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    Plenarprotokoll 12/191 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 191. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Dr. Joachim Grünewald . . . . 16451 A Eintritt des Abgeordneten Dr. Norbert Herr in den Deutschen Bundestag 16451 A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1994 (Haushaltsgesetz 1994) (Drucksachen 12/5500, 12/5870) Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksachen 12/6001, 12/6030) 16451 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 12/ 6002, 12/6030) 16451 C Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 12/6003, 12/ 6030) Einzelplan 08 Bundesministerium der Finanzen (Drucksachen 12/6008, 12/6030) . . . 16451 D in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 12/6025) Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 12/6029) in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 12/ 6020, 12/6030) Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 16452A Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . . 16457A, 16469 D Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 16464B Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . 16467 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16469C Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . 16473 C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16476C Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 16478C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16479B Manfred Hampel SPD 16480 D Arnulf Kriedner CDU/CSU 16484 A Manfred Hampel SPD 16484 D Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . 16486A Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 16486D Einzelplan 31 Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (Drucksachen 12/6024, 12/6030) Doris Odendahl SPD 16487 D Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 16491A Doris Odendahl SPD 16492C Carl-Ludwig Thiele F D P 16493 B Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 16495C Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16496C Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 16497 B Dr. Norbert Lammert, Parl. Staatssekretär BMBW 16498D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 Einzelplan 30 Bundesministerium für Forschung und Technologie (Drucksachen 12/6023, 12/6020) Dr. Emil Schnell SPD 16501 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16505A Dietrich Austermann CDU/CSU 16505 C Werner Zywietz F D P 16508 D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 16510D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 16511D Dr.-Ing. Paul Krüger, Bundesminister BMFT 16512C Jürgen Timm F.D.P. (Erklärung nach § 31 GO) 16515B Einzelplan 10 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 12/6010, 12/6020) Ernst Kastning SPD 16516A Ulrich Heinrich F D P 16519 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU 16520 A Günther Bredehorn F D P 16521 A Ernst Kastning SPD . . . . 16522C, 16525 B Dr. Sigrid Hoth F D P 16523 B Jochen Borchert, Bundesminister BML 16524 C Jan Oostergetelo SPD 16526 C Gottfried Haschke (Großhennersdorf) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) . 16527D Nächste Sitzung 16528 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16529* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I (Haushaltsgesetz 1994) — Einzelplan 10 — Geschäftsbereich Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . . 16529* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 16451 191. Sitzung Bonn, den 23. November 1993 Beginn: 14.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 23. 11. 93 Böhm (Melsungen), CDU/CSU 23. 11. 93* Wilfried Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 23. 11. 93 Clemens, Joachim CDU/CSU 23. 11. 93 Ehrbar, Udo CDU/CSU 23. 11. 93 Ganschow, Jörg F.D.P. 23. 11. 93 Gleicke, Iris SPD 23. 11. 93 Dr. Göhner, Reinhard CDU/CSU 23. 11. 93 Großmann, Achim SPD 23. 11. 93 Günther (Duisburg), CDU/CSU 23. 11. 93 Horst Dr. Herr, Norbert CDU/CSU 23. 11. 93 Heyenn, Günther SPD 23. 11. 93 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 23. 11. 93 Hilsberg, Stephan SPD 23. 11. 93 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 23. 11. 93 Jaunich, Horst SPD 23. 11. 93 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 23. 11. 93 Kastner, Susanne SPD 23. 11. 93 Kiechle, Ignaz CDU/CSU 23. 11. 