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    Plenarprotokoll 12/171 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 171. Sitzung Bonn, Dienstag, den 7. September 1993 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abgeordneten Rolf Koltzsch und Dr. Hans Stercken 14683 A Verzicht der Abgeordneten Dr. Harald Schreiber, Wolfgang Roth und Gerhard O. Pfeffermann auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 14683 B Eintritt der Abgeordneten Walter Schell, Kurt Palis, Christa Lörcher und Wolfgang Erler (Waldbrunn) in den Deutschen Bundestag 14683 B Benennung des Abgeordneten Dr. Uwe Jens als ordentliches Mitglied im Infrastrukturrat beim Bundesminister für Post und Telekommunikation 14683 B Benennung des Abgeordneten Dietrich Austermann zum Mitglied im Verwaltungsrat der Deutschen Ausgleichsbank . . 14683 C Erweiterung der Tagesordnung 14683 D Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1994 (Haushaltsgesetz 1994) (Drucksache 12/5500) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1993 bis 1997 (Drucksache 12/5501) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms — 1. SKWPG — (Drucksache 12/5502) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms — 2. SKWPG — (Drucksache 12/5510) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz) (Drucksache 12/5630) Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 14684 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 14694 D Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 14702 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 14707 B Ingrid Matthäus-Maier SPD . 14708A, 14718B Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14708C, 14720B Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . . 14712B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14715 A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 7. September 1993 Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/ CSU 14716D Joachim Poß SPD 14721 A Hans H. Gattermann F.D.P. . 14722C, 14728 D Hermann Rind F.D.P. 14724 A Joachim Poß SPD 14724B, 14726C Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 14726 A Detlev von Larcher SPD 14726D Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14730B Georg Gallus F.D P 14730 D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 14731 B Nächste Sitzung 14732 C Berichtigung 14732 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 14733* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 7. September 1993 14683 171. Sitzung Bonn, den 7. September 1993 Beginn: 14.00 Uhr
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    Berichtigung 167. Sitzung, Seite III, linke Spalte: Bei Anlage 2 ist hinter dem Namen „Bodo Seidenthal" der Name „Dr. Fritz Gautier" sowie „SPD" einzufügen. Auf Seite 14416D ist in Zeile 1 hinter dem Namen „Bodo Seidenthal" der Name „Dr. Fritz Gautier" sowie in der Klammer zusätzlich das Wort „beide" einzufügen. Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bartsch, Holger SPD 7. 9. 93 Becker (Nienberge), SPD 7. 9. 93 Helmuth Dr. Blunk (Lübeck), F.D.P. 7. 9. 93 Michaela Börnsen (Bönstrup), CDU/CSU 7. 9. 93 Wolfgang Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 7. 9. 93* Clemens, Joachim CDU/CSU 7. 9. 93 Ebert, Eike SPD 7. 9. 93 Dr. Fischer, Ursula PDS/LL 7. 9. 93 Fischer (Hamburg), Dirk CDU/CSU 7. 9. 93 Dr. Gautier, Fritz SPD 7. 9. 93 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 7. 9. 93 Jaunich, Horst SPD 7. 9. 93 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Koschnick, Hans SPD 7. 9. 93 Kretkowski, Volkmar SPD 7. 9. 93 Dr. Lieberoth, Immo CDU/CSU 7. 9. 93 Michels, Meinolf CDU/CSU 7. 9. 93* Dr. Müller, Günther CDU/CSU 7. 9. 93* Opel, Manfred SPD 7. 9. 93** Pfuhl, Albert SPD 7. 9. 93 Reuschenbach, Peter W. SPD 7. 9. 93 Dr. Riedl (München), CDU/CSU 7. 9. 93 Erich Dr. Scheer, Hermann SPD 7. 9. 93* Seiler-Albring, Ursula F.D.P. 7. 9. 93 Stachowa, Angela PDS/LL 7. 9. 93 Weisskirchen (Wiesloch), SPD 7. 9. 93 Gert Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 7. 9. 93 *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
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    Rede von Adolf Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht; ich jedenfalls hatte den Eindruck, der Bundesfinanzminister hätte eine fundiertere und bessere Antwort auf seine bemerkenswerte Einbringungsrede verdient

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.])

    als das, was die Kollegin Matthäus-Maier hier abgeliefert hat.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Heiße Luft war das alles!)

    Sie haben zwölf Punkte in einem gemischten Katalog mit Ihrer bekannten Verve agitatorisch hier vorgebracht. Worauf wir alle gewartet hatten — denn wir haben heute früh die Zeitung gelesen —, das waren die 17 Thesen der SPD für die Konjunktur, das neue Wirtschaftskonzept der SPD, der Abschied vom Kurs der siebziger Jahre. Darauf sind Sie uns jede Antwort schuldig geblieben. Wir haben nur Wiederholungen gehört.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Die alte Leier!)

