht auf Lohnanpassungen werden diese negative Entwicklung noch beschleunigen.