Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Daß der Posten „Arbeit und Soziales" der größte Posten im Haushalt ist, das ist gut so, und das muß auch so sein. Die Verfassung erlegt uns das schon auf. Darum, meine Herren von der Regierungskoalition, brauchen Sie sich darauf auch nicht allzuviel zugute zu halten. Der Streit geht ja auch nicht hierum. Das ist doch unter uns allen unstrittig. Der Streit geht darum, ob Sie dem Sozialstaatsgebot im übrigen Teil Ihres Haushaltsentwurfs treu geblieben sind. Ich verstehe gar nicht, warum Sie so pikiert reagieren, wenn man diese Frage stellt. Das muß zumindest die Opposition tun, wenn Sie es nicht tun.
Herr Kollege Hauser, wenn Sie da gleich wieder die berühmte Neiddebatte anführen: Das ist nun wahrlich auch ein ganz alter Hut und zeigt, daß Sie in dieser Debatte die Interessen der Besitzenden und Privilegierten vertreten. Das ist natürlich Ihr gutes Recht. Aber Sie sollten nicht so tun, als seien das die Interessen aller. Das möchte ich mir ausgebeten haben.
Zum Schluß der Debatte möchte ich Ihnen wenigstens noch einen Gesichtspunkt zur Beurteilung dieser Frage anbieten, der meines Erachtens in diesem Hause ebenfalls unstrittig sein müßte. Unsere Gesellschaft ist krank an Entsolidarisierung. Wenn die Bürgermeisterin, in deren Dorf ein Asylantenheim abgebrannt worden ist, hämisch lachend sagt: „Da waren wir ein Problem los", dann ist das Entsolidarisierung. Und wenn der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie sagt, Kündigungsrechte seien Luxus, dann ist das, wie ich finde, Entsolidarisierung. Und wenn der neue Präsident der Landeszentralbank des Freistaates Sachsen am Anfang seiner Tätigkeit in einer Rede sagt, eine gehörige Portion Ungleichheit sei in Umbruchzeiten Normalität, das dürfe man nicht so verkniffen sehen, der Tüchtige setzte sich ja schließlich durch, dann ist das, wie ich finde, Entsolidarisierung.
Nun muß man doch Ihren Haushaltsentwurf daran messen, was Sie dieser allgemeinen Entsolidarisierung entgegenzusetzen haben. Ich denke, das müssen Sie selbst mit tun. Und was setzen Sie dieser Entsolidarisierung entgegen? Ein Programm der Standortsicherung durch Sozialabbau. Damit leisten Sie doch der Verherrlichung des wirtschaftlichen Faustrechts Unterstützung.