    Wir würden Ihnen ja abnehmen, Frau Kollegin Matthäus-Maier, daß Sie vieles politisch geändert wissen wollen. Sie müßten uns bloß sagen, wie Sie das machen wollen, mit welcher Zielrichtung, mit welchem Gesamtkonzept, und mit welchem Geld das Ganze bezahlt werden soll.
    Ich bin sehr gespannt darauf, was die Haushaltfachpolitiker Ihrer Fraktion hier im Plenum an Anregungen in dieser Generalaussprache vorzutragen haben. Sie haben ja kaum zum Bundeshaushalt geredet.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: So ist es! Sie hat ihn gar nicht gelesen! — Ingrid MatthäusMaier [SPD]: Doch!)

    Ich bin sehr gespannt, ob sich die Fachpolitiker ihrer Fraktionen — und Kollege Wieczorek wurde ja aus höchstem Munde hier lobend hervorgehoben — in dieser vorgegebenen politischen Linie überhaupt, und sei es nur in Rudimenten, wiederfinden können. Das wäre doch zumindest der Ansatzpunkt für eine konstruktive Aussprache gewesen.
    Dies war mit Blick auf die Rede von Theo Waigel der klassische Fall einer politischen Unterforderung. Er hat Ihnen die Antwort gegeben, bevor Sie überhaupt geredet hatten. Ich denke, damit ist auch aus unserer Sicht

    (Detlev von Larcher [SPD]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

    wiederum die Linie politisch eindeutig begradigt.
    Die Zeiten haben sich geändert. Sie werden bei aller Schwierigkeit der Probleme den Bundesfinanzminister mit dem, was Sie hier vorzubringen haben, nicht aus der Fassung bringen und ihn erst recht nicht politisch aus dem Amt treiben. Sie sind vielleicht darüber frustriert, daß Sie nicht hier oben auf der Regierungsbank sitzen dürfen, aber ich bin nicht ganz sicher, ob Sie überhaupt von Ihrer eigenen Partei dazu eine Chance bekommen werden.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Mach dir doch nicht unsere Sorgen!)

    Die Haushalts-, Finanz- und Wirtschaftspolitik in Deutschland befindet sich derzeit in ihrer kritischsten Phase seit langem. Eine Gemengelage von Rezession, vereinigungsbedingtem Finanzbedarf und strukturellen Belastungen und Herausforderungen des Standorts Deutschland zwingt uns alle — und das ist eine parlamentarische Gesamtverantwortung — zur durchgreifenden Entscheidung bis November.

    (Vorsitz : Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg)

    Der Bundeshaushalt 1994 ist dabei der Kern eines weitreichenden, in sich schlüssigen, aufeinander abgestimmten Gesetzgebungspakets, das die klare Handschrift des Bundesfinanzministers Theo Waigel trägt, aber auch den klaren politischen Willen zeigt, gemeinsam in den Koalitionsfraktionen und den beteiligten Gruppen den Weg zu einer konjunkturpolitischen Wende, zu einer Politik für mehr Aufschwung und mehr Wachstum in Deutschland einzuschlagen. Dies ist ein Haushaltswerk der stabilitätspolitischen Verantwortung und ein Spar- und Konsolidierungsprogramm für Wachstum und Arbeitsplätze.
    Der eingeschlagene Weg ist sicher nicht bequem, aber es gibt zu ihm keine vernünftige Alternative. Deshalb unterstützen wir ihn.
    Mit seinem eng begrenzten Ausgabenanstieg auf 478 Milliarden DM und der ehrgeizigen Eindämmung der strukturellen Haushaltsdefizite um über 21 Milliarden DM stärkt der Bundeshaushalt 1994 den durch



    Adolf Roth (Gießen)

    alle fundierten Prognosen gestützten realen Wachstumsspielraum von 1 bis 2 % im nächsten Jahr. Dies ist das eigentliche Kernanliegen unserer Politik. Wir wollen durch Konsolidierung und über strikte Ausgabenbegrenzung Vertrauen festigen und neue Leistung mobilisieren. Das beste Konjunkturprogramm — das sollte eigentlich auch die SPD mittlerweile begriffen haben —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das begreift sie nie!)

    ist politische Verläßlichkeit, ist marktwirtschaftliche Zuverlässigkeit und ist Zielklarheit in der Politik. Dem dient dieses Gesamtpaket, das heute hier zur Diskussion steht.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Die Reduzierung von Staatsdefiziten behindert nicht wirtschaftliches Wachstum, sondern im Gegenteil: Diese Reduzierung von Defiziten fördert den wirtschaftlichen Aufschwung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)

    Wir haben dies auch in den 80er Jahren nachhaltig empirisch unter Beweis gestellt.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Die Konsolidierungspolitik verstärkt nicht die Nachfrageschwäche der Wirtschaft, sondern sie führt ganz im Gegenteil zu positiven Vertrauenseffekten. Die Deutsche Bundesbank argumentiert wiederholt in diesem Jahr genau in diese Richtung, und ich denke, sie liegt mit dieser Einschätzung in der Sache auch richtig. Nachfrageschwäche ist vor allem eine Folge von Unsicherheit. Der Aufschwung beginnt im Kopf der wirtschaftlichen Akteure, und er hat sehr viel mit stabilen wirtschaftlichen Erwartungen zu tun. Diese Erwartungen zu stärken ist Ziel einer soliden Haushaltspolitik.