93 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 23. 11. 93 Kuessner, Hinrich SPD 23. 11. 93 Mascher, Ulrike SPD 23. 11. 93* Matschie, Christoph SPD 23. 11. 93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 23. 11. 93 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 23. 11. 93** Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 23. 11. 93 Poß, Joachim SPD 23. 11. 93 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 23. 11. 93** Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 23. 11. 93 Ingrid Dr. Ruck, Christian CDU/CSU 23. 11. 93 Schmidt (Salzgitter), SPD 23. 11. 93 Wilhelm Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 23. 11. 93 Dr. Soell, Hartmut SPD 23. 11. 93** Spilker, Karl-Heinz CDU/CSU 23. 11. 93 Steiner, Heinz-Alfred SPD 23. 11. 93** Dr. von Teichman, F.D.P. 23. 11. 93 Cornelia Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 23. 11. 93 Wetzel, Kersten CDU/CSU 23. 11. 93 Wohlleben, Verena SPD 23. 11. 93 Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 23. 11. 93 Wollenberger, Vera BÜNDNIS 23. 11. 93 90/DIE GRÜNEN * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I (Haushaltsgesetz 1994) Einzelplan 10 Geschäftsbereich Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Dr. Dietmar Keller (PDS/Linke Liste): Der Rotstift wurde auch beim Agrarhaushalt angesetzt, allerdings so, daß die Agrarbetriebe und Bauern vorerst nicht unmittelbar von den Kürzungen betroffen sind. Hier stellt sich die Frage: Wie lange geht das noch? - zumal an den Fingern abzählbar ist, daß es nicht nur mit dem Haushalt 1994 Probleme geben wird. Unser agrarpolitischer Sprecher, Dr. Fritz Schumann, hat bereits zur ersten Lesung festgestellt, daß die PDS/Linke Liste von der Unausweichlichkeit der mittelfristigen Senkung der Gesamtagrarausgaben - EG-, Bundes- und Landesmittel - ausgeht. Alle gegenteiligen Beteuerungen der Verantwortlichen in Bonn und Brüssel sind Augenauswischerei. Er schlußfolgerte, daß letztlich nur über eine Neuorientierung der Agrarpolitik die erforderlichen Einsparungspotentiale erschließbar sind, und nannte dazu auch die aus Sicht der PDS/Linke Liste erforderlichen Grundbedingungen. Ich will diese hier nicht wiederholen; das gestattet auch mein Zeitfonds nicht. Vielmehr möchte ich einen Gedanken ergänzen. Betrachtet man die Entwicklung der Einkommen der Bauern, der Erzeugerpreise und der Verbraucherpreise im Zusammenhang, wird ein Übel sichtbar, das es bei der Wurzel zu packen gilt: Während sich das verfügbare Einkommen je Haushaltsmitglied der Privathaushalte insgesamt zwischen 1972 und 1992 verdreifachte, haben sich die Einkommen der Bauern - bezogen auf das alte Bundesgebiet - nur gut verdoppelt. Lagen ihre Einkommen je Haushaltsmitglied im Jahre 1972 um 15 Prozent unter dem aller Privathaushalte, betrug der Rückstand 1992 bereits 41 Prozent. Das entsprach immerhin 10 300 DM weniger Einkommen zum Durchschnitt und gar 38 800 DM weniger als pro Kopf in Haushalten anderer Selbständiger. Hinter den Bauern rangierten nur noch die Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger. Eine Erklärung ist das wachsende Mißverhältnis zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen. Dazu wenige Beispiele: 1991 gegenüber 1970 entwickelten sich im Bereich Rindfleisch die Preise für Rindslendenfilet auf 261 Prozent, für Schmorfleisch auf 184 Prozent und für Suppenfleisch auf 167 Prozent. Dagegen stieg der Erzeugerpreis für Lebendvieh Rind lediglich auf 111 Prozent. Das gleiche Bild bei Getreide: Dort ging der Erzeugerpreis leicht zurück - 99 Prozent -, bei Brotweizen sogar auf 96 Prozent. Dagegen stiegen die Verbraucherpreise für Brötchen auf 299 Prozent und für dunkles Mischbrot auf 270 Prozent. Die Frage ist, wo bleibt die Differenz zwischen dem, was die Bauern bekommen, und dem, was die Bevölkerung im Laden bezahlen muß? Klar ist, daß ein Teil der Differenz in die raschere Lohnentwicklung bei Arbeitern und Angestellten ging. Aber damit allein ist die ganze Differenz nicht erklärbar. Immerhin betrug Anfang der 70er Jahre der Anteil der Verkaufserlöse der Landwirtschaft an den Verbraucherausgaben für 16530* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. November 1993 Nahrungsmittel noch über 50 Prozent; laut Berechnungen des Bauernverbandes waren es im Wirtschaftsjahr 1991/92 gerade mal noch 31 Prozent. Mit meinen Feststellungen