Rede von
Dr.
Ulrich
Briefs
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS/LL)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS/LL)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundeskanzler ist trotz der ihm eigenen beachtlichen politischen Statur ökologisch ein blinder Fleck, einfach nicht existent. Der Bundesumweltminister wird mit dieser Haushaltsrunde und mit dem Standortsicherungspapier vom Alibiminister zum Kabinettsstatisten degradiert. Ich sage das zugleich mit Respekt vor dem unbestreitbar guten Willen des Bundesumweltministers, dem Umweltschutz in dieser desolaten Koalition auf die Sprünge zu helfen.
Der Etat des Bundesumweltministeriums steigt zwar um 7 %, real bleiben davon aber nur 2 % bis 3 % übrig. Außerdem wird nur beim Strahlenschutz wirklich aufgestockt. Selbst unter Einbeziehung der umweltrelevanten Positionen — davon ist aber einiges ökologisch zweifelhaft — in anderen Etats kommt die Umweltpolitik dieser Bundesregierung gerade auf 1,9 % des gesamten Haushaltsvolumens, wahrhaftig ein beschämendes Bild.
Die Autowahnfanatiker in diesem Bundeskabinett dagegen erhalten einen um 22 % aufgestockten Verkehrsetat, der mehr als fünfmal so groß ist wie die Umweltschutzausgaben insgesamt. Das Standortkonzept des Bundeswirtschaftsministers, vom Kabinett akzeptiert, stellt die Weichen eindeutig in Richtung auf den Vorrang der Ökonomie gegenüber der Ökologie, und das zu einem Zeitpunkt, wo eine parteiübergreifende Initiative von Umweltlandesministern — darunter sind auch CDU- und F.D.P.-Landesminister — einen „Marshallplan" — in Anlehnung an den amerikanischen Vizepräsident Al Gore — für die Umwelt fordern. Aus den Punkten dieses „UmweltMarshallplans" wird deutlich, wie gewaltig einerseits die ökologischen Probleme sind und wie geradezu kläglich andererseits demgegenüber die Politik der derzeitigen Koalition ist.
In dem „ökologischen Marshallplan" wird gefordert, wirksame Maßnahmen zu ergreifen: gegen die selbstverschuldete Klimakatastrophe, die Ausdünnung der Ozonschicht, das Artensterben, die Bevölkerungsexplosion, die Gefahren durch unsichere Atomkraftwerke, die Gefahren durch regionale Gewaltkonflikte um 01 und Wasser und einiges mehr. Das zeigt, mit welch breitem Spektrum von Problemen wir es zu tun haben.
Dazu sollen die Industrieländer erst einmal ihre ökologischen Hausaufgaben machen — das richtet sich gerade auch an uns —, d. h. Fortentwicklung zu einer wirklich ökosozialen Marktwirtschaft — sie ist beides nicht, weder ökologisch noch sozial ist sie bisher in Wirklichkeit —: die ökologische Steuerreform vorantreiben, Energiesteuern als Anreiz zu effizientem Energiesparen und zur Abgabenentlastung für menschliche Arbeit usw. entwickeln, konkrete und wirksame Maßnahmenprogramme zur Reduktion der CO2-Emission erstellen — dabei hinken wir in Deutschland gewaltig nach, selbst gegenüber unseren eigenen Ankündigungen —, eine Klimaschutzabgabe realisieren, Förderung der regenerativen Energien wirksam betreiben, Entwicklung von Kreislaufwirtschaftsstrukturen vorantreiben und eine Beendigung des Wachstumszwangs, u. a. durch eine Neubewertung des Bruttosozialprodukts, zumindest in die Wege leiten.
Dazu sollen zweitens — das gehört dazu — vier konkrete Teilpläne dienen, nämlich erstens ein Klimaschutzteilplan durch Energieeinsparung und erneuerbare Energien, zweitens ein Plan zur Rettung der Tropenwälder, drittens ein Plan zur Bevölkerungsstabilisierung und viertens ein Plan zur Ost-WestUmweltkooperation.