    (Detlev von Larcher [SPD]: So, wie Sie sie machen?)

    — Ja, genau in diese Richtung. Ich bedanke mich für die freundliche Bestätigung.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Deswegen ist die Situation so schlecht!)

    Die jüngst ausgesprochene Mahnung der Deutschen Bundesbank, nun auch in den Beratungswochen im Deutschen Bundestag den Einsparschwerpunkt auf der Ausgabenseite des Bundeshaushalts nicht aufzuweichen, muß ernstgenommen werden. Es hat ja im Frühjahr einige Kritik daran gegeben, daß wir 10 Milliarden DM eingespart haben, aber mit Blick auf 1995 und die Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs auch gezwungen waren, Einnahmeverbesserungen in Form von Steuererhöhungen zu beschließen. Dies war kein Konjunkturimpuls im klassischen Sinne. Um so wichtiger ist es, daß jetzt durch dieses Spar- und Konsolidierungs- und Wachstumsprogramm eine wichtige und notwendige Ergänzung erfolgt. Es gibt keinen anderen Weg. Höhere Steuern und eine noch stärkere Verschuldung würden uns in die Sackgasse führen.
    Die Entwicklung an den internationalen Devisenmärkten unterstreicht im übrigen das grundlegende Vertrauen in die Deutsche Mark und die deutsche Finanzpolitik. Die Anleger trauen Deutschland einen konjunkturellen Aufschwung bei sinkenden Preissteigerungsraten zu. Dieses Vertrauen ist auch wichtig für eine weitere Absenkung der nationalen Zinsen, und demzufolge brauchen wir die aufeinander abgestimmte Geld- und Finanzpolitik, denn sie eröffnet der Bundesbank die Zinssenkungsspielräume, die sie seit Juli auch mit Erfolg nutzt.
    An die Haushaltspolitiker des Parlaments richten sich in dieser Situation naturgemäß große Erwartungen. Die wichtigste ist, ob es uns gelingt, den Ausgabenanstieg von 1994 bis 1997 auf durchschnittlich 3 zu begrenzen, weil wir nur so unser ehrgeiziges Ziel erreichen können, das Finanzierungsdefizit des Bundeshaushalts wieder auf die angestrebte Zielmarke unter 40 Milliarden DM — das ist dann, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, 1 % — herunterzudrücken.
    Meine Damen und Herren, es ist der politische Wille von CDU/CSU und F.D.P., diese Politik zum Erfolg zu bringen, und deshalb unterstützen wir das Spar- und Wachstumsprogramm. Wir werden es über die parlamentarischen Hürden bringen. Qualitative Verbesserungen im Einzelfall sind möglich. Sie unterliegen der parlamentarischen Beratung und Beschlußfassung. Es darf aber nicht zu irgendeiner quantitativen Einschränkung dieses Pakets kommen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir werden darüber hinaus im Haushaltsverfahren sämtliche Ansätze überprüfen und jeden sich bietenden Spielraum für zusätzliche Einsparungen bei den Ressorts selbstverständlich nutzen, wie dies unser Auftrag als Parlament ist. Das mag im Einzelfall weh tun; wir wissen das. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes erwarten aber mit Recht, daß in Zeiten der um sich greifenden Finanzknappheit der Staatsverbrauch im engeren Sinne besonders scharf unter die Lupe genommen wird.
    Daß dies kein leeres Wort ist, beweist schon der Regierungsentwurf; denn das Kapitel Verwaltungsausgaben weist für 1994 keinerlei Steigerungsraten auf. Ganz im Gegenteil: Sein Anteil am Gesamthaushalt sinkt sogar deutlich auf 5,9 %. Dies ist vor allem die logische Konsequenz einer strikten Politik begrenzter Personalausgabensteigerungen. Hierzu gehört die angekündigte Besoldungs-Nullrunde für den öffentlichen Dienst und natürlich auch die wiederum 1 %ige Absenkung des Personalbestandes des Bundes, so wie wir uns im Solidarpakt gegenüber den anderen Gebietskörperschaften politisch festgelegt haben. Wir werden in den drei Jahren 1994, 1995 und 1996 über 11 000 Stellen im Bundeshaushalt einsparen. Wir fordern die Länder und die Gemeinden dazu auf, eine gleichwertige Einsparung durch angemessene personalwirtschaftliche Maßnahmen herbeizuführen, wie das vom Bund vorexerziert wird.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ja, nicht nur herumzujammern!)