sage ich nichts Neues. Sowohl Abgeordnete der Regierungskoalition wie der SPD beklagen gleichermaßen diesen Zustand. Nur ihre Schlußfolgerung ist mir zu einseitig, nämlich daß eigentlich höhere Verbraucherpreise für Nahrungsgüter angemessen wären. Bevor man so etwas ins Auge faßt, sollte man eine saubere Analyse der Gewinnraten in der Kette vom Bauern bis zum Ladentisch unter Einbeziehung des Vorleistungsbereiches in Auftrag geben. Diese Ergänzung zeigt, daß Umverteilungen in der Produktion und Zirkulation selbst tragfähigere Lösungen als Umverteilungen im Haushalt erbringen könnten. Allerdings kollidiert das mit Interessen von offensichtlich einflußreichen Kapitalgruppen, speziell im Bereich der großen Handelsketten. Ein zweites Problem betrifft den Haushaltsvollzug. Fakt ist, daß kein produzierender Bereich in so hohem Maße abhängig von direkten oder indirekten Subventionen ist wie die Landwirtschaft. Mit der EG-Agrarreform hat diese Abhängigkeit eine neue Qualität erreicht. Indem die teilweise drastisch reduzierten Erzeugerpreise produktionsneutral durch umfangreiche Kompensationszahlungen ausgeglichen werden, ist eine neue Abhängigkeit der Bauern und ein gravierendes betriebswirtschaftliches Problem entstanden. Sowohl diese Zahlungen wie auch der soziostrukturelle Einkommensausgleich im Westen bzw. die Anpassungshilfen im Osten und andere öffentliche Mittel kommen erst am Jahresende zur Auszahlung. Der Landwirtschaftsbetrieb hat aber im Herbst ganz konkrete Ausgaben, z. B. für die Herbstbestellung oder für die im September fälligen Pachtzahlungen — was übrigens im Osten ein besonderes Problem ist, da die Pachtquote doppelt so hoch wie im Westen liegt und bei juristischen Personen sogar gen hundert tendiert. Gerade in den letzten Tagen wurde ich bei Veranstaltungen von Thüringen bis Brandenburg sehr massiv mit diesem Problem konfrontiert. Mir wurde geschildert, daß Betriebe teilweise nicht in der Lage sind, Lohn zu zahlen, und die Betroffenen auf Dezember vertrösten, von Betrieben des Vorleistungsbereiches Betriebsmittel und Leistungen gegen spätere Bezahlung einkaufen — und diese Gefälligkeit muß oft zusätzlich bezahlt werden — oder gezwungen sind, Kredite zur Zwischenfinanzierung aufzunehmen. Im Freistaat Sachsen waren zum 30. September 1993 vom korrigierten Plan aller EG-, Bundes- und Landesmittel für den Agrar- und Ernährungsbereich erst 23,6 Prozent auch ausgegeben. Die PDS/Linke Liste hält es deshalb für unerläßlich, daß mit dem Haushalt 1994 die Auszahlung staatlicher Mittel neu geregelt wird. Es ist eine bestimmte Kontinuität nötig, z. B. quartalsweise oder mindestens halbjährliche Auszahlung. Zum Abschluß möchte ich zum wiederholten Male darauf verweisen, daß die Altschuldenregelung nach wie vor unakzeptabel ist. Mir sind aus den genannten Veranstaltungen vor Ort Beispiele bekanntgeworden, daß inzwischen die rechnerisch aufgelaufene Zinslast für Altkredite bereits höher als die erste Rate der Teilentschuldung durch die Treuhandanstalt ist. Auch wenn diese Zinsen nicht unmittelbar fällig werden, müssen sie ja nach der Waigelschen Besserungsscheinregelung — wenn auch mit Zeitverzögerung — aufgebracht werden. Das führt in der Praxis oftmals dazu, daß aus betriebswirtschaftlicher Verantwortung das Risiko gescheut wird, im erforderlichen Umfang neu zu investieren. Abgesehen davon, daß die Banken weiter Zurückhaltung üben. Ich will das hier nicht vertiefen, möchte aber ankündigen, daß unsere Gruppe die Initiative ergreifen wird, die gesamte Altschuldenproblematik erneut zu beleuchten und in die parlamentarische Diskussion zu bringen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Adolf Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Wieczorek, ich bin über Ihre Frage mehr als erstaunt. Ihre ganze Debattenstrategie zielt darauf ab, der Öffentlichkeit in Deutschland zu signalisieren, im Prozeß der letzten vier Jahre hätte es überhaupt keine außergewöhnlichen, epochalen Veränderungen und Probleme gegeben, wir wären nur mit einer stinknormalen Haushaltsgestaltung in Deutschland beschäftigt gewesen. Daß uns die Wiedervereinigung mit ihren Sonderlasten über die Maßen beansprucht hat, ist doch jedem bekannt. Und Sie waren es, die immer weitere drängende Forderungen eingebracht haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Bundesminister Dr. Theo Waigel: Bravo!)