    Adolf Roth (Gießen)

    Dazu haben sich Länder und Gemeinden auch verpflichtet.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Diese Zusage muß natürlich in Besonderheit auch in den neuen Bundesländern eingehalten werden. Denn es kann nicht hingenommen werden, daß die Personaldichte der neuen Bundesländer im Vergleich zu den westlichen Bundesländern heute weit überproportional ist. Wir müssen dort zu einer deutlichen Reduzierung kommen. Andernfalls können die Anpassungsgeschwindigkeiten in der Einkommens- und Besoldungspolitik in den neuen Bundesländern und ihren Gemeinden so nicht eingehalten werden.
    Meine Damen und Herren, die Rotstiftpolitik des Bundes bringt 1993 über globale Sperren und Kürzungen neben den anderen beschlossenen Sparmaßnahmen eine Zusatzeinsparung von 1,8 Milliarden DM. Wir wollen in den Ausschußberatungen die Möglichkeiten ausschöpfen, auch für 1994 ein entsprechendes Sparresultat zu erzielen, und zwar durch gezielte Einzelkürzungen, weil diese allemal sinnvoller sind als globale Sparmaßnahmen über Haushaltssperren. Sämtliche Ausgabepositionen müssen demgemäß scharf unter die Lupe genommen und überprüft werden.
    Unsere Konsolidierungsmaßnahmen dienen dem Ziel, den Staatsaufwand soweit abzuspecken, daß sich die rezessionsbedingten überhöhten Staatsdefizite nicht in der Phase der gesamtwirtschaftlichen Wiederbelebung verfestigen können.
    Wir wissen, daß vor allem die Sozialeinsparungen beim Bund und bei der Bundesanstalt für Arbeit in Höhe von immerhin 16 Milliarden DM — verglichen mit dem heute noch geltenden Recht — am schwierigsten durchzusetzen sind. Sie stehen im Zentrum der innenpolitischen Diskussion. Ich habe mich über Ihre oberflächliche Betrachtungsweise gewundert, Frau Kollegin Matthäus-Maier;

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die ist immer so!)

    Sie telefonieren jetzt auch wieder. Denn, meine Damen und Herren von der Opposition, das war 1982 beim 13-Milliarden-Sparpaket der SPD-Regierung von Helmut Schmidt, den Sie so hervorgehoben haben,

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Den hätten Sie auch gern!)

    überhaupt nicht anders. 13 Milliarden DM Einsparung, davon 7 Milliarden DM allein bei der Bundesanstalt für Arbeit, Absenkung des Unterhalts- und Übergangsgeldes bei der beruflichen Bildung, Einschränkung der ABM-Förderung, Kürzung des Kindergeldes ohne Berücksichtigung von Einkommensgrenzen, Erhöhung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Ich könnte die Liste fortsetzen. 35 Einzelmaßnahmen für insgesamt 13 Milliarden DM Ausgabensenkungen und 3 Milliarden DM Einnahmeverbesserungen! Ich frage mich bei Ihren Reden ernsthaft, ob Ihnen das alles eigentlich noch bewußt und in Erinnerung ist.
    Im Finanzbericht 1982 von Finanzminister Hans Matthöfer hieß es damals lapidar zur Begründung:
    Ziel dieser Maßnahmen ist es, in Zeiten einer ungünstigen Entwicklung des Arbeitsmarktes die Arbeitsförderung funktionsfähig zu erhalten, sie auf die besonderen arbeitsmarktpolitischen Bedürfnisse auszurichten und den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit besondere Rechnung zu tragen.
    Und an anderer Stelle:
    Bei dieser Operation sind Eingriffe in Leistungsgesetze unvermeidbar.
    Das war 1982, Helmut Schmidt und Hans Matthöfer.
    Ich fordere Sie ernstlich auf, Ihre Argumentationslinie wirklich im Sinne politischer Glaubwürdigkeit zu überprüfen

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das wollen sie doch gar nicht!)

    und sich mit Sachverstand in die Diskussion, in die Ausschußberatungen der nächsten Wochen einzuschalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Was damals möglich war, geschah lange vor der Wiedervereinigung. Wir müssen über den Bundeshaushalt im nächsten Jahr 119 Milliarden DM für die Finanzierung in den neuen Bundesländern aufwenden. Wir stehen als Koalition zu den Sparbeschlüssen, so schmerzlich sie sind, weil eine nachhaltige Haushaltsentlastung ohne Ausgabekürzungen im wachstumsdynamischsten Bereich — das sind nun einmal die sozialen Transferleistungen — in der Sache nicht möglich ist.
    Trotz dieser Eingriffe behalten die Sozialausgaben im Bundeshaushalt 1994 ihre traditionelle Spitzenposition, wo sie mit einem Anstieg auf 168 Milliarden DM — immerhin eine Gesamtquote von rund 35 % — die absolute Spitzenstellung einnehmen.
    Bezogen auf das Jahr 1982 hat sich das deutsche Sozialbudget auf mittlerweile über 1 000 Milliarden DM mehr als verdoppelt. Dies ist eine Spitzenstellung in der gesamten Welt, 1,5 % davon beträgt nun das Gesamtausmaß der leistungsgesetzlichen Einschränkungen. Ich sage das nicht zum Schönreden und Schönrechnen, sondern einfach, um die Proportionen richtigzustellen.
    Ich möchte an dieser Stelle einmal Gerhard Hennemann von der „Süddeutschen Zeitung" zitieren, der am 12. August dieses Jahres treffend kommentiert hat:
    Wer ... behauptet, daß mit den im internationalen Vergleich relativ geringfügigen Abstrichen an verschiedenen Lohnersatzleistungen bereits für große Gruppen der Gesellschaft der Weg in ein menschenunwürdiges Dasein eingeschlagen werde, der ist ein Sozialromantiker und legt keinen Wert darauf, auch als Finanzpolitiker ernst genommen zu werden.
    Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte die sozialdemokratischen Kollegen Frau Matthäus-Maier und Joachim Poß bei ihrer aktuellen