    Da sollten Sie jetzt nicht die Koalition öffentlich verunglimpfen, daß wir angeblich eine unsolide Haushaltspolitik gemacht haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun einige Anmerkungen zu den wichtigsten Veränderungen im Haushalt 1994 machen. Das nackte Zahlenbild täuscht, weil beträchtliche Sonderfaktoren den quantitativen Konsolidierungserfolg buchstäblich verdecken. Ich nenne die über den Haushalt durchgeleiteten zehn Milliarden DM für die Bahnreform, ich



    Adolf Roth (Gießen)

    nenne die um elf Milliarden DM höheren Zuweisungen an die ostdeutschen Bundesländer über den Fonds Deutsche Einheit, die stabile Finanzierungsgrundlage für die Landes- und Kommunalhaushalte, ich nenne die Altschuldenhilfe Wohnungsbau Ost, die Milliarden-Transfers in die Sozialversicherungskassen, die internationalen Hilfen und die Bürgschaftsentschädigungen. All das sind Sonderfaktoren, die im Gesamtergebnis unseres Bundeshaushalts leider optisch untergehen. Es sind temporäre Lastenschübe. Sie beuteln die Bundeskasse, und sie drücken der Haushaltspolitik insoweit, wenn man nur die Zahlen bewertet, einen irreführenden Stempel auf.

    (Zurufe von der SPD)

    Dennoch: Ich bin Haushaltspolitiker genug zu sagen: All dies, was hier finanziert werden muß — und es gibt dazu keine Alternative —, muß im Haushalt auch verkraftet werden können, es muß durch Einnahmen abgedeckt sein, und dies bringt den enormen Zwang zur Politik des Sparens. Folge sind substantielle Einschränkungen in nahezu sämtlichen Politikbereichen. Die Einzelpläne der Ressorts spiegeln diesen Prozeß ja auch in anschaulicher Weise wider.
    Lediglich die Haushalte des Forschungsministeriums und des Verteidigungsministeriums sind von den Plafondsabsenkungen und gezielten Kürzungen dieses Jahres weitgehend verschont geblieben. Im Gegenteil: Hier wurden sogar einige wichtige Strukturverbesserungen beschlossen.
    Im Interesse der neuen Verteidigungskonzeption sind bei der Bundeswehr rund 300 Millionen DM des veranschlagten Sach- und Betriebsaufwands in den investiven Bereich des Materials und der Infrastruktur umgeschichtet worden. Das war eine beachtliche Leistung der Hardthöhe.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir erwarten, daß diese eingeleitete Strukturverbesserung in den nächsten Jahren konsequent fortgesetzt und schrittweise wieder ein Investitionsanteil im Verteidigungshaushalt von 30 % erreicht wird.
    Im Interesse der Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland wurden die Mittel für Forschung und Technologie gegenüber dem Vorjahr nicht abgesenkt. Die Forschungspolitik des Bundes soll und wird ihren hohen Stellenwert behalten, um zukunftsträchtige innovative Maßnahmen zu fördern und die technologische Entwicklung unserer Industrie und auch unseres Mittelstandes wirkungsvoll zu ergänzen.
    Der Sozialhaushalt bleibt der mit Abstand größte Einzelplan des Bundesetats. Er wächst auf die neue Rekordsumme von 130,4 Milliarden DM und weist damit eine neunprozentige Steigerung gegenüber dem Vorjahr auf.
    Es kommt keine Kritik an den Aufwuchszahlen von der Opposition. Sie redet ja trotz dieser Zahlen immer von einer Politik des strukturellen und gezielten Sozialabbaus.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Richtig!)

    Aber die Zahlen stehen in einem ganz klaren Widerspruch dazu, was die Leistungsfähigkeit und die Möglichkeiten unseres Bundeshaushalts angeht.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Quark! — Gegenruf von der CDU/CSU: Da seien Sie ganz still!)

    Die Höhe des Sozialhaushalts, die Höhe des Einzelplans 11, grenzt jetzt schon an den Gesamtumfang des Bundeshaushalts von 1974. Das war das letzte Regierungsjahr von Willy Brandt.

    (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Das ist doch 20 Jahre her!)

    — Ja, ja. Sie hören nicht gern von den Entwicklungen, die gerade der soziale Sektor auch unter der Regierungsverantwortung von Helmut Kohl in Deutschland genommen hat. Das hören Sie nicht gern. Sie hätten gern, das Gegenteil wäre der Fall.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Wir hatten damals keine Arbeitslosen, Herr Kollege!)

    Die Sozialausgaben haben sich seit dem damaligen Zeitpunkt um das Fünffache erhöht. Das deutsche Sozialbudget ist mit über 1 000 Milliarden DM auch international in einer Spitzenposition und umfaßt ein Drittel unserer volkswirtschaftlichen Gesamtleistungen.

    (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Sie haben doch eine solche Politik gemacht, daß die Leute Sozialhilfe brauchen! Das können Sie doch nicht als Leistung bezeichnen!)

    Meine Damen und Herren von der Opposition, es ist eine grobe und auch beleidigende Verzerrung, wenn angesichts solcher Dimensionen Korrekturen im Bereich von 1 % bis 2 % als Ausdruck sozialer Gewissenlosigkeit öffentlich diffamiert werden. Wir weisen das entschieden zurück.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Ungeheuerlich! — Zurufe von der SPD)

    Wenn den Erwerbstätigen — der Finanzminister hat es gerade in seiner Rede gesagt —, die durch ihre beruflichen Leistungen 85 % der zusätzlichen Finanzbelastungen erbringen müssen, Einschränkungen zugemutet werden müssen, dann müssen auch die nichtsteuerbelasteten Empfänger von staatlichen Transfers vorübergehend geringfügige Einbußen akzeptieren können. Dies ist ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der F.D.P.)

    Die SPD spricht übrigens neuerdings — wir haben das von ihrem Parteitag gehört — von der Kürzung „konsumtiver Staatsausgaben". Was hierunter zu verstehen ist, Herr Kollege Wieczorek, hätten wir allerdings gern von diesem Pult aus sehr konkret verdeutlicht bekommen. Einschränkung „konsumtiver Staatsausgaben": Ich vermute, daß dies nichts anderes als das Eingeständnis der SPD ist, daß in einer konjunkturell schwierigen Zeit, die zudem durch Strukturfaktoren besonderer Art belastet ist, auch die SPD nicht umhin käme, in eigener Verantwortung



    Adolf Roth (Gießen)

    eine Politik von Eingriffen in bestimmte gesetzliche Leistungen des Bundes vorzunehmen. Dann sagen Sie das bitte ehrlich und bekennen sich dazu, daß Sie in den Haushaltsjahren 1981 und 1982 genau diese Politik mit einer besonderen Deutlichkeit hinsichtlich der Abstriche im sozialen Leistungsbereich schon einmal praktiziert haben. Das wäre ein ehrliches Eingeständnis.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der F.D.P. — Zuruf von der CDU/CSU: Auch die deutsche Einheit ist hinzugekommen!)