    Adolf Roth (Gießen)

    Oppositionspolemik eigentlich darum bitten, dies einmal mit in Betracht zu ziehen, denn vor genau drei Monaten, am 8. Juni, haben sie in einer Presseerklärung noch verlangt:
    Wer die konjunkturpolitische Handlungsfähigkeit des Staates wiederherstellen will, muß jetzt mit der Konsolidierung beginnen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Sage ich doch!)

    Es ist klar, daß es bei der Haushaltssanierung keine Tabus geben darf.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Ist doch gut!)

    Wenn Sie solche wohlklingenden Botschaften und Ankündigungen bringen, dann hätte ich erwartet, daß Sie heute auch einen strikten Katalog Ihrer eigenen Vorstellungen dem Hohen Haus vorgelegt hätten.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. — Joachim Hörster [CDU/CSU]: Sie hat gerade telefoniert! — Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Den habe ich doch vorgelegt!)

    Bei dem propagandistischen Tremolo Ihrer Agitation haben Sie heute zum allererstenmal seit zehn Jahren den Jäger 90 weggelassen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Nein, der war drin!)

    — Der war drin? Ich habe nur die Hubschrauber und die Munitionsbeschaffung aufgenommen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Sie beleidigen mich!)

    Ich sage Ihnen: Mit dieser Argumentationslinie überzeugen Sie nicht einmal mehr Ihre eigenen Kollegen und Fachpolitiker in der Fraktion.

    (Zuruf von der SPD: Doch, doch!)

    Denn der Verteidigungshaushalt wird 1994 deutlich auf 48,6 Milliarden DM nach 52,2 Milliarden im Jahr 1992 abgesenkt.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: 1,6 Milliarden!)

    Sie wissen, daß er in Ihrer Regierungszeit knapp 20 % des Haushalts ausgemacht hat. Im nächsten Jahr werden es genau 10 % des Bundeshaushalts sein. Das ist schon ein sichtbarer Unterschied.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. — Ingrid MatthäusMaier [SPD]: Da war der Kalte Krieg!)

    Im übrigen ist der Haushaltsobmann der SPD angemessen gewürdigt worden. Wir loben uns untereinander immer, wenn sich irgendeine Möglichkeit dazu bietet, und das kommt auch vor.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Es lobt Sie ja sonst niemand!)

    Da gibt es für uns auch keine Schranke zur Opposition.
    Ich wünschte, wir könnten Sie bei Ihren Vorschlägen
    auch einmal für etwas mehr Vernunft in der deutschen Finanzpolitik loben.

    (Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Das versteht keiner!)

    Weil der Minister aus der „Frankfurter Rundschau" zitiert hat, sollte ich Ihnen nicht vorenthalten, wie die Überschrift dieses schönen Artikels gewesen ist: „Wenn Lafontaine mit dem Hut die Sparideen der SPD einsammelt" . Im Text heißt es dann sehr knapp: „Die Ausbeute war leider mager. " Um so mehr warten wir nun gespannt auf das Feuerwerk von Ideen, das morgen der neue Parteivorsitzende der SPD, der sich ja eine angemessene Redezeit hat reservieren lassen, vor dem Hohen Haus ausbreitet. Ich hoffe, es werden nicht nur schön verglühende Raketen sein, sondern ernsthafte, tragfähige Ideen, mit denen wir etwas anfangen können.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Es liegen Ihnen doch schriftlich Vorschläge vor!)

    Meine Damen und Herren, auch beim Stichwort Subventionsabbau argumentiert die Opposition an den Tatsachen vorbei. Die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes wird durch den deutlichen Subventionsabbau — im Westen immerhin 11 % in diesem Jahr — und durch zusätzliche Ausgaben, allerdings für die neuen Bundesländer, geprägt. 1994 geht die Hälfte der Finanzhilfen in die neuen Länder, während es bisher nur 38 % — oder immerhin 38 % gewesen sind.
    Ohne den zusätzlichen Bundesanteil von 2,35 Milliarden DM für die Wohnungsbaualtschulden wären 1994 die öffentlichen Finanzhilfen des Bundes um 1 Milliarde DM zurückgegangen. Diesen Sonderfaktor muß man sehen und sollte ihn nicht verschweigen.
    Mittelfristig sieht der Finanzplan bis 1997 einen deutlichen Abbau der Finanzhilfen vor. Wir wollen im Westen die Subventionen auf 8,4 Milliarden DM abbauen. Wenn die notwendige Umstrukturierung der ostdeutschen Wirtschaft abgeschlossen sein wird, müssen auch dort die hohen Übergangssubventionen zurückgeführt werden.
    Subventionsabbau bleibt gerade für diese Koalition eine politische Daueraufgabe. Sie ist nicht vorrangig am Ziel der kurzfristigen Haushaltsentlastung orientiert, sondern hat ordnungspolitisch qualitativ eine ganz andere Dimension.
    Das gleiche gilt natürlich auch für die Steuervergünstigungen des Bundes. Wir haben immer gesagt: Lieber niedrige Steuertarife ohne viele Ausnahmetatbestände als überhöhte Steuertarife mit vielen Schlupflöchern! 38 Milliarden DM sind seit 1990 bereits im steuerlichen Subventionsabbau eingespart worden. Durch Eindämmung von Mißbräuchen, durch die Einführung von Einkommensgrenzen für bestimmte Sozialtransfers — ich nenne das Kindergeld und das Erziehungsgeld — werden wir auf diesem politischen Weg auch konsequent fortfahren.
    Das Konsolidierungspaket beschränkt sich nicht auf die Haushaltssicherung. Daneben ist beschlossen, eine ganze Reihe von Maßnahmen dem Ziel eines



    Adolf Roth (Gießen)

    verstärkten Wachstums und einer Beschäftigungsförderung zuzuordnen.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Ich denke, das soll erst beschlossen werden!)

    Neben dem Standortsicherungsgesetz und dem neuen Arbeitszeitgesetz mit seinen neuen Flexibilisierungsmöglichkeiten möchte ich hier nur beispielhaft erwähnen, daß der Bund seine produktiven Investitionen in wichtigen Bereichen im kommenden Jahr verstärken wird. Auch hier geht der Löwenanteil von etwa 50 % in die neuen Bundesländer. Darüber hinaus werden die Investitionsausgaben des Bundes 1994 auch bewußt auf die erste Jahreshälfte vorgezogen. Wir werden die Planungsverfahren beschleunigen, und wir werden den Weg freimachen für eine Erleichterung der Aufbauinvestitionen in Deutschland.
    Wir fordern, daß aber auch die Gebietskörperschaften diesem Beispiel des Bundes Rechnung tragen und in ihren Verantwortungsbereichen Gleiches tun.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Ich hoffe, besser als die Bundesregierung!)

    Meine Damen und Herren, ohne zu handeln hätten wir beim Bund bald Defizite im dreistelligen Milliardenbereich. Nach den bereits beschlossenen Steuererhöhungen von immerhin, auf 1995 gerechnet, 65 Milliarden DM seit 1990 und den absehbaren zusätzlichen Abgabebelastungen von etwa 50 Milliarden DM wird alles zusammen 1995 zu einer dramatisch hohen staatlichen Abgabequote von 44,5 % führen.
    Neben diesen Maßnahmen muß deshalb der eindeutige Schwerpunkt unserer Politik jetzt und in den kommenden Haushaltsjahren eindeutig bei den Ausgabekürzungen liegen. Sie machen im vorliegenden Haushaltsentwurf einschließlich des Spar- und Wachstumspaketes vom 13. Juli 1993 bereits 90 % aus. Sie entlasten damit die öffentlichen Haushalte in den Jahren bis 1996 um rund 100 Milliarden DM.
    Dieser Sparkurs manifestiert sich auch in der Entwicklung der Einzelpläne der Ministerien. Die meisten von Ihnen — der Finanzminister hat darauf hingewiesen — haben im kommenden Jahr real eine negative Steigerungsrate. Andere wichtige Einzelpläne schrumpfen sogar nominal.
    Wo es dennoch bestimmte Steigerungsraten gibt, die ins Gewicht fallen, stecken dahinter ausschließlich Sonderfaktoren. Ich nenne die Bahnreform mit 8,5 Milliarden DM, die den Plafonds des Verkehrshaushaltes ausweitet. Ich nenne die Altschuldenhilfe für den Wohnungsbau Ost, die sich im Etat des Wohnungsbauministers niederschlägt.
    Größter Einzelplan bleibt mit 122 Milliarden DM und einer neuerlichen Steigerung von fast 2 % aber der Haushalt des Arbeits- und Sozialministers. Ich denke, damit werden wir gerade in dieser schwierigen Situation unserer sozialpolitischen Verantwortung gerecht, insbesondere auch im Zusammenhang mit den hohen gesetzlichen Rentenzuschüssen, die aus dem Bundeshaushalt erbracht werden müssen.
    Der Aufwuchs des Gesamthaushaltes ist knapp genug: 2,6 % netto, 4,4 %, wenn die Bahnreform mit eingerechnet wird. Dahinter — das muß man offen ansprechen — verbergen sich keinerlei operative Möglichkeiten für neue politische Maßnahmen. Wir müssen mit Minizuwachsraten zurechtkommen, insbesondere weil wir im nächsten Jahr die 11 Milliarden DM höhere Zuweisung an den Fonds Deutsche Einheit und den gestiegenen Zinsaufwand verkraften müssen.
    Meine Damen und Herren, trotz dieser ehrgeizigen Sparpolitik bleibt die Nettokreditaufnahme des Bundes im kommenden Jahr auf der für uns nach wie vor zu hohen Marke von rund 67,5 Milliarden DM stehen. Das heißt, wir werden in etwa auf dem Niveau des laufenden Jahres verharren. Niemand kann schon heute verbindlich voraussagen, ob nicht weitere konjunkturelle Risiken dieses Bild im Ergebnis noch beeinflussen werden. Allerdings werden konjunkturbedingte Mehreinnahmen nicht für zusätzliche Ausgaben angesetzt, sondern sie dienen der Reduzierung der Bundeskreditaufnahme.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Na, das werden wir dann sehen!)