    Meine Damen und Herren, mit dem Haushalt 1994 wird die Sparpolitik der Koalition auch im Personal-und Verwaltungsbereich konsequent fortgesetzt. Als Teil einer mehrjährigen — modern ausgedrückt —„Verschlankungsstrategie" werden auch 1994 die Stellenpläne der obersten Bundesbehörden um 1 % und die des nachgeordneten Bereichs um 1,5 % gekürzt. Dies führt zu einer Personalverringerung von knapp 5 000 Stellen im nächsten Jahr. Hinzu kommt die vorgesehene Besoldungsnullrunde bei Beamten, Regierungsmitgliedern und Abgeordneten. Hinzu kommen die gezielten Kürzungen beim Sachaufwand, bei der Datenverarbeitung, bei der Öffentlichkeitsarbeit bis hin zu den Reisekosten. Auch der Haushalt des Deutschen Bundestages muß 1994 Mittelkürzungen von immerhin 16 Millionen DM sowie einen auf vier Jahre verteilten Personalabbau von insgesamt 158 Stellen hinnehmen. Dies haben wir im Einvernehmen über die Koalitionsgrenzen hinaus so beschlossen.
    Die Ausgaben für die Bundesverwaltung insgesamt werden 1994 unter das Niveau des laufenden Jahres abgesenkt. Der Anteil des Verwaltungsaufwands am Gesamthaushalt des Bundes liegt damit erstmals unter 6 %, obwohl 1994 drei neue Bundesämter, das für Güterverkehr, für die Bundeseisenbahnen und für die Wertpapieraufsicht, hinzukommen.
    Meine Damen und Herren, der Gestaltungsschwerpunkt des Haushalts 1994 liegt nach wie vor beim Aufbau Ost: 126 Milliarden DM — fast jede vierte Haushaltsmark — sind hierfür eingeplant. Auch der hohe Investitionsanteil von 64 Milliarden DM, fast zur Hälfte einigungsbedingt und in Ostdeutschland aufgewandt, unterstreicht das Bemühen der Koalition, trotz Konsolidierungszwang den Themen Standortsicherung Deutschland und Aufbau Ost Vorrang einzuräumen.
    Der Haushalt, so wie er in seinem Ausschußberatungsergebnis dem Plenum vorgelegt worden ist, unterstreicht unsere Entschlossenheit zu weiterem eisernen Sparen. Wir sagen ein klares Nein zu Tagesopportunismus und Wahljahrkosmetik, weil wir nur so die Risiken der mittelfristigen Finanzplanungen und die bedenkliche Ausgabendynamik der öffentlichen Hand in den Griff bekommen.
    Diese Politik schafft Vertrauen und sichert Arbeitsplätze, neues Wachstum und damit die Zukunftsfähigkeit unseres vereinigten Vaterlandes. Der Bundeshaushalt kann seiner Pilotfunktion für die gesamtstaatliche Konsolidierung nicht ausweichen.
    In einer Zeit, in der viele Wünsche auf den Staat und seine Kassen gerichtet sind, wächst auch die Zahl derer unaufhörlich weiter, die von uns äußerste Anstrengungen verlangen, solidesten Umgang mit Geld zu praktizieren. Deshalb ist unsere Politik im kommenden Jahr und in der mittelfristigen Periode der vor uns liegenden Finanzplanungsphase durch Sparsamkeit hoch drei gekennzeichnet. Wir bleiben bei Konsolidierung, bei Stabilität und Fortschritt für Deutschland.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Zuruf von der SPD)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächster spricht der Kollege Dr. Wolfgang Weng.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Weng


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Der Kollege Wieczorek hat seine Rede mit dem Satz beendet: „Ich danke Ihnen sehr." Die Betonung lag auf dem Sehr. Es war außerordentlich begründet, die Rede mit dieser Betonung zu beenden, weil das Zuhören eine echte Qual war.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Das glaube ich gern, das hat weh getan!)

    — Herr Kollege Wieczorek, wenn die Rede einer Fraktion in einem solchen Widerspruch zum tatsächlichen Handeln steht, wie das bei Ihnen der Fall ist, dann ist es wirklich quälend, zuhören zu müssen. Es dient auch nicht der Meinungsbildung, sondern es ist einfach etwas, das man überstehen muß.

    (Zuruf von der SPD)

    Ich darf als ein — ich sage einmal typisches — Beispiel dieser Diskrepanz zwischen Gesagtem und Getanem eine einzige Sache hier erwähnen: Sie haben gesagt, Ihre Fraktion habe keine ausgabenträchtigen Anträge gestellt. Wer hier die rosa Blätter sieht, stellt fest, der Einzelplan 30 soll um 524 Millionen DM, der Einzelplan 31 soll um 320 Millionen DM aufgestockt werden.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Hat er nicht gesagt! Zuhören!)

    Dieses natürlich alles ohne Deckung, alles ohne das Aufzeigen der Finanzierung. Ich sage, es ist wirklich schwer erträglich, mit solcher Vorstellung nachher fertig zu werden und zu arbeiten.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)