    Soweit die Kredite über die Linie der Investitionsausgaben hinausgreifen — dies ist ein Betrag von zur Zeit 2,7 Milliarden DM —, bedeutet dies aber keine Verletzung des Art. 115 des Grundgesetzes. Eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts läßt sich nicht bestreiten. Die erhöhte Nettokreditaufnahme ist in dieser schwierigen wirtschaftlichen Situation nicht nur ökonomisch, sondern auch verfassungsrechtlich in Ordnung und zu rechtfertigen.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Aber zu der Störung gehört auch die Arbeitslosigkeit!)

    Unbeschadet dessen ist es unsere erklärte Absicht, durch strikte Ausgabenkontrolle die Nettokreditaufnahme des Bundes so niedrig wie möglich zu halten, auch im kommenden Jahr. Das von der Koalition und vom Bundeskabinett beschlossene Ausgabenmoratorium behält weiter seine unbefristete Gültigkeit. Eine Ausweitung der Nettokreditaufnahme durch parlamentarische Ausgabenbeschlüsse darf es demzufolge 1994 nicht geben.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, ich bin sicher, daß wir bei einer beharrlichen Umsetzung unserer politischen Beschlüsse die richtigen Signale setzen. Seit dem Kabinettsbeschluß im Juli hat die Bundesbank die Leitzinsen gesenkt. Von Schwäche der D-Mark redet niemand mehr. Ganz im Gegenteil: Die Deutsche Mark gehört jetzt wieder zu den stärksten Währungen weltweit.
    Mittlerweile gibt es sogar erste Anzeichen dafür, daß die Konjunktur nicht mehr weiter zurückgeht. Das Geschäftsklima bessert sich. Der Auftragseingang und die Produktion beginnen sich in vielen Bereichen zu stabilisieren. Wir haben durchaus die Chance, wieder an die Beschäftigungs- und Wachstumsdynamik der 80er Jahre heranzukommen, wenn wir uns politisch durch Selbstbeschränkung und Disziplin aus dieser Talsohle schrittweise herausarbeiten.



    Adolf Roth (Gießen)

    Dann allerdings — hier unterstütze ich nachdrücklich das, was der Bundesfinanzminister gesagt hat —werden die Absenkungen der staatlichen Neuverschuldung, der Staatsquote am Bruttoinlandsprodukt und der Abgabenquote wieder mit gleicher Dringlichkeit auf der politischen Tagesordnung stehen wie in den Jahren zwischen 1983 und 1989. Das vor der Wiedervereinigung erreichte Niveau von 45 % der Staatsquote am Bruttosozialprodukt wird dabei neuerlich unsere politische Richtschnur sein.
    Mit diesem Konzept der finanzpolitischen Solidität und monetären Stabilität werden wir das vereinigte Deutschland voranbringen

    (Detlev von Larcher [SPD]: Das höre ich seit drei Jahren!)

    und allen Bürgerinnen und Bürgern in unserer Gesellschaft Chancen für einen erfolgreichen Zukunftsentwurf liefern.

    (Detelv von Larcher [SPD]: Seit drei Jahren höre ich das!)

    Wir als Koalition von CDU/CSU und F.D.P. wissen um unsere gemeinsame politische Erfolgshaftung. Der Bundeshaushalt 1994 und alle dazugehörigen Begleitgesetze sind für diese Koalition ein wichtiger politischer Prüfstein. Ich denke, wir können es pakken.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich erteile nunmehr dem Abgeordneten Dr. Wolfgang Weng das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Weng


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundeshaushalt für das Jahr 1994 ist ein Haushalt des Umbruchs. Er stellt in vieler Hinsicht einen Neubeginn dar, aber er läßt auch Fragen offen. Deshalb ist es naheliegend, daß man als Parlamentarier an den Regierungsentwurf mit gemischten Gefühlen herangeht. Die Frage, ob die Politik die Dinge im Griff hat, die Frage, ob sie sie wieder in den Griff bekommt, stellt sich mit großem Ernst.
    Im Haushalt, im sogenannten Hauptbuch der Nation, treffen jetzt negative Effekte von verschiedenen Seiten aufeinander. „Spare in der Zeit, so hast du in der Not." Leider hilft uns im Moment dieser gute Rat nichts; denn jetzt ist die Not groß.

    (Gudrun Weyel [SPD]: Sie haben vorher nicht gespart! Das ist es!)

    Wir haben in der Zeit zwar gespart, aber es zeigt sich, wir haben nicht genügend gespart.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Zur Abwehr eines wirtschaftlichen Ungleichgewichts darf der Bund seine Verschuldung ausnahmsweise über die im Art. 115 des Grundgesetzes vorgegebene Grenze anheben. Hiervon macht die Bundesregierung in ihrem Entwurf Gebrauch. Aber dies muß wirklich die Ausnahme bleiben; denn manchmal beschleicht einen entgegen aller Finanzplanung bei wieder steigender Nettoverschuldung das unheimliche Gefühl, daß der Schuldengipfel nicht erreicht und überschritten ist, sondern immer höher wird.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Es ist so!)

    Was aber die wachsenden Schulden für künftige Jahre an Einschränkung öffentlicher Handlungsfähigkeit bedeuten, kann man sich leicht vorstellen. Die Handlungsspielräume werden bei vielen feststehenden Kosten, bei vielen wachsenden Kosten und ständig wachsenden Zinslasten, die wir berücksichtigen müssen, von Jahr zu Jahr geringer.
    Ein Haushalt des Umbruchs liegt ganz sicherlich vor, weil sich Koalition und Kabinett zu einem in dieser Form nie dagewesenen Sparkonzept durchgerungen haben. Das Programm zur Stärkung des Wachstums, zur Sicherung des Standorts Deutschland und zur Konsolidierung der Staatsfinanzen, das die Koalitionsfraktionen am 30. Juni im Vorfeld der Entscheidungen des Kabinetts über den Haushalt beschlossen haben, war bittere Notwendigkeit.
    Die einfache Fortentwicklung früherer Planung unter Berücksichtigung der Steuerausfälle und der zusätzlichen vom Bund zu leistenden Ausgaben hätte die Nettoneuverschuldung auf über 100 Milliarden DM für das kommende Jahr anwachsen lassen, wenn wir nicht die bekannte spürbare Kürzung im konsumtiven Ausgabenbereich beschlossen hätten. Bei allem Erschrecken über die jetzt erforderlichen Zahlen der Neuverschuldung für die kommenden Jahre: In einem solchen Fall wäre Entsetzen angebracht gewesen. Deswegen sind auch die Stimmen aus dem politischen Raum wie von sogenannten Sachverständigen sehr leise geworden, die eine höhere Verschuldung von uns gefordert haben.

    (Zustimmung der Abg. Ina Albowitz [F.D.P.])

    International betrachtet hat die Aktion sofort wieder einen Bonus gebracht: Die Deutsche Mark hat sich stabilisiert; die Stabilität erscheint gesichert.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Natürlich sind diese Kürzungsbeschlüsse erwartungsgemäß heftig kritisiert worden. Das alte Schema — öffentliche Sparsamkeit wird angemahnt, aber wenn sie stattfindet, wird sie kritisiert — ist auch hier wieder zum Tragen gekommen. Die Kritiker — wir haben es auch heute hier wieder gehört — verfahren nach dem einfachen Motto: Die Öffentlichkeit hat keinen Gesamtüberblick. Deswegen läßt heftige Schelte an Einzelmaßnahmen den eigenen Weizen blühen. Sachliche Auseinandersetzungen, vor allem konkrete und wirklich machbare eigene Vorschläge, spart man sich.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU — Detlev von Larcher [SPD]: Das stimmt nicht, Herr Weng! — Gegenruf von der CDU/CSU: Doch!)

    — Wir haben ein Musterbeispiel solchen Verhaltens vorhin eine dreiviertel Stunde lang genießen dürfen. Daß Frau Matthäus-Maier sogar noch die ihres Erachtens zu hohen Gehälter der deutschen Manager uns



    Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen)

    angelastet hat, zeigt das Debattenniveau der Opposition.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Dummes Zeug! Sie haben nicht zugehört!)

    Seien Sie sicher, Frau Matthäus-Maier: Dieses jämmerliche Rollenspiel täuscht die Öffentlichkeit nicht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie meinte Steinkühler! — Detlev von Larcher [SPD]: Aber das ist sehr sachlich, was Sie jetzt machen!)

    — Ja, das ist angemessen, Herr Kollege.